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Postkarten-ABC zum Sammeln oder Verschenken …

PostScript vs. TrueType

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Lars Kähler

Wolfgang Becker, mein Prof für Typo in Stuttgart, hat uns diesen Unterschied deutlich gemacht. Ich kann mich definitiv daran erinnern bzw. habe es in meinem Skript niedergeschrieben, dass TT mit »quadratischen Kurven« arbeitet, PS hingegen mit »Polynomen dritten Grades«.

 

Das ermöglicht in ein und derselben Kurve einen Gegenschwung nur mittels der Anfasser:

 

post-13955-0-50314500-1443669034_thumb.j

 

Hier ist der Wikipedia-Eintrag:

 

https://de.wikipedia.org/wiki/Bézierkurve

 

Das sagt Fontshop zum Thema:

 

http://www.fontshop.de/wissen/wie-sind-die-technischen-unterschiede-zwischen-ttf-und-otf/

 

Und Linotype, etwas gründlicher, aber englisch:

 

http://www.linotype.com/1755/postscriptandtruetype.html

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Phoibos

Spielt die Schönheit der mathematischen Formel eine Rolle in einer Welt, in der sämtliche Ausgabegeräte nicht fähig sind, mit Vektoren umzugehen, sondern alles in Pixeln/Punkten darstellen?

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Sebastian Nagel

Kubische oder Quadratische Kurven (beides sind übrigens Bezier-Kurven, nur unterschiedlicher Ordnung) und deren Effizienz:

Das relativiert sich ein wenig, wenn man  berücksichtigt, dass die quadratischen Kurven nur einem Anfasser-"Hebel" für jeweils zwei Kurven-Punkte braucht, während bei kubischen Kurven zwei getrennte Tangenten im Spiel sind.

 

Oder wie's im Wikipedia-Artikel eh gezeigt wird (Mitte: quadratisch,  rechts: kubisch):

400px-Bezier_grad123.svg.png

 

 

Diese Hilfspunkte müssen aber natürlich genauso gespeichert und verarbeitet werden, d.h. die quadratischen Kurven haben auch wenn sie mehr Punkte brauchen diesbezüglich nicht zwingend einen Nachteil (und ob er signifikant ist, ist nochmal eine andere Frage).

 

Letztlich ist das für die Qualität einer fertigen Schrift nicht relevant – mit beiden Modellen kann man jede benötigte Kurve beliebig genau annähern – der Schriftgestalter muss sich mit dem Werkzeug halt wohlfühlen und Mühe geben, da spielt dann auch viel Gewohnheit mit rein was einem mehr liegt.

Qualitätsunterschiede entstehen immer nur, wenn man von einem Modell ins andere umrechnet, und diese Umrechnung nicht mit genug Mühe gemacht wird*. Bei der Umwandlung von kubisch nach Quadrat muss am Wendepunkt der Kurve ein neuer Punkt gesetzt werden. Beim Umwandeln in die andere Richtung müssen überflüssige Punkte entweder entfernt werden, oder die Tangenten anders berechnet werden (und man hat dann unnötig viele Punkte in der Kurve). Beides geht mit den richtigen Rechenmodellen und genügend Iterationen beliebig genau. Beim Setzen zusätzlicher Punkte kommt noch hinzu, dass die Positionen auf Ganzzahlen gerundet werden ("müssen"), d.h. ein Punkt kann ggf. nicht genau dort platziert werden wo er hingehört, sondern leicht versetzt – dann passt die Kurve nicht ganz genau. Dem kann mit feineren Gestaltungsrastern, wie sie in Truetype ja möglich sind, entgegengewirkt werden.

Das ist halt "damals" massenweise in schlechter Qualität passiert, als man Postscript-Schriften auch in Truetype verkaufen wollte. Aber ein Schriftgestalter der eine neue Schrift mit quadratischen Kurven zeichnet, ist davon aber nicht betroffen, er arbeitet um sowas genauso intuitiv drum rum wie er es beim zeichnen mit kubischen Kurven tun würde.

 

Eine Umwandlung findet auch dann statt, wenn der Drucker-RIP nur mit kubischen Kurven rastern kann, weil es "nur" Postscript kann – in so einem Fall müssen quadratische Kurven erst in kubische gewandelt werden, um dann gerastert zu werden. Auch hier können bei einer schlechten Umwandlung Abweichungen auftauchen.  Rastert das RIP aber auch von quadratischen Kurven weg direkt (Truetype-Fonts sind ja jetzt nicht grade neu) oder gibt er sich mathematisch entsprechende Mühe, gibt es auch dieses Problem nicht.

 

Einen "Meister", der das alles bei einer frisch gezeichneten und nicht x-fach automatisch umgewandelten Schrift in einem Druck "sofort erkennen kann", gibt es vermutlich nicht.

 

 

* Exkurs:  auch z.B. eine echte Kreiskurve lässt sich mit keiner Bezierkurve abbilden, auch das sind immer nur Annäherungen, die aber ausreichend genau sind. Dass ein Kreis mit 4 Eckpunkten mit kubischen Bezierkurven abgebildet werden kann ist also nicht korrekt – er kann nur so ausreichend genau angenähert werden, dass darüber niemand mehr nachdenkt, wenn er in Illustrator einen Kreis zeichnet. Genauso sollte es bei Schriften sein ... über mathematische Näherungen nachzudenken ist müßig, wenn das Ergebnis stimmt.

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Lars Kähler

Ja, danke für die Ausführungen, denen ich natürlich gerne zustimme.

 

Die Iterationen müssen mit einer »hinreichenden Genauigkeit« ausgeführt werden, wie ein Mathematiker es nennen würde, dann kann im RIP das Rasterizing, das Umrechnen der Bildpunkte in die PELs (für Picture ELement des Belichters, |= Pixel) abgebrochen werden. Dann sind ausnahmslos alle benötigten Bildpunkte in der geforderten Auflösung errechnet und es kommt zu keinem irgendwie aus den Eigenartigkeiten der Kurven daher webenden informationsverlusten.

 

Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass man überhaupt keine konvertierten Schriften einsetzen sollte, sondern ausschließlich die unkonvertierten, am besten mit händisch gesetzten Stützpunkten versehenen Originale.

 

Klar, ich weiß auch noch, wie ich in meinem Studentenzimmer in Stuttgart stand und die frisch aus Berlin von meinem Onkel eingetroffene CorelDRAW! 3.0 CD mit den 300 Bitstream TrueType Schriften in der Hand hielt.

 

Die Futura hieß »Fujijama«, har har … Ich habe mir sogar die Mühe gemacht, die Schriften alle umzubenennen, damit sie in den Menüs der Anwendungen mit ihrem richtigen Namen erschienen.

 

Andererseits ein irgendwie komisches Gefühl: Es war nur wenige Jahre her, dass ich an den Sun-Workstations von Berthold gearbeitet hatte, wo die Schriften allesamt meinem Chef gehörten und ich natürlich zu Hause keine einzige besaß. Wir hatten Schriften im Wert von 250.000 DM.

 

Wenn sich hier im Forum wieder einmal ein Newbie mit der sanften Anfrage »Helvetica für umme, aber dalli!» meldet, sei ihm gesagt, dass »’ne Mängge« Aaaabeid drin steckt. Dennoch sei sein Wunsch unser Befehl, und so könnten wir ihm ja die Swiss oder Zurich empfehlen.

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