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Die Schriftmuster der Welt in einer Datenbank …

»Zeitungszeugen«

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Proedie

Hallo,

ich habe mir die Zeitschrift gestern gekauft. Ich habe mir erst eine der Zeitungen genauer angeschaut, aber typografisch interessant ist vor allem die miese Qualität des Druckes! Ich kann natürlich nicht beurteilen in wie fern das die Schuld des Reproduktionsverfahrens ist, die Tatsache dass zwei der drei Zeitungen anscheinend in kleinerem Format wiedergegeben wurden, trägt auf jeden Fall dazu bei. Bisher habe ich nur in der Nazi-Zeitung "Angriff" gelesen, die wohl verkleinert wurde. Der Fließtext ist noch lesbar, allerdings ist Schrift die kleiner ist als der Rest (z. B. die Anzeigen) sehr schwer lesbar, besonders f und s sind nur schwer zu unterscheiden.

Die Kritig von Frau Knobloch, die der Herausgeber auf seiner Website veröffentlicht, scheint sich dadurch jedoch zu relativieren: "Ich habe jedoch meine Zweifel, dass dieser Ansatz der Historiker eine breite, in ihrer Mehrheit nicht wissenschaftliche Öffentlichkeit in dem beabsichtigten Sinne zu erreichen vermag. [...] Wenn nur die Zeitungen und die darin auch enthaltene nationalsozialistische Propaganda, die deutlich abgesetzt von den Kommentierungen veröffentlicht wird, zur Kenntnis genommen würden, wäre dies fatal." Diese Gefahr besteht meiner Ansicht nach kaum. Es ist keine Zeitschrift für Kinder und man kann dem Leser wohl ein bisschen was zutrauen und wer dazu dann doch zu blöd ist, der kann wahrscheinlich mit der Fraktur sowieso nichts anfangen, oder wie seht ihr das?

Im Begleitmaterial zu den Zeitungen wird auch auf die Schrift eingegeangen. Neben einer Übersicht der verschiedenen Buchstaben in Antiqua und gebrochener Schrift (bei der das Lang-S fehlt), wird auch vom Verbot der "deutschen Schrift" für jüdische Veröffentlichungen und des späteren Verbots der "Schwabacher Judenlettern" für alle anderen Veröffentlichungen berichtet, jedoch endet der Kurz-Artikel mit der behauptung gebrochene Schriften würden heutzutage hauptsächlich von Neonazis verwendet. Das finde ich geradezu beleidigend. Schließlich kann man kaum von Verwendung sprechen, wenn man sich das Wort "HASS" in einer Schrift die mehr aussieht wie Old English als Fraktur in den Nacken tätowieren lässt. Das werde ich denen auch schreiben. In Fraktur. Mwuahahahaha.

Aber die Zeitungen sind wirklich interessant. So erfährt man z. B., und in diesem Punkt können wir dem Propagandablatt der Nazis wohl mal trauen, dass am 31. Januar 1933 um halb sechs im Berliner Rundfunk eine Sendung mit dem Titel "Wird es im Jahr 2000 noch Museen geben?" ausgestrahlt wird. Auch die Werbung ist toll: "Weiße Wochen bei Wäsche-Bähr Parteigenossen erhalten 10 Prozent Rabatt" Auch Köstritzer ist sich nicht zu schade gewesen in dieser Zeitung zu inserieren.

Und noch eine nette Geschichte vom Kiosk: Der arabische Inhaber des Kiosks bei mir um die Ecke konnte nicht verstehen, wie eine Zeitung 3,90 Eur kosten könne. Was denn das besondere an dieser Zeitung sei. Aufgrund von Sprachbarriere und Zeitmangel konnte ich den Irrtum jedoch nicht aufklären.

Es grüßt

Proedie

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RobertMichael
jedoch endet der Kurz-Artikel mit der behauptung gebrochene Schriften würden heutzutage hauptsächlich von Neonazis verwendet.

argh. tolle recherche, wirklich. :cry:

thor steinar nutzt übrigens auch die eurostile ... egal.

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Frakturfreak

Na ein Glück, dass ich mir die nicht gekauft habe,

Wenn ich schon höre wie populistisch die Berichterstattung über die Fraktur (keine Aufschlüsselung für langes s, wer es sich nicht zusammenreimen kann, wundert sicher über die vielen f, Nazischrift :x ) gemacht wurde und dass die Drucke schlechter Qualität sind, würde ich lieber ablassen.

Die Zeitschrift stammt ja von einem britischen Verleger und ich stelle jetzt die Behauptung in den Raum, dass es ihm nicht um die geschichtliche Aufklärung geht, sondern darum aus dem immer vorhandenen Interesse am Nationalsozialismus Profit zu schlagen.

Ich habe schon öfters Anzeigen für alte Zeitungen gesehen, der einzige Unterschied der Zeitungszeugen ist die Tatsache, dass man ein paar Artikel von ein paar Historikern hinzugefügt und ein Fernsehwerbung betrieben hat.

Wenn ich wissen wollte, was damals passiert ist, ginge ich gleich an die Orginalquellen oder ein paar kaufte Bücher dazu und mir selbst meine Meinung zu der Thematik bilden.

Dabei nehmen wir gerade dieses Thema im Geschichts-LK durch, also kann mir so eine Zeitschrift relativ egal sein

Naja ich hätte sie mir nur wegen der Fraktur gekauft, aber wenn die Qualität so ist wie sie ist, dann nicht.

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Phillip
jedoch endet der Kurz-Artikel mit der behauptung gebrochene Schriften würden heutzutage hauptsächlich von Neonazis verwendet.

argh. tolle recherche, wirklich. :cry:

thor steinar nutzt übrigens auch die eurostile ... egal.

Neulich hatte ich einen Spacken mit Thor Steinar Jacke und nen Punk in der Tram gehabt. Die haben sich nicht gehauen (nicht mal beachtet) und ich kam mir von beiden etwas verarscht vor. Besonders vom Punk, die sind mir nämlich um Welten lieber.

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Pachulke
Die haben sich nicht gehauen (nicht mal beachtet) und ich kam mir von beiden etwas verarscht vor.

Hast Du wenigstens das Geld für den Fahrschein zurückbekommen? :?

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Proedie
Naja ich hätte sie mir nur wegen der Fraktur gekauft, aber wenn die Qualität so ist wie sie ist, dann nicht.

Hallo,

ich finde die Zeitungen durchaus interessant, aber nur wegen der Fraktur würde ich sie mir auch nicht kaufen. Die Zeitungen sind jedoch nicht in Folie verpackt oder so, du kannst dir also im Zeitschriftengeschäft deiner Wahl selbst ein Bild machen.

Hast Du wenigstens das Geld für den Fahrschein zurückbekommen?
Mich kontrollieren die Leute in solchen Jacken immer.

Es grüßt

Proedie

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Frakturfreak

Hallo,

ich finde die Zeitungen durchaus interessant, aber nur wegen der Fraktur würde ich sie mir auch nicht kaufen. Die Zeitungen sind jedoch nicht in Folie verpackt oder so, du kannst dir also im Zeitschriftengeschäft deiner Wahl selbst ein Bild machen.

Damit habe ich ja nicht gemeint, dass dies mein Hauptgrund sei, nur habe ich sie neulich nicht gesehen, hätte sie aber vorher noch einmal geprüft. Trotzdem üben in Fraktur gedruckte Werke große Anziehungskraft auf mich aus, jedoch muss auch der Inhalt stimmen.

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Gast TypoLion

Na liebe Typografen, halte doch mal kurz die Luft an und vergisst euer Fraktur-Trauma. Designer sind bekanntlich sträflich unpolitisch. Über den Einspruch des bayerischen Finanzministerium (lese Spiegel) sollte eine Aufschrei des Protestes erklingen. In der BRD (und vor allem in Bayern) ist die Demokratie noch nicht wirklich verstanden und leider auch noch nicht wirklich eingeführt. Wir werden das heute Abend bei de Wahlbeteiligung in Hessen wieder feststellen können.

Aufklärung tut not. Ich werde Zeitungszeugen abonnieren. Ist was für meine Studenten, politisch und typografisch.

Schönen Sonntag noch.

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  • 2 Wochen später...
Phillip

Laut Spiegel Online wird die zweite Ausgabe von »Zeitungszeugen« zum Teil beschlagnahmt. Ich habe mir das Heft noch nicht angeschaut, aber wenn der Verlag tatsächlich Nazi-Propaganda als Beileger (also nicht im Heft verankert) anbietet, dann wundert mich das Vorgehen der Richter eigentlich wenig. Was nützt die wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung, wenn sie nicht an das corpus delikti gebunden ist?

Hier also grundsätzlich mein Verständnis für die Aufregung.

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Proedie

Hallo!

Es handelt sich bei Zeitungszeugen um kein Heft, sondern um lose Blätter. Es sind eben Zeitungen. Da ist nichts mit binden. Bei der Beilage handelt es sich bei der zweiten Ausgabe um ein Wahlplakat der NSDAP. Das ist schon ein bisschen komisch, zugegeben. Insgesamt halte ich die Aufregung jedoch nach wie vor für übertrieben. Schließlich betreibt "Zeitungszeugen" keine Propaganda, sondern berichtet darüber, ohne dass man sie sich zu eigen machen würde. Und das zu zensieren käme einer Verleumdung unserer Geschichte gleich!

Es grüßt

Proedie

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hey

Nun ist es ja nicht so, als wären diese Zeitungen für den der sie benötigt nicht zugänglich gewesen. In der Regel wird eine Fahrt zur nächsten größeren Bibliothek ausgereicht haben.

Dieses Machwerk ist auch sicher keine unmittelbare rechte Propaganda. Aber die Aufmachung und Werbung ist doch so, dass sich mir der Eindruck aufdrängt, das man nicht zuletzt auf ewig gestrige als Käufer setzt. Auf wen auch sonst? Historiker haben da im Zweifel schon was sie brauchen und der Anteil derjenigen, die sich für 40er-Jahre-Typographie interessieren dürfte so groß nicht sein. Das finde ich eklig.

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Proedie

Hallo!

Nun ist es ja nicht so, als wären diese Zeitungen für den der sie benötigt nicht zugänglich gewesen. In der Regel wird eine Fahrt zur nächsten größeren Bibliothek ausgereicht haben.
Eben. Das gilt nämlich genauso für Altnazis.
Dieses Machwerk ist auch sicher keine unmittelbare rechte Propaganda. Aber die Aufmachung und Werbung ist doch so, dass sich mir der Eindruck aufdrängt, das man nicht zuletzt auf ewig gestrige als Käufer setzt.
Hm, das kann ich nicht beurteilen, die Werbung habe ich nie gesehen ...
Auf wen auch sonst? Historiker haben da im Zweifel schon was sie brauchen und der Anteil derjenigen, die sich für 40er-Jahre-Typographie interessieren dürfte so groß nicht sein.
Weder Historiker noch Typografen dürften die Zielgruppe sein, aber was ist mit interessierten Laien, Leuten die sich für Geschichte interessieren? Mich interessiert das. Ich habe mir auch die zweite Ausgabe gekauft und finde sie äußerst faszinierend. Natürlich hätte ich auch in eine Bibliothek gehen können, aber auf die Idee wäre ich ehrlich gesagt gar nicht erst gekommen. Außerdem liest sich so eine Zeitung ganz anders, wenn es deine eigene ist und du sie am Wochenende im Bett lesen kannst. Das würde ich mich mit einer echten historischen Zeitung nicht trauen.
Das finde ich eklig.
Eklig?! Nun, niemand verlangt von dir, das zu lesen, aber deine Wortwahl ist doch interessant. Wieso gerade eklig? Natürlich geht es da nicht gerade umd Blümchen und Elfen, aber das ist doch nun wirklich übertrieben! Natürlich regt man sich beim Lesen auf, was für einen unfassbaren Scheiß die teilweise geschrieben haben, aber das ändert nichts daran, dass es eine äußerst interessante Lektüre ist.

Die Ablehnung die einige Leute diesem Projekt gegenüber empfinden kann ich einfach nicht nachvollziehen. Es geht weder darum, die Propaganda der Nazis neu zu verkünden, noch darum unsere Geschichte in irgendeiner Weise zu verharmlosen. Woher kommt diese Feinseligkeit?

Proedie

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