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Richtig Spationieren

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GeneralPeggy

Hi, ich halte es für enorm wichtig, dass die Buchstabenabstände zueinander gut passen und ich störe mich immer wieder daran, wenn es öffentlich falsch gemacht wird.

Allerdings, bin ich mir selbst nicht ganz sicher wie es denn jetzt richtig geht:

Prinzipiell gibt es ja zwei Methoden beim "von-Hand-Spationieren":

A. Man legt ein Maß fest das jeder Buchstabe mindestens zum nächsten haben muss und setzt dieses immer am nächsten Verbindungspunkt an

spat_a0.gif

B. Man achtet darauf, dass die Buchstabenräume zueinander passen und spationiert schmaler wenn zwei Lücken nebeneinander stehen, sowie weiter, wenn zwei linien sich begegnen.

spat_a1.gif

Jetzt mal rein logisch betrachtet, ist das Logo dieses Forums aus beiden Varianten zusammengesetzt: Das "Forum" ist nach Mindestabstand gesetzt, das "Typo" nach Raumlücken (Obwohl ich das P, etwas weiter vom Y weg holen würde)

Was ist den jetzt richtig?

Und was sagt Ihr dazu?

spat1.gif

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Sebastian Nagel

Richtig ist das, was optisch gleichmäßig aussieht. Das hängt sowohl von der Schrift als auch von den Buchstabenformen ab.

Von den drei Beispielen im letzten Bild also das dritte, wobei da der Abstand r<-->e zu weit ist.

Die Option "metrisch" nutzt die Kerning-Informationen der Schriftdatei, also die vom Schriftgestalter hinterlegten Informationen. Oft ist die Information aber für Textgrößen gedacht, nicht für Schaugrößen, d.h. wenn du ein Wort plakativ setzt, kommst du nie umhin das Ergebnis von Hand zu optimieren!

"Optisch" versucht die Buchstabenform zu analysieren, was bei dieser Schrift sichtlich misslingt.

Besonders schön ist es, wenn du dabei auch noch auf Wortfugen achtest: Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän ist wesentlich besser lesbar, wenn die Wortfugen um einen Tick (nicht sichtbar, nur spürbar!!) weiter gesetzt sind als sie es normalerweise wären, sodass Donau|dampf|schiff|fahrts|gesellschafts|kapitän als Teilworte erkennbar sind.

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GRIOT

Kleiner Trick: drehe das Wort um 180° (also auf dem Kopf stehend) und spationiere dann. Das funktioniert m.E. ganz gut.

Mit der Berechnung ist das glaube ich schwierig. Weißraum am Rand des Buchstabens (z.B. beim offenen a oder bei c) wird durch engeren Buchstabenabstand ausgeglichen, da helfen keine Konstruktionen.

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  • 3 Monate später...
Kaihawaii

Hello Everybody...

ich sitz derzeit auch an dieser Problematik, vielleicht kann mir ja der eine oder andere einen sachkundigen Hinweis dazu geben, da ich die Schrift auch etwas schwierig finde...

Es handelt sich um ein Logo Schriftzug (GaramondPro)

1025_stadtvilla_global_spationierung_1.jpg

Die reduzierte Laufweite ist gewollt.

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Bleisetzer

Naturgemäß kenne ich, vom Standpunkt des Bleisatzes aus gesehen, ein Spationieren nur als Erweiterung der Laufweite einer Schrift.

Aber (nicht verraten, bitte, da vielleicht image-schädigend) natürlich war ich nach meiner Bleisatz-Zeit noch sehr viel länger im Fotosatz tätig.

Eine grundsätzliche Überlegung:

Beim Entwurf einer Schrift hat der Künstler doch auch die Laufweite bestimmt, egal, ob früher im Bleisatz, später im Fotosatz oder, heute, bei Euren Schrift-Fonts.

Natürlich gibt es Fälle, in denen man um eine Laufweiten-Veränderung nicht herumkommt. Im Bleisatz gilt das ausschließlich für Versal-Zeilen. Das Sperren von Gemeinen gilt als großes No-No.

Aber von diesen Sonderfällen einmal abgesehen: Ist es nicht eher ein unzulässiger Eingriff in die gewollte Darstellung einer Schrift, wenn ich die Laufweite abweichend vom Standard festlege? Der gesamte Schrift-Charakter verändert sich. Maße ich mir als Typograph damit nicht an, letztendlich das Werk des Schriften-Entwerfers verbessern zu können?

Hätte der Künstler gewollt, daß seine Lettern enger stehen, hätte er die Schrift von vornherein entsprechend angelegt.

Mich interessiert Eure Meinung hierzu.

Georg

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Christoph Schröer

Ich zitiere an dieser Stelle mal den Frederic Goudy:

Anyone who would letterspace lower case would steal sheep.

Daher auch der schöne Buchname Stop stealing sheep von

Eric Spiekermann. Also würde auch jeder Schafe klauen,

der Kleinbuchstaben spationiert/sperrt. :D

Obwohl ich da nicht ganz zustimmen kann, da man für

bestimmte Anwendungen auch Gemeine sperren darf.

Allerdings sind die meisten guten Schriften so

angelegt, dass ein sperren nicht notwendig ist,

da sie von Natur aus schon optimal ausgerichtet sind.

Es geht dabei wohl auch um den Mengensatz und da

macht das Zitat scho Sinn.

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Sebastian Nagel

Ist es nicht eher ein unzulässiger Eingriff in die gewollte Darstellung einer Schrift, wenn ich die Laufweite abweichend vom Standard festlege? Der gesamte Schrift-Charakter verändert sich. Maße ich mir als Typograph damit nicht an, letztendlich das Werk des Schriften-Entwerfers verbessern zu können?

Hätte der Künstler gewollt, daß seine Lettern enger stehen, hätte er die Schrift von vornherein entsprechend angelegt.

Es kommt auf den Einsatzzweck an. Hat der Gestalter die Schrift für Textgrößen entworfen, wird die Laufweite für Titelsatz höchstwahrscheinlich zu weit sein, meistens stimmt auch das Kerning in Schaugrößen nicht mehr. Hier muss der Typograf meiner Meinung nach anpassen.

Vielleicht ist das im Bleisatz weniger oft der Fall, da hier der Schriftgestalter für jede Größe die Laufweite anpassen kann. In digitalen Fonts gibt es diese Unterscheidung (in den meisten Fällen) nicht, die Schrift wird schlichtweg skaliert.

Bei guten Schriften ist es in Lesegrößen meistens nicht notwendig, die Laufweite anzupassen. Ausnahme sind hier Schriften, die z.B. aus Amerika stammen. Dort wird offenbar oft enger gesetzt als hier, dementsprechend ist die Laufweite der Schriften oft schon geringer. Hier stellt sich die Frage, hat der Schriftgestalter sich der Konvention in seinem Land angepasst, und lässt die Schrift deshalb relativ eng laufen, oder macht er das aus funktionalen Gründen?

Ich kann mich nicht erinnern wo ich es gelesen habe, ich war jedenfalls selbst etwas erstaunt: offenbar gehörte Zurichtung der Schrift früher öfter zum Produktionsprozess (--> Schrifthaus), nicht zum Gestaltungsprozess (--> Schriftgestalter).

Ich bin zwar als Schriftgestalter selbst noch nicht allzu erfahren, aber was ich schon bemerkt habe, ist, dass ich es als Schriftentwerfer niemals allen Anwendungsmöglichkeiten der Schrift gerecht werden kann.

Besonderes gutes Beispiel: Laufweite von Versalien. Passe ich sie an, damit sie mit Minuskeln ideal funktionieren? Oder definiere ich die Laufweite so, dass sie in Versalsatz gut aussehen? Beides geht nicht, außer mit Opentype. Aber erfahrungsgemäß geht ein Typograf mit einer Opentype-Schrift ohnehin schon anders um als mit einer Type1-Schrift: er ist sich offenbar dessen bewusst, dass hier der Schriftgestalter mehr Einfluss auf das Gesamterscheinungsbild nehmen kann, als es bei einem anderen Format ist.

Im konkreten Fall (Logo) ist das ganze sowieso wieder was anderes: Logos werden immer bis ins Detail getrimmt, de Zweck der Schrift rückt teilweise vom Aspekt Lesbarkeit ab, und muss plötzlich auch grafisch ansehnlich sein. Es ist ein Unterschied ob ich das Wort StadtvillaGlobal schreibe, oder ein Logo daraus mache.

So einen Anwendungsfall kann der Schriftgestalter niemals voraussehen.

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Bleisetzer

Bewußt provozierend formuliert (um Euch zu einer konkreten Erwiderung zu veranlassen):

Ihr sprecht von "optimalem Spacing", von "problematischen Lettern-Kombinationen, die bei einer Laufweiten-Veränderung individuell berücksichtigt werden müssen" (alles sinngemäß zitiert).

"optimal", "individuell" - das sind doch alles nur subjektive Begriffe.

Den Maßstab aller Dinge für eine jede Schrift hat der Typograph festgelegt, der sie entworfen hat. Wenn nun ein jeder von Euch hingeht und diese Schrift mehr oder weniger nach Gutdünken - sprich: Aufgrund individueller Auslegung typographischer Regeln - verändert.. wohin soll das führen?

Ich persönlich weiß zwar mittlerweile, wo ich Qualität finden kann im Universum der digitalisierten Schriften (z.B. Linotype). Aber ansonsten ist es doch eher entsetzlich, was die PC- und auch die Apple-Welt mit ihren Software-Möglichkeiten in der Typographie angerichtet hat. Als Preuße bin ich selbstverständlich eher ein Anhänger des Einflusses der Eliten - aber im allgemeinen stellt doch die Welt der digitalisierten Schriften mit praktisch freiem Zugang für jeden, der meint, gestalten zu wollen, einen völlig inflationären Zustand auf sehr niedrigem Niveau dar.

Genau aus diesem Blickwinkel heraus interessiert mich Eure Meinung zu meinem Standpunkt. Denn Euch unterstelle ich Professionalität. Da Ihr Euch mit der Typographie im täglichen Berufsleben beschäftigt.

Georg Kraus

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Steff11
Wenn nun ein jeder von Euch hingeht und diese Schrift mehr oder weniger nach Gutdünken - sprich: Aufgrund individueller Auslegung typographischer Regeln - verändert.. wohin soll das führen? ... einen völlig inflationären Zustand auf sehr niedrigem Niveau

Tach Georg, da hast du dein Ziel bei mir erreicht:

Was du beklagst ist eine Folge der Tatsache, dass Millionen typographisch völlig ungeschulter PC-Anwender technisch in der Lage sind, alles zu publizieren, wonach ihnen der Sionn steht. Und das tun sie ausgiebig und das führt zur Inflation von typographischen Scheußlichkeiten (und ich will es ihnen nicht versagen, wir leben in einem freien Land).

Du folgerst aber daraus, dass sich die Teilnehmer dieser Diskussion hier ihrer Möglichkeiten beschränken sollten und das Spationieren von Schrift unterlassen sollten. Aber Hoppla, das ist ein anderer Personenkreis, der sich der Regeln völlig bewusst ist und bewusst und sehr selbstkritisch prüft, welche Regel an welcher Stelle wie gebrochen werden darf.

Typographen, professionelle und auch engagierte Hobbyisten, ich fordere Euch auf: Spationiert immer wieder neu, testet, diskutiert, damit sich der Blick aller für den optimalen Umgang mit Schrift weiter schärft, damit wir auch immer wieder überraschendes, unkonventionelles zu Gesicht bekommen, was uns erfreut und anregt, selbst mitzutun.

(Bewußt provozierend formuliert, um Euch zu einer konkreten Erwiderung zu veranlassen):wink:

grüssle, Steff

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Bleisetzer

Ist es nicht eher ein unzulässiger Eingriff in die gewollte Darstellung einer Schrift, wenn ich die Laufweite abweichend vom Standard festlege? Der gesamte Schrift-Charakter verändert sich. Maße ich mir als Typograph damit nicht an, letztendlich das Werk des Schriften-Entwerfers verbessern zu können?

Hätte der Künstler gewollt, daß seine Lettern enger stehen, hätte er die Schrift von vornherein entsprechend angelegt.

Es kommt auf den Einsatzzweck an. Hat der Gestalter die Schrift für Textgrößen entworfen, wird die Laufweite für Titelsatz höchstwahrscheinlich zu weit sein, meistens stimmt auch das Kerning in Schaugrößen nicht mehr. Hier muss der Typograf meiner Meinung nach anpassen.

Vielleicht ist das im Bleisatz weniger oft der Fall, da hier der Schriftgestalter für jede Größe die Laufweite anpassen kann. In digitalen Fonts gibt es diese Unterscheidung (in den meisten Fällen) nicht, die Schrift wird schlichtweg skaliert.

Bei guten Schriften ist es in Lesegrößen meistens nicht notwendig, die Laufweite anzupassen. Ausnahme sind hier Schriften, die z.B. aus Amerika stammen. Dort wird offenbar oft enger gesetzt als hier, dementsprechend ist die Laufweite der Schriften oft schon geringer. Hier stellt sich die Frage, hat der Schriftgestalter sich der Konvention in seinem Land angepasst, und lässt die Schrift deshalb relativ eng laufen, oder macht er das aus funktionalen Gründen?

Ich kann mich nicht erinnern wo ich es gelesen habe, ich war jedenfalls selbst etwas erstaunt: offenbar gehörte Zurichtung der Schrift früher öfter zum Produktionsprozess (--> Schrifthaus), nicht zum Gestaltungsprozess (--> Schriftgestalter).

Ein guter Hinweis, danke.

Es stimmt: Im Bleisatz wird die Laufweite der Lettern bei den steigenden Größen berücksichtigt und entsprechend schon beim Guß verkleinert. Ich wußte nicht, daß das bei den digitalisierten Schriften proportional mitläuft, wenn man die Schriftgröße ändert.

Was die VSvA angeht: Dort gibt es einen recht großen Buchdruck Liebhaber-Markt. Wobei mich deren Holzlettern sehr oft an alte Lucky-Luke-Hefte erinnern. Unter den dortigen Buchdruckern gibt es aber auch einige wirkliche Fachleute für deutsche Schriften. Die dort sehr hoch geschätzt werden. Einer der besten Treffs ist sicher:

http://www.briarpress.org/briarpress/

Mit dem "Zurichten von Schrift" gibt es vielleicht ein Mißverständnis.

Ich kenne Deine Begriffe nicht, verwende deshalb eigene.

Wir haben unterschieden zwischen Druck-Vorstufe und Druck.

Zur Druck-Vorstufe gehörte neben dem Satz auch die komplette Erstellung der gesamten Satzform - also Entwurf, Gestaltung, Satz, Logos, Bilder - halt alle Elemente, die zu einer Satzform gehörten. Davon wurde letztendlich ein Korrekturabzug gemacht und der wurde vom Kunden abgenommen.

Danach ging die fertige Satzform inkl. etwaiger Mehrfach-Nutzen in die Druckerei. Die Buchdrucker haben dann aus der/den Satzform/en die Druckform im Schließrahmen gebaut. Dazu gehörte u.a. das Zurichten der Satzform. Bedeutete: Klischees (Logos, Bilder) mußte unterfüttert werden. Im Aufzug der Druckmaschine mußten Schriftpartien zugerichtet werden, indem dort irgendwelche Seidenpapiere zurechtgeschnitten und aufgeklebt wurden. Alles, um die Schrifthöhe der einzelnen Elemente einander anzugleichen.

Wir, die Setzer, waren erst wieder gefragt, wenn der erste Andruck aus der Maschine kam. Haben Revision gemacht: Defekte Lettern ausgetauscht, letztmalig Stand-Kontrollen und -Korrekturen vorgenommen. Um dem Drucker dann den Druck freizugeben.

Es ist übrigens nicht sehr spaßig, wenn man eine Maschinen-Revision an einer DIN A2 OHZ durchführt. Mit Haaren bis zum Gürtel (1974), im Hochsommer, zwischen allen Fingern irgendwelche Defekte (auszutauschende Lettern). Die Druckform konnte nicht mehr aus der Maschine genommen werden, weil sie sonst den Stand verloren hätte. Also wurde die Form nur aufgeschlossen und der Setzer kroch mit dem Oberkörper in die Maschine rein. Mit Ahle und Pinzette. Paßte etwas nicht, schlug man die Ahle quer durch die Blei-Regletten. Erwischte einen der Meister, gab es Stress.

Heute mag man (ich) das nostalgisch sehen.

Damals war es einfach nur harte Knochenarbeit.

Georg

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Sebastian Nagel

zur Erläuterung: ich verstehe unter "zurichten" das Bestimmen der Laufweite und Kerning einer Schrift. D.h. wenn die Produktionsfirma (z.B. Linotype) die Schrift "zurichtet", liefert der Schriftgestalter lediglich die Einzelbuchstaben, und überlässt die Laufweitenbestimmung und Kerning der Produktion.

Für mich eher unverständlich dass sowas geht, aber offenbar wurde das teilweise so gemacht (habe ich es im Tschichold gelesen oder bei Alfred Kapr? Ich werde danach suchen).

Es hat also nichts mit "deinem" Begriff des Zurichtens im Druckprozess zu tun.

Zur Skalierung von digitalen Schriften: Es werden bei einer Schriftgrößenänderung jegliche Parameter, also Strichstärke, aber auch Laufweite etc. mitskaliert. Dies ist ein eindeutiger Nachteil der digitalen Schriften.

Zwei Ansätze gibt es, dies auszugleichen: Multiple Master-Schriften haben sogenannte "Designachsen". Dies sind Parameter, die der Typograf bestimmen kann, und die zum Beispiel die Strichstärkenkontraste anpassen. Ein Erfahrener Typograf wählt dann bei einer 36pt gesetzten Schrift einen höheren Kontrast als bei 6pt. Die Parameter lassen sich praktisch stufenlos verändern. Welche Parameter gewählt werden können, hängt vom Gestalter der Schrift ab, der auch definieren muss, wie sich die Formen bei einer Anpassung des Parameters verhalten. Ob es auch Schriften gibt/gab. Alles in allem ein sehr aufwendiger Prozess, mehr als etwa 20 Multiple Masterschriften hat es nie gegeben.

Der zweite Ansatz wird derzeit vor allem von Adobe verfolgt: Adobe Jenson Pro, Adobe Garamond Pro, etc. besitzen so genannte Opticals-Schnitte. Dies sind jeweils 4 Varianten für jedes Schriftgewicht, und zwar für Caption (Fußzeilen, etc.), Text (Lesegröße), Subhead (Überschriften), und Titling (Titel). Hier werden zwar nicht für jede Größe eigene Formen erstellt, aber immerhin für die vier wichtigsten Anwendungsbereiche.

Bezüglich Bleisatz-Strapazen: Schade dass ich das alles eigentlich nur noch aus dem Museum kenne. Wir haben hier in Dornbirn (südlich des Bodensees) ein Museum für Druckkunst, in dem zwei ambitionierte ältere Herren versuchen, möglichst vielen Leuten alte Drucktechnik nahezubringen, während sie Material und Maschinen zusammentragen (von Gutenberg bis Linotype). Während des Studiums haben wir zwar ab und zu Kontakt gehabt, aber das höchste der Gefühle war, dass wir mal einen Winkelhaken in der Hand hatten und etwas gesetzt haben. Da hat sich dann gezeigt, dass zum einen fast alle handwerklich degeneriert sind, zum anderen optische Zusammenhänge nicht mehr wahrnehmen können. Der Herr hat jedenfalls schon überrascht geguckt, als ich den Abstand zwischen Wortende und Ausrufezeichen leicht erweitert habe. So etwas habe er schon länger nicht mehr gesehen von jungen Leuten. Das schlimme: rund um uns standen 30 Leute einer Gestaltungsschule...

Meine Theorie dazu: Digitalisierung bedeutet immer Informationsreduktion. Und wer nur noch digital arbeitet, verlernt, Zwischenstufen wahrzunehmen. Öfters werde ich gefragt: Kommt vor dem Ausrufezeichen ein Leerzeichen oder keines? Wenn ich dann sage "dazwischen", folgt meistens ein verwunderter Blick.

TomTom

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Psocopterus
Zur Skalierung von digitalen Schriften: Es werden bei einer Schriftgrößenänderung jegliche Parameter, also Strichstärke, aber auch Laufweite etc. mitskaliert. Dies ist ein eindeutiger Nachteil der digitalen Schriften.

Zwei Ansätze gibt es, dies auszugleichen: Multiple Master-Schriften haben sogenannte "Designachsen".

[...]

Der zweite Ansatz wird derzeit vor allem von Adobe verfolgt: Adobe Jenson Pro, Adobe Garamond Pro, etc. besitzen so genannte Opticals-Schnitte. Dies sind jeweils 4 Varianten für jedes Schriftgewicht, [...]

Beide Ansätze hat übrigens auch schon Donald E. Knuth beim Entwurf der Computer Moder Family of Fonts verfolgt. Die Schriftfamilie ist in einer Sprache (Metafont) beschrieben. Durch verschiedene Parameter sind die Einzelschriften entwickelt -- es können jederzeit neue Schriften aus den Daten abgeleitet werden. Leider hat sich Metafont nicht durchgesetzt, die Multiple-Master-Fonts erinnern aber doch sehr an dieses Konzept aus den frühen Siebzigern.

Aus den Metafontdaten wurden verschiedene Entwurfsgrößen abgeleitet. Wählt man in LaTeX eine 12-Punkt-Schrift wir de facto ein 10,8-Punkt-Entwurf skaliert, für Fußnoten wird ein 6-Punkt-Entwurf zugrundegelegt.

Die Fußnotentexte laufen in Computer Modern sehr weit, wenn man nur noch skalierte 12-pt gewohnt ist, sind aber dafür sehr gut lesbar.

Nach dem Ende des Bleisatzes muss also nicht zwingend die Sintflut kommen. Wenn man mal ehrlich ist, war auch zu Bleisatzzeiten viel Mist unter den Druck-Erzeugnissen.

Gruß, Georg

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Markus Wäger

Zur Laufweite gehen die Meinungen leicht auseinander. Friedrich Forssmann und Ralf de Jonge schreiben in "Detailtypografie", dass Schriften meist zu eng gesetzt sind. Das hängt möglichweise damit zusammen, dass - wie TomTom schrieb - amerikanische Schriften enger laufen und viele Schriften heute aus den USA kommen. Forssmann und de Jonge schreiben auch, dass die Laufweite von Schriften oberhalb von 16 Punkt verringert werden sollten. Sie führen auch eine komplette Tabelle auf, wie die Laufweiten für Schriftgrößen in XPress, InDesign und Word (!) eingestellt werden sollen.

InDesign kennt übrigens die Einstellung "Optisch" für das Kerning, mit der das Programm die Laufweite automatisch an die Schriftgröße anpasst. Für Leute denen Zeit oder Erfahrung fehlt die Laufweite selbst einzustellen sicher eine gute Sache.

H.P. Willberg hingegen schreibt in seinen Publikationen, dass Schriften (schon) oberhalb von 12 Punkt enger gestellt werden sollten; so habe ich das selbst auch gelernt. Will man es "perfekt" machen, muss man immer von Schrift zu Schrift spezifisch entscheiden.

Schriften in sehr kleinen Graden sollten grundsätzlich weiter gestellt werden. Text auf - beispielsweise - einem Medikamentenbeipackzettel ist besser lesbar, wenn man einen Punkt kleiner geht und das ganze bei ausreichend Zeilenabstand und erhöhter Laufweite setzt.

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Psocopterus
Friedrich Forssmann und Ralf de Jonge schreiben [...]
OT: Friedrich Forssman und Ralf de Jong schreiben ...

G.,G.

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Markus Wäger
Friedrich Forssmann und Ralf de Jonge schreiben [...]
OT: Friedrich Forssman und Ralf de Jong schreiben ...

G.,G.

:oops: Danke

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JackieTreehorn
InDesign kennt übrigens die Einstellung "Optisch" für das Kerning, mit der das Programm die Laufweite automatisch an die Schriftgröße anpasst. Für Leute denen Zeit oder Erfahrung fehlt die Laufweite selbst einzustellen sicher eine gute Sache.

Finger weg, auch ohne Erfahrung. Lieber einer guten Schrift vertrauen als einer schlechten mathematischen Formel!

Alfred Kapr

Albert.

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Markus Wäger
InDesign kennt übrigens die Einstellung "Optisch" für das Kerning, mit der das Programm die Laufweite automatisch an die Schriftgröße anpasst. Für Leute denen Zeit oder Erfahrung fehlt die Laufweite selbst einzustellen sicher eine gute Sache.

Finger weg, auch ohne Erfahrung. Lieber einer guten Schrift vertrauen als einer schlechten mathematischen Formel!

Ich kann das aus meiner Erfahrung und bei meinen Test nicht bestätigen. Bitte schick mir doch ein PDF bei dem "Optisch" zu schlechteren Ergebnissen geführt hat als "metrisch" mit dem selben Font an [email protected]. Ich lass mch gerne überzeugen. :|

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Sebastian Nagel
Albert.

Kommt davon wenn der Herr seinen Vornamen nicht mit auf den Buchrücken mit draufschreibt, und ich zu faul bin die hand einen Meter weit auszustrecken... :wink: danke.

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JackieTreehorn
Bitte schick mir doch ein PDF bei dem "Optisch" zu schlechteren Ergebnissen geführt hat als "metrisch" mit dem selben Font an [email protected]. Ich lass mch gerne überzeugen. :|

Ich werde versuchen, ein entsprechendes Beispiel zu basteln. Luc de Groot zeigt bei Vorträgen jedenfalls immer ein sehr anschauliches ...

Doch zunächst auch ohne Beispiel bleibe ich dabei, daß man im Zweifelsfall einem Experten eher vertrauen sollte als einer mathematischen Formel. Der Designer wird sich eher etwas gedacht haben als der Algorithmus.

In diesem Punkt stimme ich Bleisatz-Georg zu: Wenn man keine Ahnung hat, sollte man das Werk des Schriftgestalters besonders respektieren.

Ansonsten ist es selbst für den besten Schriftgestalter unmöglich, eine Schrift für alle Gelegenheiten zu perfektionieren, weshalb auch ich selbstverständlich hier und dort eingreife.

@TomTom:

Schäm Dich ;)

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Markus Wäger
Bitte schick mir doch ein PDF bei dem "Optisch" zu schlechteren Ergebnissen geführt hat als "metrisch" mit dem selben Font an [email protected]. Ich lass mch gerne überzeugen. :|

Ich werde versuchen, ein entsprechendes Beispiel zu basteln. Luc de Groot zeigt bei Vorträgen jedenfalls immer ein sehr anschauliches ...

Ich muss mich vielleicht noch etwas präzisieren: Ich bin mir sicher, dass das Auge immer besser gestaltet als die Maschine. Ich war zunächst auch skeptisch was die Automatik in InDesign angeht, war aber überrascht, dass die Ergebnisse bei meinen Test durchaus ordentlich waren (ich werde mir die Sache aber auch selber noch einmal eingehend ansehen).

Bei erstklassig zugerichteten Schriften ist es keine Frage, dass die Zurichtung des "Meisters" besser sein sollte, als die der Software. Ich gehe aber davon aus, dass unerfahrene Benutzer und Laien nicht unbedingt mit Schriften der Dutch Type Library arbeiten (ich wünschte, ich könnte mir das selber leisten). Für Allerweltschriften halte ich die Einstellung "Optisch" für durchaus brauchbar. Aber wie gesagt: Ich lasse mich gerne überzeugen / abschrecken.

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Poms
Kleiner Trick: drehe das Wort um 180° (also auf dem Kopf stehend) und spationiere dann.

Gibt es noch weitere Tipps/Tricks zum Analysieren der "Löcher", der Unausgewogenheit?

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