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Setzkasten-Layout?

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NinaS

Kleine Frage an die Bleisetzer:

Wie allgemeingültig / verbreitet ist diese Setzkasteneinteilung (Wikipedia) – gibt es da viel Variantenspielraum, evtl. auch zwischen D / CH?

Habe heute im Brockenhaus einen Setzkasten gefunden, für etwa 13 Euro :cheer: .. Und der sieht anders aus als auf dem obigen Schema, siehe Bild. Beispielsweise sind die Kästchen, die im Bild mit »?t«, »ä«, »ö«, »ü« oder auch »W« bezeichnet sind, bei mir nochmal jeweils zweigeteilt; während andere, die im Bild zweigeteilt sind (z.B. 1½-Pt.-Spatium und q), bei mir nur aus einem Kästchen bestehen.

Würd mich interessieren, wenn hierzu jemand Näheres weiß, warum das vielleicht so ist oder so (Mann, ich bin vielleicht manchmal echt zu neugierig). Dranstehen tut übrigens »12 fette Antiqua«, falls das was zur Sache tut.

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Pachulke

Grundsätzlich gibt es eine Vielzahl Varianten, auch wenn ich nicht weiß, ob nun ausgerechnet zwischen D und CH (na gut, man muß wohl berükchsichtigchen, daß man in der Chweitz einen gchößerchen Verchbrauch an ch-Ligchaturchen chat, dafür wenigerch ß brchaucht). In der Schweiz wäre weiters zu berücksichtigen, daß es da ja auch andere Landessprachen als das Deutsche gibt, und natürlich hat jede Sprache andere Kastenbelegungen, manchmal sogar eine extrem andere Kastenarchitektur. (Ich habe gerade mal gestöbert und bin erstaunt, was für kuriose Fremdsprachenkästen es doch gegeben hat; ich habe Setzkastenschemata für Sprachen gefunden, von denen ich noch nie etwas gehört habe.)

Und dies ist nur die Theorie. In der Praxis hat es in jeder Setzerei bestimmte Gepflogenheiten gegeben und auch die Setzer selbst haben sich die Kästen an ihre persönlichen Präferenzen angepaßt. Die kleinen Holzstege, die die Fächer unterteilen, sind bei trockener Luft manchmal geschrumpft und einfach aus der Nut gefallen. Als Setzer hatte man einen kleinen Vorrat an solchen Hölzern, mit denen man bei Bedarf Kästen weiter unterteilte. Das ging aber notfalls auch mit zurechtgeschnittenen Regletten oder Bleilinien.

Auch war der vorhandene Zeichenumfang je Schrift unterschiedlich, denn es gab zwar den Normal-Gießzettel, aber eben auch Abweichungen der Gießereien hiervon, die wiederum den Setzer zu individuellen Anpassungen des Schriftkastens zwangen.

Wenn man so ein Arbeiten gewöhnt ist, fallt es natürlich schwer, daß einem heute die Softwarefirmen verbieten wollen, sich seinen Setzkasten nach Gutdünken zu belegen — will meinen: Schriften zu editieren und sich die Zeichen auf die Tasten zu legen, die einem bequem erscheinen.

Übrigens: Wenn man sich z. B. die Frakturschriften der Fa. Delbanco ansieht, wird man feststellen, daß es auch heute abweichende Meinungen über die »richtige« Setzkasten- bzw. Tastaturbelegung gibt. Die haben ein ganz abenteuerliches eigenes Belegungsschema entwickelt. Es ist also alles wie früher: Es gibt eine DIN einerseits und es gibt die Praxis andererseits.

Hier mal Antiqua- und Frakturkasten nach TGL (Technische Güte- und Lieferbedingungen der DDR, sozusagen die Ost-DIN). Man beachte, daß auch im Antiquakasten ganz selbstverständlich ch, ck, Lang-s und die Lang-s-Ligaturen vorgesehen waren (jawoll, Herr Herrmann!).

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NinaS

Hei Pachulke, danke, das war spannend zu lesen.

Ich hab ja keine Ahnung von sowas. An meiner Hochschule gabs zwar eine Handsatzwerkstatt, aber wir durften gerade nicht rein. (»Sie sind Multimediadesigner, beschäftigen Sie sich lieber mit der 32-bit-Grafik.« :cry: )

… man muß wohl berükchsichtigchen, daß man in der Chweitz einen gchößerchen Verchbrauch an ch-Ligchaturchen chat, dafür wenigerch ß brchaucht).

:twisted:

In der Schweiz wäre weiters zu berücksichtigen, daß es da ja auch andere Landessprachen als das Deutsche gibt, und natürlich hat jede Sprache andere Kastenbelegungen, manchmal sogar eine extrem andere Kastenarchitektur.

Das könnte den Unterschied wohl zu einem Großteil erklären. Was interessant ist: Der DDR-Antiquakasten von Dir deckt sich fast ganz genau mit demjenigen aus der Wikipedia. Meiner weicht u.a. in den o.g. Details davon ab, und er sieht nicht so aus, als seien Stege manuell entfernt oder dazugefügt worden (hab leider grad keine Kamera da).

Dann ist meiner vielleicht wirklich ein Schweizer Modell. Zumindest müsste er, der Beschriftung entsprechend, aus einem deutschsprachigen Land kommen.

Mal schauen, ob ich irgendwann einen Schweizer Schriftsetzer kennenlerne, den ich das fragen kann. :)

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Pachulke
An meiner Hochschule gabs zwar eine Handsatzwerkstatt, aber wir durften gerade nicht rein. (»Sie sind Multimediadesigner, beschäftigen Sie sich lieber mit der 32-bit-Grafik.« :cry: )
Das ist sehr bedauerlich. Eigentlich sollte ein Grundkurs im Blei Pflicht sein für alle Multimädchendesigner (und die Jungs auch).
:twisted:
… und ichch chattche mirch solche Müche gegchebchen! :(
Was interessant ist: Der DDR-Antiquakasten von Dir deckt sich fast ganz genau mit demjenigen aus der Wikipedia.
Die DDR hat da auch nichts neues eingeführt, sondern nur den Vorkriegskasten in der TGL festgeschrieben, soviel ich weiß. Schriftschaffen und -produktion waren ja recht übersichtlich, man hat also sehr viel mit den Vorkriegsschriften weitergearbeitet. Hatte man z. B. eine alte Englische Schreibschrift, durfte die nur für bestimmte Kunden und nur für kleine Auflagen benutzt werden, um die empfindlichen Überhänge zu schonen. Setzer und Drucker wurden ermahnt, sie nur besonders vorsichtig zu klopfen*.

Übrigens sind mir bei grober Betrachtung überhaupt keine Unterschiede zwischen Wiki- und TGL-Kasten aufgefallen. Was meinst Du also mit »fast«?

Mal schauen, ob ich irgendwann einen Schweizer Schriftsetzer kennenlerne, den ich das fragen kann. :)
Wenn Norbert II. endlich mal wieder aus dem Urlaub zurückkommt (es ist unglaublich, wieviel Urlaub der Ralf den Stammschreibern hier einräumt) dann kann er sich vielleicht mal dazu einlassen. Das Alter dazu (und die Ausbildung) hat er ja.

* Die Druckform wurde vor Abzug oder Druck mit Klopfholz und Hammer geklopft, um ggf. hochstehende Buchstaben herunterzudrücken. Dabei konnten schon mal Buchstaben beschädigt werden.

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Sebastian Nagel

Sag mal Nina, wo hast du dich eigentlich versteckt bevor ich dich hierher gelockt habe?

Kommt in dieses Forum und stellt binnen kurzer Zeit reihenweise *solche* Themen zur Diskussion ... :cheer:

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Man beachte, daß auch im Antiquakasten ganz selbstverständlich ch, ck, Lang-s und die Lang-s-Ligaturen vorgesehen waren (jawoll, Herr Herrmann!).

Ja, und?

P.S. Ich hol die Bilder mal auf den Server, damit sich nicht in zwei Wochen wieder verschwunden sind.

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NinaS
Eigentlich sollte ein Grundkurs im Blei Pflicht sein für alle Multimädchendesigner (und die Jungs auch).

Fand ich eben auch immer (genau wie m.E. auch ein Fotokurs i.S.v. selber entwickeln und so hätte dazugehören müssen). Aber ich bin da gegen ziemliche Wände gerannt.

So durfte ich wenigstens einmal in der Setzerei sitzen und eine Broschüre von mir heften und heimlich ein paar Lettern betatschen … *snif*

… und ichch chattche mirch solche Müche gegchebchen! :(

Nix für ungut, aber nach 5einhalb Jahren Studium in Halle hab ich den Witz einfach schon zuviel gehört. Zumal es eben gar nicht stimmt, dass wir alle halskrank sind! :wink:

Was interessant ist: Der DDR-Antiquakasten von Dir deckt sich fast ganz genau mit demjenigen aus der Wikipedia.

Übrigens sind mir bei grober Betrachtung überhaupt keine Unterschiede zwischen Wiki- und TGL-Kasten aufgefallen. Was meinst Du also mit »fast«?

Da, wo im Wikipediabild Viertel- und Halbgevierte sind, steht auf Deinem Bild »Ausschluß«. Das ist nicht dasselbe, oder? :roll:

Und das andere war vermutlich ein Denkfehler: Das Guillemet und die Anführung sind jeweils andersrum dargestellt (4. Reihe von oben, 5. / 6. Fach von rechts). Aber ich nehme mal an, die sind problemlos um 180° drehbar und daher hats auch nur jeweils eins?

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Sebastian Nagel
Eigentlich sollte ein Grundkurs im Blei Pflicht sein für alle Multimädchendesigner (und die Jungs auch).

Fand ich eben auch immer (genau wie m.E. auch ein Fotokurs i.S.v. selber entwickeln und so hätte dazugehören müssen). Aber ich bin da gegen ziemliche Wände gerannt.

So durfte ich wenigstens einmal in der Setzerei sitzen und eine Broschüre von mir heften und heimlich ein paar Lettern betatschen … *snif*

In meinem (von den Studenten oft schlechter geredeten als tatsächlich schlechten) "von-allem-etwas"-Mediengestalter-Studium durften wir noch Fotos in der Dunkelkammer entwicklen, Blei setzen (dank Engagement eines Externen), Bücher binden und ... Tonband mit Rasierklingen schneiden. Soweit ich das nachverfolgt habe wurden diese Dinge inzwischen im Zuge der Umstrukturierung von Magister- zu Bachelor/Master-Studium weggekürzt. Wohl als "zu veraltet" eingestuft?

Hat's was gebracht? Ein bisschen. Ich kann nicht Bleisetzen, ich kann nicht Bücher binden, ich kann nicht Fotos entwickeln, und ich kann mich immer noch nicht rasieren. Aber ich weiß jetzt was "unscharf maskieren" und "negativ nachbelichten" ist, ich weiß dass "ch"-Ligaturen im Bleisatz praktisch sind, ich weiß wie sich ein Buch zusammensetzt (und bedaure dass es das nur noch selten so tut), und ich weiß dass ich mich immer noch nicht rasieren kann.

Will sagen: Für Drittes-Jahrtausend-"Multimediagestalter" gibt es nicht nur den Bleisatz den man kennen müsste, sondern noch viel mehr. Wie wär's z.B. mit Gestaltungs- und Kommunikationstheorie... :tutor:

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NinaS
Sag mal Nina, wo hast du dich eigentlich versteckt bevor ich dich hierher gelockt habe?

Unter einem großen fetten Stein :zzzz: – danke, Rattenfänger von Hameln. :wink:

Im Ernst, ich kannte einfach dieses Forum nicht, schändlicherweise. Und es ist grad großartig, hierzusein unter Leuten, die solche Fragen auch interessieren. Um mich rum erklären mich die meisten für komplett verrückt, wenn ich mit sowas anfange. :roll:

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Pachulke
… Zumal es eben gar nicht stimmt, dass wir alle halskrank sind!
Wieso halskrank? Ich höre das eigentlich gerne.
Da, wo im Wikipediabild Viertel- und Halbgevierte sind, steht auf Deinem Bild »Ausschluß«. Das ist nicht dasselbe, oder?
Ausschluß ist der Oberbegriff für das gesamte Blindmaterial vom Spatium bis zum Geviert. Insofern ist der Wiki-Kasten einfach präciser, der TGL-Kasten realistischer, denn gerade bei Blindmaterial gab es immer Belegungsvarianten.
Das Guillemet und die Anführung sind jeweils andersrum dargestellt (4. Reihe von oben, 5. / 6. Fach von rechts). Aber ich nehme mal an, die sind problemlos um 180° drehbar und daher hats auch nur jeweils eins?
Schlag mich, aber ich habs vergessen. Obwohl ich fast denke, daß es unterschiedliche gab. Das Divis z. B. stand nicht auf der Mitte des Kegels. In Versalzeilen wurde es um 180° gedreht, um etwas höher zu stehen. Das legt die Vermutung nahe, daß es die Anführungen auch paarweise gegeben hat, da sonst die Höhe nicht gestimmt hätte.
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NinaS
Hat's was gebracht? Ein bisschen. Ich kann nicht Bleisetzen, ich kann nicht Bücher binden, ich kann nicht Fotos entwickeln, und ich kann mich immer noch nicht rasieren. Aber ich weiß jetzt was "unscharf maskieren" und "negativ nachbelichten" ist

Genau das! Du sprichst mir aus dem Herzen. Für meine Begeisterung für Video hat es Unmengen gebracht, dass ich einmal im Unikino einen Film vorführen durfte (»Paris, Texas«! auf 35mm!). Dass Filme wirklich aus Streifen bestehen mit vielen Fotos drauf. Dass dieser Streifen riecht, eine Haptik hat und eine Eigendynamik (ja, er ist gerissen).

Und genau das wär halt auch für die anderen Bereiche ein wertvoller Hintergrund, denke ich. Damit man nicht allzu bedenkenlos mit den unendlich flexiblen Pixeln auf seinem Bildschirm umgeht … :tutor:

Will sagen: Für Drittes-Jahrtausend-"Multimediagestalter" gibt es nicht nur den Bleisatz den man kennen müsste, sondern noch viel mehr. Wie wär's z.B. mit Gestaltungs- und Kommunikationstheorie... :tutor:

Also so ein bisschen Theorie gabs bei uns. Aber nicht besonders viel. Fände ich auch wichtiger.

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NinaS
… Zumal es eben gar nicht stimmt, dass wir alle halskrank sind!
Wieso halskrank? Ich höre das eigentlich gerne.

OK. Versöhnt :gimmifive:

Das Guillemet und die Anführung sind jeweils andersrum dargestellt (4. Reihe von oben, 5. / 6. Fach von rechts). Aber ich nehme mal an, die sind problemlos um 180° drehbar und daher hats auch nur jeweils eins?
Schlag mich, aber ich habs vergessen. Obwohl ich fast denke, daß es unterschiedliche gab.

Interessant – aber hätte man dann nicht verschiedene Fächer für die »linken« und die »rechten« Guillemets gemacht? So wär doch das ein Riesengefummel, wenn man aus ein und demselben Fach die fast, aber nicht ganz gleichen Guillemets rausfummeln muss. – Und bei den anderen Anführungen … stimmt, müsste es eigentlich auch verschiedene geben, außer man setzt sie immer unten und dann die Abführung oben, das könnte ja evtl. drehbar sein.

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Gast njr
Wenn Norbert II. endlich mal wieder aus dem Urlaub zurückkommt (es ist unglaublich, wieviel Urlaub der Ralf den Stammschreibern hier einräumt) dann kann er sich vielleicht mal dazu einlassen. Das Alter dazu (und die Ausbildung) hat er ja.

Liebe NinaS

Wenn Signur PaCHulke, dieser Chuchichäschtlizitieritäter, dir nicht alles über Setzkastenbelegungen weiss, kann ich auf die Schnelle höchstens noch den Link zum Bleisetzer Georg bieten, der hier im Forum mal sehr aktiv war … oder eine weitere Adresse im St. Galler Oberland, ganz hart an der Grenze zu Graubünden, in Vättis.

Ich selber werde mich hüten, zum Thema irgendwas spezifisches zu meinen — meine eigenen Bleizeiten sind einfach zu lange her und die Griffe nach den Lettern waren so sehr antrainiert, dass sie wohl vom Rückenmark gesteuert wurden. Und dort ist Maschinensprache angesagt, dort hat mein Hirn nix mehr zu melden …

Pixelgrüße,

Norbert II

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  • 5 Monate später...
Lars Kähler
Interessant – aber hätte man dann nicht verschiedene Fächer für die »linken« und die »rechten« Guillemets gemacht? So wär doch das ein Riesengefummel, wenn man aus ein und demselben Fach die fast, aber nicht ganz gleichen Guillemets rausfummeln muss. – Und bei den anderen Anführungen … stimmt, müsste es eigentlich auch verschiedene geben, außer man setzt sie immer unten und dann die Abführung oben, das könnte ja evtl. drehbar sein.

Nö, es gab beides: An- und eben Abführungen. Bei uns in der Lehrwerkstatt der Kieler Nachrichten lagen die in einem Gefach einträchtig nebeneinander.

Lars

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