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Leipziger Duden und TGL-Standard

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Geschrieben

In »Die Kodifizierung der Orthographie im Rechtschreibwörterbuch« schreibt die
Autorin Anne Marie Lasselsberger, dass in der DDR die Leipziger Ausgabe des
Duden-Rechtschreibwörterbuches »durch dessen Einbeziehung in die sogenannten
TGL-Standards für Druckereien, Verlage, Setzereien etc. verbindlich [war], da
von da an die in deutscher Sprache abgefaßten Druckwerke diesem
Rechtschreibwörterbuch zu folgen hatten.«

 

Kann mir jemand sagen, um welche TGL-Vorschrift es sich dabei handelte (und eventuell auch wo ich den Text einsehen/downloaden kann)?

Geschrieben

Der Leipziger Duden war in der DDR ohne Zweifel verbindlich, auf die TGL, also technische Normen, berief man sich dabei gewöhnlich nicht. Im Leipziger Duden (18. Aufl., 1987) heißt es im Vorwort ohne Hinweis auf eine TGL (S. 5): »Mit dieser völligen Neufassung stellt sich der Große Duden als das Nachschlagewerk vor, das über die geltenden Normen und den gegenwärtigen Sprachgebrauch in Orthographie, Grammatik, Stilistik, Betonung und Aussprache verbindlich Auskunft gibt.«

 

Bei Otto Ellguth (»Der Korrektor«, Leipzig: VEB Fachbuchverlag 1980), einem Lehrbuch für die Ausbildung von Korrektoren, werden im Abschnitt »Arbeit nach Standards« (S. 22. f.) ausdrücklich genannt: TGL 10-081 (Typografisch-technische Vorschriften) und TGL 0-16511 (Korrekturzeichen und ihre Anwendung, das Gegenstück zur DIN 16511). Im Abschnitt »Manuskript« (S. 28) heißt es lediglich: »Die Rechtschreibung erfolgt nach Duden (neueste Ausgabe) […]«.

 

Die »Deutsche Orthographie« (Leipzig 1987), ein Hochschullehrbuch, das von der Forschungsgruppe Orthographie der DDR erarbeitet wurde, könnte Urheber dieser Überbewertung der TGL sein (S. 259):

 

Zu Lebzeiten Dudens »war die Variabilität zwischen den einzelnen Schreibungen noch viel größer, und es gab unterschiedliche Regelbücher. Heute ist eine einmal getroffene orthographische Entscheidung nach deren Kodifizierung viel schwerer zurückzunehmen, denn der Duden ist nicht nur für die Schule, sondern auch für die Abfassung sämtlicher Manuskripte für den Druck entsprechend Standard TGL 6710 und anderer Fachbereichsstandards verbindlich. Insofern hat der Duden heute eine wesentlich größere Autorität als zu den Zeiten seines Begründers […].«

 

 

In der TGL 6710 (1986) heißt es unter Rechtschreibung (1.1.2) nur lapidar: »Nach Duden, neueste Ausgabe«. Der dann folgende Absatz bezieht sich auf Besonderheiten.

 

Quelle:

TGL 6710 »Manuskripte für Bücher, Broschüren und Zeitschriften. Technische Bedingungen für maschinengeschriebene Manuskripte« (1986). URL: https://www.bbr-server.de/bauarchivddr/archiv/tglarchiv/tgl2500bis10000/tgl6501bis7000/tgl-6710-1-dez-1986.pdf [27.12.2014].

  • Gefällt 3
Geschrieben

Zunächst einmal waren die TGL-Standards wohl weniger sogenannt, als es (in Springer-Schreibweise) die sogenannte "DDR" je war, ja vielleicht soger noch weniger sogenannt, als es die sogenannte Rechtschreibreform ist, über deren Berechtigung, sie mit dem Adjektiv "sogenannt" zu verzieren, ist ja hier schon treffend berichtet und berichtigt worden.

 

Im Übrigen wurden TGL-Standards sogar von westdeutschen Herstellern standardisierter Maschinenelemente verwendet, wenn es hierzu in DIN, EN oder ISO-Normen keine für ein sinnvolles Angebot geeignete Größenstaffelung gab.

 

Zudem hatten TGL-Standards, im Gegensatz zu DIN / EN / ISO-Normen Gesetzeskraft. Westliche Normen jedoch sind letztlich nur (äußerst sinnvolle) Empfehlungen.

 

So weit zu sogenannten...

 

In Ergänzug zum vorhergenannten sind im Leipziger Duden in der im letzten Beitrag genannten Ausgabe folgende TGL-Standards direkt genannt:

 

 

TGL 10-081 Vorschriften für den Schriftsatz.

 

TGL 0-16 511 Korrekturvoerschriften - (mit dem Hinweis dass dieser Standard mit den anderen RGW-Ländern abgestimmt wurde [was wohl ein Hinweis darauf ist, dass dieser dann nicht zu 100% der DIN 16.511 entspricht, was sich sonst aus der 0- Nummer ergäbe]).

 

dann folgende Liste:

TGL         Titel                        

6699        Briefblätter A4, A5, Hochformast, Gestaltung

6710/01   Maschinengeschruiebene Manuskripte (s.vorherigen Beitrag)

6710/02   ~ Begriffe, Arbeitsanweisungen Export und Import

7073        Typografische Maße

7293        Satzspiegel für Bücher und Broschüren

11 616     Informationsquellen: Titelseiten in Büchern und Broschüren

25 209     Manuskripte für Bücher, Broschüren und Zeitschriften zur Weiterverarbeitung im Lichtsatz

28 268     Schriftkästen, Anordnung und Belegung der Fächer

29 447     Fornmeln in Druckerzeugnissen, Ausführung.

29 451     Satzherstellung im Blei- und Lichtsatz; Technologische Varianten

31 548     Einheiten physikaklischer Größen.

33 040     Lichtsatz; Technische Forderungen, Prüfung

33 264     Regeln für das Maschinenschreiben (als Abschnitt im Duden enthalten)

34 230     Vektoren, Tensoren; Schreibweise

37 103     Informationsquellen: Abschnittsnummerierung

37 104     Informationsquellen: Eindruck des bibliografischen Nachweises

37 108     Bücher, Broschüren, Zeitschriften und Zeitungen; Impressum

37 773 (1 - 4) Sonderzeichen für die Satzherstellung

0-1302 (~DIN 1302) Mathematische Zeichen

0-1304    Formelzeichen für mathematische Anwendungen

0-16 511  Korrekturzeichen (s.O.)

10 020     Klassifizierung der Druckschriften

10-081     Typografisch technische Vorschriften

10-116     Handsatz; technische Forderungen, Prüfung

10-117     Zeilenguß-Maschinensatz; technische Forderungen, Prüfung

10-118     Einzelbuchstaben-Maschinensatz; technische Forderungen, Prüfung

 

 

Interessant mag auch sein, dass im Abschnitt "Leitfaden" im Anschnitt 1.1.3.4. (S-Laut) der  Unterabschnitt 1.1.3.4.2. mit der Regel 44 ein komplettes Regelwerk zur s/ſ Schreibung im Fraktursatz enthält.

  • Gefällt 2
Geschrieben

Nur zur Klarstellung: Das »sogenannt« ist wörtlich zitiert und stammt nicht von mir.

 

Sowohl der Leipziger als auch der Mannheimer Duden hatten gewiss den Anspruch, verbindlich über die geltenden Normen und den Sprachgebrauch in Orthographie Auskunft zu geben. Diesen Anspruch schrieben sich auch andere Wörterbücher (Übelacker, Erbe, Brunner/Huth, Matthias) in ihren Vorworten zu. Doch die Normen, die wirklich verbindlich waren, waren die Regelbücher (Regeln für die deutsche Rechtschreibung nebst Wörterverzeichnis), die von den Kultusministerien der deutschen Ländern und Österreichs herausgegeben wurden.

 

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs schwenkte Österreich aus und regelte für seinen Geltungsbereich die Orthographie im »Österreichischen Wörterbuch«, das im Auftrag des österreichischen Bundesministeriums für Unterricht herausgegeben wurde. Damit besaß Österreich ab 1951 eine neue verbindliche Norm.

 

1955 verfügte die bundesdeutsche Kultusministerkonferenz, dass die in der Rechtschreibreform von 1901 und späteren Verfügungen festgelegten Schreibweisen und Regeln bis zu einer etwaigen Neuregelung weiter die Grundlage für den Unterricht in allen Schulen bilden und in auftretenden Zweifelsfällen die im Duden gebrauchten Schreibweisen und Regeln verbindlich sein sollten. Mit diesem Stillhaltebeschluss wurde der Mannheimer Duden für die BRD de facto zum Standard.

 

Und wahrscheinlich ist in der von mir zitierten Passage (siehe mein erster Beitrag in diesem Strang) tatsächlich der Bezug auf den Duden in der TGL 6710 gemeint.

 

Lieben Dank für eure Hilfe und noch größeren Dank für den Link auf den BBR-Server – eine gute Fundgrube.

Geschrieben

Dann hoffe ich doch sehr, dass du mein Pamphlet gegen das sogenannte siogenannte noch so verstanden hast, dass ich Dir vorwerfen würde, dass du sogenannt  etwa in polemisch abwertender Absicht gegen die nun ein makl so - und nicht anders - genannten TGL-Stanards einsetzen wolltest, eben in dem Tonus, den die Springer-Presse gegenüber der ebenfalls ja nun so genannten DDR sich zur ständigen Übung machte.

 

Sogenannt ist wirklich ein schwieriger Geselle. Zum einen trägt das Wort immer so eine irgendwie negativ belegte Idee, dass etwas, das sogenannt ist, eben ganz bewusst eben doch nicht so ist, auf der anderen Seite besagt das Wort doch nur, das irgendetwas eben so gemannt wurde, und nicht irgendwie anders.  Mann hätte die sogenannte DDR ja auch SVD nennen können, vielleicht ja sogar 1. SV-D - auch dann wär diese SVD eine sogenannte, und dann hätten die Duden-Leser in Ost und West noch mehr Probleme mikt diesem so genannten Staat 1.SV? Sportverein im Mannheiner Duden, na ja, so unpassend nicht - Äh, Ach nein Sozialistische Volksrepublik belehrt der Leipziger Duden, wobei - da Volksrepublik eine Tautologie ist, ja letztlich auch die sogenannte BRD eine Volksrepublik ist - oder zumindest sein sollte.

 

Und so sitze ich hier auf meinem sogenannten Stuhl, vor meinem sogenannten Tisch und sinniere auf meinem sogenannten Laptop ober das sogenannte sogenannte nach - ich glaube, ich sollte mal ums sogenannte Haus herum gehen...

Geschrieben

Ich hatte dich schon richtig verstanden und wollte nur klarstellen, dass das sogenannte nicht meiner Feder entsprungen ist. Die Autorin, die ich zitiert habe, ist Österreicherin. Daher gehe ich davon aus, dass sie das Wort nicht im springerschen Sinn genutzt hat, sondern so, wie man es vor eine einem unbekannte Wendung setzt.

Geschrieben

Sowohl der Leipziger als auch der Mannheimer Duden hatten gewiss den Anspruch, verbindlich über die geltenden Normen und den Sprachgebrauch in Orthographie Auskunft zu geben. 

 

Die Verlage, in denen der Leipziger und der Mannheimer Duden erschienen, hatten einen grundsätzlich verschiedenen Status. Das 1953 neu gegründete Bibliographische Institut Mannheim inkl. Dudenverlag und sein aktueller Nachfolger in Berlin sind privatwirtschaftliche Unternehmen. Verlag und Marke Duden besitzen ein hohes Renommee, aber die Wörterbücher berufen sich jeweils nur auf die amtliche Regelung und legen sie aus – wie die Wörterbücher anderer Verlage auch. Nur von 1955 bis zur Reform 1996 war der Duden nach KMK-Beschluss vorläufig in Zweifelsfällen maßgeblich und hatte ein Monopol gegenüber Konkurrenzprodukten wie Mackensen, Knaur, Wahrig.

 

Der VEB Bibliographisches Institut Leipzig war seit 1948 ein staatlicher Betrieb und der einzige Verlag in der DDR, der ein Rechtschreibwörterbuch herausgab. Es gab also keine konkurrierenden Wörterbücher, denen gegenüber der Leipziger Duden sich hätte legitimieren müssen. Die Lehrpläne aller Bildungseinrichtungen in der DDR (von der allgemeinbildenden Schule bis zur Hochschule) waren nicht in der Hoheit der Länder bzw. Bezirke, sondern wurden zentral vom Ministerium für Volksbildung bzw. dem Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen herausgegeben. Wenn sich das Hochschullehrbuch auf die TGL 6710 beruft, verbrämt es die tatsächliche Situation also nur. 

  • Gefällt 2
Geschrieben

Aber in diesem Zusammenhang etwas anderes, was mich dann doch überrascht hat.
 
Wenn es um die Regeln für die Setzung von Ligaturen im Fraktursatz angeht, wird immer empfohlen, sich die letzte, noch in Fraktur gesetzte Ausgabe des Duden zu besorgen, aber selbst die definitiv letzte Ausgabe des Leipziger Dudens enthält folgende Regeln, an die sich zu halten, möchte man einen möglichst authentischen Fraktursatz erstellen, bestimmt nicht falsch sein kann, schließlich sind das dann ja zumindest Regeln, die im östlichen Deutschland bis kurz vor Ende 1990 praktisch Gesetzeskraft hatten:
 ...
1.4.1.5. im Sperrsatz sind Ligaturen  n i c h t anzuwenden. Das gilt bei Sperrsatz aus gebrochenen Schriften jedoch nicht für die Ligaturen ch, ck und tz.

In gebrochenen Schriften wird an Stelle der Ligatur ſt bei Sperrsatz ſ und t getrennt, jedoch nicht gesperrt gesetzt.

...

Geschrieben

folgende Regeln, an die sich zu halten [...] bestimmt nicht falsch sein kann

Falsch, was die Regeln angeht. Das ändert aber nichts daran, dass die Ligaturen für ch, ck und tz im gesperrten Fraktursatz einfach furchtbar falsch aussehen.

  • Gefällt 1
Geschrieben

Mag sein, ist aber, wie alles Ansichtssache. Zudem habe ich darum ja auch von möglichst authentischem Fraktursatz gesprochen, und nicht von "aus heutigem Stilempfinden besonders schönen Fraktursatz"

 

Das da auch nur ein "möglichst authentischer" dabei heraus kommt, liegt ja auch daran, dfass einem zumeist die verwendete Schriftart auch nicht in unterschiedlichen Entwurfsgrößen zur Verfügung steht.

 

Ich fand das ja nur in sofern interessant, dass diese vielen seltsam erscheinenden Regeln eben nicht, wie oft gesagt vielleicht einmal vor sehr langer Zeit, und dann auch nur als gewohnheitsmäßige Praxis von ein paar Setzern verwendung fand, sondern zumindest bis fast zum Ende des letzten Jahrhunderts durchaus eine offizielle Regel war.

 

Und da wohl die meisten, die mehr als nur ein - zwei Zeilen in Fraktur setzen, wohl eher das "look and feel" eines alten Textes vermitteln möchten, ist es dann bestimmt auch nicht verkehrt, sich an noch unreformierte Duden-Regeln zu halten.

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