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Schrift aber welche

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Joshua K.

Die ganze Dick-dünn-Verteilung klassischer Schriften richtet sich nach dem Linienzug der Breitfeder:

14v0adv.png

Die Fabiol folgt auch diesem klassischen Duktus:

2hqaquq.png

Einzige Ausnahme ist der unpassende Strich am k, der damit einfach nicht zum Rest der Schrift paßt.

Die Chesterfield kann man so einfach nicht damit vergleichen.

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Uwe Borchert

Hallo,

Die Chesterfield kann man so einfach nicht damit vergleichen.

Genau darauf wollte ich hinaus! Entweder vollkommen konsistent wie eine klassische Schrift mit Breitfederduktus oder aber richtig dekorativ. Und bei einer Dekoschrift dann zB auch konsequent alle(!) Serifen falschgeschrägt ausführen. Also entweder eine richtige Garamond oder die Chesterfield.

MfG

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Jens Kutilek
Entweder vollkommen konsistent wie eine klassische Schrift mit Breitfederduktus oder aber richtig dekorativ.

Ihr denkt zu theoretisch. Wie bereits angemerkt handelt es sich ja um eine Druckschrift, nicht um eine handgeschriebene. Wie würdest Du die unten gezeigten Glyphen (das a ist nur zum Vergleich) aus der Garamond mit der Breitfeder schreiben?

garamond-premier-pro.png

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Joshua K.

Die beiden Z lassen sich doch ohne Probleme anhand der oben von mir gezeigten Federstriche erklären.

Mathematische Zeichen sind in Druckschriften seit jeher geometrisch konstruiert und somit unabhängig vom normalen Buchstabenduktus.

Bleiben die Guillemets. Bei denen wäre ja tatsächlich zu erwarten, daß die obere Linie dicker ist. (Hier ist zu sehen, daß das Zeichen ursprünglich auch so ausgesehen hat.) Vielleicht handelt es sich bei der heute üblichen dünnen Form um eine optische Korrektur, damit das kleine Zeichen nicht zu dick aussieht oder die Striche beim Druck zusammenlaufen, aber da kann ich nur vermuten. (Schreiben könnte man es wohl auch mit der Federkante.)

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Gast bertel
… Bleiben die Guillemets. Bei denen wäre ja tatsächlich zu erwarten, daß die obere Linie dicker ist. …

dicker? Doch nur bei Linkshändern. Bei Rechtshändern wäre die obere Linie dünner.

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Sebastian Nagel
Die beiden Z lassen sich doch ohne Probleme anhand der oben von mir gezeigten Federstriche erklären.

Müsste man nicht, um diese dicke Diagonale hinzukriegen, seine Hand als rechtshänder genau so "verdrehen" wie oben rot markiert?

Die ganze Sache mit dem Dukus ist bei Druckschriften nicht mehr immer 100% nachvollziehbar ...

Das Z war mal der Form nach eher ein I mit Querbalken oben und unten, bei dem die (normal breite) Senkrechte irgendwann schräg gestellt wurde und dabei die Strichstärke übernommen wurde, auch wenn der Duktus einer Feder eine dünnere Linie gebieten würde.

Analog dazu hat das M links eine dünne Senkrechte, rechts eine normal-breite – weil die Senkrechten früher mal schräg waren und das weiter so übernommen wurde, auch wenn die Feder das nicht so machen würde.

(Was jetzt alles nicht heißt, dass nicht die Serife des k bei der Fabiol tatsächlich einfach seltsam ist ... Nur ist auch die Fabiol halt keine Federzugschrift mehr, sondern eben gezeichnet. Ob sie also noch komplett dem Federduktus folgt oder eben für ihre Eigenheiten und Sonderlichkeiten ausbricht, liegt in der Entscheidungsfreiheit des Gestalters.)

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Robert Strauch

Hallo allerseits,

nachdem ich einen Hinweis bekommen habe, dass in diesem Forum so trefflich über meine Schrift debattiert wird, möchte ich gerne aus Entwerfer-Sicht einen Beitrag leisten.

Zunächst einmal bin ich sehr erfreut – fast überwältigt – von der vielfach positiven Resonanz und den Sympathiebekundungen in diesem professionellen Umfeld!

Da sich die Debatte vor allem am kleinen k entzündet hat, möchte ich gerne ein paar Hintergründe auch dazu kundtun.

Zunächst aber ein paar grundsätzliche Dinge zu meiner Herangehensweise, die dazu beitragen könnten, Licht auf einige formale Aspekte zu werfen:

Die Fabiol hat viele Väter/Mütter – will heissen, die Schrift basiert auf Einflüssen einer Reihe unterschiedlicher "Vorbilder" (im wahrsten Sinne des Wortes), die sowohl zeitlich als auch räumlich verschiedenen Quellen zuzuordnen sind. Sie bewegen sich etwa vom Ausgang des 15. bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts, vom italienischen über hauptsächlich den französischen bis hin zum niederländischen und sogar englischen Raum.

Manche Buchstabenformen darf man sogar gewissermaßen als "Hommage" an einen bestimmten Entwerfer und sein Werk verstehen. Man betrachte etwa das Versal C und schlage in der berühmten ersten Ausgabe der Hypnerotomachia Poliphili von 1499 nach, und man wird feststellen, dass es mir diese spezielle Letter des Francesco Griffo angetan hat. Aber auch Garamond lässt sich finden, Geoffroy Tory etwa oder bei der Kursiven sicherlich Robert Granjon. Daneben noch eine Reihe namenloser oder nicht gesicherter Originalquellen.

Nun warum dies – meine These dazu lautet: Weil alle diese Menschen und Typen etwas miteinander zu tun hatten, oft sogar ganz real und physisch – Garamond etwa besaß mit einiger Sicherheit Matrizen von Griffo, er und Geoffroy Tory kannten sich sogar persönlich. Aber am wichtigsten: alle haben sie voneinander "abgekupfert", und zwar mit bestem Wissen und Gewissen und in der Absicht, an einem großen Ganzen mitzuarbeiten, es zu variieren und zu verbessern. Ein "Copyright" oder die individuelle Abgrenzung der Personen untereinander und zu ihrem Werk gab es nach meiner Erkenntnis damals nicht, eine derartige Auffassung wäre auch mit dem Gedanken des Humanismus nicht vereinbar gewesen.

Eine solch "plündernde" und "diebische" Herangehensweise erschien mir also völlig logisch und auch für meine eigene Interpretation sinnfällig. Man könnte sagen, dass mir die ideellen Motive der Renaissance-Protagonisten eigentlich wichtiger waren als die rein formalen Aspekte ihres Schriftschaffens.

Im Ganzen war das natürlich auch erst mal ein Experiment – und ich war dermaßen überrascht, wie gut es funktionierte, Formen verschiedenster Provenienz zu vereinen, die nur in ihrem "Renaissance-Geist" eine gemeinsame Grundlage hatten. Ich sah das gewissermaßen auch als eine Bestätigung meiner oben genannten These und habe dann letztendlich beschlossen, eine ganze Schrift daraus zu machen. Wenn auch die Handschrift des Entwerfers immer etwas durchschlägt, so habe ich doch mit größtem Respekt vor dem Werk unserer "Ahnen" gearbeitet.

Was mich weiterhin geleitet hat war die Faszination über das weiche und harmonische Schriftbild der Inkunabeln und alten Drucke. Die Qualitäten des Bleisatzes auf Hadernpapier, das Druckrelief und die leichten Quetschränder und "Unsauberheiten" sollten so weit wie möglich in die Behandlung der Formen einfließen.

Ich weiss nicht wie es euch geht, aber selbst eine an sich noch sehr schöne heutige Bembo hat mit dem Schriftbild des Originals aus "De Aetna" nicht mehr viel gemein, zu spitz und hart sind die Formen, zu gerade und gleichförmig Schäfte und Serifen (letztere sind nichts weiter als Copy & Paste-Produkte – n,m,h,i – alles die gleiche Soße ich habe es nachgeprüft).

Kommen wir langsam zur k-Frage:

Erstmal gabs da ein Problem: da alle Quellen und Bücher meines Interesses auf Latein, italienisch oder (alt)französisch verfasst waren, gab es weit und breit kein kleines k (und auch kein w)!

Die Fabiol war anfangs lange ohne – ich musste quasi erst bis ins England des 17. Jahrhunderts reisen, um eines zu finden. Und ich habe dann auch tatsächlich eines mit besagter "falscher" Kopfserife gefunden – und es war mir sofort sympathisch.

Nun ist es völlig richtig, dass sich das – wie von Joshua K anschaulich demonstriert – nicht aus dem Schreiben mit der Breitfeder ableiten lässt. Richtig ist auch, dass der Antiqua und sogar den heutigen Serifenlosen dieser Wechselzug innewohnt, nur muss man im Detail sehen, dass auch andere Materialien und Werkzeuge die Formen beeinfluss(t)en.

Die Fabiol gehört sicherlich zur "zweiten" Generation der Renaissance-Antiqua, und in dieser Phase war nicht mehr das möglichst perfekte Nachbilden der geschriebenen Form im Mittelpunkt des Interesses (wie etwa bei Jenson). Durch den Stahl und die Bearbeitung der Stempel mit Sticheln, Messern und Punzierwerkzeugen entwickelten und veränderten sich – v.a auch an den peripheren Buchstabenteilen die Formen in neue Richtungen – vielleicht manchmal aus rein arbeitsökonomischen Gründen.

Auch eine Garamond, so deutlich man den Federzug ableiten kann, lässt sich nicht mehr mit der Feder schreiben, und genau das war ein wichtiges Merkmal in der Schriftentwicklung, das ich eben auch in der Fabiol sichtbar machen wollte. Übrigens weist auch das kleine p eine solche Inkonsequenz auf.

Ich glaube auch, dass dies vor allem Schriftkenner wie hier im Forum irritiert, aber ich empfinde diese kleinen Einstreuungen auch als Mittel, um den Rhythmus zu variieren, kleine "Off-Beats" zu schaffen, die den normalen "unbedarften" Leser wohl nur im Unterbewussten tangieren. Das verstärkt eben auch die "menschliche" Qualität, die ich der Fabiol verleihen wollte.

So, jetzt habe ich einen ganzen Sermon fabriziert – ich hoffe, ich konnte was zur Erhellung beitragen. Freu mich über jede Reaktion – durchaus auch Kritik.

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Kathrinvdm

Hallo Robert,

wow! Wie toll, wenn man nach einer solchen spekulativen Diskussion tatsächlich vom Schriftschöpfer himself die „Auflösung“ präsentiert bekommt. :bow: Die Hintergründe

zur Schriftentstehung zu erfahren ist unglaublich spannend, weil man mit dem neugewonnenen Wissen wieder ein bisschen mehr sehen kann beim Betrachten von Schriften. Ich finde die sich aus Deiner Vorgehensweise ergebende Inkonsequenz in der Buchstabenausarbeitung sehr sympathisch – weil sie eher auf auf intuitive Gestaltung setzt denn auf dogmatisches Festhalten an Normen. Vielen Dank für den Einblick!

Kathrin :)

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Joshua K.

Es stimmt natürlich, daß sich im Laufe der Schriftgeschichte die Formen von der Breitfeder entfernt haben. Die im allgemeinen als normal geltende Form ist damit geschichtlich gewachsen und stellt keine absolute Wahrheit, sondern nur Konvention dar. Wie weit man als Schriftgestalter davon abweicht, ist natürlich jedem selbst überlassen. Ich empfinde die beiden paradoxen Serifen der Fabiol als falsch und stolpere beim Lesen darüber; für mich funktioniert die Schrift daher nicht.* Das heißt natürlich nicht, das sie an sich schlecht ist: den meisten wird es wohl gar nicht auffallen.

*) Was schade ist, da sie mir sonst sehr gut gefällt! :D

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Carlito Palm

wenn du ihn lieb bittest, vielleicht macht er für dich noch ein alternatives „k“ rein. :)

ich bin jedenfalls knapp davor, mir die fabiol selber zu weihnachten zu schenken. einfach so und ohne noch ein projekt dafür zu haben.

@ robert, falls du noch mitliest: woher eigentlich der name?

(oder hab ich was übersehen?)

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Joshua K.
wenn du ihn lieb bittest, vielleicht macht er für dich noch ein alternatives „k“ rein. :)

Wenn ich ihn richtig verstanden habe, würde das seiner Vorstellung von der Schrift widersprechen, und das will ich dann ja nun auch nicht. :?

ich bin jedenfalls knapp davor, mir die fabiol selber zu weihnachten zu schenken. einfach so und ohne noch ein projekt dafür zu haben.

Wir sollten eine Selbsthilfegruppe einrichten! :mrgreen:

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Carlito Palm
Wir sollten eine Selbsthilfegruppe einrichten! :mrgreen:

wieso, ich dachte das hier ist eine solche! :huhu:

in wirklichkeit geht’s uns ja eh gut: mit dem eigenen leiden auch noch seinen lebensunterhalt bestreiten zu können, wer kann das schon?

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Robert Strauch

Weil von Carlito noch die Frage nach dem Namen gestellt wurde … ja das ist so eine Sache mit den Schriftnamen … ich mache mir meist erst kurz vor Torschluss Gedanken darüber … in diesem Fall war es quasi am Vorabend des Einsendeschlusses für den TDC-Wettbewerb:

Ich hatte da so ein hübsches Buch erstanden, auf einem Flohmarkt in Lyon.

Es trägt den schönen Titel "Les Vies et Miracles des Saincts Pères Hermites" und wurde wohl um 1600 in Paris gedruckt. Leider fehlt die Seite mit Kolophon und Druckerzeichen. Aber die Schrift dieses Buches ist ganz wunderbar, wenn auch teilweise schlecht gedruckt, auf jeden Fall hat sie wirklich einigen Einfluss auf meine Arbeit genommen.

Jetzt habe ich es wirklich – aus reiner Zeitnot – mit dem Zufallsprinzip aufgenommen, und quasi eine Seite blind aufgeschlagen – naja, sagen wir, ich habe das Spiel so ein paarmal getrieben. Bis ich dann auf eine Seite kam, wo von einer heiligen Fabiole die Rede war. Wohl eine dem ältesten Gewerbe der Welt zuzuordnenden Person der späten Antike, die durch eine Art Erweckungserlebnis zum Christentum gefunden und fortan einen frommen Lebenswandel eingeschlagen hat, Kranke gepflegt und Armen geholfen, Prinzip Mutter Theresa.

Es war dann wohl auch der Klang des Namens, der mir letztendlich gefallen hat.

Kurz nachgegoogelt im Internet fand ich nur eine nennenswerte Übereinstimmung zu Fabiol (ich habe kurzer Hand auf das e am Schluss verzichtet, da man es im deutschsprachigen Raum wohl meist falsch, nämlich ausgesprochen hätte): eine Hirtenflöte von den Balearen, ein wohl kaum mehr benutztes uraltes Instrument, trägt den selben Namen.

Ich fand diese Koinzidenz sehr angenehm, weil poetisch, skurril und auch irgendwie angenehm erdverbunden.

Dann ging es eben sofort in die Post und der Name war in der Welt …

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