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Welche Gotische ist das?

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Martin Z. Schröder

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Ich kann diese Gotische nicht finden. Keine Cloister Black, keine Old English, keine Manuskript-Gotisch. Der 1926er »Seemann« hilft mir nicht, aber »Hamburg« ist auch sehr wenig zum Suchen. Gedruckt 1930 in Berlin. Kann jemand sie identifizieren?

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Martin Z. Schröder

Nein, kein Fund.

Weiß jemand, ob die Preisunterschiede zwischen den Gießereien damals so erheblich waren, daß man wegen des Geldes Schriften kaufte, die so ähnlich waren wie die namhafteren Ausführungen? Im »Seemann« finden sich ja enorm viele verdorbene Typen, Brotschriften vor allem, die nur Nummern haben anstelle von Namen.

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catfonts

Schade...

 

Ich nehme mal an, man hat damals schon allein wegen noch hoher Transportkosten der ja doch recht schweren Ware häufig lokal eingekauft

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Pachulke

Ich habe da weniger die Transportkosten im Verdacht als die mangelnde Markttransparenz. Kleinere Druckereien hatten vermutlich nicht immer den Überblick, das Preis-Leistungs-Verhältnis von Schriften deutschlandweit zu vergleichen. Da hat man vielleicht auch immer mal was gekauft, was ein freundlicher Handlungsreisender in Sachen Schriften gerade angeboten hat, obwohl es irgendwo vielleicht etwas besseres gegeben hätte, von dem man aber gerade nicht wußte.

Man braucht sich ja nur anzusehen, was hier im Forum an Fragen zu Schriftqualität und Preis diskutiert wird. Und selbst heute ist davon auszugehen, daß die Mehrzahl der Anwender davon nichts mitbekommt. Damals gab es aber diese Kommunikationsstruktur nicht, aber immerhin auch schon einen recht beweglichen Markt mit einer großen Zahl von Anbietern, ständigen Neuerscheinungen aus seriöser oder eben auch halbseidener Quelle und sicher auch das Problem ähnlicher oder faktisch identischer Schriften unter anderem Namen.

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Martin Z. Schröder

Spekulieren läßt sich da durchaus, aber weder glaube ich, daß um 1930 Transportkosten eine Rolle bei der Entscheidung über Schriften eine Rolle gespielt haben noch daß Drucker den Markt nicht kannten. Es gab sehr aktive Berufsverbände, man wußte damals besser, was bei den Kollegen auf dem Tisch liegt, als heute. Man hat auch Aufträge weitergereicht und sich bei Engpässen geholfen. Das war im Osten noch bis zur Auflösung der DDR so, die Meister kannten sich, waren organisiert und hatten Stammtische. Es gab keine Laiendrucker und Quereinsteiger, die Handwerkskammer hätte so etwas nicht zugelassen. Die Aufhebung des Meisterzwanges für Handwerksbetriebe stammt aus unserer Zeit.

 

Die Zeitung, mit der ich gerade arbeite, ist vermutlich in einer mittelgroßen Druckerei gemacht worden. Maschinensatz, Handsatz, Klischees, zweifarbig, 30 Seiten Rheinisches Format. Das Schriftenangebot ist nicht groß, obwohl man sich sichtlich bemüht hat, viele Schriften einzusetzen, denn Anzeigen und redaktioneller Teil wurden in einem Haus gesetzt. Man sieht das an der Schriftenverwendung. Diese Druckerei hatte aber die Futura in den Kästen, anno 1930 war das gußfrische Ware. Und die kam aus Frankfurt, nehme ich an. Oder haben die Gießereien damals die Matrizen vermietet? Sie hatten auch die Schwere Block von Berthold, haben also auch in Berlin ganz normal eingekauft. Ein armer Betrieb war das sicherlich nicht. Leider finde ich nichts über die Druckerei H. S. Hermann G. m. b. H. in Berlin SW19. Schlechte Typografie haben sie gemacht, das ist das einzige, was ich sehe. War damals aber nicht jedem wichtig, zumal in Berlin.

 

Diese Gotische oben kann ich nur nirgends finden und frage mich deshalb, ob die wohlinformierten Drucker mit dem Einkauf sehr ähnlicher Kopien bekannter Schriften gelegentlich Geld gespart haben. Dazu müßte man nun wissen, wer diese Kopie angeboten hat und zu welchen Preisen. Ich muß meine Arbeit am Wochenende fertigstellen, hab leider keine Zeit für Recherche. Es hätte sein können, daß jemand mal Preislisten von damals gesehen hat, die meine Idee unterfüttern könnten.

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Martin Z. Schröder

Ich vermute nach nochmaliger Durchsicht des Seemanns: die Schrift war damals gar nicht mehr lieferbar, deshalb ist sie nicht enthalten. Das wird ein alter Bestand der Druckerei gewesen sein. Die der gesuchten am ehesten ähnelnde Holländische Gotisch ist Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden. Man hat gewiß nicht alle Schriften über die Zeit mitgenommen, wozu auch. Das ist wahrscheinlich das ganze Geheimnis.

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Martin Z. Schröder

Manchmal muß man nur lange genug draufstarren. Die Schrift hat offenbar keine deutschen Umlaute, sie hat leicht verhungerte i-Punkte (die mich die ganze Zeit schon irritieren) und exakt dieselbe i-Punkt-Stärke als französische Akzente. Also weder lokaler Einkauf noch billige Kopie noch uralter Bestand: die Schrift wurde aus dem Ausland für Satz in fremden Sprachen angeschafft, und die deutschen Umlaute hat man aus irgendwelchen anderen Setzkästen gegriffen, für unterschiedliche Größen aus unterschiedlichen Schriften. Das ist ein Fund, der mich freut. Das ist doch eine Story! (Und eine solche muß ich schreiben.)

 

Kennt jemand vielleicht einen »internationalen Seemann«, in dem man das prüfen könnte?

 

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RobertMichael

ich bin jetzt auch nochmal durch den hendlmeier, weil dort ja eigentlich viel abgedeckt ist und die einzige die halbwegs passen könnte, sofern ich das zu dieser uhrzeit mit meinen müden augen noch beurteilen kann, wäre die 'priory text (nr. 2)' von ATF. sie ist auch laut luc devroye wurde sie wohl später mit der cloister black ersetzt.

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Martin Z. Schröder

Danke nochmal! Die meisten Versalien der gesuchten Schrift haben diese markanten Kugeln wie in A und M, die die Cloister und deren Verwandte nicht haben. Sie sind auch etwas anders gezeichnet. Die Kleinbuchstaben sind ähnlich, aber die gesuchte ist dort manchmal um eine Winzigkeit enger. Auch das lange ſ der gesuchten ist eigen und weicht von den Cloisters ab. Die hatte ich alle schon. Ich vermute, daß die gesuchte Schrift nicht in Deutschland gegossen wurde wegen der fehlenden Umlaute. Also in deutschen Quellen braucht man m. E. nicht zu fischen.

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Martin Z. Schröder

Hier noch mehr Text:
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Das H hat eine Stilähnlichkeit zur Holländischen Gotisch
J. M. Fleischmann, Haarlem 1730–1760
Benjamin Krebs Nachf., Frankfurt a.M.

Seemann 1926, Seite 8

 

Das ist die einzige Ähnlichkeit im Seemann.

 

Interessant übrigens: anders als die Holländische hat die gesuchte Schrift ein großes I ohne Unterlänge. Das könnte wohl bedeuten, daß sie nicht so alt ist wie die Holländische.

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catfonts

Aber generell waren ja die größten und erfolgreichsten Schriftgießereien, an den auch die besten Schriftgestalter und Stempelschneider beschäftigt waren, ja auch irgendwie in den deuschen Hochburgen des Buchdrucks, während die eher kleinen Schrifthersteller dann zumeist nur sehr lokal vertreten waren, So sind eben die mehrzahl der z.B. in Hamburg gedruckten Werke auch mit Lettern aus Hamburger oder Altonaer Schriftgießern gedruckt.

 

Die Wahrheit wird daher wohl irgendwie in der Mitte zwischen nicht Wissen über qualitativ besseren Schriften der großen Gießer,m der erfolgreicheren Werbung der örtlichen und der kostengünstigeren und auch schnelleren Verfügbarkeit des ortlich gefertigtenm Materials liegen

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Martin Z. Schröder

So sind eben die mehrzahl der z.B. in Hamburg gedruckten Werke auch mit Lettern aus Hamburger oder Altonaer Schriftgießern gedruckt.

Das hört sich nicht nach einer Vermutung an, deshalb möchte ich fragen, wie du darauf kommst. Oder ist das Allgemeinwissen, das an mir vorbeigegangen ist? Ich war schon an etlichen Druckereiauflösungen beteiligt, aber darunter war natürlich keine im Zustand der 1930er Jahre. Da gab es immer eindeutig Schriften, die nach 1945 gekauft worden waren. An Schriften, die ich aus Auflösungen erworben habe, kann ich das nicht nachvollziehen, die sind querbeet aus allen Regionen. Also meine Erfahrungen sagen mir zu dieser Frage gar nichts.

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RobertMichael

im hendlmeier sind ja auch viele ausländische schriften und mich wundert es das deine dort nicht abgebildet ist. diese 'ball terminals' sind wirklich sehr charakteristisch, darum würde ich fast ein kopie einer bekannten schrift (z.b. holländische gotisch) ausschließen. treffen deine vermutungen mit den umlauten auch auf das ü zu?

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Martin Z. Schröder

Beim »ü« ist es schwer zusagen, das sieht ja ganz gut aus. Kann aber auch von Hand eingesetzt worden sein.
Leider gibt es nur zwei französische Akzente, aber sie sind so sehr ähnlich, daß es entweder sehr sauber von Hand über einem abgeschnittenen »e« eingesetzt wurde oder eben doch eine ausländische Schrift ist:
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Interessant sind die unterschiedlichen Divis, in der ersten Zeile schräg, danach gerade.

 

Die Druckerei hatte außerdem eine Schrift, die unter dem Namen Fette Gotisch laut Seemann von der Bauerschen Gießerei, laut Kapr von der AG für Schriftguß entworfen, beide mit dem Jahr 1893 angegeben, auf den Markt kam und lt. Seemann von zehn großen Gierereien angeboten wurde:
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Ähnlich ist auch die Neue fette Gotisch von Stempel, die unter den zehn nicht dabei ist und die Schrift 1899 bildgleich zur Fetten Gotisch anbot.

 

Bei dieser hier handelt es sich um eine Cloister Black oder Manuskript-Gotisch:
post-20217-0-23203200-1440846805_thumb.j Diese Anzeige wurde im Haus gesetzt, darauf weist ein Zusatz der Anzeigenredaktion hin.

 

Auf Seite 26 steht noch diese:
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Die kann ich wegen des geraden L nicht zuordnen.

 

Es ist ein ziemliches Durcheinander. Und es kann durchaus sein, daß eine Druckerei ähnliche Schriften hatte. Nachkäufe, Übernahmen, warum auch immer. Ich weiß jetzt jedenfalls gar nichts mehr. Keine einzige kann ich sicher bestimmen. Vielleicht hat man bei Woellmers heimlich was gegossen.

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