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Die Bauhaus-Typografie

Ralf Herrmann

Im 1919 in Weimar gegründeten Bauhaus spielt die Typografie zunächst noch eine untergeordnete Rolle, auch wenn man etwa im Kurs »Schriftformlehre« bereits mit geometrisch konstruierten Schriften experimentiert. Die Stellung der Typografie in der Bauhaus-Lehre ändert sich erst 1923 mit der Berufung von Laszlo Moholy-Nagy als Nachfolger von Johannes Itten. Im Zuge der Bauhaus-Ausstellung 1923 wird eine »Reklamewerkstatt« unter der Leitung von Wassily Kandisky eingerichtet und es beginnt eine intensive Auseinandersetzung mit der Typografie, die später auch ein wichtiger Teil des Unterrichtsprogramms wird.

Moholy-Nagy proklamiert die »Neue Typografie«:

  • Die Typografie ist ein Instrument der Mitteilung. Sie muß eine klare Mitteilung in der eindringlichsten Form sein. (Bauhausbuch 1923)
  • Zu fordern ist zum Beispiel eine Einheitsschrift, ohne Minuskeln und Majuskeln; nur Einheitsbuchstaben – nicht der Größe, sondern der Form nach. Natürlich könnte man hier auch ideelle Forderungen stellen, die weit über eine Modernisierung unserer heutigen Schriftform hinausgehen. Unsere Schrift fußt – abgesehen von den wenigen fonetisch ableitbaren Zeichen – auf uralten Übereinkommen. Die Entstehung dieser Zeichen ist heute kaum zu ermitteln. Sie sind sehr oft formal-stilistische (oder praktische) Abwandlungen überlieferter nicht mehr deutbarer Formen. So wird man von einer wirklichen Neuorganisation der (Druck-)Schrift erst sprechen können, wenn sie auf objektiv naturwissenschaftlicher Grundlage durchgeführt sein wird. Vielleicht auf Grund von optofonetischen Versuchen, Klangfigurenergebnissen, seismographisch-projektorisch oder ähnlich. Die Annahme von Grundformen, wie Kreis, Quadrat, Dreieck, führt heute bei der Schriftumgestaltung gewiß zu interessanten formalen, sogar notwendig praktischen Ergebnissen; von einer heute noch utopisch erscheinenden Warte aus sind sie jedoch nicht als die richtige Erfassung des Problems zu werten. (Offset, Heft7, 1926)

Dessau
In neuen Gebäude in Dessau wird von Anfang an eine Setzerei und Druckerei eingerichtet. Die Reklamewerkstatt und Druckerei wird seit 1925 von Herbert Bayer geführt. Den theoretischen Teil betreut Joost Schmidt. Rot und Schwarz dominieren die Entwürfe, als Satzschrift kommt vor allem die Scheltersche Grotesk zum Einsatz (später auch gelegentlich die Futura). Daneben entstehen Konzepte für Schriftentwürfe, die aber nicht als Satzschriften gefertigt werden. Herbert Bayer etwa, führt den Gedanken der Einheitsschrift fort, die er »Weltschrift« nennt.

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Leider verwirrt heute eine erdrückende Menge sogenannter Charakter- und Künstlerschriften, welche alle von dem Prinzip aus, Individualität und Originalität zu erreichen, geschaffen sind. Sie wirken in ihrer ornamental schmückenden Art archaisch, spielerisch und in ihrer Erscheinung zu kompliziert; um den heutigen und zukünftigen Anforderungen zu entsprechen, müßte ein formal objektives Resultat gezeitigt werden. (Bayer, Offset 10/1926)


Bayer fordert, dass alle Buchstaben aus den Grundformen von Kreis und Quadrat basieren und eine durchgehend gleiche Strichstärke besitzen. Es gibt kein großes und kleines Alfabet. Es ist nicht nötig, für einen Laut ein großes und ein kleines Zeichen zu haben. Die gleichzeitige Verwendung zweier im Charakter vollständig verschiedener Alfabete ist unlogisch und unharmonisch. (...) Schriften nationalen Charakters, wie Fraktur, gotische, russische usw., sind in bezug auf Punkt 1 (Internationale Verständigung) unmöglich, weil beschränkt. (Bayer, Offset 10/1926) Zum Jahresende 1925 hatte sich das Bauhaus entschlossen, die Kleinschreibung einzuführen und nur noch Drucksachen nach den existierenden DIN-Normen zu benutzen. Auf den Briefköpfen stand jetzt gedruckt: wir schreiben alles klein, denn wir sparen damit zeit. außerdem: warum 2 alfabete, wenn eins dasselbe erreicht? warum großschreiben, wenn man nicht groß sprechen kann?

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Auch Josef Albers arbeitet an Schriftkonzepten auf Basis geometrischer Grundformen. In seinen Versuchen einer »Kombinationsschrift« entsteht aus den drei Grundformen Quadrat, Viertelkreis und Kreis ein komplettes Alphabet. die anzahl der typen wird um mehr als 97% reduziert: der setzkasten des druckers für antiqua-(latein-) schrift hat 114 typen, die kombinationsschrift nur 3. (...) die abnützung der typen erfolgt nun gleichmäßig. es gibt keine ungenützten oder selten gebrauchten typen mehr (wie p, x, y), kein ausgehen der häufig gebrauchten buchstaben (e, a, n). (Sonderdruck aus Bauhaus 1/1931)

Bauhaus-Schrift-Adaptionen

  • Die »Hausschrift« des Bauhauses, die Scheltersche Grotesk ist als FF Bau über FontShop erhältlich. Die Scheltersche Grotesk erschien erstmals um 1880 bei der Leipziger Schriftgießerei Schelter & Giesecke
  • Eine Adaption der Universalschrift von Herbert Bayer ist von P22 erhältlich, eine andere von The Foundry.
  • Die P22 Albers basiert auf der Kombinationsschrift von Josef Albers. Gleiches gilt für die Architype Albers von The Foundry
  • Die Architype Bayer basiert auf Herbert Bayers bayer-Type (ursprünglich bei der H. Berthold AG, Berlin erschienen)


Schriften, wie ITC Bauhaus, Blippo, Pump etc. haben bis auf geometrische Grundprinzip keine direkte Verbindung zum Bauhaus.

Quellen

  • Gerd Fleischmann: Bauhaus. Drucksachen, Typografie, Reklame; Oktagon Verlag, Stuttgart
  • Hrsg. Michael Sibenbrodt, Bauhaus Weimar, Entwürfe für die Zukunft, Hatje Cantz Verlag
  • Magdalena Droste, Bauhaus 1919-1933, Taschen

 

 



Krimhilde: Gebrochene Schrift trifft auf geometrische Grotesk
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