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Schulreform: Schweizer wollen Schreibschrift abschaffen

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Gast fitzine

@ schnitzel

Wenn die sog. Grundschrift die selbstgewählte Möglichkeit des verbundenen Schreibens innehätte, wäre der Wechsel von der Schreibschrift zu dieser neuen „Grundschrift“ quasi als Reformierung der Schreibschrift zu verstehen. Genau das leistet sie m. E. nicht. Und hier meine ich die für D entworfene (mein Typolehrer würde sich wahrscheinlich im Grabe …) Schrift. Ein mit Filzstift fabriziertes Konglomerat von ANEINANDERGEBUNDENEN (aber nur einzeln schreibbaren), sich tw. überlappenden, tanzenden  Einzelbuchstaben ohne jeden funktionalen und ästhetischen Anspruch. (Zumindest gibt es die oben beschriebene Abbildung auf dem neuen Grundschrift-Lehrbuch). (bild bei gelegenheit)

 

Ich finde, das Schreibenlernen ist in erster Linie auch ein Prozess, der das Auge schult – und insofern auch ein Stück Sehen lernen. Unter diesem Aspekt nützt nur eine SEHR GUTE Vorlage etwas, bei der die Korrektur (im Schreiblernprozess) auch weiß, wo sie ansetzen soll. Interessant wäre, wie tw. gebundene Grundschrift (also richtig gebundene – ohne abzusetzen) aussieht bei Menschen, die nie eine gebundene Schreibschrift gelernt haben. Gibt’s da schon was?

Über Kalligrafie und überhaupt Schrift im Kunstunterricht – oder als eigene Sparte – habe ich auch schon nachgedacht – ein weites Feld – jedenfalls sollten das nicht auch noch die Lehrer machen müssen. Mehr fundierter praktischer Unterricht – durch Fachleute, meine ich.

 

@ Martin Z. und die anderen zu dem Thema  (SATZ)

sorry, ich bedachte nicht, dass SETZEN ja als begriff besetzt ist. Da gebe ich dir recht. Die Erzeugung einzelner Buchstaben zu Worten halte ich in puncto Schreibschrift allerdings für einen Rückschritt, der mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führt, dass die jetzigen KalligrafInnen die letzten ihrer Zunft sind, weil sich das Gedanken-Aufschreiben auf ein notwendiges Übel reduziert, bar jeglicher Ästhetik oder sonstigen Glücksempfindens – oder auch nur den leisesten Wunsch, im professionalisierten Schreiben, sein Glück zu suchen.

Ich erinnere mich an Fächer – wie z. B. Chemie – da war das schriftliche Fixieren des Unverstandenen meine ganze Freude.

@  Kathrin

Danke für die faszinierende Beschreibung der schreibenden Kursteilnehmerin. Ich habs richtig vor meinem geistigen Auge gehabt. Bei der Untersuchung vieler (hundert) handgeschriebener Briefe (entstanden zwischen 1975 und 2000) ergab sich, dass NIE alle Buchstaben eines Wortes aneinandergebunden waren, immer nur zwei, drei oder mal vier – allerdings ohne erkennbares System. Auch die Jungs und jungen Männer hatten ausgeschriebene, lesbare Schreibschriften, was mit rel. Sicherheit auf die Weise des Erlernens und Häufigkeit der Anwendung zurückzuführen sein dürfte. Wenn Du meinst, dass das Handschreiben bleibt … man darf gespannt sein.

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Irgendwo stand was mit Katze. … Nichts gegen die Vierbeiner – aber SCHREIBEN können ist doch immerhin noch das, was uns – und nicht nur von denen – unterscheidet.

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@ catfonts

ich bin da ganz bei dir. Gerne folge ich der Idee, wirklich die Schreibschrift zu reformieren, wenn es zum Vorteil für alle Beteiligten ist. Die Normschrift von R. Trost hätte dahingehend sicher auch Potenzial, nur ist habe ich eine wirklich schlampig geschriebene "Grundschrift" gesehen

auf dem Deckel des neu dafür entstandenen Schulbuches ...

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Albert-Jan Pool

Nicht, dass ich mit mein Plädoyer gegen das zwanghaft verbundene Schreiben falsch verstanden werde:

Die Grundschrift finde ich genau so als Unding. Da stimme ich "fitzine" vollends zu. Die Formen der Grundschrift sind, trotz der angebastelten Häkchen überhaupt nicht geeignet um etwas schneller oder, wenn es dann sein muss, verbunden geschrieben zu werden. Ähnliches gilt umgekehrt aber auch für die Lateinische Ausgangsschrift, Vereinfacht oder nicht. Sie ist abgeleitet von einer mit der Spitzfeder geschriebenen Kursive. Etwa wie diese hier: https://www.myfonts.com/fonts/linotype/shelley-script/ Es war vor allem der mit der Spitzfeder einhergehende Schwellstrich der dazu führte dass die Feder nicht mehr abgesetzt wurde. Im Gegensatz zur Breitfeder, wo dick und dünn durch die Schreibrichtung vorgegeben wird, muss bei der Spitzfeder Druck ausgeübt werden um durch Dehnung der Federspitzen einen breiteren, angeschwollenen Strich zu erzeugen. Eine ähnliche Entwicklung gab es bei der Deutsche Kurrent. Jetzt wo wir nicht mehr mit einem Schwellstrich schreiben, erübrigt sich die Notwendigkeit, die Feder nicht mehr abzusetzen. Wie schön wir sie finden mögen, formal gesehen brauchen wir die Buchstabenverbindungen nicht. Nur Schulmeister glauben, dass ein Wort nur ein Wort ist, wenn alle Schriftzeichen miteinander verbunden ist. Und was die kursive Schreibweise angeht, die Ägypter (http://gotpapyrus.blogspot.de/2012/06/cursive-hieroglyphics.html), Griechen (danke für den Hinweis auf Oxyrhynchus!) und Römer (http://agiw.fak1.tu-berlin.de/Auditorium/HiHwAltG/SO5/Bilder/RoemKurs.gif) kannten, neben den in unterbrochene Schreibweise geschriebenen Hieroglyphen und Majuskeln, alle schon kursive Schreibweisen.

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Kathrinvdm

Ich erinnere mich an Fächer – wie z. B. Chemie – da war das schriftliche Fixieren des Unverstandenen meine ganze Freude.

 

Bei mir war’s Physik …  :oops:

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Phoibos

Ein mit Filzstift fabriziertes Konglomerat von ANEINANDERGEBUNDENEN (aber nur einzeln schreibbaren), sich tw. überlappenden, tanzenden  Einzelbuchstaben ohne jeden funktionalen und ästhetischen Anspruch.

Auch wenn hier mehrheitlich Freunde ästhetischer Schrift weilen, ästhetisch ist nicht der Anspruch einer Schulschrift, es geht um Skelette, Grundformen und überhaupt die Abstraktionsfähigkeit von Ideen. Funktionalität ist per definitionem gegeben und Ästhetik ist nicht Aufgabe des Schreibunterrichts.

  • Gefällt 1
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Kathrinvdm

Schade! Also die Löschung meine ich. Wir wollen doch schließlich niemanden vergraulen, der an Schrift und Typografie interessiert ist. Alles Gute für fitzine.  :-)

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Martin Z. Schröder

Offenbar sind unsere dialogischen Fähigkeiten schwach. Ums Bezwingen geht es doch wohl nicht.

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Ralf Herrmann

Wir wollen doch schließlich niemanden vergraulen, der an Schrift und Typografie interessiert ist. 

 

Ich wollte auch nichts anderes aussagen. Wer sachlich etwas zu Schrift und Typografie zu sagen hat, kann das hier immer tun.  :gimmifive:

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Kathrinvdm

Nee, das wäre auch das Letzte, was ich Dir unterstellen würde. Das war mehr an fitzine gerichtet – vielleicht überlegt sie/er es sich ja noch mal und registriert sich erneut.  :gimmifive:

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catfonts

Ja, zumal ich ja einige der Argumente durchaus verstehe und eingen auch zustimmen kann, sind doch einige Versuche eine Grundschrift zu erstellen von deutlichen Verständnisproblemen der Schriftgestalter beeinflusst.

 

Ich persönlich mag den Schweizer Ansatz, auch wenn ich zugeben möchte, dass diese Ein- und Ausgangshäkchen vielleicht nicht immer ideal sind, aber sie sind ja auch nur als Denkanstoß gedacht, siese möglichen Verbindunbgsgruppen dann auch selbst zu finden. Eine Schrift für ein Schulbuch ist da dannnzwangsläufig eine viel zu starre Krücke.

 

Generell sehe ich die Notwendigkeit, dass diese durchaus sinnvolle Reform wieder in ähnlicher Form angegangen werden sollte, wie es bei der DDR-SAS passiert ist, als Teamwork zwischen Pädagogen UND erfahrenen Schriftgestaltern, wie es eben bei Elisabeth Kaestner / Renate Trost der Fall war.

 

Das da damals noch nicht ein der Basis- odeer Grundschrift entsprechendes Konzept heraus gekommen ist, ist der Zeit geschuldet, in der die Vorstellung, dass ein Wort komplett durchgekoppelt zu schreiben ist, einfach noch viel zu fest in den Köpfen saß.

 

Aber generell hatten die beiden Damen ja das Material für solch eine Umkehr durchaus bereitgestellt. Suchen wir doch einfach den Trost im Dilemma "Grundschrift" indem wir uns einfach dafür der Gleichstrich-Kursiv von Renate Trost bedienen, auf die dann hinterher anhand der SAS gezeigt wird, wie man eben diese Buchstaben auch verbinden kann, um dann den Schülern zu zeigen, wie man daraus teilverbunden seinen eigenen Mix erstellt? Ich glaube, das dies ein tragbares Konzept darstellen könnte, ohne unbedingt bewährtes über Bord zu werfen.

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catfonts

Und vor allem: gerade das sachliche Ausfechten unterschiedlicher Ansichten ist ja gerade das, was dieses Form irgendwie (zumindest für mich) ausmacht.

 

Es ist ja nicht so, dass wir hier fitzines Aussagen per se feindlich gegenüberstehen, schließlich habe auch ich zum Thema Dinge gesehen, die mir, wird das genau so in den Schulalltag übernommen, wirklich Angst machen, hier den total falschen Weg zuz gehen, und damit das Schreiben mit der Hand den Kindern vollends zu vergrämen. Aber das ist ja letztlich auch der Sinn, solcher Diskussionen, Verständnis für das Thema zu wecken, und damit vielleicht denen, die das Ausgangskonzept nicht verstanden haben, den Weg zu weisen.

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Þorsten

Schade, was den schnellen Rückzug angeht. Ansonsten hilft vielleicht auch ein Blick über den Tellerrand. Dazu muss man gar nicht bis nach Asien kucken.

 

Hebräisch und Jiddisch (letztere immerhin eine der engsten lebenden Verwandten des Standarddeutschen!) werden seit Jahrhunderten mit durchaus deutlich von den Druckbuchstaben abweichenden Zeichen geschrieben – komplett unverbunden. Und diese Schreibweise hat sich auch noch in Mitteleuropa entwickelt!

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Phoibos

Zum Thema alte Handschriften: Ich pflüge grad so ein bißchen durch den Venetus A, ein Luxus-Manuscript der Ilias aus dem zehnten Jahrhundert, und frage mich, wie heutige Handschriftenkundige diese Arbeit eines hochprofessionellen Schreibers wohl beurteilen würden. Jedesmal, wenn ich mich nach längerer Zeit diesem Manuscript widme, wünsche ich mir geradezu eine Druckschrift. Nach ein, zwei Seiten komme ich aber wieder rein (und kann ja jederzeit in den üblichen Ausgaben schummeln :) )... Die Scholien (Randbemerkungen) sind jedoch immer ein Hammer...

http://www.homermultitext.org/hmt-digital/images?request=GetIIPMooViewer&urn=urn:cite:hmt:vaimg.VA079VN-0582

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