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Zwangsverbünde im gesperrten Fraktursatz: Das ſt

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Erwin Krump

Die Passage zum Thema „Sperren“ aus dem satztechnischen Taschen-Lexikon, Richard L. Niel, zweite Auflage, Wien 1925.

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Joshua K.
Diese Information ist falsch, denn die Ligatur ‹?t› gehört doch auch zu den obligatorischen Ligaturen!

So einfach kannst Du es Dir nicht machen. Das vollständige theoretisch-praktische Handbuch der Typographie wurde 1870 herausgegeben, und was Marahrens darin schreibt, ist sicher nicht falsch.

Du gibst ja selbst zu, daß ?t nicht einheitlich gehandhabt wird (wurde). Daran ist sicher nicht der Duden „schuld“. Ich vermute, daß ?t ursprünglich (wie Marahrens es beschreibt) nicht zu den Zwangsverbünden gehört hat, später aber häufig so behandelt worden ist, möglicherweise (auch) wegen der Regel, daß ?t nicht getrennt werden darf.

Letztendlich wird/wurde ?t später also wohl teilweise als Zwangsverbund behandelt, teilweise nicht, und teilweise „halb“ (ungesperrte Einzelbuchstaben im Sperrsatz).

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Mach
Letztendlich wird/wurde ?t später also wohl teilweise als Zwangsverbund behandelt, teilweise nicht,

Nur sehr sehr selten nicht. Bislang habe ich das nur in einigen Büchern von Cotta aus dem ersten Jahrzent des 19. Jahrhunderts gesehen. Bei einer Stichprobe von Cotta-Büchern aus der Zeit zwischen 1830 und 1850 habe ich hingegen bei einer Sichtung der ersten 30 Resultate kein einziges Werk mehr gefunden, wo das ?t nicht als obligatorische Ligatur gesetzt gewesen wäre. Das scheint mir ein weiteres Indiz dafür zu sein, das es sich bei den Werken ohne obligatorische ?t-Ligatur um Ausreisser aus einer frühen Zeit handelt, als die typographischen Regeln noch nicht so gefestigt waren.

und teilweise „halb“ (ungesperrte Einzelbuchstaben im Sperrsatz).

Das ist die Behauptung aus dem Leipziger Duden von 1968, die ich noch kein einziges Mal habe beobachten können.

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Alderman

nur als Randbemerkung:

In Martin Luthers Sendbrief vom Dolmetschen (textgetreue Nachdrucke von Niemeyer, Halle 1951) verwenden beide , der Nürnberger und der Wittenberger Drucker, die beiden Buchstaben s und t als Ligatur - und das im Jahr des Herrn 1530.

was aber die Sperrung angeht, hat Pachulke gesagt -

alderman.

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  • 2 Monate später...
Mach
ſt wurde nie einheitlich gehandhabt. In Marahrens Handbuch der Typographie (1870) gehört es ausdrücklich nicht zu den Zwangsverbünden. Diese sind dort: ch, ck, ß und tz.

Ich antworte zur Abwechslung mal wieder im passenden Thread.

Ich bin der Sache jetzt endlich endlich auf den Grund gegangen. Es verhält sich genau so, wie ich es schon von Anfang an behauptet habe: Das ‹ſt› gehört ganz eindeutig zu den nicht-sperrbaren Ligaturen.

Joshua hat im Beitrag Re: Neuster Schrei(?): Ortsteilschilder Marahrens (1870, S. 33) zitiert:

Es giebt in der Fraktur, soweit dieselbe zur deutschen Sprache benutzt wird, zweierlei zusammengegossene Buchstaben, nämlich [einmal, erg. v. mach] solche, von denen die Sprache selbst, die Orthographie, eine Verbindung zweier erfordert, als ch, ck, ß, tz, und dann solche, welche im Interesse der typographischen Schönheit und Nützlichkeit verbunden sind: ſſ, ſi, ll, fl, fi und ſt.

An dieser von Joshua zitierten Stelle geht es überhaupt gar nicht um die Sperrbarkeit, sondern um eine Differenzierung zwischen zwei Arten von Ligaturen, orthographisch erforderliche und typographisch nützliche.

Dort hingegen, wo es um das Spatiinieren (Sperrsatz) geht, sagt Marahrens klipp und klar, dass das ‹ſt› zu den nicht-sperrbaren Ligaturen gehöre: «Bei spatiiniertem Satz haben wir nur die Ligaturen tz, ſz, ck, ch und ſt; die übrigen – also ſſ, ſi, ll, fi, ff, fl – werden zusammengesetzt und als zwei Buchstaben betrachtet, folglich auch durch Spatien getrennt» (a.a.O., S. 82).

Ferner wird bei einem kurzen Blick in das Buch sofort klar, dass im Sperrsatz das ‹ſt› offensichtlich nicht gesperrt wird.

Literatur: Marahrens, August (1870): Vollständiges theoretisch-praktisches Handbuch der Typographie nach ihrem heutigen Standpunkt. Erster Band: Das Setzen in seinen verschiedenen Branchen. Leipzig: Leipziger Vereinsbuchdruckerei. URL: http://openlibrary.org/ia/vollstndigesthe00maragoog (abgerufen 2010-12-05).

Fazit: Die einzige theoretische Schrift, die das ‹ſt› für sperrbar erklärt, ist der Duden in seinen neusten Ausgaben. Die einzigen bis jetzt hier angeführten Drucke, wo das ‹ſt› gesperrt worden wäre, stammen noch aus dem frühen 19. Jahrhundert. Übrigens finden sich auch Beispiele, wo ‹st› an Stelle von ‹ſt› gesetzt worden ist – und das nimmt ja auch niemand als Anlass für die Behauptung, man habe das ‹ſ› nie einheitlich gehandhabt.

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Joshua K.

Hoppla. Du hast recht. Wie konnte ich das übersehen?! :-o

Es ist ja aber schon eine seltsame Sache: Nicht sperrbar sind also die sprachlich nötigen Verbünde und dazu noch das ſt.

Diese Sonderstellung des ſt hat sicher mit der Sonderregel zu tun, daß ſt auch nicht getrennt werden darf. Bis heute ist ja ungeklärt, worauf diese Regel überhaupt zurückzuführen ist.

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Mach

Meine Vermutung ist, dass die vormalige Untrennbarkeit von ‹st› denselben Grund hatte wie die Unspatiinierbarkeit der Ligaturen ‹ch ck ſt ſz tz›: Die Gewohnheit der alten Bleilettern.

Deine Vermutung, dass bei den nicht spatiniierbaren Ligaturen die sprachliche Notwendigkeit eine Rolle gespielt haben könnte, halte ich nicht für überzeugend, denn das ‹ſch› wird ja spatiniiert. Du hast zwar gesagt, das liege daran, dass die einzelnen Bestandteile ‹ſ› und ‹ch› auch für sich aufträten. Dasselbe trifft aber ebensosehr für die einzelnen Bestandteile der Ligaturen ‹ſt›, ‹ſz› und ‹tz› zu – letzteres wurde sogar in der Worttrennung am Zeilenende getrennt!

Ein mögliches Indiz für meine Vermutung, dass alles von den alten Bleilettern herrührt, könnte in dem Nachweis liegen, dass in irgendeinem Zeitraum zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert nur die Ligaturen ‹ch ck ſt ſz tz› allgemein üblich gewesen wären. Ich habe allerdings keine Ahnung, ob das tatsächlich so war.

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Joshua K.
Deine Vermutung, dass bei den nicht spatiniierbaren Ligaturen die sprachliche Notwendigkeit eine Rolle gespielt haben könnte, halte ich nicht für überzeugend, denn das ‹ſch› wird ja spatiniiert. Du hast zwar gesagt, das liege daran, dass die einzelnen Bestandteile ‹ſ› und ‹ch› auch für sich aufträten.

Das hab ich doch gar nicht gesagt! :neenee:

Meine Theorie ist wie gesagt, daß die Zwangsverbünde zu solchen wurden, weil sie „sprachlich nötig“ sind und zudem buchstabenähnlich.

Buchstabenähnlich heißt, daß die Verbünde in der Wahrnehmung zwischen einer Verbindung aus zwei Zeichen und einem einzigen Zeichen stehen, also graphisch eng verbunden sind. (Indiz dafür ist das ß, das früher als Zwangsverbund galt, heute aber als Buchstabe betrachtet wird.)

ch und ck sind sprachlich nötig, weil sie für einen Laut stehen. Und tz geht sprachgeschichtlich teilweise auf das germanische t zurück, hat sich also in diesen Fällen aus einem Laut entwickelt. Dazu kommt, daß derselbe Laut auch durch einzelne Zeichen, nämlich z und c (in Fremdwörtern), dargestellt wird.

ſch konnte nicht zum Zwangsverbund werden, weil es gar kein echter Verbund ist. Dieser Verbund ist eine recht neue Erscheinung, und da hat das ſ höchstens eine andere Form, ist aber nicht mit dem c verbunden.

ſt ist ein Sonderfall, wie die Sonderregel der Nichttrennbarkeit beweist. Ich zitiere dazu Christian Stang:

Die Suche nach einer Begründung bezüglich der heutigen Regel, die besagt, daß das „st“ nicht getrennt werden dürfe, scheint wohl schon länger vonstatten zu gehen. Bereits dem Protokoll der 1876 in Berlin tagenden I. Orthographischen Konferenz ist zu entnehmen, daß die Nichttrennung des „st“ auf die „Nachahmung eines nicht einmal sicher gestellten Gebrauchs in der lateinischen Sprache“ zurückzuführen sei (zitiert nach Werner Hofrichter). Diese Aussage sollte als erste von vier möglichen Begründungen festgehalten werden.

Zwei weitere Scheinbegründungen gibt Wilhelm Wilmanns in seiner zweiten Ausgabe des Kommentars zur preußischen Schulorthographie: Zum ersten empfiehlt er, daß „st“ wegen des obersten Grundsatzes aller Regelbücher, der besagt, daß die Worttrennung grundsätzlich nach Sprechsilben durchzuführen sei, ungetrennt zu lassen. Zum zweiten glaub er zu wissen, daß das „st“ „in unserer Sprache als besonders eng empfungen“ wird.

Als stichhaltigste Begründung betrachte ich jedoch die folgende Aussage, die sich in einer Fußnote zu Abschnitt 9 des von Thorwald Poschenrieder und mir erarbeiteten „Gutachtens zu ausgewählten Bereichen des Rechtschreib-Erneuerungsentwurfes 'Deutsche Rechtschreibung – Vorschläge zu ihrer Neuregelung ...' mit einem Ergänzungsvorschlag zur Regelung der Besonderheiten der deutschen Schriften“, hg. vom Bund für deutsche Schrift und Sprache, Hannover, 1993, S. 89 [befindet]: „Vielleicht fußt die 'st'-Untrennbarkeitsregel zum Teil auch in Formen wie 'höch-ster' oder 'hast-en“, bei denen man Nachsilbe bzw. Stamm unzerrissen lassen wollte; dem widersprechen aber – wohl seltenere – Fälle wie 'kreis-te' oder 'los-te'.“ Dies bestätigt im eigentlichen Sinne auch Wilmanns: „W[ürttemberg] fügt ferner die Superlativ-Endung 'st' als unzutrennbar hinzu: 'treuste, lebhafteste ...'"

Die altbekannte Behauptung, daß die Nichttennung des „st“ auf den Gebrauch der Ligatur (des Verbundbuchstabens) „st“ in der Fraktur zurückzuführen sei, scheint mir trotz allem nach wie vor ausschlaggebend für die damalige Festlegung der Regel gewesen zu sein. Leider kann dies aufgrund des Protokolls der II. Orthographischen Konferenz nicht nachvollzogen werden.

Christian Stang, Regensburg

Ein mögliches Indiz für meine Vermutung, dass alles von den alten Bleilettern herrührt, könnte in dem Nachweis liegen, dass in irgendeinem Zeitraum zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert nur die Ligaturen ‹ch ck ſt ſz tz› allgemein üblich gewesen wären. Ich habe allerdings keine Ahnung, ob das tatsächlich so war.

Das scheint mir eher abwegig zu sein. Die Wiegendrucker hatten ja noch eine ziemlich große Zahl an Verbünden, die sich dann auf die später üblichen vermindert hat. Ich werde aber mal versuchen, mehr dazu herauszufinden.

Der in dem Zitat von Herrn Stang erwähnte Herr Poschenrieder hat übrigens ziemlich viele Bücher auf die Verwendung von Verbünden hin ausgewertet. Ich werde bei ihm nachfragen, was er zur Behandlung von ſt als Zwangsverbund sagen kann.

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Mach
Das hab ich doch gar nicht gesagt! :neenee:

Meine Theorie ist wie gesagt, daß die Zwangsverbünde zu solchen wurden, weil sie „sprachlich nötig“ sind und zudem buchstabenähnlich.

OK, Missverständnis meinerseits. Deine Vermutung ist also Laut und Form; meine ist Druckergewohnheit.

ch und ck sind sprachlich nötig, weil sie für einen Laut stehen. Und tz geht sprachgeschichtlich teilweise auf das germanische t zurück, hat sich also in diesen Fällen aus einem Laut entwickelt. Dazu kommt, daß derselbe Laut auch durch einzelne Zeichen, nämlich z und c (in Fremdwörtern), dargestellt wird.

Genau dasselbe gilt aber beispielsweise auch für ‹ſſ› oder ‹ll› – sie bilden auch nur einen Laut, und zusätzlich werden sie als Ligaturen gesetzt, so dass in deinem Sinn die «Buchstabenähnlichkeit» gegeben ist.

Das scheint mir eher abwegig zu sein. Die Wiegendrucker hatten ja noch eine ziemlich große Zahl an Verbünden, die sich dann auf die später üblichen vermindert hat.

Es ist mir schon klar, dass in den ersten Drucken sehr viele Ligaturen verwendet wurden (darum habe ich auch das 16. Jahrhundert genannt und nicht das 15.). Es wäre aber denkbar, dass in einer Zwischenzeit nur eine kleine Zahl von Ligaturen allgemein üblich war, dann im 19. Jahrhundert aber wieder neue eingeführt wurden, so wie z.B. das ‹ſch›. Ich weiss aber, wie gesagt, nichts Genaues darüber. Falls du etwas herausfindest, würde es mich sehr interessieren.

Der in dem Zitat von Herrn Stang erwähnte Herr Poschenrieder hat übrigens ziemlich viele Bücher auf die Verwendung von Verbünden hin ausgewertet. Ich werde bei ihm nachfragen, was er zur Behandlung von ſt als Zwangsverbund sagen kann.

Das Archiv des Bundes für deutsche Schrift und Sprache reicht leider nicht so weit zurück.

Die Begründung der Nicht-Trennbarkeit von ‹ſt› aus seiner Nicht-Sperrbarkeit hinkt insofern, als das ‹tz› trotz seiner Nicht-Sperrbarkeit immer trennbar gewesen ist. Warum sollte also aus der Nicht-Sperrbarkeit in einem Fall eine Nicht-Trennbarkeit folgen (bei ‹ſt›), aber im anderen Fall nicht (bei ‹tz›)? Daher scheint mir in diesem Fall die Argumentation mit der sprachlichen Besonderheit viel plausibler.

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Joshua K.
Genau dasselbe gilt aber beispielsweise auch für ‹ſſ› oder ‹ll› – sie bilden auch nur einen Laut, und zusätzlich werden sie als Ligaturen gesetzt, so dass in deinem Sinn die «Buchstabenähnlichkeit» gegeben ist.

Bei den Doppelkonsonanten ist es ja aber so, daß sie gerade nicht als ein Buchstabe wahrgenommen werden sollen, sondern als zwei Buchstaben, denn die Verdoppelung zeigt ja hier eine Änderung der Aussprache (Kürzung) an.

ck und tz stehen zwar auch stellvertretend für kk und zz, aber hier wird eben die Änderung der Aussprache nicht durch Verdoppelung des Einzelbuchstabens angezeigt, sondern durch ein ganz anderes Zeichen, nämlich die ck- bzw. die tz-Ligatur.

Man könnte auch sagen: Bei k und z wird die Ausspracheänderung nicht durch Verdoppelung, sondern durch Veränderung des Zeichens (Anhängen eines c bzw. eines t) angezeigt.

Es ist mir schon klar, dass in den ersten Drucken sehr viele Ligaturen verwendet wurden (darum habe ich auch das 16. Jahrhundert genannt und nicht das 15.). Es wäre aber denkbar, dass in einer Zwischenzeit nur eine kleine Zahl von Ligaturen allgemein üblich war, dann im 19. Jahrhundert aber wieder neue eingeführt wurden, so wie z.B. das ‹ſch›. Ich weiss aber, wie gesagt, nichts Genaues darüber. Falls du etwas herausfindest, würde es mich sehr interessieren.

Als Verbünde werden bei Marahrens folgende genannt: ch, ck, ß, tz (sprachlich nötige) sowie ſſ, ſi, ll, fi, fl und ſt. Helzel nennt in seinem Aufsatz „Über traditionellen Fraktursatz“ (Die Deutsche Schrift 1/2007) zusätzlich noch ff. Mehr waren bis zum 20. Jahrhundert nicht üblich. (Ob es Ausnahmen mit Schriften gibt, die noch weitere Verbünde enthalten, weiß ich nicht.) Erst später, am Anfang des 20. Jahrhunderts, führte Rudolph Koch neue Verbünde wie ſch oder tt ein, die von manchen, aber nicht allen Schriftkünstlern/Schriftgießereien übernommen wurden.

Vielleicht kann ich noch mehr dazu herausfinden, wie sich dieser übliche Satz an Verbünden entwickelt hat.

Die Begründung der Nicht-Trennbarkeit von ‹ſt› aus seiner Nicht-Sperrbarkeit hinkt insofern, als das ‹tz› trotz seiner Nicht-Sperrbarkeit immer trennbar gewesen ist. Warum sollte also aus der Nicht-Sperrbarkeit in einem Fall eine Nicht-Trennbarkeit folgen (bei ‹ſt›), aber im anderen Fall nicht (bei ‹tz›)? Daher scheint mir in diesem Fall die Argumentation mit der sprachlichen Besonderheit viel plausibler.

Beziehst Du Dich jetzt auf das Stang-Zitat?

Stang schreibt ja nur, daß er glaubt, daß die Entscheidung auf der II. Orthographischen Konferenz zur Nichttrennbarkeitsregel irgendwas mit der Ligatur zu tun hat. Wie er aber auch schreibt, ist die Regel ja schon älter und wurde vorher schon versucht auf verschiedene Weise zu begründen. Wie sie ursprünglich entstanden ist, bleibt unklar.

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Mach
ck und tz stehen zwar auch stellvertretend für kk und zz, aber hier wird eben die Änderung der Aussprache nicht durch Verdoppelung des Einzelbuchstabens angezeigt, sondern durch ein ganz anderes Zeichen, nämlich die ck- bzw. die tz-Ligatur.

Mir leuchtet nicht ein, warum das einen Unterschied ausmachen sollte.

Als Verbünde werden bei Marahrens folgende genannt: ch, ck, ß, tz (sprachlich nötige) sowie ſſ, ſi, ll, fi, fl und ſt. Helzel nennt in seinem Aufsatz „Über traditionellen Fraktursatz“ (Die Deutsche Schrift 1/2007) zusätzlich noch ff. Mehr waren bis zum 20. Jahrhundert nicht üblich.

Meine Frage ist, ob vielleicht einst weniger Ligaturen üblich gewesen wären, so dass sich erklären liesse, warum nur gewisse Ligaturen nicht gesperrt wurden. Aber, wie gesagt, dazu weiss ich nichts Genaueres. Ich habe noch keine fundierte Untersuchung zum historischen Ligaturen-Gebrauch gesehen, und auch noch nie von einer solchen Untersuchung gehört.

Stang schreibt ja nur, daß er glaubt, daß die Entscheidung auf der II. Orthographischen Konferenz zur Nichttrennbarkeitsregel irgendwas mit der Ligatur zu tun hat.

Genau, und genau das dünkt mich eben gar nicht hilfreich. Es ist keine Erklärung, sondern nur eine Problemverlagerung. Die Annahme eines solchen «irgendetwas» schafft nämlich das neue Problem, warum denn dieses «irgendetwas» nicht beim ‹tz› gilt, sondern nur beim ‹ſt›.

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Joshua K.
Mir leuchtet nicht ein, warum das einen Unterschied ausmachen sollte.[/Quote]

Und mir leuchtet nicht ein, was Dir da nicht einleuchtet. :lol:

Beim k und z wird die Ausspracheänderung durch ein anderes Zeichen angezeigt, nämlich ck-Ligatur und tz-Ligatur. Dabei ist gar nicht gewünscht, daß man c oder k als Bestandteil des neuen Zeichens erkennt, sie haben hier nämlich nicht ihre normale Bedeutung, sondern dienen als eine Art Modifikationszeichen.

Bei l, p, ſ, t usw. zeigt dagegen die Verdoppelung eine Ausspracheänderung an. Es gibt also kein neues Zeichen, sondern der Einzelbuchstaben wird zweimal gesetzt. Man erkennt deshalb immer die zwei Buchstaben in der Ligatur, und betrachtet die Ligatur nicht als einen neuen Buchstaben.

Meine Frage ist, ob vielleicht einst weniger Ligaturen üblich gewesen wären, […]

Ist klar. Ich versuch, was dazu in Erfahrung zu bringen.

Genau, und genau das dünkt mich eben gar nicht hilfreich. Es ist keine Erklärung, sondern nur eine Problemverlagerung. Die Annahme eines solchen «irgendetwas» schafft nämlich das neue Problem, warum denn dieses «irgendetwas» nicht beim ‹tz› gilt, sondern nur beim ‹ſt›.

Ja, seh ich auch so.

Und um nochmal Klarheit zu schaffen: Ich bin von meiner Theorie auch nicht vollständig überzeugt: sie ist nur ein Erklärungsversuch.

Zur Sache mit den üblichen Verbünden werde ich mal bei Herrn Poschenrieder nachfragen. Vielleicht wissen wir dann mehr.

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Mach

Es ist ganz einfach zu erklären, was mir nicht einleuchtet: Die Verdoppelung ist doch bloss eine andere Art der Modifikation. Warum sollte für Ligaturen mit der einen Art von Modifikation (anderes Zeichen) etwas gelten, was für Ligaturen mit der anderen Art von Modifikation (Verdoppelung) nicht gilt?

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Joshua K.

Bei den Verdoppelungen hat man ja die Parallelität zu mm, pp usw., die nie ligaturmäßig verbunden sind. Deshalb werden entsprechend ll, ſſ usw. ebenfalls als zwei Einzelbuchstaben wahrgenommen und nicht als neue Einfachzeichen.

Für tz und ck gibt es diese Parallelität nicht. Außerdem wäre hier sogar eher hinderlich, wenn man t–z und c–k wahrnehmen würde, denn diese Getrennt-Wahrnehmung würde darauf hindeuten, daß gegenüber den Einzellauten z und k die Laute t bzw. c dazukämen. Das ist ja aber nicht der Fall, was erklären könnte, warum es hier die Tendenz gab, die Ligatur als Einzelzeichen wahrzunehmen. t und c werden sozusagen abgewertet, bilden nur Anhängsel an z und k.

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Mach
Bei den Verdoppelungen hat man ja die Parallelität zu mm, pp usw., die nie ligaturmäßig verbunden sind. Deshalb werden entsprechend ll, ſſ usw. ebenfalls als zwei Einzelbuchstaben wahrgenommen und nicht als neue Einfachzeichen.

Für tz und ck gibt es diese Parallelität nicht.

Aber sicher doch gibt es für ‹tz› und ‹ck› genau die gleiche Parallelität! Gemäss deiner Formulierung: Bei den aus verschiedenen Buchstaben zusammengesetzten Einzellautbezeichnungen hat man ja die Parallelität zu ‹dt›, ‹ie›, ‹ſch› usw., die nie ligaturmässig verbunden sind. Deshalb würde entsprechend (wenn deine Argumentation zuträfe, was sie aber offenbar nicht tut) ‹ck›, ‹tz› usw. ebenfalls als zwei Einzelbuchstaben wahrgenommen und nicht als neue Einfachzeichen.

Außerdem wäre hier sogar eher hinderlich, wenn man t–z und c–k wahrnehmen würde, denn diese Getrennt-Wahrnehmung würde darauf hindeuten, daß gegenüber den Einzellauten z und k die Laute t bzw. c dazukämen. Das ist ja aber nicht der Fall, was erklären könnte, warum es hier die Tendenz gab, die Ligatur als Einzelzeichen wahrzunehmen. t und c werden sozusagen abgewertet, bilden nur Anhängsel an z und k.

Einerseits trifft diese deine Argumentation genau gleich auch auf die Verdoppelungen zu – gemäss deiner Formulierung: Ausserdem wäre hier sogar eher hinderlich, wenn man ‹ſ›-‹ſ› und ‹l›-‹l› wahrnehmen würde, denn diese Getrennt-Wahrnehmung würde darauf hindeuten, dass gegenüber den «Einzellauten» ſ und l die (zusätzlichen) «Laute» ſ und l dazukämen. Das ist aber nicht der Fall, was erklären könnte, warum es hier die Tendenz gäbe (wenn deine Argumentation zuträfe, was sie aber offenbar nicht tut), die Ligatur als Einzelzeichen wahrzunehmen.

Andererseits behalten das zusätzliche ‹c› und ‹t› in ‹ck› und ‹tz› ihre gewöhnliche Bedeutung: Das ‹c› hat regelmässig die Aussprache /k/ ausser vor ‹e› und ‹i›, und das ‹z› ist lautlich gesehen nichts anderes als /ts/, so dass ein ‹t› nichts Fremdes dazufügt.

Fazit: Deine Argumentation leuchtet mir überhaupt nicht ein, warum für Ligaturen mit der einen Art von Modifikation (anderes Zeichen) etwas gelten gelten sollte als für Ligaturen mit der anderen Art von Modifikation (Verdoppelung).

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Joshua K.
Aber sicher doch gibt es für ‹tz› und ‹ck› genau die gleiche Parallelität! Gemäss deiner Formulierung: Bei den aus verschiedenen Buchstaben zusammengesetzten Einzellautbezeichnungen hat man ja die Parallelität zu ‹dt›, ‹ie›, ‹ſch› usw., die nie ligaturmässig verbunden sind. Deshalb würde entsprechend (wenn deine Argumentation zuträfe, was sie aber offenbar nicht tut) ‹ck›, ‹tz› usw. ebenfalls als zwei Einzelbuchstaben wahrgenommen und nicht als neue Einfachzeichen.

Klar gibt es auch da eine Parallelität. Die Tatsache, daß es eine Parallelität gibt, kann bedeuten, daß eine Gruppe gleich/ähnlich behandelt/wahrgenommen wird, sagt aber nichts darüber aus, wie sie behandelt/wahrgenommen wird.

Also: Ja, auch für ck und tz gibt es eine Parallelität, und entsprechend meiner Argumentation hätten ie, dt usw. ebenfalls die Tendenz zur Entwicklung eines neuen Einzelzeichens, wenn es denn für diese Buchstaben Ligaturen gäbe!

Nochmal zusammengefaßt:

Bei Buchstaben, bei denen durch Verdoppelung eine Ausspracheänderung angezeigt wird, neigt die Doppelform nicht dazu als ein neuer Buchstabe wahrgenommen zu werden. Denn das würde die Unterscheidung 1 × Buchstabe : 2 × Buchstabe undeutlicher machen.

Bei Buchstaben, bei denen durch Dazutreten eines anderen Buchstabens eine Ausspracheänderung angezeigt wird, neigt die Ligatur dazu, als ein neuer Buchstabe wahrgenommen zu werden.

Einerseits trifft diese deine Argumentation genau gleich auch auf die Verdoppelungen zu – gemäss deiner Formulierung: Ausserdem wäre hier sogar eher hinderlich, wenn man ‹ſ›-‹ſ› und ‹l›-‹l› wahrnehmen würde, denn diese Getrennt-Wahrnehmung würde darauf hindeuten, dass gegenüber den «Einzellauten» ſ und l die (zusätzlichen) «Laute» ſ und l dazukämen. Das ist aber nicht der Fall, was erklären könnte, warum es hier die Tendenz gäbe (wenn deine Argumentation zuträfe, was sie aber offenbar nicht tut), die Ligatur als Einzelzeichen wahrzunehmen.

Nein, in meinen Augen verhält es sich nicht so. Das Hinzukommen desselben Mitlauts wird nicht als zusätzlicher Laut betrachtet, sondern als Kürzezeichen. Das ist ein Grundsatz unserer Rechtschreibung. Innerhalb eines deutschen Wortes gibt es davon keine Ausnahme.

Kommt aber zu einem Mitlaut ein anderer Mitlaut, ist es eben nicht eindeutig. Im Normalfall werden dann zwei verschiedene Laute gesprochen.

Auch wenn für Dich der Unterschied der beiden Fälle unwichtig erscheint: Er ist da, und ich sage ja nichts anderes, als daß er eine Rolle bei der Entwicklung der Verbünde zu Zwangsverbünden gespielt haben könnte.

Für mich ist der Unterschied jedenfalls klar genug, um Grund für die Entwicklung sein zu können.

Irgendeinen Unterschied muß es zwischen den Zwangsverbünden und den anderen Verbünden ja geben, sonst hätten sie sich nicht unterschiedlich entwickelt. Und einen besseren Unterschied haben wir ja noch nicht gefunden. :-?

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Mach
Also: Ja, auch für ck und tz gibt es eine Parallelität, und entsprechend meiner Argumentation hätten ie, dt usw. ebenfalls die Tendenz zur Entwicklung eines neuen Einzelzeichens, wenn es denn für diese Buchstaben Ligaturen gäbe!

Gibt es ja auch, nämlich für ‹ſch›.

Kommt aber zu einem Mitlaut ein anderer Mitlaut, ist es eben nicht eindeutig. Im Normalfall werden dann zwei verschiedene Laute gesprochen.

Bei ‹tz› und ‹ck› ist es eben nicht ein anderer Konsonant, sondern bloss ein anderer Buchstabe.

Irgendeinen Unterschied muß es zwischen den Zwangsverbünden und den anderen Verbünden ja geben, sonst hätten sie sich nicht unterschiedlich entwickelt. Und einen besseren Unterschied haben wir ja noch nicht gefunden. :-?

Es ist eben gerade deshalb, weil ich deine Vermutung eines irgendwie sprachlich begründbaren Unterschieds nicht nachvollziehen kann, dass ich den Ursprung einzig und alleine in den alten Druckergewohnheiten vermute.

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Joshua K.
Gibt es ja auch, nämlich für ‹ſch›.

Das hab ich doch auch schon gesagt:

  1. ist der ſch-Verbund erst Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden, und
  2. ist es kein echter Verbund, da ſ und c (graphisch) nicht verbunden sind.

Bei ‹tz› und ‹ck› ist es eben nicht ein anderer Konsonant, sondern bloss ein anderer Buchstabe.

Es ist ein anderer Konsonantenbuchstabe.

Es ist eben gerade deshalb, weil ich deine Vermutung eines irgendwie sprachlich begründbaren Unterschieds nicht nachvollziehen kann, dass ich den Ursprung einzig und alleine in den alten Druckergewohnheiten vermute.

Naja, ich hab mir das ja nicht aus den Fingern gezogen. Laut Marahrens sind ch, ck und tz ja sprachlich notwendig. Er sagt bloß nicht, warum, also hab ich mir da eben eine Begründung zurechtgelegt.

Nur das ſt gehört nicht zu den sprachlich notwendigen Verbünden, aber das hat ja eine Sonderrolle, wie wir wissen (Nichttrennbarkeitsregel).

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  • 3 Monate später...
Trenceval

Vieleicht setze ich mich ja nun mit meinem Kommentar vollends in die Nesseln, jedoch möchte ich an der Stelle aus dem „Handbuch für Schriftsetzer - Neunte Auflage“ zitieren (siehe Bild).

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Die Ligaturen entstanden demnach aus technischen Gründen, die wohl aber vornehmlich den nicht gesperrten Satz betreffen.

Ergo würde ich im Umkehrschluß im gesperrten Satz auf Ligaturen verzichten, da die technische Notwendigkeit dafür fehlt.

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Mach

Das sollte man ja eigentich auch meinen – und gerade darum ist es ja auch so erstaunlich und ungewöhnlich, dass im gesperrten Fraktursatz die Ligaturen ch, ck, ſt, tz als ungesperrte Ligaturen beibehalten werden. Vermutlich dürfte das auch in dem von dir genannten Handbuch für Schriftsetzer stehen, nur halt in dem Abschnitt, wo es um den gesperrten bzw. spatiinierten Satz geht.

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