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Postkarten-ABC zum Sammeln oder Verschenken …

Alte Technik zum Anfassen

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Kathrinvdm

Das Improvisieren fällt viel leichter, wenn man aus einer Fülle von Recherche-, Dummybau- oder auch Produktionserfahrungen schöpfen kann.

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Martin Z. Schröder

Erfahrung macht das Leben ja immer leichter, und Lehrgeld zahlt sich auch aus.

Wenn ich überlege, was den Bleisatz für eine typografische Ausbildung nützlich und sinnvoll erscheinen läßt, dann komme ich immer wieder auf das typografische Detail. Man bekommt mit dem Bleisatz beispielsweise einen anderen Blick auf die Zurichtung der Schrift. Es gibt ja im Bleisatz keine Kerning-Paare, die Letter ist in der Dickte fest definiert. Es gibt Schriften, die einfacher zuzurichten sind, etwa eine gewöhnliche Garamond. Trotzdem kann man feststellen oder sogar bewundern, daß sie ohne individuelles Kerning sehr gleichmäßig läuft. Bei der Kursiven kann es im Bleisatz zu gewaltigen Problemen kommen, ich habe die gelegentlich mit der Walbaum, wo beispielsweise das große W sehr viel Fleisch nach rechts hat trotz Überhang. Manchmal prallen auch Überhänge aufeinander, etwa in Schreibschriften. Und es gibt Schriften, die sind schlampig zugerichtet. Bei der Fundamental-Grotesk kursiv halbfett frage ich mich manchmal, ob die in der Gießerei nicht nüchern waren, solche Löcher haut es in die Zeile. Man ist im Handsatz bei jedem Zeichen, das man in die Finger nimmt, typografisch gefragt, ob man hier oder da einen Mangel ausgleicht. Ob der Punkt in www.l... am Zeichen nach dem Punkt klebt (sieht man allzu oft im DTP-Satz), überhaupt klebende Zeichen. Ob Großbuchstaben mit viel Fleisch den Wortzwischenraum unschön vergrößern. Ob man Zeilenabstände wegen einer Versalzeile oder Versalziffern vergrößert. Das sind aber Dinge, die man nicht im Schnupperkurs lernt, sondern bei ein wenig Übung. Bei einem zweiten Schnupperkurs schon.

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  • 1 Monat später...
antito

Ich bin jetzt fast 50, habe mit Handsatz angefangen, konnte dann noch die Linotype erleben, den Einstieg und das Ende des Fotosatzes mit Berthold- und Linotypegeräten.

Gestern eine PDF eines Kunden bekommen, Festschrift zum 75-jährigen Jubiläum, Blasorchester, alles supernobel und fein. Eigentlich Standard, Datei in Hotfolder schieben, der Rest wird durch den Workflow erledigt. Habe dann beim Proof festgestellt, dass das Register des Satzspiegels auf einer Seite verschoben war und im gleichen Augenblick noch zwei Rechtschreibfehler entdeckt. Es war gegen Abend, also nicht mehr viel Telefonate und Mails. Ich hatte plötzlich Lust, das gelieferte Werk eines Profis näher anzusehen: 28 Seiten, 364 Rechtschreib- und Satzfehler. Habe dann meinem Kunden gemailt, dass ich das so nicht drucken würde, er möge doch bitte seinen Grafiker entsprechen informieren.

Rückmeldung des Grafikers: wo gibt's die tolle Software, die das alles erkennt? Ich frage mich, wo der seinen Dipl. gemacht hat, wie dieser Profi durch das Gymnasium gerutscht ist und wo man ihm das Abi geschenkt hat. Wo ist der Berufsstolz geblieben - Hauptsache die Zahlen für die Kreativ- und Satzleistung auf der Rechnung finden sich in der gewünschten Reihenfolge und Anzahl. Definitv: so eine Murkserei hätte es zu Bleisatzzeiten nicht gegeben . . .

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Kathrinvdm

Wobei ich vorsichtig anmerken möchte, dass es heute oft die Kunden sind, die sich die Kosten für das Lektorat sparen möchten und damit die Fehlermisere selber zu verantworten haben. Die Gestalter bekommen dann die Texte fertig angeliefert und werden nur für den Satz bezahlt. Manche Kunden meinen auch, sie könnten das Lektorat selber leisten. Ich habe allerdings noch nie erlebt, dass das fehlerfrei geklappt hätte, es sein denn, die Kunden waren vom Fach (Lektoren oder Texter).

Die Kosten für Lektorat und Litho – jene Leistungen also, die der Kunde »nicht so richtig sehen kann«, schmerzen ihn in der Regel am meisten. Ich erlebe zunehmend, dass auch sehr große Kunden ohne Litho produzieren. Bei solchen Projekten habe ich oft ein mulmiges Gefühl – es kommt dann halt mitunter kein optimales Druckergebnis dabei raus.

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Phoibos

oder, schlimmer meiner meinung nach, das lektorat wird an (zum teil ausländische) drittanbieter ausgelagert, die ein lektorat versprechen, aber durch nichtqualifzierte, unterbezahlte bis hin zu ein-euro-job-sklaven nur ein "guckt mal, was words rechtschreibkorrektur draus macht" schaffen...

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Gast bertel
Wobei ich vorsichtig anmerken möchte, dass es heute oft die Kunden sind, die sich die Kosten für das Lektorat sparen möchten und damit die Fehlermisere selber zu verantworten haben. …

Das muss ich leider bestätigen. Wobei ein guter Setzer so viel Ehrgefühl haben sollte, dass er die ersten 90 % der Rechtschreibfehler automatisch korrigiert. Es mangelt heutzutage aber in Bezug auf Orthografie durch die Bank sowohl an Lust als auch an Wissen, manchmal fehlt sogar der Glaube an die Notwendigkeit. Da hilft dann auch die Ehre nicht weiter.

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Kathrinvdm

Ganz zu schweigen von absurden Sonderschreibweisen, auf denen Kunden bestehen, weil sie ihre Produkten krude Namen verpasst haben, die dann auch in allen übrigen Texten übernommen werden müssen.

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Gast Schnitzel
Wobei ein guter Setzer so viel Ehrgefühl haben sollte, dass er die ersten 90 % der Rechtschreibfehler automatisch korrigiert

... der muss die aber auch erstmal als solche erkennen :shock:

Ich hatte letztens eine Anzeige zum Kunden geschickt, um diese zu besprechen und die wurde stante pede freigegeben und sollte weiter gemailt werden. Da ich so schockiert war, wie schnell das abgenickt wurde, habe ich nochmal drüber geguckt und fünf oder mehr Rechtschreib- bzw. Tippfehler entdeckt, die dem Kunden offensichtlich entgangen sind (es war zu dem Zeitpunkt auch gar nicht seine Aufgabe, aber manche davon waren schon so offensichtlich, dass es mir im Nachhinein schon peinlich war so etwas zur Besprechung raus zu geben).

Komischerweise erlebe ich sowas zu meist bei jungen Auftraggebern/Verantwortlichen. Gleiche Institution, andere Abteilung und eine etwas ältere Zuständige fischt mir die Fehler bei einmal draufgucken ’raus.

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Argh. Und schon ist der Stammtisch wieder eröffnet. :-(

Die Kommunikation und Drucktechnik hat sich eben radikal geändert – und das ist auch gut so. Sonst könnten wir hier nämlich nicht unsere Meinungen frei und blitzschnell über den Globus verteilt austauschen und nur reiche »Institutionen« wie Kirchen könnten sich leisten, ihre Botschaften zu verfielfältigen. Gott sei dank (;-)) sind diese Zeiten vorbei.

Als Drucke noch teuer waren, steckte man logischerweise auch mehr Aufwand hinein. Heute kann eben jedes Unternehmen irgendwas unkorrigiert durch den Kopierer jagen oder bei Flyerwire in Auftrag geben. Und ich sage: Ja, gerne!

Die Qualität ist ja nicht weg, sie kostet eben nur etwas mehr als letztgenanntes und ist in der Flut von Massenpublikationen ja erstrecht auffällig und damit nach wie vor gefragt. Wir sind doch selbst diese Generation über die hier gejammert wird. Also wer die Qualität hochhalten möchte, soll sie einfach selbst produzieren und selbt einfordern, wenn er selbt der Kunde bzw. Auftraggeber ist.

Zu jedem Produkt und jeder Dienstleistung gibt es immer jemand, der das gleiche schlechter für weniger Geld anbietet. Das war vor 2000 Jahren auch schon so. Und die Menschheit hat’s doch überlebt. Also Schluss mit dem Gejammer! Ran ans Werk und Qualitätsarbeit produziert!

:ilovetype:

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Pachulke
Also wer die Qualität hochhalten möchte, soll sie einfach selbst produzieren und selbt einfordern, wenn er selbt der Kunde bzw. Auftraggeber ist. … Also Schluss mit dem Gejammer! Ran ans Werk und Qualitätsarbeit produziert!

:ilovetype:

Dazu wollen wir uns aber auch öffentlichkeitswirksam auf die Schulter klopfen. Und die Infrastruktur dazu ist nun mal Dein Forum. :huhu:

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Gast bertel

Und wenn keiner mehr über Rechtschreibfehler jammert, heißt es gleich: Warum noch korrekt schreiben, verlangt ja keiner mehr danach. Also: laut krakeelen hält die Buchstaben am richtigen Platz.

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Martin Z. Schröder

Zum Artikel von Rolf Schneider: Korrektoren waren keine Metteure, das war kein Lehrberuf. Sie waren oft Schriftsetzer. Ich habe für den Aufbau-Verlag Korrektur gelesen, freiberuflich. Dafür mußte man kein Setzer sein, sondern eine interne Korrektoratsprüfung bestehen, d.h. ein Buch Korrektur lesen, und dafür durfte ich höchstens drei Fehler auf 32 Seiten übersehen, dasselbe beim Kinderbuchverlag Berlin. (In letzterem sagte mir die Chefkorrektorin im Nachprüfungsgeplauder, sie würde nie ehemalige Deutschlehrer anstellen können, weil diese zu viele Fehler übersähen.) Weil jedes Buch mehrere Korrekturgänge durchlief, einen vor und zwei bis drei nach dem Umbruch zuzüglich Revision, gab es in der Tat sehr wenige Druckfehler. Das war finanzierbar, weil das ostdeutsche Verlagswesen staatlich subventioniert wurde. Das dürfte in der Geschichte einmalig sein, Goethe hat sich über die Druckfehler in seinen bei Unger erscheinenden Büchern harsch beklagt, und die Druckfehlerklage findet man in der Literaturgeschichte durchgängig.

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Norbert P

Eine (auch redaktionelle) Manuskriptkorrektur sowie 2 bis 3 Korrekturläufe im Umbruch sind/waren auch im Westen üblich, trotz Marktwirtschaft.

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Martin Z. Schröder

Ich erlebe das auch, wenn ich für große und kleine Buchverlage arbeite, daß dort recht anständig korrigiert wird. Es gibt allerdings bei Tageszeitungen oft keine Korrekturgänge mehr.

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Norbert P

Das ist wohl war (meist müssen die Kollegen gegenlesen), schon gar nicht bei den Online-Ausgaben ...

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  • 3 Wochen später...

Zufällig gerade gelesen:

Alter handwerkliche Traditionen sind verschwunden und mit ihnen die beschauliche, sorgsam abwägende Arbeitsweise vergangener Zeiten […] Wie viele Setzer und Drucker gibt es nicht heute, die über grundlegende Fragen im Gewerbe keine Auskunft geben können, denen die tieferen Zusammenhänge der Dinge völlig unbekannt sind!

Und das geht seitenweise so weiter. Ein Text über den bösen Einfluss des Desktop Publishing? Mitnichten! Lehrbuch der Buchdruckerkunst 1913. ;-) Das Klagen hat eine lange Tradition …

  • Gefällt 1
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Ja, und?

Der Handsatz wurde doch auch nicht seiner Qualität wegen erfunden und so lange exerziert, sondern er sollte einfach das Abschreiben der Bücher ersetzen, um die Drucksachen günstiger zu machen und die Auflage zu vergrößern. Das ist nun mal das Wesen jeglicher Entwicklung im Druckwesen. Und das hat uns heute dahin geführt, dass wir praktisch alles Wissen einsehen und verbreiten können. Dieses Gut ist mir wesentlich wichtiger, als irgendein handgesetztes Bleisatzbuch wegen seines tollen Umbruches und seiner tollen Spationierung zu bewundern.

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gutenberger

wenn es nur darum gehen würde, irgendwie lesbare Texte zu Papier zu bringen.

Zum einen hat Pachulke recht - die Linotype hat eine schlechtere Satzqualität als Handsatz oder die Monotype. Sie ist halt für schnellen und billigen Mengensatz gemacht und hat das Problem, dass es nur eine geringe Anzahl an möglichen Buchstabenbreiten gibt, was das heutzutage sogenannt "Kerning" erschwert bzw. verschlechtert.

Zum anderen gab es um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert tatsächlich einige Jahrzehnte, in denen die Satz- und Druckqualität der in Deutschland gedruckten Bücher in der Masse stark nachließ - vermutlich eine Folge schneller Industrialisierung mit dem Trend zur Großdruckerei. Das führte aber wiederum zu einer Gegenbewegung, die sich im Handpressendruck zeigte, einige Druckereibesitzer wie z.B. Poeschel in Leipzig veranlasste ihre Druckereien zu Qualitätsdruckereien zu machen und der wir den Wettbewerb zu den schönsten Büchern verdanken ...

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