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Deutschlands letzte Schriftgießerei schließt ihre Pforten

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Taurec

Hallo zusammen,

 

eventuell interessiert es ja den ein oder anderen noch mit Bleisatz arbeitenden Setzer hier:

 

Rainer Gerstenberg schließt seine Schriftgießerei zum 31.12.2021!

 

Nach nun fast 60 Jahren Tätigkeit als Schriftgießer und einer immer stärker zurückgehenden Nachfrage kam dieser Entschluss.

Mit ihm gehen fast 570 Jahre Schriftguß-Tradition in Deutschland zu Ende. Ob und wie die Gießerei eventuell gerettet oder gar weitergeführt werden könnte ist noch nicht gewiss. Noch bleiben ein paar Monate Zeit um sich mit Bleilettern, Ausschluß und Spatien zu bevorraten.

 

Wer noch etwas erwerben möchte: Schriftgießerei Rainer Gerstenberg

 

Wirklich traurig, wie Deutschland mit dem Erbe Gutenbergs und seiner großartigen Erfindung umgeht.

  • traurig 3
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Phoibos
vor 10 Stunden schrieb Taurec:

Wirklich traurig, wie Deutschland mit dem Erbe Gutenbergs und seiner großartigen Erfindung umgeht.

Naja, Gutenberg ist von der Entwicklung abgelöst worden. Aber vielleicht haben ja Museen Interesse an der Ausstattung? Das Museum der Arbeit in Hamburg hat beispielsweise eine Schaudruckerei, die nach Anmeldung auch von Externen für eigene Projekte unter fachlicher Anleitung genutzt werden kann.

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Taurec
vor 7 Minuten schrieb Phoibos:

Naja, Gutenberg ist von der Entwicklung abgelöst worden. Aber vielleicht haben ja Museen Interesse an der Ausstattung? Das Museum der Arbeit in Hamburg hat beispielsweise eine Schaudruckerei, die nach Anmeldung auch von Externen für eigene Projekte unter fachlicher Anleitung genutzt werden kann.

Die gesamten Gerätschaften stehen derzeit im Hessischen Landesmuseum in Darmstadt. Wenn er mit dem Gießen aufhört, muss er die dort angemietete Etage besenrein hinterlassen. Das Museum würde nur 2 Gießmaschinen (von über 15) übernehmen. Die Gußmatern gehören eh dem Museum, die lagern dann danach als Altmetall im Keller … 

  • traurig 1
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Taurec
vor 23 Minuten schrieb Callelulli:

Aus Interesse gefragt: Welchen Umgang würdest Du von Deutschland erwarten? 

Den gleichen Umgang wie z.B. in Frankreich, wo der Staat den Anspruch hat, dass diverse Werke der französischen Historie noch genauso produziert werden wie damals. So hatte man in Frankreich letztens noch eine eigene Stempelschneiderin ausgebildet, einen Monotype-Gießer von Rainer Gerstenberg auf die Komplettgießmaschinen umschulen lassen und und und … von dem was man in Korea macht ganz zu schweigen!

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Callelulli

Interessant. Frankreich pflegt anscheinend einen anderen Umgang mit seiner Kulturgeschichte.

 

Rein praktisch gefragt: Wer würde denn die Produktion und die Ausbildung bezahlen, der Staat? Das kann man ja schlecht einem Wirtschaftsunternehmen vorschreiben.

 

Und nach welchen Kriterien würde entschieden, welche Technik erhaltenswert ist? In dem Fall gebe ich Dir ja recht, es wäre schön, das Wissen, die Maschinen und die Technik zu erhalten. Ich habe immer gerne die Serie Der letzte seines Standes angeschaut. Welchen Beruf sollte man erhalten und welchen nicht?

 

Du gehst von einem Museum aus, richtig? Ja, das wäre ein Weg. Museen in öffentlicher Hand oder durch öffentliche Mittel gefördert. Zusätzlich gibt es sicherlich Liebhaber, die das Wissen aus eigenem Interesse erhalten. Es gibt auch Museumsdörfer, in denen ausgestorbene Kulturtechniken erhalten werden. 

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Erwin Krump
vor 30 Minuten schrieb Callelulli:

Rein praktisch gefragt: Wer würde denn die Produktion und die Ausbildung bezahlen, der Staat?

Das sollte man einem Staat, der ja nicht gerade am Hungertuch nagt, wohl zumuten können (dürfen).

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Microboy
vor 2 Minuten schrieb Erwin Krump:

Das sollte man einem Staat, der ja nicht gerade am Hungertuch nagt, wohl zumuten können (dürfen).

Einzeln betrachtet klingt das nach einer einfachen und machbaren Sache. Aber was ist mit den oben angesprochenen anderen Berufen die »überflüssig« geworden sind? Mit den Besenmachern, Kohlenträgern, Kanonenputzer und so weiter … Davon abgesehen reicht es ja nicht einen Stempelschneider oder Schriftgießer auszubilden. Was ist, wenn der seine Lebensplanung ändert und auswandert oder vom Bus überfahren wird?

 

:-?

 

 

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Taurec

Man könnte das z.B. bei der Bundesdruckerei angliedern (wie in Frankreich bei der Imprimerie National). Darüberhinaus könnte sich das durchaus wirtschaftlich tragen, wenn z.B. sämtliche Ernennungsurkunden Deutschlands von Hand gesetzt und entsprechend gedruckt würden. Da gibt es noch eine ganze Menge anderer offizieller Dokumente die heute derartig dahingerotzt werden, dass man sie sich nicht unbedingt ins Wohnzimmer hängen würde! In Basel werden die Einbürgerungsurkunden z.B. auf dem handgeschöpften Büttenpapier der Basler Papiermühle (zwar vom Klischee) gedruckt.

 

Besenmacher, Kohlenträger etc. sind zwar auch alles historische, wichtige und und ehrbare Berufe, jedoch meines Erachtens nicht von solch kulturgeschichtlicher Bedeutung wie der Schriftguß mitsamt seiner Nebenberufe. 

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Microboy
vor 11 Minuten schrieb Taurec:

Besenmacher, Kohlenträger etc. sind zwar auch alles historische, wichtige und und ehrbare Berufe, jedoch meines Erachtens nicht von solch kulturgeschichtlicher Bedeutung wie der Schriftguß mitsamt seiner Nebenberufe. 

Das sehen die Besenmacher wahrscheinlich anders und genau an dem Punkt wird es dann für die Politik schwierig.

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Taurec
vor 5 Minuten schrieb Microboy:

Das sehen die Besenmacher wahrscheinlich anders und genau an dem Punkt wird es dann für die Politik schwierig.

Wer will findet Wege … wer nicht will findet Gründe!

 

Aber hey, was rege ich mich auf? Der Drops ist gelutscht und meine Meldung galt eher denen, die noch aktiv mit Bleisatz arbeiten. 

Die Pixelschubbser können mit dem „Altmetall“ eh nix anfangen. 😉

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Dan Reynolds

Das Problem ist m.W.n., dass die Bundesdruckerei sich in den 1980er Jahren von dem Bleisatz getrennt hat. Es ist ja in der Bundesdruckerei anders als in der Imprimerie Nationale in Frankreich gelaufen. Leider. Als Ergebnis sehen die Drucksachen der französische Regierung und von den französischen Behörden in der Tat besser aus. Aber ich kann mir schwer vorstellen, dass die Bundesdruckerei jetzt wieder eine Hochdruckabteilung inkl. Schriftguss wieder einrichtet. Zumal eine Urkunde aus dem Laser-Drucker die gleiche Funktionalität als eine auf handgeschöpftes Papier inkl. Klischeedruck anbietet 😞 Die Wiedereinführung kann man nur aus kulturellen Gründen argumentiern, nicht aus wirtschaftlichen. Daran ist es hierzulande immer darauf angekommen. Ansonsten hätte sich das Hessische Landesmuseum für die Gießerei mehr interessiert und z.B. eine Nachfolger-Stelle aus eigenen Mittel kreiert.

bearbeitet von Dan Reynolds
I write very poor German. Sorry!
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pürsti
vor 2 Stunden schrieb Microboy:

Aber was ist mit den oben angesprochenen anderen Berufen die »überflüssig« geworden sind? Mit den Besenmachern, Kohlenträgern, Kanonenputzer und so weiter …

Nicht zu vergessen die ReaktoroperateurInnen. Die brauchen ja auch bald ihr Spielzeug-AKW

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Microboy
vor 2 Stunden schrieb Taurec:

Wer will findet Wege … wer nicht will findet Gründe!

Ich verstehe dein Bedauern und schließe mich dem sogar an. Ich weiß nur aus meinem Umfeld, dass kultur-politische Entscheider (die Mittel verteilen) mitunter gezwungen sind Entscheidungen zu treffen die Sie eigentlich gerne anders treffen würden. Eben weil das Eine oft das Andere nach sich zieht.

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Taurec
vor 2 Stunden schrieb Dan Reynolds:

Das Problem ist m.W.n., dass die Bundesdruckerei sich in den 1980er Jahren von dem Bleisatz getrennt hat. Es ist ja in der Bundesdruckerei anders als in der Imprimerie Nationale in Frankreich gelaufen. Leider. Als Ergebnis sehen die Drucksachen der französische Regierung und von den französischen Behörden in der Tat besser aus. Aber ich kann mir schwer vorstellen, dass die Bundesdruckerei jetzt wieder eine Hochdruckabteilung inkl. Schriftguss wieder einrichtet. Zumal eine Urkunde aus dem Laser-Drucker die gleiche Funktionalität als eine auf handgeschöpftes Papier inkl. Klischeedruck anbietet 😞 Die Wiedereinführung kann man nur aus kulturellen Gründen argumentieren, nicht aus wirtschaftlichen. Daran ist es hierzulande immer darauf angekommen. Ansonsten hätte sich das Hessische Landesmuseum für die Gießerei mehr interessiert und z.B. eine Nachfolger-Stelle aus eigenen Mittel kreiert.

Ja Dan, ich gebe Dir in allem Recht. Wir in Deutschland sind berühmt für unsere Effizienz. Eine im Laserdrucker generierte Urkunde ist sicherlich x-Mal effizienter als eine von Hand gesetzte. 
Und genau deshalb kann man nur aus kultureller/kulturhistorischer Hinsicht argumentieren. Was die Wertschätzung der Kultur in Deutschland angeht, sehen wir ja gerade in manigfaltiger Hinsicht: Museen mit 1A Hygienekonzept werden dicht gemacht, der Autohändler an der Ecke darf weiter verkaufen! Aus dem Land der Dichter und Denker ist das Land der Krämerseelen geworden … 

 

Wir belächeln immer überheblich den angelsächsischen Kulturraum, doch werden die alten Kulturgüter und -techniken hier höher wertgeschätzt.  

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Martin Z. Schröder

Daß Herr Gerstenberg irgendwann aufhört, weiß er seit vielen Jahren. Hat es nie Bemühungen gegeben, das Projekt über seine Arbeitszeit hinaus zu erhalten?

Der Vergleich mit dem Besenmacher hinkt in der Tat, weil Besen erstens immer noch irgendwo gemacht werden, das zweitens keine so komplizierte Angelegenheit ist. Der Vergleich mit anderen Berufen wird auch dazu führen, den Schriftgießerbetrieb herauszuheben, weil es ein nationales Erbe ist und nicht nur eine Technik; vielmehr letzter Teil einer hier begonnenen Kultur- und Technikgeschichte des Buchdrucks.

Es scheint vier Wochen vor Schluß aber zu spät, sich mit Plänen an Politiker und Museen oder Hochschulen zu wenden. Damit fängt man eigentlich ein bis zwei Jahre vorher an und organisiert einen Vorlaß und eine Nachlaßregelung, so wie das auch in der Kunst üblich ist. Aber vielleicht ist der Betrieb auch nicht so erhaltenswert, wie man als Laie meint? (Ich bin Laie in Sachen Gießerei, ich war nur Kunde von Herrn Gesternberg und den anderen Gießereien, die in den letzten Jahrzehnten geschlossen haben.) Weiß der Verein für die Schwarze Kunst Bescheid?

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Microboy
vor 17 Minuten schrieb Martin Z. Schröder:

Der Vergleich mit dem Besenmacher hinkt in der Tat,

Das war mir schon klar und sollte auch nur ein überspitztes Beispiel sein. Fakt ist: Wenn im kulturellen Bereich Gelder verteilt werden gibt es immer jemanden der sich benachteiligt fühlt weil eher weniger Zuwendungen erhalten hat. Das es im konkreten Beispiel keine Unterstützung gibt muss also nicht automatisch am Desinteresse der Politik liegen. Vielleicht hat man sich, was deine Aussagen nahelegen, schlicht zu spät oder zu wenig darum gekümmert.

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D2C
vor 2 Stunden schrieb Martin Z. Schröder:

Es scheint vier Wochen vor Schluß aber zu spät, sich mit Plänen an Politiker und Museen oder Hochschulen zu wenden. Damit fängt man eigentlich ein bis zwei Jahre vorher an und organisiert einen Vorlaß und eine Nachlaßregelung, so wie das auch in der Kunst üblich ist.

Es ist ja noch etwas über ein Jahr Zeit. Wenn ein solcher Zeitraum in der Regel reicht, ergreift jetzt vielleicht noch jemand die Initiative und mobilisiert die richtigen Leute in der Politik.

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Martin Z. Schröder

Ach, das habe ich falsch gesehen, Dezember 2021! Na das ist gut. Ich könnte da auch den einen und den anderen Brief schreiben. Dann wäre gut, wenn man eine Art Exposé hätte: Welcher Bestand, welcher Raumbedarf, Geschichte des Bestands und seine historische Bedeutung. Gibt es so etwas? Kann das jemand machen? Damit kann man es auch in die Presse bringen, wobei das weniger wichtig ist als das Anprechen von Institutionen und Personen. Für Presse fühlt sich niemand verantwortlich, das bringt nicht viel.

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Hans Schumacher

Wirksamer wäre möglicherweise, Du schreibst einen Brief gemeinsam mit anderen – wenn das dann nicht der schönste Brandbrief nach Gutenberg wird, würde ich doch n Besen fressen;-). Nein, im Ernst – das zeitgemäße Mittel zur Mobilisierung wäre wahrscheinlich die Online-Petition, aber das wirksamste und zum Thema passende vielleicht dann doch ein Brief, erstellt mit Hilfe der Technik, die man gerne erhalten möchte, unterschrieben von der Handvoll Beteiligten, die diese auch noch anwenden.

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Taurec
vor 23 Stunden schrieb Martin Z. Schröder:

Daß Herr Gerstenberg irgendwann aufhört, weiß er seit vielen Jahren. Hat es nie Bemühungen gegeben, das Projekt über seine Arbeitszeit hinaus zu erhalten?

 

Diese Bemühungen hat es gegeben, aber über unverbindliche Absichtsbekundungen „Jaja, das ist wichtig, da müsste man was machen!“ bis hin zu klaren Absagen seitens der hessischen Kultusministerin „Ja, ist wirklich wichtig das zu Erhalten, aber wir geben unser Geld lieber für zukunftsorientierte Projekte aus!“ bis hin zu solchen verkopften und hoch-theoretischen Sachen wie diesem „Mainzer Impuls“ sind diese nicht hinausgekommen. Es fehlt schlicht und ergreifend das Geld und auch ein Konzept, da müsste noch so viel geplant werden …

Ich hänge mal den Mainzer Impuls an … 😉

Mainzer Impuls_1.jpg

Mainzer Impuls_2.jpg

Mainzer Impuls_3.jpg

Mainzer Impuls_4.jpg

Mainzer Impuls_5.jpg

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Martin Z. Schröder

Ein ziemlich lustlos gemachtes Phrasenpapier in schlechtem Erscheinungsbild, würde ich meinen. Gibt es ein Exposé für die Schriftgießerei? Oder eine Sammlung von Fotos und eine Bestandsliste von den »Schätzen«? Gibt es eine Phantasie (oder Vision) von der besten Lösung für diesen Bestand? Ein formuliertes Ziel? Ich hab keine Ahnung, was schon versucht wurde und auf welchen Wegen. Online-Petitionen sind verschenkte Zeit, dafür fühlt sich niemand verantwortlich. Wenn man einen Plan hat, ein Budget dazu berechnet, dann kann man konkret bitten gehen. Dann können wir überlegen, wen man damit persönlich anspricht.

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