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FDI Farbmeister: Buchdrucklettern als digitale Fonts

Ralf Herrmann

Nach der FDI Wiking im Jahr 2020, hab ich auch im Jahr 2021 wieder eine Kickstarter-Kampagne zur Digitalisierung einer gebrochenen Schrift gestartet. Dank der Unterstützung aus aller Welt sind die FDI Altmeister und die FDI Neumeister nun wie die FDI Wiking kostenlos erhältlich. Die Schriften wurden dabei nicht von Drucken, sondern direkt von den Original-Buchdrucklettern aus Letternmetall und Holz digitalisiert. Nach Jahrzehnten in verschiedenen Druckereien zeigen diese deutlich die Spuren ihres Einsatzes. 

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Dies hat einen ganz eigenen Charme, der in einem digitalen Outline-Font natürlich verloren geht. So entstand die Idee, die Buchdrucklettern einmal selbst in digitale Fonts zu verwandeln. Die in den letzten Jahren entstandenen Farbfontformate schienen dies technisch zumindest möglich zu machen. Der Plan war dabei, dass man mit den Fonts dann am Computer so arbeiten können sollte, wie ein Schriftsetzer mit Buchdrucklettern. Das Tippen der Lettern sollte ein geschlossenes und lesbares Satzbild aus Bitmap-Grafiken erzeugen. 

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Bei der Umsetzung stieß ich jedoch schnell auf unerwartete Probleme. Dies ging schon mit dem Scannen bzw. Fotografieren der Lettern los. Für ein geschlossenes, realistisches Satzbild mussten die Lettern als perfekte Draufsicht reproduziert werden. Nur so ist ein digitales Aneinanderreihen beliebiger Lettern möglich. Hier macht jedoch die Perspektive einen Strich durch die Rechnung. Das Buchstabenbild reicht oft bis an den Rand der Lettern. Aus einer Kamera-Perspektive ragen diese Buchstabenteile dann deutlich über den Schriftkegel hinaus. Ein beliebiges Aneinanderreihen der Buchstaben ist dann nicht mehr möglich, da eine Buchstabengrafik die vorherige überdecken würde. 

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Auch Flachbettscanner lösen dieses Problem nicht und erschwerend kommt hinzu, dass viele Flachbettscanner nur den Bereich wirklich scharf abbilden, der das Glas direkt berührt. Eine natürliche Abbildung der gesamten Buchdrucklettern ist so nicht möglich. 

Erstellt wurden die Abbildungen daher letztlich mit einem speziellen Flachbettscanner mit entsprechender Tiefenschärfe. Jeder Buchstabe wurde dabei einzeln gescannt, damit die Isolierung des Buchstabenkegels so gut wie nur irgend möglich erfolgen konnte. Die überlappenden Buchstabenteile entstanden jedoch auch bei dieser Technik und auch die Ränder der Buchstaben bildeten selten ein perfektes Rechteck, wodurch beim digitalen Satz der Hintergrund zwischen den Buchstaben unschöne Blitzer erzeugen würde. Gelöst wurde dies alles durch manuelle Retusche. Die Ränder allen Buchstaben wurden in Photoshop so retuschiert, dass die Glyphen ein perfektes Rechteck formen, das durch eine leichte Vergrößerung die überstehenden Teile wieder einfängt. Das Ergebnis sind hochaufgelöste, »pixelperfekte« Fonts. 

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Kein Foto! Die digitalen Lettern der FDI Alte Farbmeister gesetzt in Photoshop

 

Die PNG-Bilder der Glyphen sind in 256 Pixeln Höhe und 1000 Pixeln Höhe in den Fonts hinterlegt. Die kleinere Größe dient der schnelleren Bildschirmdarstellung, die 1000-Pixel-Abbildungen werden für die hochaufgelöste Darstellung benutzt. Für Drucksachen, die man in die Hand nimmt, sind damit zum Beispiel Abbildungsgrößen von acht Zentimetern bei voller Schärfe problemlos möglich. 

Die relative Abbildungsgröße der Bitmap-Grafiken entspricht dabei wie im Bleisatz exakt dem Geviert. Werden Schriftgröße und Zeilenabstand auf den gleichen Wert gesetzt, schließen mehre Zeilen also pixelgenau aneinander an. In gleichem Sinne können unterschiedliche Größen wie im Bleisatz kombiniert werden. Ein Initialbuchstabe könnte also zum Beispiel auf 36 Punkt gesetzt werden und daneben finden exakt drei Zeilen mit je 12/12 Punkt Platz. initiale.jpg

Bei den Holzbuchstaben stellte sich ein weiteres Problem: Durch die unterschiedliche Nutzung der Lettern besteht zwischen den Buchstaben ein starker Farb- und Helligkeitskontrast. Zwischen Buchstabenbild und Schulter der Lettern selbst entsteht jedoch kaum ein hinreichender Kontrast. Im Ergebnis zeigte sich so eine Folge von farbigen Rechtecken. Die Buchstaben selbst waren aber kaum lesbar. Gelöst wurde dies nach Abwägung verschiedener Möglichkeiten schließlich durch eine digitale Einfärbung. Die FDI Neue Farbmeister genannte Schrift ist in zwei Varianten verfügbar: Einer weißen und einer blauen Version. Die weiße Version kann wie sie ist verwendet werden und ist stets gut lesbar. Die blaue Version dient zum Umfärbung in Bildbearbeitungsprogrammen wie Adobe Photoshop. Blau wurde bewusst gewählt, da es auf den Originalholzlettern nicht vorkommt. Die blaue Färbung kann also leicht einzeln ausgewählt und in einen anderen Farbton verwandelt werden. 

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Dynamische Umfärbung der Lettern in Photoshop

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Der Zeichensatz von FDI Alte Farbmeister und FDI Neue Farbmeister

 

Übrigens wurde auch an das Spazionieren gedacht, das gerade bei den Holzbuchstabenversionen nötig ist. Die Software-Funktionen zur Änderung von Laufweite und Unterschneidung sollten mit diesen Bitmap-Fonts möglichst nicht verwendet werden. Man würde dadurch Blitzer erzeugen oder die Buchstabenbilder auf unrealistische Weise übereinanderschieben. Wie im Bleisatz kann man aber Blindmaterial zwischen die Buchstaben setzen. Dazu enthalten alle Fonts der FDI Farbmeister ein schmales Leerzeichen (U+2009) und ein Spatium (U+200A). 

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Die Fonts unterstützen zwei Farbfont-Technologien: Apples SBIX-Format und das SVG-Format, das mittlerweile offizieller Teil der OpenType-Spezifikation geworden ist. Viele Designanwendungen unterstützen farbige Fonts bereits. Eine Übersicht gibt es auf https://www.colorfonts.wtf

Weitere Details zur FDI Farbmeister gibt es auf der Foundry-Website, wo auch ein Demo-Font heruntergeladen werden kann.
☞ https://fdi-type.de/fonts/farbmeister/

 

 

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