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Re: ß-Ligatur

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Gast

Das das Eszett eine Kleinbuchstaben-Ligatur ist wissen wir ja fast alle. Und man liest und hört dann auch immer, dass es aus der Kombination des langen und des noch heute üblichen »s« entstanden ist.

Nun lese ich aber gerade bei H.P. Willberg (»Typophile/Typolemik«) das diese Herleitung völlig falsch ist. Willberg bezieht sich dabei auf einen Nachweis von Max Bollwage, der den ursprünglichen hakenförmigen Buchstaben gefunden haben will, der mit dem »s« aber gar nichts zu tun hat.

Weiß darüber jemand etwas genaueres?

Für uns als Typedesigner ist das ja eine wichtige Frage, wie ich finde. Denn schließlich lassen die meisten Typedesigner ja bewusst die Form der beiden s-Formen im Eszett erkennen. Wenn das »s« aber gar nichts mit dem ";"bigsmile.png

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Gast

Hi,

hab das bei Willberg auch gelesen, ist aber auch die einzige Stelle wo ich jemals was davon gelesen hab. Ich hab das neue Buch von Max Bollwage hier und werd mal nachschauen ob er darüber etwas schreibt.

Tschau

Peter

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Gast

Mal ein konkretes Beispiel. Hab' für meine in Arbeit befindliche Grotesk-Schrift mal ein Eszett mit Rund-s und eines mit Hakencharakter entworfen.

Welche Variante enspricht nun besser der Geschichte des Eszett?

<img src=";368;;;;;

375;;"Re: Berliner Straßennamenschilder, Eurokennzeichen

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Gast

Ich würde es ja nicht unbedingt als Mythos bezeichnen, wenn es in der deutschen Schrift eine Ligatur gibt, die in anderen Schrift-Kulturen so fehlt. Ich verweise auf endlos lange (und heftig geführte) Grabenkämpfe in Bezug zu gebrochenen (Fraktur)Schriften, denen sogar PAGE 11/96 einen Artikel zum Thema widmete.

Zumindest mit der Einführung der neuen deutschen 'Recht'schreibung wird die Verwendung des ß verwässert, da am Ende nun nicht mehr ein solches sz in Ligatur geschrieben gehört, sondern vielfach durch Doppel s ersetzt wird. Wenn man aber dem phonetischen Gehalt nachsinnt, ist es ein EsZet und nicht EsEs - was m.E. einiges über die Verwendung dieser Ligatur aussagen könnte.

Ich kenne es aus eigener leidvoller Erfahrung, denn mein Zuname endet auch auf ß (Ingo Preuß). Ich schreibe mich aber schon seit geraumer Zeit und aus Protest ;) gegen diese »letzte Bastion lokaler Schrft-Eigenarten« <pre>preusss</pre> - also mit drei s. Es ist doch absurd, jetzt irgendwelche konstruierten Herleitungen zu veranstalten.

Wenn man Herrn Tschichold in seiner Blut- und Boden Typografie folgt, wird man allerding eines Besseren belehrt:

<blockquote>

»Es ist nicht zulässig, in den gebrochenen Schriften das Schluß-s dort zu setzen, wo nach den Regeln der Rechtschreibung ein langes s beziehungsweise eine der Ligaturen si, ss, sz und st (leider kann hier kein 'langes s korrekt dargestellt werden...) stehen muss. Diese Barberei breitet sich zusehens aus und ihr muss begegnet werden. Jeder gute Schriftenmaler und jeder Grafiker sollte strengstens darauf achten, dass er keinen Verstoss gegen diese unumstössliche Regel begeht.«</blockquote>

Soweit Tschichold, unser leuchtendes Beispiel korrekter Typografie...

In langen Diskussionen mit meinem Vater über diese 'Anomalie' der Schrift versteift sich dieser immer wieder darauf, daß das ß für ein 'langes ha es' stehen würde - so auch in unserem Namen Preuß. Ich habe nicht herausfinden können, was ein 'langes ha es' bedeutet, aber er meint, es wurde seinerzeit vom Urgroßvater genauso gesehen, er hätte es damals recherchiert. Und das sei bindend :)...

Also: Da unsere (deutsche) Schrift seit dem Ableben der Frakturschriften und somit des 'langen' s dieses Buchstabens verlustig gegangen ist, ist das ß die letzte Ligatur, die wir noch haben. Mit einem Schörkel nach dem Krückstock (O-Ton meiner Nichte), der sowohl aus dem Fraktur z als auch dem Fraktur-(Sütterlin-) s herkommen könnte. In beiden Fällen wurde der Schwanz nach unten zum langen s hin verlängert, um die Ligatur als solche erscheinen zu lassen.

Ob dieses jedoch bei heutigen Fontdesignern relevant ist bleibt dahin gestellt. Oder macht sich irgendwer Gedanken über die Herkuft des @-Zeichens?

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Gast

Puh, du haust aber ganz schön um dich, so dass man meinen könnte, du weißt wovon du sprichst; Saulus zu paulus?

Irgendwie hängst du mir das ein paar Nummern zu hoch, ich persönlich kann mit dem Iwan der 20er Jahre auch mehr anfangen. Aber Menschen ändern sich.

Peter

:: geändert von admin [ 3/Aug/2002 11:23 AM ] ::

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Gast

Okay, spatium. Keine Schneidler-Koch (oder Bill-Tschichold) Grabenkämpfe. Im Tread ging/geht es um das EsZet und um die Frage, woher + wohin.

Ich denke, wir beide wissen, worum es eigentlich geht... :)

Meine Position ist die, dass lokale Eigenarten von Schrift/Typografie erhalten bleiben soll(t)en - auch wenn ich weiss, dass im Lauf der Zeit Verschleifungen nach amerikanischem Zuschnitt statttfinden. Ich habe einige Zeit in der Schweiz gelebt und da erfahren müssen, dass man eben diesem ß in meinem Namen mit Irritation begegnete, weil es aus deren Alphabet eliminiert wurde. Auch deutscher Sprachraum...

In anderen Sprachräumen, z.B. den osteuropäischen, gibt es auch Ligaturen (æ, ø, œ etc.), aber da macht man sich keine gößeren Gedanken um deren Verwendung oder gar (schleichenden amtlichen) Eliminierungen. Man verwendet sie einfach.

Und im Font enthalten sind sie ja eh alle, sogar jene, die 'man' mit Sicherheit niemals verwenden wird, weil sie z.B. nur im Altenglischen vorkommen und somit nur von absoluten Linguistik-Experten eingesetzt werden (z.B. Eth=Ð oder thorn=þ). Macht man aber einen neuen Font, dann macht man sie mit - auch wenn der Sinn, die Herkunft oder die reale Verwendung völlig verlustig gegangen sind. ..

Schrift und deren Verwendung ist immer abhängig vom Macher. Es gibt wunderbare Lösungen von Iwan Tschichold und sehr gute von Jan Tschichold. Sei es drum...

Haue ich um mich, wenn ich (m)eine Meinung vertrete?

:: geändert von mojuba [ 5/Aug/2002 12:13 AM ] ::

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Gast

Ich würde mich bei der Auswahl des »besseren« EsZett nicht von der korrekten (?), geschichtlich fundierten Herkunft leiten lassen, sondern davon, wie es in den restlichen Font passt.

Wie geht es mit anderen Kleinbuchstaben zusammen...

Und wenn du einen OpenType bastelst, kannst du ja beide rein nehmen, oder noch eines zusätzlich machen ;)

grusss vom preusss

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Gast

Hi!

Versuche nun schon den ganzen nachmittag verzweifelt OpenType-Features zum Laufen zu bringen, um z.B. das Eszett in 2 Varianten einzubinden, oder um Ligaturen zu erstellen. Bislang völlig vergeblich.

<img src=";399;;;;;

414;;"welche Typo eignet sich hier?

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  • 2 Wochen später...
Gast

Wenn zwei Buchstaben -- in deinem Fall zwei unterschiedliche germandbls (ß) -- verwenden sollen, muss man ein Feature erzeugen, welches genau dieses unterstützt. Wie dieses genau geht, steht im FontLab4 Handbuch (PDF) unter: Substitution lookups und Alternate Substitution. Es ist an dieser Stelle zu umfangreich, um darauf einzugehen, betrifft aber genau dein Problem...

Man kann es bei FontLab kostenlos herunterladen; leider nur auf englisch verfügbar.

grusss vom preusss

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Gast

Hab das Problem mittlerweile gelöst. Es lag wohl schlicht und einfach daran, dass InDesign nach dem Generieren des Fonts nochmal neu gestartet werden muss, bevor die Änderungen wirksam werden ...

Jetzt wo's funktioniert hab ich die OTF-Features schon richtig ins Herz geschlossen! Mal sehen, was sich alles so für schöne Ligaturen basteln lassen ... :-)

ciao,

Ralf

P.S. Das FontLab-Handbuch beschreibt die Features leider nur sehr grob. Bei Microsoft gibt's sehr technische und komplizierte Beschreibungen (in Englisch), dafür mit guten Beispiel-OTF-Skripten. Da kann man mehr lernen.

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  • 1 Jahr später...
Gast

Zum Streitpunkt ob das Eszett nun eine Ligatur aus lang- und rund-s oder aus lang-s und z ist, habe ich hier eine interessante Seite mit einem versönlichen Standpunkt gefunden: http://faql.de/art19970226a.html

Demnach existiert in alten englischen und französischen Kursivschriften tatsächlich ein Eszett aus lang- und rund-s, während die deutsche Fraktur ein Eszett aus lang-s und z verwendetete.

Zumindest letzteres kann ich vollends bestätigen. Ich habe zahlreiche alte Original-Frakturmuster, bei denen das z im Eszett eindeutig erkennbar ist und eine Herleitung aus lang- und rund-s völlig unmöglich ist.

Ralf

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  • 5 Wochen später...
Gast

Zum Thema ß-Ligatur fand ich folgendes:

[Zitat-Anfang]

Das ß ist übrigens keine Zusammenziehung aus dem langen s und dem Schluß-s! (siehe Herbert E. Brekle: Zur handschriftlichen und typographischen Geschichte der Buchstabenligatur ß …, in: Gutenberg-Jahrbuch 2001, S. 67.)

[Zitat-Ende]

(Zitiert aus: Forssman/de Jong: Detail-Typografie. Hermann Schmidt Verlag, Mainz, 2002. Seite 194)

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Gast

>Blut- und Boden Typografie

Jan Tschichold ist vor den Nazis geflohen... und seine spätere Wandlung zum konservativeren Buch-Gestalter ist vor dem Hintergrund des aus Tschicholds Sicht ästhetisch und politisch teilweise gescheiterten Experiments der Bauhaus nur sinnvoll. Die Rückbeziehung auf fast Renaissance-artige Gestaltungsrichtlinien macht bis heute ... im engeren Bereich der Buch- und Editorialtypographie sicher Sinn. Wenn es um Lesbarkeit und Disziplin geht, sind JTs Texte nach wie vor genial und nach den Design-Orgien der letzten Dekaden vielleicht auch mal wieder jedem Studenten ins Gesicht zu hämmern :-D. JT ist das eine Ende des Spektrums, Leute wie BrodyCarsonSagmeister (oder jeder andere Deisgner of the week) das andere... das große Spielfeld zwischen kommunikativer Disziplin und emotionalem Impact macht den Job ja so spannend :-D.

Was das ß angeht, kenne ich die Story so (kann aber auch falsch liegen)-- daß es weniger eine echte Ligatur ist, da es faktisch im Text nicht mehr genutzt wird wie eine fi oder fl-Ligatur, nämlich auch dort wo ein Doppel-S eigentlich keinen Sinn macht. Insofern ist es vielleicht mal historisch eine Ligatur gewesen, ist aber beim Übergang zur ANtiquaschrift mehr oder minder ein komplett eigenständiger Buchstabe geworden. Formalästhetisch ist in dem als ein neuer Buchstabe, der aus einer gewohnheitlichen Verschleppung in der Schrift hervorgegangen ist. Das die visuelle durchaus zwei verschiedene s-Formen kombiniert, hat Luc(as) ja ganz nett in den Thesis-Varianten gezeigt...

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