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Die Schriftmuster der Welt in einer Datenbank …

Schulreform: Schweizer wollen Schreibschrift abschaffen

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Martin Z. Schröder

Ich subventioniere das mehr oder weniger. Das Entgelt für unsere Projektwoche lag bei einem ganz geringen Stundensatz, weil ich es selbst erst einmal ausprobieren und der Schule zeigen wollte, was möglich ist. Der Stundensatz deckte die Nebenkosten, meine Zeit wurde nicht bezahlt. Für die Fortsetzung in anderen Zeitstrukturen arbeiten wir an einer Finanzierung mit mehreren Beteiligten, also neben mir mit einem stark ermäßigten Stundensatz sind mehrere Träger im Gespräch.
Mich kitzelt schon seit Jahren die Herausforderung, den LRS-Theorien etwas entgegenzusetzen. Dieser Artikel vom März 2014 in der »Welt« gibt Hinweise, wie wackelig die Wissenschaft sich da bewegt. Es mag Fälle geben, in denen ich ratlos bin, aber in jenen, die ich bislang gesehen habe an Rechtschreibschwäche, braucht es nach meiner Meinung einen Ansatz, mit dem das Interesse an Schrift und Text, die Freude und das Wollen des Kindes geweckt und von außen aufgebaute Blockaden aufgelöst werden. Schrift und Schriftsprache sind ja nur Mittel zum Zweck, und diese Funktion geht in allen Formen von gegenstandslosem Lernen unter, so daß nur die Kinder Interesse für Buchstaben aufbringen, die es gerade zufällig sowieso haben.

In der Druckerei muß man beispielsweise auch rechnen, etwa, wenn man die Papierschneidemaschine programmieren will. Plötzlich rechnen Kinder, die zuvor mitgeteilt haben, daß sie das »nicht können«. Wir lernen dann, wenn und weil wir das Ergebnis brauchen. Ich richte den Unterricht möglichst so ein, daß jedes Kind das Maß an Anstrengung aufbringt, das es nicht frustriert, und das ist ganz unterschiedlich. Darauf sind Pädagogen im Alltag oft zu wenig eingestellt und haben in Schulklassen zu wenig Möglichkeiten.

Wenn ich wie bei unserm Büchlein anfangs die Aufgabe gebe, daß nun jeder einen Text schreiben soll, dann setzen sich einige sofort hin, andere gehen erst einmal in den Garten auf die Schaukel oder spielen Fußball und kommen mit Text zurück, wieder andere sagen, sie bringen ihn am nächsten Tag mit. Und wenn einer übrig ist, der sagt, er könne gewiß gar nicht, dann denke ich mir einen aus, der entweder genommen wird oder dem ein eigener entgegengesetzt wird. Am Ende hat jedes Kind seinen Text, ohne daß eines frustriert ist von einer zu schweren Aufgabe. Montaige sagt, wer führen will, muß folgen, und das ist auch in der Anleitung einer Kindergruppe eine wunderbare Methode, die auch mir richtig Spaß macht. Auch wenn ich mich manchmal erst sehr daran gewöhnen muß, daß Kinder ohne Leine eigenwillige Wege gehen, die ich nicht gleich verstehe. Das sind aber für mich auch Momente, in denen ich etwas lernen kann, in denen auch mein Urteilsvermögen auf die Probe gestellt wird. Diese Probe bestehe ich nicht immer.
Das Lesen und Schreiben in der Schule hat mich als Kind furchtbar angeödet, wohl auch, weil ich schon lesen konnte und Fibel-Mitteilungen wie »Mama im Haus« und »Oma im Garten« deprimierend uninteressant fand. Der Fokus in der Diskussion liegt immer platt auf »Bildung«, die Devise sollte aber »Interesse« lauten. Bildung entsteht durch Interesse und fließt nicht durch didaktisch verschnörkelte Trichter. Und wenn das Interesse nicht entdeckt und geweckt wird, kommt es zu unleserlicher Handschrift und Rechtschreibfehlern.

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Martin Z. Schröder

Ha! Berufsmäßig würde ich das nur schwer aushalten. Das Schmoren im eigenen Saft ist das Problem aller Pädagogik, zumal Pädagogik keine Wissenschaft ist und ihre Ideale nie erreichen kann. Wenn Schulen und ihre Umwelt sich gegeneinander öffneten, hätten wir alle ein besseres Leben.

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catfonts

Ich hab dem Martin wohl selten so viel zustimmen können.

 

Im grunde könnte man es zusammen fassen: Schule muss Spaß machen, damit sie Spaß macht.

 

Den es ist eigentlich egal, welches Fach, sobald es Spaß´macht, wird das interesse geweckt, wird das Interesse geweckt, fällt auch das Lernen leichter.

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Phoibos

Um mal einen unendlich klügeren Mann zu zitieren:
In supervacuis subtilitas teritur: non faciunt bonos ista sed doctos. (12) Apertior res est sapere, immo simplicior: paucis [satis] est ad mentem bonam uti litteris, sed nos, ut cetera in supervacuum diffundimus, ita philosophiam ipsam. Quemadmodum omnium rerum, sic litterarum quoque intemperantia laboramus: non vitae sed scholae discimus.

wir verwenden viel Scharfsinn auf ganz unnötige Dinge. Dergleichen macht nicht tugendhaft, sondern höchstens gelehrt.
Die Weisheit ist etwas viel Klareres und Einfacheres. Zu tugendhafter Gesinnung braucht man nicht viel Wissenschaft. Aber wie alles übrige, so übertreiben wir auch die Philosophie. Mangel an Maß ist unser Fehler, in allem, auch in der Literatur; man lernt nur für die Schule, nicht für das Leben.

(Seneca, Epistulae morales ad Lucilium CVI)

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Martin Z. Schröder

Läßt sich das auf unsere Kinderschule beziehen? Meint er nicht die philosophische Schule und widerspricht sich damit scherzhaft selbst, nachdem er die Steinchen seiner Erwägungen so schön gelegt hat? Die Kinderschule ist ja das Leben der daran Beteiligten.

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Phoibos

Zumindest mit dem gleichen Recht, mit dem die Pädagogen heutzutage jeden Mist mit "Man lernt für's Leben, nicht für die Schule" rechtfertigen wollen ;)

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Þorsten

wie wackelig die Wissenschaft sich da bewegt.

Das merke ich auch, seit ich mit Amerikanischer Gebärdensprache (ASL) zu tun habe. Vor ein paar Tagen erzählte mir eine (gehörlose) Lehrerin folgendes: Während eines Studienpraktikums unterrichtete sie (hörende) Grundschulkinder einer 2. Klasse (die bis dahin keinerlei Berührung mit ASL hatten). Zu Beginn ihres Praktikums hatten die Kinder bei einem Diktat sehr schlecht abgeschnitten. Sie unterrichte die Kinder dann eine Woche lang in ASL und Fingeralphabet. Am Ende der Woche wurde das Diktat wiederholt und alle Kinder schnitten, sehr zur Überraschung ihrer Lehrer, fehlerfrei ab. Die (hörende) Lehrerin, die das Diktat gab, beobachtete, dass die meisten Kinder vor dem Schreiben vieler Wörter unter dem Tisch irgendwelche merkwürdigen Fingerübungen machten. Sie buchstabierten die Wörter mit dem Fingeralphabet – und danach klappt es plötzlich auch mit dem Schreiben!

 

Bei Þorstelinchen beobachte ich ähnliches. Sie kennt durch ihre Beschäftigung mit ASL das englische Alphabet, seit sie 20 Monate alt ist.¹ Obwohl auf den Gebärdensprach-DVDs aus der Bibliothek, von denen sie das anscheinend aufgeschnappt hat, die lateinischen Buchstabenbilder und die dazugehörigen Gebärden zusammen gezeigt werden, erkannte sie vor allem in der Anfangszeit (oder auch heute noch, wenn sie müde oder unkonzentriert ist) die Gebärden fehlerfreier als die Buchstabenbilder. Das hat mich eigentlich überrascht, da die Buchstabenbilder i.a.R. kontrastreicher dargestellt werden und die Unterschiede zwischen den einzelnen Buchstabengebärden oft nur recht subtil sind, z.B. bei M und N:

240px-M%40InForward.jpg240px-N%40InForward.jpg

 

Also irgendwie scheinen die Handzeichen eher kompatibel mit der menschlichen Fähigkeit zur Muster(wieder)erkennung zu sein als gedruckte Buchstaben. :-?

 

____________

1. Das ist für Kinder, die mit ASL aufwachsen, nicht ungewöhnlich, da das Alphabet wichtiger ist als in der gesprochenen Sprache.

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catfonts

Nun ja, letztlich sind die arabischen Ziffern eine vereinfachte Darstellung von Handzeichen, wie sie von Markthändlern zur Übermittlung ihrer Gebote gebraucht wurden, wie ich vor vielen Jahrem in neinem Bericht aus der Hauszeitschrift des Pharma-Herstellers Chemie Grünenthal (Die Waage) aus den 1960er Jahren gelesen habe. Da waren auch sehr anschauliche Darstellungen.

 

Was deine Darlegung anbelangt, spricht das ja eigentlich dafür, generell Gebärdensprache schon un der Grundschule, vielleicht sogar in der Krippe zu lehren, bekommt man dadurch nicht nur ein praktisches Kommunikationsmittel, z.B. durch Fenster hindurch, in sehr lauter, oder in sehr leiser (wo sprechen stört) Umgebung, sorgt für eine verbesserte Feinmotorik, schafft zusätzliche Verknüpfungen im Gehirn, und holt Gebärdensprache aus der Ecke eines Behindertenhilfsmittels, sorgt also für eine bessere Integration hörgeschädigter.

 

Und Spaß kann die Sache ja auch noch machen, nur sollte wohl die Lehrerin auch besser diese Kommunikation erlernen, damit die Schüler mit den Finger-Lockerungsübungen beim Schreiben nicht ganz offen mogeln.

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Martin Z. Schröder

Das schöne Beispiel spricht vielleicht eher für den Perspektivwechsel als für ein allgemeines didaktisches Mittel. Jeder Perspektivwechsel, der Buchstabe und Laut verbindet, scheint hilfreich zu sein.

 

Die Vorschulerziehung sollte aber nicht noch mehr als Trainingslager für Kinderoptimierung dienen, wie das jetzt schon oft von ehrgeizigen Eltern gewünscht wird und von Politikern, die Nivellierung gleichaltriger Kinder für ein Allheilmittel halten.

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catfonts

So habe ich das auch garnicht gedacht, sondern jediglich, dass solche "Fingerübungen" recht früh begonnen, möglicherweise generell in der Entwicklung der Fähigkeiten hilfreich sein könnten. Also nicht Nivelierung um jeden Preis, sondern eben kein Einzwängen, durchaus unterschiedlicher Fähigkeiten. Sind es nicht gerade die Unterschiede, welche die Menschheit so weit gebracht hat?

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Martin Z. Schröder

Ich will die Diskussion um Schreibschrift nicht mit Pädagogik verderben. Nur kurz also: Schreibschwierigkeiten und Rechtschreibprobleme werden von Schulen hausgemacht. Schulen sehen das Problem aber nicht an sich, sondern betrachten das Kind als defizitäres Wesen, das einfach nicht in den Griff zu kriegen ist, weil die Eltern etwas falsch machen, der Staat zu spät eingreift, die Kinder selbst falsch (»krank«) sind. Die Defizite aber gerecht aufzuheben, haben 100 Jahre Bildungspolitik, Methodik und Didaktik nicht bewerkstelligt. Statt sich davon abzuwenden, wurden so schreckliche Vokabeln wie »Schulversager« erfunden. Was man sicher weiß: Lernfreiheit und Lernangebote bilden eine fördernde Kombination. Ich habe mich damit vor über zwanzig Jahren ausführlicher beschäftigt und die Beiträge eines Kongresses von Philosophen, Lehrern, Schriftstellern, Antipädagogen, Juristen, Psychotherapeuten, Psychiatern 1992 in diesem Buch gebündelt. Falls jemand sich auf unerquickliche Themen stürzen möchte.

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catfonts

Gerade eben lief auf rbb ein Bericht, wo es über einen Bootsbauer ging, der sich Schulschwänzern, die eben wegen der unangenehmen Dinge, die sie bei schlechten Schulleistungen erleben müssen, die Lust auf Schule verloren haben, und wie der diesen zeigt, das

lernen spaß machen kann, und es eben Erfolgserlebnisse gibt, die lust auf mehr machen, 80% seibner Klienten kriegen dann auch die Kurve, und schaffen den Schulabschluss dann mit Leichtigkeit, viele erlernen ein Handwerk.

 

Ähnlich wie bei Martins Projekt werden hier praktisch automatisch die sonst ungeliebten Fächer mit in die interessante Tätigkeit hinein gemogelt, und gleich dabei den Sinn der erlernten Fähuigkeiten deutlich gemacht.

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  • 3 Wochen später...
Gast fitzine

Zitat: Gab’s eigentlich eine geheime Empfehlung für Schreibschrift-Freunde, immer mit der gleichen falschen Logik zu argumentieren? Sprich: auf eine Änderung oder Abschaffung der klassischen Schreibschrift (als eine stilistische Variante einer Handschrift) immer damit zu argumentieren, dass man doch die Handschrift nicht abschaffen könne. Ich höre das andauernd und hier schon wieder. Der Artikel erklärt sogar anfangs noch die Idee der Grundschrift, endet dann aber mit »Der Verlust der Handschrift erzwingt es gewissermaßen, an den Schulen Rechner zu verteilen, flächendeckend und möglichst schnell«. Welcher Verlust der Handschrift? Die Grundschrift ist eine Handschrift. (Zitat Ende)

Da behaupte ich doch gleich mal stehenden Fußes, dass es gewissermaßen egal ist, ob von Schreibschrift- oder Handschriftverlust die Rede ist; mit der Abschaffung der Schreibschrift – also der gebundenen Schrift, wenngleich auch sie natürlich Absätze hat, haben durfte und darf – geht der Untergang der Handschrift einher! Die Handschrift wird abgeschafft, indem die Schreibschrift abgeschafft wird. Erst geht die Schreibschrift, dann die Handschrift. Die sogenannte Grundschrift (was für eine Anmaßung!) ist nur eine Krücke, ein Übergang, ein Notbehelf. Wenn der Mensch flüssige Schreibbewegungen verlernt und vergisst – und das passiert durch verkehrtes Erlernen genauso wie durch die dann logischerweise folgende Vernachlässigung …. – gibt es keinen Grund mehr fürs Handschreiben.

Man möge mir das unkorrekte Zitieren verzeihen! :nicken:

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Martin Z. Schröder

Das erscheint mir nicht recht logisch. Man schreibt doch nicht von Hand, weil man Buchstaben verbinden, sondern weil man einen Gedanken zu Papier bringen möchte. Schrift ist ein Medium. Wohin der bisherige Schreibunterricht geführt hat, kann man ja sehen. Schlimmer kann es kaum werden, nur lesbarer, meine ich.

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Ralf Herrmann

Da behaupte ich doch gleich mal stehenden Fußes, dass es gewissermaßen egal ist, ob von Schreibschrift- oder Handschriftverlust die Rede ist; mit der Abschaffung der Schreibschrift – also der gebundenen Schrift, wenngleich auch sie natürlich Absätze hat, haben durfte und darf – geht der Untergang der Handschrift einher! Die Handschrift wird abgeschafft, indem die Schreibschrift abgeschafft wird. Erst geht die Schreibschrift, dann die Handschrift. Die sogenannte Grundschrift (was für eine Anmaßung!) ist nur eine Krücke, ein Übergang, ein Notbehelf. Wenn der Mensch flüssige Schreibbewegungen verlernt und vergisst – und das passiert durch verkehrtes Erlernen genauso wie durch die dann logischerweise folgende Vernachlässigung …. – gibt es keinen Grund mehr fürs Handschreiben.

 

Ähm, das ist nur eine weitere Wiederholung dessen, was ich anprangere. Es wird eine Folge von Kausalitäten aufgemacht, aber nicht schlüssig dargelegt, warum nun jeweils das eine aus dem anderen folgen soll. Nur starke, einseitige und fragliche Behauptungen, keine Erklärungen. Warum hängt der »Grund … fürs Handschreiben« an einem bestimmten Schreibstil? Ich finde das schlicht eine absurde Idee. Man schreibt etwas auf, damit es später durch einen selbst oder andere wieder gelesen werden kann. Aber wenn diese Schrift dann nicht mehr »klassische verbundene Schreibschrift« ist, dann will man und wird man nicht mehr schreiben? Der Grund für das Schreiben verschwindet? Ernsthaft? Wenn ich Details einen Telefongesprächs nicht vergessen will, mache ich vielleicht parallel handschriftliche Notizen. Aber wenn meine Handschrift Grundschrift wäre, dann habe ich keinen Grund mehr die Telefonnotizen zu machen!?

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Gast Schnitzel

Und anscheinend muss man auch immer wieder betonen, dass die Grundschrift die Möglichkeit des verbundenen Schreiben offen lässt. Warum sollen Schüler eine Schreibschrift lernen, die sie später nie wieder schreiben werden?* Die meisten Menschen schreiben eine Mischung aus Druckschrift und Schreibschrift. Und wenn man eine Schrift hat die man mit ein paar Verbindungen schnell schreiben kann finde ich das sinnvoller als eine Schrift zu lernen, die man wieder bis auf ein paar Teile vergisst.

 

* Die klassischen Argumente sind Motorik und Ästhetik – aber was hat das mit Schriftspracherwerb zu tun? Mehr fundierter Kunstunterricht (mit Kalligrafie  :-o ) das wäre was tolles ...  :rockon:

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Gast fitzine

@Martin Z. Schröder und @Ralf Herrmann

Die Kausalkette: erst Schreibschrift weg, dann Handschrift weg ist ja erst mal eine Reihenfolge, die man verstehen kann. Vielleicht müssen wir uns erst mal mit den Begriffen befassen? Ich meine nicht, dass wir bei der gebundenen Schreibschrift und der sog. „Grundschrift“ nur von unterschiedlichen Schreibstilen reden. Nur die gebundene Schreibschrift wird geschrieben (Voraussetzung ist, dass sie richtig vollständig und ausgiebig gelernt wurde) – die Grundschrift wird gesetzt (aus Einzelbuchstaben, die mir nicht erlauben, auch mal 2, 3 oder 4 – mehr sind es meist nicht – aneinanderzubinden – es wurde nicht GEÜBT) – Einzelbuchstabe an Einzelbuchstabe – übrigens mit einem äußerst undefinierten Idealmaß, wenn man sich die sog. Grundschrift mal in Ruhe zu Gemüte führt.

Also, ich meine, der Vorgang, den wir SCHREIBEN nennen, hat etwas Flüssiges, Gebundenes – Einzelbuchstaben zu Papier bringen, ist in meinen Augen SETZEN. Es ist auch das, was der gute Gutenberg schon … revolutioniert hat.

Die Einführung der Schreibschrift (vor ca. 700 Jahren) hatte ökonomische Gründe – eine Fähigkeit zu erwerben, die es erlaubt, die eigenen Gedanken sozusagen in simultaner Geschwindigkeit niederschreiben zu können. Luther wäre ohne sie wesentlich langsamer vorangekommen, genauso wie Michelangelo oder da Vinci (gut, der hat auch gleich noch spiegelverkehrt geschrieben, als Linkshänder …) – und vielleicht hätten sie mit der weniger schnellen, verzögerten Einzelbuchstaben-Setzerei auch den an oder anderen Gedanken verloren … gut vorstellbar.

Eine regelrechte Handschrift – also ein wirklich eigener, möglichst unverwechselbarer Duktus kann m. E. auch nur mit der gebundenen Schreibweise (wir hatten ja schon festgestellt, dass nicht zwangsläufig alle Buchstaben gebunden sein müssen – und es kein vorgegebenes System gibt) entstehen. Wie sollen später mal die Unterschriften der Anwender der sog. Grundschrift aussehen? – da wird dann aber wirklich der Daumenabdruck zur sichereren Variante.

Nochmal zum Verständnis: Es geht mir in erster Linie um die Tatsache, dass die Menschen ihre Technisierung dermaßen vorangetrieben haben, dass sie nun auch noch allen Ernstes ihre ureigensten, sie als lebende Individuen kennzeichnende Fähigkeiten, bereit sind, auf der Strecke zu lassen. Wenn die Schreibschrift weg ist, ist sie weg. Warum wird es nicht zum Grundrecht für jedes Kind – wenn es schon in die Schule gehen darf – richtig und ausgiebig schreiben zu lernen – eine seinem Kulturkreis gemäße gebundene Schreibschrift - mit hohem funktionalen und ästhetischem Anspruch? (Die Drucklettern liefert ihm ja die Technik - übrigens: dass es verschiedene Druckschriften gibt, verdanken wir u. a. der Schreibschrift - der gebundenen)

Wenn ich in der Schule nicht hätte lesen UND schreiben lernen dürfen (übrigens Schulausgangsschrift GDR), hätte ich nicht gewusst, was ich da soll.

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Kathrinvdm

Kürzlich saß in einem Wordpress-Seminar neben mir eine junge Frau aus Graz, die ihre Notizen in atemberaubendem Tempo in vollständig verbundener Schreibschrift (also jedes Wort aus einer Linie ohne Unterbrechungen geschrieben) zu Papier brachte. Mir ist alleine vom Zuschauen ganz schwindelig geworden! Das gibt es also tatsächlich auch noch, aber die meisten von uns schreiben doch ohnehin eine Mischung aus verbundenen und einzelnen Buchstaben, wenn wir mit der Hand schreiben. Ich bin mir nach gegenwärtigem Stand sehr sicher, dass das Schreiben mit der Hand nicht verschwinden wird, auch wenn es immer mehr elektronische Texteeingabegeräte gibt und geben wird. Bedarf gibt es für beides – und Flexibilität kann doch eigentlich niemals schaden. 

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Kathrinvdm

Also, ich meine, der Vorgang, den wir SCHREIBEN nennen, hat etwas Flüssiges, Gebundenes – Einzelbuchstaben zu Papier bringen, ist in meinen Augen SETZEN. Es ist auch das, was der gute Gutenberg schon … revolutioniert hat.

 

Das ist jetzt aber zunächst mal nur Deine eigene Definition, oder? Für mich ist jedes mit der Hand aufs Papier gebrachte Wort geschrieben – oder gezeichnet, wenn es eher konstruiert als flüssig geschrieben wurde. Der Begriff »Setzen« ist doch eindeutig technisch konnotiert: Bleisatz, Fotosatz, Computersatz etc.

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Albert-Jan Pool

Einzelbuchstaben zu Papier bringen, ist in meinen Augen SETZEN.

 

Ich glaube nicht dass es die Diskussion leichter macht, wenn wir versuchen Begriffe umzumünzen. Es ist das erste Mal, dass ich davon höre, dass jemand Setzen als handschriftliches Schreiben definieren möchte. Setzen ist Typografie, das geht mit vorhandene Schriften. Eine vorhandene Schrift kann sogar eine sein, wobei alle Schriftzeichen miteinander verbunden werden. https://www.myfonts.com/fonts/linotype/shelley-script/

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Ralf Herrmann

die Grundschrift wird gesetzt (aus Einzelbuchstaben, die mir nicht erlauben, auch mal 2, 3 oder 4 – mehr sind es meist nicht – aneinanderzubinden

Da muss ich wieder fragen: ernsthaft?

A) ist es wie oben schon gesagt schlicht unwahr, dass die Grundschrift es nicht erlauben würde, Verbindungen herzustellen. Sie erlaubt das ausdrücklich. B) Der Definition von Setzen kann ich mich auch überhaupt nicht anschließen. »Setzen« heißt, dass man etwas vorgefertigtes nimmt und benutzt, wie eben in der Typografie. Der Bleibuchstabe wird gesetzt – daher »Satzschriften«, »Setzschiff«, »Satzmaschine« und so weiter. Wenn vorgefertigte Buchstaben benutzt werden, setzt man. Wird dagegen mit der Hand geschrieben, wird eben mit der Hand geschrieben und das Ergebnis ist Handschrift. Der Vorgang ist kein anderer, nur weil man manchmal oder gänzlich Verbindungen weglässt. Es spricht ja auch kein Mensch vom »Setzen lernen«, wenn »Schreiben lernen« gemeint ist. 

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Martin Z. Schröder

Die Kausalkette: erst Schreibschrift weg, dann Handschrift weg ist ja erst mal eine Reihenfolge, die man verstehen kann. Vielleicht müssen wir uns erst mal mit den Begriffen befassen? Ich meine nicht, dass wir bei der gebundenen Schreibschrift und der sog. „Grundschrift“ nur von unterschiedlichen Schreibstilen reden. Nur die gebundene Schreibschrift wird geschrieben (Voraussetzung ist, dass sie richtig vollständig und ausgiebig gelernt wurde) – die Grundschrift wird gesetzt (aus Einzelbuchstaben, die mir nicht erlauben, auch mal 2, 3 oder 4 – mehr sind es meist nicht – aneinanderzubinden – es wurde nicht GEÜBT) – Einzelbuchstabe an Einzelbuchstabe – übrigens mit einem äußerst undefinierten Idealmaß, wenn man sich die sog. Grundschrift mal in Ruhe zu Gemüte führt.

Also, ich meine, der Vorgang, den wir SCHREIBEN nennen, hat etwas Flüssiges, Gebundenes – Einzelbuchstaben zu Papier bringen, ist in meinen Augen SETZEN. Es ist auch das, was der gute Gutenberg schon … revolutioniert hat.

Ich glaube, das wäre eine völlig neue Definition und ist deshalb nicht hilfreich fürs Verständnis. Gutenberg hat das Setzen erfunden. In den Klöstern wurden die Bibeln geschrieben. Gutenberg hat eine Schreibschrift in eine Satzschrift verwandelt. Auch heute nennt man den Vorgang der Schriftbildung von Hand immer Schreiben (oder Zeichnen). Beim Setzen wird eine bereits vorhandene Buchstabenform zur Anwendung gebracht, das Setzen bildet keine Buchstabenform. Wenn du diesen Konsens der Begriffsdefinition verläßt, wird das Gespräch schwierig.

 

Eine regelrechte Handschrift – also ein wirklich eigener, möglichst unverwechselbarer Duktus kann m. E. auch nur mit der gebundenen Schreibweise (wir hatten ja schon festgestellt, dass nicht zwangsläufig alle Buchstaben gebunden sein müssen – und es kein vorgegebenes System gibt) entstehen. Wie sollen später mal die Unterschriften der Anwender der sog. Grundschrift aussehen? – da wird dann aber wirklich der Daumenabdruck zur sichereren Variante.

Du meinst, es ist für eine Unterschrift nötig, die verbundene Schreibschrift nach festgelegter Form zu unterrichten, weil andernfalls die Unterschrift ihre Individualität verliert? Ich glaube, diese Sorge ist unnötig. Das, was oft geschrieben wird, verschleift sich von selbst zu einer charakteristischen Darstellung. Die meisten Unterschriften sind unleserliche Kringel und beziehen ihre Individualität nicht aus der richtigen Buchstabenverbindung.

 

 

Nochmal zum Verständnis: Es geht mir in erster Linie um die Tatsache, dass die Menschen ihre Technisierung dermaßen vorangetrieben haben, dass sie nun auch noch allen Ernstes ihre ureigensten, sie als lebende Individuen kennzeichnende Fähigkeiten, bereit sind, auf der Strecke zu lassen. Wenn die Schreibschrift weg ist, ist sie weg. Warum wird es nicht zum Grundrecht für jedes Kind – wenn es schon in die Schule gehen darf – richtig und ausgiebig schreiben zu lernen – eine seinem Kulturkreis gemäße gebundene Schreibschrift - mit hohem funktionalen und ästhetischem Anspruch? (Die Drucklettern liefert ihm ja die Technik - übrigens: dass es verschiedene Druckschriften gibt, verdanken wir u. a. der Schreibschrift - der gebundenen)

Ich verstehe deine Sorge, daß etwas heute nicht mehr so angesehen wird, wie du es gelernt hast. Die verbundene Schreibschrift als eine Fähigkeit anzusehen, die den Menschen als lebendes Individuum auszeichnet, erscheint mir etwas übertrieben. Auch eine Katze ist, würde ich meinen, ein lebendes Individuum. Die schöne Schreibschrift, um die es dir vielleicht eher geht, wird von den Schulen schon seit vielen Jahrzehnten nur noch zufällig hervorgebracht. Ich würde eher sagen, daß die Schule es zur Zeit und seit langem trotz ordentlicher Quälerei eben nicht zustande bringt, ihren Absolventen eine Schrift »beizubringen«, die man schön nennen kann. Es wird vielmehr überwiegend gekrakelt. Wenn du eine schöne verbundeme Handschrift hast, liegt das nur zum Teil an den Methoden der Schule, zum viel größeren Teil an deinem Interesse. Von einem ästhetischen Anspruch würde ich bei der Schulausgangsschrift kaum sprechen, sie ist eine für Kinder vereinfachte Ausgangsschrift, die ohne ganz andere Übung kaum schön werden kann.

Was das Grundrecht angeht, würde ich sagen, daß es sich vielmehr um eine Pflicht handelt. Kinder müssen in Deutschland zur Schule gehen, und wenn sie das nicht tun, werden sie notfalls polizeilich zugeführt und die Eltern bestraft. Du verwechselst vielleicht Bildungsrecht mit Schulpflicht. Dabei kann die Schule nicht allen, die sie sich gesetzlich zuführen läßt, einen Bildungsabschluß und die Voraussetzung einer Berufslaufbahn zusichern.

 

Kann es sein, daß du den gegenwärtigen Zustand in einem rosigen Licht siehst? Wieviele Menschen aus deinem Umfeld, die in den letzten fünfzig Jahren das Schreiben in der Schule gelernt haben, schreiben anschließend eine Schrift, die deinen ästhethischen Ansprüchen genügt? Meinst du nicht, daß der Änderunsbedarf groß ist, weil Aufwand und Ergebnis in einem unbefriedigenden Verhältnis stehen? Wenn man die Schreibschrift des Volkes auf den Standard der Kurrent, der letzten schönen Schreibschrift, heben möchte, müßte man dann nicht den Leidensdruck so erhöhen, wie es in dieser Zeit üblich war, weil man Kinder durch anderweitiges Trietzen wie in den Jahrzehnten danach nicht ausreichend an die nun schon weniger schöne Schreibschrift gewöhnen konnte? Wäre dann die Prügelstrafe nicht die notwendige Folgerung, falls ein Kind sein Recht nicht wahrnehmen möchte, eine ästhetisch hochwertige Schreibschrift zu erlernen?

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catfonts

Jetzt versuche ich mal den Blick auf die Grundschrift, und dem Strangthema entsprechend der Schweizer Basisschrift mal gerade zu rücken:

 

Es geht hier keinesfalls um eine Aufgabe der Handschrift, nein, nicht einmal der Aufgabe von Buchstabenverbindungen in der Handschrift, sondern darum eine zwangsweise, und eigentlich völlig überflüssige komplette Durchvebindung des ganzen Wortes aufzugeben, die in einer Erwachsenenhandschrift ohnehin kaum vorkommt, sondern einer Schrift entstammt, die eigentlich nie als Gebrauchs-Handschrift gedacht war.

 

Über viele Jahrhunderte war die Handschrift in Deutschland ja quasi zweigeteilt, zum einen in die deutsche Kurrentschrift, die, da sie kaum Richtungswechsel und so gut wie keine Deckstriche enthält, sehr gut auf schnelles, flüssiges Schreiben ausgelegt war (sonst hätte sie sich auch nicht so lange gehalten) und dazu eine lateinische Schreibschrift mit der Funktion einer Textauszeichnung, um damit schwierige Fremdworte und Eigennamen aus dem Text hervorzuheben.

 

Als dann der Abschied von der Kurrentschrift beschlossen wurde, wurde eben aus dieser Auszeichnungsvariante die eigentlich fürchterlich verschnörkelte Normalschrift gestaltet, aus welcher dann die Lateinische Ausgangsschrift in Westdeutschland, sowie die 1958 Fassung der DDR-Schulausgangsschrift entwickelt wurde.

 

Zum einen bedeutet dies, dass zum einen nach den gerade erlernten Formen der (Fibel)Druckschrift mit ihren klaren Buchstabenskeletten teils deutlich andere Buchstabenformen erlernt werden müssen, und zum anderen dieses endlose durch verbinden zu einer verkrampften Schreibhaltung der noch nicht ausgereiften, weichen Kinderhand führt,  was nicht gerade dem Erlernen einer sauberen Handschrift förderlich ist.

 

In der DDR wurde dieses Manko der klassischen Latein-Schreibschrift recht früh erkannt, und so entwickelten die Pädagogin Elisabeth Kaestner und die Grafikerin und Schriftgestalterin Renate Trost mit viel Unterstützung durch ihren ehemaligen Professor Albert Kapr eine neue, und auch über die Grenzen der einstigen DDR hinaus anerkannt besseren Ausgangsschrift, die 1968 in der DDR, und nach 1990 auch in Hamburg, ganz Berlin und dem Saarland, sowie jetzt auch in Bayern eingeführten SAS (Schul-Ausgangs-Schrift)

 

Diese Schrift fügt sich leichter an die Formen der Druckschrift an, vermeidet unnötige Richtungswechsel und Schleifen und wurde eben auch mit Hinblick auf die anatomischen Bedingungen der Kinderhand entwickelt. So weit, so gut.

 

Das Team Trost/Kaestner erkannte aber auch, dass es für viele Beschriftungsaufgaben eben auch erforderlich ist, eine der Handbewegung besser als die DIN 16 / DIN17 angepasste unverbundene Schrift zu haben, die sich in den Bewegungsablauf der mit der SAS erlernten Handschrift einfügt, und entwickelten dann eine "Normschrift-Ähnliche" unverbundene Variante unter dem Namen Gleichstrich-Kursiv (aus der dann für noch mehr kalligrafische Arbeiten eine mit der Bandzugfeder zu schreibende "Schulschrift-Kursiv" abgeleitet werden konnte)

 

Und damit bin ich jetzt in der Schweiz gelandet:

 

Hier ist man mit der Idee einer Basisschrift lediglich konsequent den weg weiter gegangen, indem man den Zwang des Durchverbindens aufgegeben hat, und die Lernschritte in eine eigentlich logischere Reihenfolge gebracht hat.

 

Auch hier wird das  Lesen erst einmal mit einer klaren schnörkellosen Grotesk-Fibelschrift erlernt, die dann aber für die Erlernung der Handschrift ihre Formen etwas organischer wandelt, und dabei der Gleichstrich-Kurrent  von Trost/Kaestner wirklich verblüffend ähnlich ist. Wobei die kleine Kinderhand dann nach schreiben weniger Buchstaben problemlos in eine neue Position umgesetzt werden kann, wodurch verkrampfte Schreibhaltungen vermieden werden können.

 

Mit fortschreitender Entwicklung der Geschicklichkeit der Kinderhand wird dann im 2. Schritt die Buchstaben mit Ein- und Ausgangsbögen versehen. Zudem sind viele Schriftzeichen so gestaltet, dass sie wahlweise aus einer Girlanden-Bewegung wie auch einer Arkaden-Bewegung sauber geschrieben werden können, und so kann es dem Schüler eben ermöglicht werden, die jeweils angenehmere Schreibbewegung als die dann eigene zu wählen.

 

Aus diesen in der 2. Klasse an die Basisbuchstaben angehängten Ein- und Ausgänge wird dann in der 3. Klasse gezeigt, wie man dort, wo sich innerhalb des Bereichs den die Hand mit ihrer Beweglichkeit leicht abgedeckt wird dann die Buchstaben, bei denen sich diese Ausgänge mit gerader, flüssiger Bewegung in den Eingang des Folgebuchstabens weisen auf das Abheben des Schreibgerätes zu verzichten, und durch Verbindung zu einer ökonomischen Schreibbewegung zu führen.

 

Ziel des ganzen ist als keinesfalls eine Abschaffung der Handschrift, sondern im Gegenteil ein einfacherer Weg zu einer gut lesbaren und logisch aufgebauten, individuellen Handschrift, welche sich dann auch besser an die unterschiedlichen Bewegungspräferenzen eines jeden Schülers anpasst, aber dennoch ein deutlich verwandtes Schriftbild ergibt.

 

Ich persönlich sehr das, nachdem ich mich mit der Sache ausführlich beschäftigt habe, als eine richtige Weiterentwicklung des bisherigen, und keineswegs als radikalen Bruch, und ich finde es schrecklich, was da immer wieder an Halbwahrheiten verbreitet wird, was sich dann eben auch in diversen, gänzlich falsch umgesetzten Formen dieser Grundschrift widerspiegelt.

 

(So, und wieder liegt jetzt bei mir Kleinholz einer zerbrochenen Lanze herum :-) )

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Phoibos

Die Einführung der Schreibschrift (vor ca. 700 Jahren) hatte ökonomische Gründe – eine Fähigkeit zu erwerben, die es erlaubt, die eigenen Gedanken sozusagen in simultaner Geschwindigkeit niederschreiben zu können. Luther wäre ohne sie wesentlich langsamer vorangekommen, genauso wie Michelangelo oder da Vinci (gut, der hat auch gleich noch spiegelverkehrt geschrieben, als Linkshänder …) – und vielleicht hätten sie mit der weniger schnellen, verzögerten Einzelbuchstaben-Setzerei auch den an oder anderen Gedanken verloren … gut vorstellbar.

Die Argumentationskette üben wir noch mal, ok? 

Mal von ein paar Ausnahmen abgesehen denkt jeder schneller als er schreiben kann - um es mal etwas technisch zu formulieren: Denken ist ein massivparalleler Vorgang, Schreiben nur ein serieller. 

Schreibschrift wurde um 1300 eingeführt? Von wem? Wer hatte damals die Autorität und die Ressourcen, in der lateinischen Welt eine Schreibung einzuführen? Ich denke, Du vermengst hier den Siegeszug der Kursivhandschriften (die deutlich älter als 1300 sind, schau mal nach Oxyrhynchos) mit Planschriften des Beschulungsbetriebes.

Da Vinci wäre imo übrigens an der geradezu uniformierten Zucht der Schreibung eingegangen.

Wenn Dich weitere philosophische Erwägungen zur Konditionierung durch Beschulung interessieren, widme Dich doch mal Foucaults Überwachen und Strafen. Da findest Du auch interessante Analysen von Klassenräumen, deren Architektur durch das rechtshändige Schreiben im Gleichschritt bedingt ist...

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