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Schrägstrich als "Komma"

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Liuscorne

Ich habe einen Text mit zahlreichen Zitaten aus Schriften des 16. Jahrhunderts. Der Autor hat die entsprechenden Passagen sehr präzise zitiert, er verwendet – wie im Original – Schrägstriche an Stellen, wo wir heute ein Komma erwarten würden. / steht dabei ohne Leerraum direkt hinter einem Wort, danach folgt ein Leerzeichen. Das sieht ein wenig komisch aus, finde ich.

Ich habe ein Zitat mal im Original nachgeschlagen; die Praxis dort ist nicht einheitlich: Meist steht vor und nach / ein Leerzeichen, manchmal auch nicht; in vielen Fällen ist das Leerzeichen vor / deutlich schmaler als danach – dies scheint tatsächlich die bevorzugte Praxis zu sein. Das läuft darauf hinaus, die Zitate mit schmalem Leerzeichen vor / und "normalem" Leerzeichen danach zu setzen. Gibt es für diese Fälle eine feste typografische Konvention? Hat jemand Erfahrung mit solchen Texten?

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Gast Zainer

Über typographische Konventionen kann ich wenig sagen. Als Bibliothekar, der etliche tausend Bücher aus dem 16. Jahrhundert katalogisiert hat, kann ich aber sagen, dass bei Bibliothekaren ein Schrägstrich in der Funktion als Komma immer ohne Spatium davor geschrieben wird. So ist zumindest die Praxis von VD16 und VD17.

Beispiel aus VD16:

PRacticierb#[ue]chlin be=||werter Leibartznei/ Jn || allen kranckheyten/ vnd Leibs ge=||brechen. Ernewert von H.|| Walther Ryffen.||(Tr#[oe]stung in leiblicher || karnckheit.||)[v.Kaspar Huberinus]

Beispiel aus VD17:

Warhafftiger Abdruck Deß Passawischen Vertrags/ In Anno 1552. den 2. Augusti zu Passaw auffgericht/ Und deß hochbethewerten Religionfriedens im H. Römischen Reich/ Wie solcher in Anno 1555. zu Augspurg auff dem Reichstag auffgerichtet/ und auff folgenden Reichstagen Anno 1557. 1559. 1566. und 1613. vielfältig widerholt/ ernewert/ und confirmiert/ auch als ein immerwehrender Frieden stät und fest zu halten hinc inde zum höchsten zugesagt und versprochen worden

Bei Zweifeln wäre eine Rücksprache beim Autor der Edition sinnvoll, ob und wenn ja welchen Editonsgrundsätzen er folgt. Ansonsten meine ich, dass die Funktion bestimmend sein sollte. Ein Komma mit einem Leerzeichen davor ist ein Fehler.

Wolfgang

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Liuscorne

Vielen Dank für den Hinweis. Ich merke schon, es wird kompliziert. Anscheinend weicht ja die historische Praxis (wenn mein Einzelfall repräsentativ ist) auch von der heutigen bibliografischen Erfassung ab: Obwohl / als Komma eingesetzt wird, steht sehr häufig ein "richtiges" Leerzeichen davor, in den meisten Fällen zumindest ein "schmales".

Von den Herausgebern ist in diesem Fall leider keine Hilfe zu erwarten – alles keine Fachleute auf dem Gebiet. Und was typografische Details angeht, verlasse ich mich auch ungern auf die Auskunft von Autoren.

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Florian H.

Der Schrägstrich als Komma wird auch Virgel genannt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Virgel

Wähle die Weißräume doch so, dass das Ergebnis für Dich gestalterisch befriedigend ist. Wenn die Virgel am vorausgehenden Buchstaben klebt, dann sollte spationiert werden. Gleiches gilt für das Zeichen an sich: Vielleicht ist der Standard-Schrägstrich der Schrift für diesen Zweck ja auch zu lang, zu schräg oder zu fein?

Darüber hinaus kann es nie schaden, Gleiches gleich zu behandeln, selbst wenn die Quelle Inkonsistenzen zeigt. Im digitalen Satz müssen nicht alle Eigentümlichkeiten und Zufälle des 16. Jahrhunderts erhalten bleiben.

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Liuscorne

Vielen Dank auch für diese Hinweise (gut zu wissen, wie das "Dings" richtig heißt). Und es wird die Variante schmaler Weißraum davor, Leerzeichen danach ...

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Gast njr
Im digitalen Satz müssen nicht alle Eigentümlichkeiten und Zufälle des 16. Jahrhunderts erhalten bleiben.

Danke, Florian. Ich bin dafür, dass man deine Erkenntnis – bis maximal zehn Jahre vor jeweils heute ausgedehnt – in alle Lehrmittel aufnimmt.

:!:

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StefanD

Wenn es sich um einen wissenschaftlichen Text handelt, würde ich den Umgang mit Virgeln an deiner Stelle doch nochmal mit dem Autor absprechen. Wissenschaftler haben – wie Wolfgang auch schon schreibt – ihre eigenen Grundsätze für die Transkription historischer Texte, von denen sie oft eher ungern abweichen.

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