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Schrift- und Präsentationsregeln: Wahrheit oder Mythos?

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Ein_Holger

Hallo,

als Lehrer vergibt man ja gern auch mal ein Referätchen an (meist) Unwillige.

Und dann muss man es bewerten.

Neben dem Inhalt und der individuellen Präsentationsweise ist es oft auch üblich, die gestalterische Form der Präsentation zu bewerten.

Die Schülerlein lernen z.B. in EDV-Unterricht Regeln einer guten Präsentation.

Sie bekommen das zumeist von Selfmade-LehrerInnen beigebracht, deren eigene Folien aussehen wie *mpfggrmüll*, aber wir Lehrer können ja immer sagen: "der Wegweiser geht ja schleißlich auch nicht den Weg, den er weist!"

Bei kritischer Betrachtung wirken auf mich nun aber 80% aller Gestaltungsregeln willkürlich und ich finde es unmöglich, auf dieser Basis womöglich eine Note schlechter zu vergeben mit dem Argument: Schriftart und -größe passten leider nicht zur Aussage - o.ä.

Daher folgende Fragen dazu:

Sind eigentlich, insbesondere was die Wahl der Schriften und die Größe betrifft, solche Regeln wissenschaftlich/typographisch haltbar?

Ist es z.B. empirisch exakt untersucht, dass Serifen bei langen Fließtexten dem Auge "helfen", serifenlose Fonts dagegen nicht.

Wird eine Aussage wirklich "falsch(er)", wenn sie typografisch nicht zutreffend unterstützt wurde?

Gibt es nicht nur Regeln aus dem Bauchgefühl und dem Handbuch "So präsentiert die gute Bürokauffrau fehlerfrei" vom ichwillgeld.machen-Verlag, sondern auch wissenschaftlich untersetzte und überprüfte Gestaltungsregeln, besonders, was die Schriften betrifft?

Das eine zu kleine Schrift aus 30 Metern nicht lesbar ist, erkennt mit Sicherheit nicht nur schon ein Grundschüler, sondern evtl. sogar mein Hund.

Aber darüber hinaus: was kann man denn zum Schriften-Einsatz in Präsentationen fundiert und wissenschaftlich belegt sagen?

Sind diese ganzen "Goldenen Präsentationsregeln" alles Mythen von Leuten, die einfach mal nach der 50. eigenen Präsentation meinen, so sei es gut und so nicht - oder existiert da doch ein fundierter (z.B. kognitionspsycho-/physiologischer u.ä.) Hintergrund?

Gespannt auf Eure Anmerkungen ist

Holger

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Ein_Holger

Nicht meiner, sondern eher der überwiegend genannten, aber nie begründeten Meinung nach lauten solche Regeln z.B.:

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Die Schriftgröße sollte 20 Punkt möglichst nicht unterschreiten, damit es bei der

Projektion lesbar bleibt. 16 Punkt ist absolute Untergrenze.

Bildschirm und insbesondere Projektion sind nicht so hochauflösend und klar wie gedruckter Text. Daher sollte die Schrift möglichst klar sein und keine Verzierungen enthalten, die die Lesbarkeit stören. Verwenden Sie daher serifenlose Schrifttypen (d.h. Schrifttypen ohne die kleinen Häcken und Verzierungen an den Buchstabenenden)

keine Unterstreichungen

keine Schattierung

kursiv nicht gleichzeitig mit Fettdruck verwenden

Verwenden Sie visuelle Kennzeichen und räumliche Anordnung des Textes zur Veranschaulichung der inhaltlichen Struktur, z.B.:

Ballpoints (Können sich auch in Form und Farbe unterscheiden)

Freizeilen und Zeilenabstand

Es sollte keine visuellen Unterschiede in der Textdarbietung geben, die nicht inhaltlich gerechtfertigt sind, d.h. wenn beispielsweise eine Textzeile tiefer eingerückt ist als eine andere, so sollte sie auch inhaltlich eine andere andere Beschreibungsebene wiedergeben.

Wichtiges kann man visuell hervorheben, z.B. durch Fettdruck, kursive oder g e s p e r r t e Schrift, Kapitälchen oder Großbuchstaben. Es sollten nur einzelne Worte so hervorgehoben werden, da sich die Lesbarkeit z.T. herabsetzt.

Um Folientitel von Oberpunkten und diese wiederum von Unterpunkten abzusetzen, kann und sollte man mehrere Merkmale kombinieren, z.B. große Schriftgröße und Fett versus normale Schriftgröße und eingerückt. Man sollte aber nicht mehr als 3 bis höchstens 4 so erstellter Schriften nutzen.

(http://www.tu-chemnitz.de/phil/ebbw/mam ... altung.pdf)

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6.3.2 Gestaltungsregeln bei Verwendung von Farben bei Schriften

Fernwirkung und Nahwirkung gelten für verschiedene Arten von Informationen. Fernwirkung ist wichtig für Informationen, deren Bedeutung bekannt ist (z.B. Verkehrszeichen). Fernwirkung spielt keine Rolle bei längeren Texten mit unbekannten Informationen. Sie müssen immer aus der Nähe gelesen werden. Dabei wirken Farben störend.

Fernwirkung

Schwarze Schrift auf gelbem Grund hat die beste Fernwirkung. Es gelten folgende Gestaltungsregeln für die optimale Fernwirkung eines Zeichens:

* Die Farben des Zeichens müssen in maximalem Kontrast zur Umgebung stehen.

* Sie müssen zueinander in maximalem Hell-Dunkel-Kontrast stehen.

* Die hellere Farbe sollte als Grundfarbe verwendet werden.

* Bunte Farben sollten mit unbunten Farben kombiniert werden.

Gelb hat die beste Fernwirkung, weil es sich tags und nachts deutlich vom Himmel abhebt. Die optimale Farbgebung für Verkehrsschilder ist also schwarze Schrift auf gelbem Grund.

Auf einem dunklen Untergrund ist eine weiße Schrift optimal. Auf einem hellen Untergrund wirkt schwarze Schrift am besten. Zwei bunte Farben konkurrieren miteinander, die Schrift beginnt zu flimmern. Besonders ungünstig sind Farbkombinationen wie Rot-Gelb. Wenn beide Farben gleich intensiv sind, wird die Lesbarkeit stark beeinträchtigt.

Auf rosarotem Grund ist schwarze Schrift viel besser lesbar als eine Schrift in nur wenig hellerem Violett. Auf blauem Grund wirkt ein weißes Zeichen viel klarer als ein gelbes.

Es ist falsch, die Regeln für eine optimale Fernwirkung als Regeln einer optimalen allgemeinen Wirkung zu sehen. Fernwirkung und Nahwirkung haben unterschiedliche Gesetzmäßigkeiten, weil unterschiedliche Informationen übermittelt werden. Informationen, die schon von weitem erkannt werden sollen, müssen kurz sein und aus bekannten Zeichen bestehen, für deren Entschlüsselung ein Blick genügt. Texte, die aus der Nähe gelesen werden, sind meist längere Texte mit neuen Informationen.

Nahwirkung

Wenn Schwarz und Weiß funktional zusammengehören - wie beispielsweise Druckerschwärze und Papier -, dann bekommt das sonst eher negative Schwarz einen neuen Wert. Schwarz-Weiß ist die Farbkombination, die wir mit Eindeutigkeit, sogar mit Wahrheit verbinden.

Was man „Schwarz auf Weiß besitzt“ erscheint verbindlicher und bedeutender als Dahingesagtes. „Da steht es Schwarz auf Weiß“ ist ein viel gebrauchtes Argument, um der eigenen Meinung durch eine vervielfältigte Meinung Gewicht zu verleihen. Und weil es keine Steigerung der Wahrheit gibt, wirken farbig gedruckte Texte unseriös, haftet ihnen der Ruch der Reklame an. Wer rote Zahlen schreibt, macht Verlust, wer schwarze Zahlen schreibt, macht Gewinn.

Eine Fotografie in Schwarz-Weiß scheint höheren dokumentarischen Wert zu besitzen und wichtiger zu sein als ein buntes Foto. Schwarz und Weiß sind die Farben objektiver Tatsachen.

Helligkeitskontrast von Schrift und Untergrund

Je geringer der Helligkeitskontrast von Schrift und Untergrund, desto geringer die Lesbarkeit. Viele glauben, rote Schrift hätte einen besonders hohen Aufmerksamkeitswert, tatsächlich aber wird rote Schrift weniger gelesen als schwarze Schrift (auf weißem Hintergrund).

Je farbiger ein Text, desto schwieriger ist er zu lesen, desto unwichtiger erscheint die Information. Wenn ein Text längere Aufmerksamkeit erfordert, sind alle Farbkontraste störend, weil sie das Auge irritieren. In direkter Nähe wirken alle Farben stärker. Was in der Ferne angenehm wirkt, ist nah unangenehm grell.

Kreativer Einsatz von Farben

Auf Farbe kann man verzichten, wenn die Farbe normal ist, wie beispielsweise ein rotes Herz. Eine untypische Farbe kann mehr Interesse wecken. Ein grünes oder graues Herz signalisiert neue Informationen. Rote Lippen wirken nicht mehr als Signal, sondern nur banal. Ein grüner Mund dagegen wirkt so überraschend, dass man unwillkürlich hinsieht.

(http://www.teialehrbuch.de/Kostenlose-K ... iften.html)

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Klingt ja alles gut, aber ist das wissenschaftlich belegt oder entspricht das individuellen Wertschätzungen?

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Gast

Für manche der Regeln gibt es handfeste physiologische Gründe, die mit den Besonderheiten optischer Reizverarbeitung in menschlichen Augen und Gehirnen zusammenhängen. Das betrifft Kontraste, Farbkombinationen, das Auflösungsvermögen, Blickwinkel, Augenbewegungen und natürlich auch Sehgewohnheiten.

Aber zur Sicherheit -besonders für benotende Pädagogen, die keine Biologen sind- gibt es immer eine DIN oder mindestens einen ministerialen Erlass, auf den man sich berufend zurückziehen kann.

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RobertMichael

machbar ist was lesbar ist. auch noch in der 10. reihe.

einige dinge sind sicher veraltet oder unütze regeln, vieles ist aber logisch.

notfalls einfach mal selbst austesten.

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Ein_Holger
Aber zur Sicherheit -besonders für benotende Pädagogen, die keine Biologen sind- gibt es immer eine DIN oder mindestens einen ministerialen Erlass, auf den man sich berufend zurückziehen kann.

... auch wenn der nicht begründet ist...?

Danke für die Antworten!

Holger

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Ein_Holger

Stimmt denn eigentlich die weit verbreitete Annahme, Serifen würden "dem Auge helfen", lange Fließtexte zu verfolgen, dagegen seien serifenlose Schriften gut für knappe Aussagen auf Folien?

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Pachulke
Stimmt denn eigentlich die weit verbreitete Annahme, Serifen würden "dem Auge helfen", lange Fließtexte zu verfolgen, dagegen seien serifenlose Schriften gut für knappe Aussagen auf Folien?

Wenn Du auf einer Antwort bestehst, kannst Du hier einen Forenkrieg auslösen. Zumindest eine passable Saalschlacht. Ich stimme für »ja« (also was die Serifen angeht, nicht die Saalschlacht).

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RobertMichael

ich weiss nicht ob serifen jetzt dem auge helfen oder sonstwas machen,

ich finde allerdings für längere texte serifenschriften angebrachter.

fast jede tageszeitung nutzt serifenschriften für den werksatz.

hmm. gibts eigentlich tageszeitungen die auf serifenlose schriften setzen?

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Psocopterus

Zwei Anmerkung zu Serifen:

Ich finde Serifen in längeren Sachtexten gut, lesbar, seriös, benutze sie immer. Auch für Überschriften »meiner« wissenschaftlichen Bücher setze ich seit etwa zwei Jahren nur noch Serifenschriften ein. Größer und fett reicht als Auszeichnung völlig aus, da muss ich nicht auch noch die Schriftart wechseln.

In der speziellen Umgebung einer Beamer-Präsentation sind Serifenschrfiften weniger populär, ich denke zu unrecht. Robuste Serifenschriften, etwa solche aus dem Zeitungssatz, die auf schlechtes Papier, billigen Druck und kleine Größen optimiert sind, funktionieren auch in geringer Auflösung und auf Rauhfasertapete ganz gut. Zur Zeit nehme meist die Charis von SIL, die auf der Charter von Mathew Carter aufbaut.

Gruß, Georg

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CRudolph
Stimmt denn eigentlich die weit verbreitete Annahme, Serifen würden "dem Auge helfen", lange Fließtexte zu verfolgen, dagegen seien serifenlose Schriften gut für knappe Aussagen auf Folien?

:huhu: Achtung, Norbert, nicht hinsehen, hier kommt wieder Herr Turtschi! :biglove:

Der hat dazu nämlich mal einen (wie ich persönlich finde) recht guten Artikel geschrieben (»Die Mär von der Lesbarkeit«), den man u.a. auch in Ralfs Buch »Index Schrift« lesen kann, wenn ich mich nicht sehr irre. Kurz gesagt hält er von der Verallgemeinerung nichts; es gibt schlecht lesbare Serifenschriften und gut lesbare Serifenlose. Ob bei entsprechender Gewöhnung die Serifenschriften wirklich besser sind weiß man eben nicht. Ich persönlich schließe mich der Mehrheit hier an, viele Fachzeitungen setzen in Serifenlosen und ich mag das nicht gerne lesen; die Zeitschriften, die in Serifenschriften setzen, lese ich eindeutig lieber. Da spielt allerdings mit Sicherheit die Gewohnheit (die angesprochenen Tageszeitungen etc.) eine große Rolle.

Aber ich finde auch, daß allein die Fragestellung schon einen Schritt zu detailliert ist. Viele Präsentationen sind vorallem durch schlechte Aufbereitung der Inhalte schlecht, da sind schlechte Typografie und Layout noch nicht mal das größte Problem. Wenn man erstmal überhaupt geklärt hat, wie man präsentieren möchte, dann ergibt sich meist für das Layout beinahe ganz von Selbst eine Lösung, die dann auch adäquat ist (feilen kann man natürlich immer).

Ich persönlich verfolge ja (wie so viele) seit einiger Zeit den Blog von Garr Reynolds und ich kann mit seiner Herangehensweise sehr viel anfangen. Hier gibts auch gleich eine fast 90 minütige Präsentation über Präsentationen:

Sicherlich sehenswert wenn vielleicht auch nicht jedermanns Sache. Wem es gefällt kann auch mal sein Buch (»Presentation Zen«) ansehen; mir persönlich hat es viel gebracht.

Wie auch immer, er erzieht zur Reduktion, weg mit unwichtigen Inhalten, nur die wichtigen Inhalte werden dargestellt, Texte werden, wenn möglich, vermieden. Sobald man da einmal angekommen ist erübrigen sich ganz viele Fragen z.B. zur Schriftgröße, weil kleine Schrift auf viel leerer Fläche plötzlich ganz merkwürdig aussieht. Da macht man es ganz automatisch größer.

Genau da muß man doch erstmal ansetzen, wenn man zu guten Präsentationen erziehen möchte. Und in seinem Vortrag sagt er ziemlich treffend, daß insbesondere Hochschullehrer schlechte Präsentationen erstellen (in den Naturwissenschaften ist das oftmals ganz schlimm!) und daß eben alle von genau diesen schlechten Vorbildern lernen. Da ist schon viel Wahres dran! :twisted:

Grüße,

Christian

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