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Welche Schrift für Fahrradgeschäft?

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Seffe

Hallo zusammen,

Ein Kunde, der ein Fahrradgeschäft eröffnet hat (Zielgruppe 40+, keine Sportler), möchte Drucksachen gestaltet haben.

Soweit, so gut. Ich hatte ihm erst mal verschiedene Schriften zur Auswahl vorgelegt, u.a. die Meta (kursiv) und die Interstate. Diese gefallen ihm aber nicht und ich weiß nicht, was noch passen könnte. Vielleicht stehe ich ja auch gewaltig auf dem Schlauch ... Habt ihr eine Idee, welche Schrift ich verwenden könnte?

Gruß

Michael

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HDSchellnack

Wenn die Zielgruppe stimmt, würde ich Richtung Bembo, Garamond, eventuell Tribute oder so etwas gehen. Meta und Interstate, davon abgesehen, daß beide etwas arg 80/90 sind und die Interstate ja schon vom Ansatz her das GEGENTEIL von Fahradfahren symbolisiert (Autobahn), sind für eine Zielgruppe über 40, die nicht Fahrradfährt um hypersportiv zu sein, sondern um in der Natur zu entspannen und was für die Gesundheit zu tun, viel zu trandy (wobei eben... siehe oben.. längst etwas out als reine Trendschriften). Was ich mir vorstellen kann, ist das man ein sehr ruhiges und klares fast kühles Layout mit neosachlicher oder sehr spontaner Photographie koppelt mit einer etwas klassischen, gut lesbaren Typo. Für die Designer unter den Lesern ist der leicht ironische Umgang mit solchen Renaissanceschiftansätzen spürbar (der ja derzeit auch recht viele Magazine prägt), für die klassische Konsumentengruppe ists einfach nur eine solide ruhige Lösung. Mit gutem Farbklima und solidem Gespür für Typodetaiols (Caps, OSFs, Ligaturen) sollte das insgesamt auch sexy aussehen.

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Seffe

Ist eine Serifenschrift wirklich eine gute Idee? Bisher wurde die Times für ein Schild verwendet. Davon kann ich aber nur abraten, da die Serifen m.E. nicht wirklich für Mobilität stehen. Oder sehe ich das falsch?

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HDSchellnack

Da bin ich neugierig. Wieso steht eine Serifenschrift nicht für Mobilität? Weil sie «Füßchen» hat? Und inwiefern steht die Meta/die Interstate für Mobilität?

Ich muß aber dazusagen, daß es mich jedesmal schüttelt, wenn zB jemand kursive Schriften mit Dynamik verkoppelt, das ist soooooooooo abgegriffen :-D.

Ganz im Ernst, bei der Aufgabenstellung geht es nicht um Typoesoterik (vor allem nicht, wenn die Wahl zwischen zwei derart abgestandenen Fonts steht, die dann aber auch dem Kunden nicht beizubringen sind), sondern um eine angenehme Lösung. Die Times deute ich mal als Null-Lösung, das ist die Sorte Schrift, die man nimmt, weil sonst nichts auf dem Rechner war. Eine sauber gesetzte Garamond (um mal als Beispiel eine gleichfalls richtig angestaubte Typo zu nehmen... es gibt ja auch moderne Serifenschriften, die allerdings oft Revivals oder Remixes sind und oft sogar klassischer wirken als die eigentlichen classics)

Ich könnte mir auch gut so etwas in Richtung Kievit oder Legato vorstellen, wenn s Sans sein soll.

Ich glaube, was dein Kunde will, ist eine gewisse Zeitlosigkeit und Menschlichkeit. Die Meta hat das eigentlich (wirkt aber auf viele Leute trotzdem modisch, ist auch klar erkennbar ein Kind der 80er, finde ich), die IS ist aber tatsächlich wie die DIN (wenn auch weniger ausgeprägt) eine relativ kühle Schrift. (Naja, kann man auch drüber streiten, sicher... die hat schon Wucht und ist nicht umsonst beliebt in TV und bei Karstadt als Knall-Typo).

Es ist ein Irrglaube, daß Serifenschrift altbacken wirken MUSS. Ganz im Gegenteil. Das Angestaubte läßt sich nicht durch eine lustige andere Schrift modernisieren, das ist nur Oberfläche. Es kommt natürlich auf die Umstände an. Wie heißt der Laden, wie geht man die Konzeption an...all sowas. Die Schrift, so ist das jedenfalls oft bei mir, kommt dann derart von alleine, daß du oft fast hilflos bist, weil nur noch ein einziger Font passt, obwohl du vielleicht vorher einen ganz anderen im Kopf hast.

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Steff11

vorab: bin vielleicht Zielpublikum des Ladens, obwohl noch nicht ganz 40+. Daneben begeisterter Typo-Amateur, d.h. verdien nix in euerem Geschäft und kann vielleicht aus der nötigen Distanz vier Gedanken vorbringen:

* die Interstate ist hart und zeitgeistig, passt bestens zu einem Jeans-Trendshop und ist für 40+ Genussradler auch nmM daneben. Meta ist abgegriffen und eine Magazinschrift, hübsch, aber nicht persönlich. Hätt ich auch abgelehnt.

* die Überlegungen meines Vorredners können von den Kunden des Geschäfts 0,37% nachvollziehen. 92,3% gefällt Arial genauso wie Times. Will sagen: Die für mich durchaus nachvollziehbare Wahl einer klassischen Renaissance-Antiqua beeindruckt ggfalls Typo-Fans, Normalbürger erwarten in einem jungen sympathischen Shop eher eine junge, sympathische ... serifenlose!

* Kievit und Legato weisen eine gute Richtung: Syntax als Klassiker in diesem Bereich, die ITC Quay hat man noch nicht so satt, Scala sans/serif wär ein schönes Päärchen.

* wenn ihr euch dem Inhalt der Drucksachen mit solcher Liebe zuwendet wie der Typo, wenn sie kundenorientiert, professionell und doch sympathisch menschlich werden, wenn der Laden dann gar einen guten technischen Service hat und der Chef den Kunden ordentlich Rabatte gibt (ja das ist in dieser Brache Pflicht), dann wirds ein Erfolg. Will sagen: vergesst nicht, die richtigen Prioritäten zu setzen.

Grüssle, Steff

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HDSchellnack

Normalbürger erwarten in einem jungen sympathischen Shop eher eine junge, sympathische ... serifenlose

Naja, das kann ich nicht so iunterschreiben. Serifenlose sind eben nicht automatisch jung & sympathisch. Und niemand «erwartet» eine Schrit, am wenigsten der zitierte Normalbürger (den es ja eh nicht wirklich gibt, ich jedenfalls hab den noch nie irgendwo getroffen :-)). Selbst die irgendwo anders zitierte Clarendon kann im richtigen Umfeld modern wirken und selbst die hippsten Trendschriften wirken im falschen Umfeld oder nach drei vier Monaten so spannend wie’n oller Zwieback. Schau dir an, wie die jungs von Factor mit «Retro»-Elementen arbeiten und dabei meist einen ganz gelungenen Brückenschlag zwischen den Generationen schaffen.

Syntax ist aber auch eine schöne Wahl. Leider gibt’s die schöne Variante der Syntax, die Alex Branczyk fürdie Moniteurs gestrickt hat, nicht zu kaufen, aber die etwas modifizierte neue Linotype Syntax (wenn ich die selbst auch etwas verbastelt finde) wäre sicher eine gute Wahl. Ich finde nur, daß man inzwischen mit Schriften wie Myriad, Syntax, Kievit et al genaus eine Art Me-too-Reflextypographie macht und auf Nummer Sicher geht, wie dereinst mit der Helvetica, oder?

wenn ihr euch dem Inhalt der Drucksachen mit solcher Liebe zuwendet wie der Typo, wenn sie kundenorientiert, professionell und doch sympathisch menschlich werden, wenn der Laden dann gar einen guten technischen Service hat und der Chef den Kunden ordentlich Rabatte gibt (ja das ist in dieser Brache Pflicht), dann wirds ein Erfolg.

Perfekt :-D. Amen.

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Seffe

Die Interstate steht m.E. im Gegensatz zu einer Serifenschrift für Mobilität, da sie auffällige Rundungen hat, ähnlich die Meta.

Dass die Meta abgegriffen ist, kann ich auch nur bestätigen, leider. Ist eine sehr schöne Schrift. Das zeigt aber auch, dass sie sich bewährt hat. Egal, die beiden Schriften sind sowieso für den Auftrag gestorben.

Die Syntax ist eine gute Idee, die werde ich mal vorlegen. Meinetwegen versuche ich auch mal mein Glück mit der Scala-Familie. :wink:

Serifenschriften können ja durchaus auch wirklich modern wirken oder für gewisse Produkte perfekt passen. Ich bevorzuge eigentlich auch solche Schriften. Aber für den Zweck habe ich meine Zweifel!

wenn ihr euch dem Inhalt der Drucksachen mit solcher Liebe zuwendet wie der Typo, wenn sie kundenorientiert, professionell und doch sympathisch menschlich werden, wenn der Laden dann gar einen guten technischen Service hat und der Chef den Kunden ordentlich Rabatte gibt (ja das ist in dieser Brache Pflicht), dann wirds ein Erfolg.

Den Drucksachen werde ich mich mit aller Leidenschaft zuwenden! Der Rest liegt nicht bei mir. :D

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HDSchellnack

Vielleicht kannst du die Entwürfe ja mal hier zeigen, dann kann man es sich besser vorstellen, wenns soweit ist.

Ich drück jedenfalls die Daumen, daß du deine Vorstellungen realisieren kannst.

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Ralf Herrmann
Vielleicht kannst du die Entwürfe ja mal hier zeigen.

... das wäre das einzig richtige!

Ich kann nur immer wiederholen, wenn mich jemand fragt, was er für den Auftrag XY für eine Schrift nehmen soll: Es gibt nicht die Hotelschrift, oder die Fahradladen-Schrift etc. Viel wichtiger ist der Kontext in dem die Schrift verwendet wird. Gibt es eine Bildmarke oder andere Gestaltungselemente – und wenn ja, wie sehen diese aus? Eine scharfkantig und geometrisch konstruierte Bildmarke passt logischerweise nicht zu einer Comic-artigen Schrift und umgekehrt. Deshalb sollte dem Kunden niemals eine Schrift einzeln vorgeschlagen werden, sondern immer im Rahmen eines Gestaltungskonzeptes.

Ralf

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HDSchellnack

Ist echt so. Ich sitze derzeit am neuen CD des Theater Bielefeld.. und jede neue Idee verlangt irgendwie ihre eigene Schrift, egal ob ich das nun lustig finde oder nicht. Bis zu dem Punkt, wo bei einem Entwurf einfach nur die Garamond paßt, nicht gerade die orginellste Typo und eine, die bestimmt Probleme mit dem Kunden gibt, weil er sie als zu altbacken empfinden könnte. Aber alles andere ist eben einfach too much. Selbst die G ist noch nicht ruhig und dezent genug. Damn...

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Ralf Herrmann
Ich finde nur, daß man inzwischen mit Schriften wie Myriad, Syntax, Kievit et al genaus eine Art Me-too-Reflextypographie macht und auf Nummer Sicher geht, wie dereinst mit der Helvetica, oder?

Eine sehr interessante Feststellung! Hab ich noch nie so drüber nachgedacht, aber da ist wohl viel wahres dran.

Ralf

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Seffe

So, hier das Ergebnis: Der Kunde wünscht die Times und lässt sich nicht davon abbringen. Ist ja eigentlich ne ganz nette Schrift, aber leider auch eine Allzweckwaffe. Aber wenn er es so haben will kann ich nix machen ... nur das Beste daraus. :lol:

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HDSchellnack

Neinnein, die sind eigentlich sehr sehr nett. Aber in der konkreten Situation ist die Entscheidung eben so gefallen... und es macht visuell eben auch Sinn, am Ende noch einmal als Übergang zur eigenen Handlung des Lesers hervorgehoben die Domain stehen zu haben. Im Kern ist dann wichtiger, daß der logische Aufbau einer Anzeige (bei dere sohnehin weniger um Optik als um die Funktion geht) steht, als das man sich an einem Typo-Detail aufhängt.

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