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Die Schriftmuster der Welt in einer Datenbank …

«Fonts of Freedom»-Kampagne

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Þorsten

Schöne Idee, wenn auch nur ein symbolischer Tropfen auf den heißen Stein, den wir eigentlich alle in der Pflicht stehen, täglich mit Badewannen kalten Wassers zu kühlen. Mit anderen Worten: wir tun da alle viel zu wenig.

 

Eine Anekdote aus der gerade vergangenen Weihnachtszeit …

 

Meine Schwiegereltern besuchten in dem ungarischen Dorf, in dem sie vor 35 Jahren gelebt hatten, ein befreundetes Ehepaar. So wie sie das jedes Mal machen, wenn sie in Ungarn sind, also ein paar Mal pro Jahr. Letztes Mal bat die Freundin meine Schwiegereltern unter Tränen, das Abo der Satirezeitschrift, das die (nun) Deutschen den Ungarn geschenkt hatten, doch bitte abzubestellen. Die Postbotin hatte nämlich (unter Verletzung des Postgeheimnisses, das in einer Diktatur natürlich ein Witz ist) im Dorf herum erzählt, wer da diese regimekritische Satirezeitschrift (die etwa die Rolle einnimmt wie der Eulenspiegel in der DDR; in Ländern mit freier Presse gibt es logischerweise kein Äquivalent) abonniert hatte. Und nun wurde das bis dahin beliebte Rentnerpaar deswegen auf eine Art und Weise gemobbt, die eine weitere Lektüre zu gefährlich erschienen ließ. So schlimm war die DDR nie. Lasst euch das mal auf der Zunge zergehen! In dieser Beziehung (klar, es gibt viele andere Aspekte: Ungarn haben immer noch Reisefreiheit, es gibt keine Stasi etc. etc. etc.) ist das Leben in einem EU-Mitglied 2019 restriktiver, unfreier als in der DDR seit spätestens den 70er Jahren.

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pürsti

Find die Aktion auch sympathisch und mag sie auch nicht madig machen.

Aber Hausschriften “rekonstruieren" und zum download anbieten, ist das denn rechtlich sauber?

Steckt ja auch eine Kreativleistung eines Schriftentwerfers dahinter, die gekapert wird.

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Þorsten

Ach, und schon wieder so ein blöder Meta-Angriff! Ich habe doch explizit dazu geschrieben, dass es um diesen einen Aspekt ging, etwas, das ohnehin aus dem Kontext klar sein sollte.

 

Wenn du andere Erfahrungen zu diesem konkreten Punkt hast, teile sie doch! Wurden DDR-Bürger gemobbt, wenn sie den Eulenspiegel abonniert hatten? Nicht von irgendwelchen staatlichen Stellen, sondern einfach von ihren Nachbarn?

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Callelulli

Ich halte Deinen Vergleich mit der DDR für unpassend. Mir ist klar, Du möchtest damit unterstreichen, wie schlimm Du die Situation in Ungarn findest, wie sprachlos sie Dich macht. Das hättest Du auch ohne den Vergleich machen können. Schlimm ist schlimm. Es ist gar nicht notwendig, einen Vergleich zu anderen schlimmen Situationen herzustellen. Wie würdest Du es denn auch messen wollen, was nun schlimmer oder weniger schlimm war?

Meine Großeltern und meine Mutter sind wegen dieser Bespitzelung und Denunziation - ja, auch von den Nachbarn - aus ihrer Heimat geflohen. Sie haben alles zurückgelassen, mußten die Kontakte zur Familie abbrechen und wieder bei Null anfangen. Zugegeben: das war Ende der 50er. Aber auch später (ab den 70ern) war der Kontakt zur Familie massiv eingeschränkt. Das betrifft ausdrücklich auch die Briefe und Päckchen. Wir haben es von vornherein vermieden, problematische Dinge zu schicken. Zu einigen Familienmitgliedern hatten wir keinen Kontakt, um sie nicht zu gefährden. Ich weiß, wie schlimm das meine Großeltern empfanden und wie schlimm es die Familie in der DDR empfand.

Ich mag die Situationen nicht gegeneinander aufwiegen. Danke, daß Du mir die Situation in Ungarn so deutlich vor Augen führst. Das wußte ich nicht, und ich finde es erschreckend. Aber bitte relativiere nicht die Situation meiner Großeltern und meiner Mutter. Danke.

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  • 2 Wochen später...
Þorsten

So, nach außergewöhnlich hektischen Tagen endlich Zeit zur Antwort, die ich zu diesem Thema nicht so mal eben aus dem Ärmel schütteln wollte. Danke für deinen Beitrag, Callelulli, denn er bringt uns dem Ziel näher, die Verbrechen und Vergehen in autoritären Regimes und »echten« Diktaturen nicht zu ignorieren. Allerdings bereiten mir einige deiner Argumente doch Bauchschmerzen.

Am 1.3.2019 um 05:04 schrieb Callelulli:

Schlimm ist schlimm.

Meinst du das wirklich? Je nachdem, welche Medien wir konsumieren, lesen, hören und/oder sehen wir jeden Tag etwas über schlimme Ereignisse. Niemand hat die Kraft oder Aufmerksamkeit, sich auch nur einen nennenswerten Bruchteil aller schlimmen Ereignissen zu widmen.

 

Am 1.3.2019 um 05:04 schrieb Callelulli:

Das hättest Du auch ohne den Vergleich machen können.

Nicht so prägnant. Nicht so effektiv. Zumindest nicht so einfach. Demokratie wird heute jeden Tag zig mal angegriffen, auch bei uns. Sich dann auch noch um jedes Problem im Ausland zu kümmern schafft niemand. Und schon gar nicht, die Schwere einzuschätzen. In der weltweiten Entdemokratisierung, Entliberalisierung geht so viel unter. Dagegen können Vergleiche helfen. Und genau deswegen behaupten antidemokratische Populisten auch so vehement, dass solche Vergleiche illegitim seien – eben weil sie wirken.¹ Populisten verfolgen mit der Stigmatisierung von Vergleichen zwei Ziele: sie wollen ihre Kritiker diskreditieren und die Anschuldigung entkräften, ohne dafür Argumente bringen und konkret über die Unterschiede zwischen ihnen und dem im Vergleich benutzten, weit geächteten Regime diskutieren zu müssen.² Nimmt ein Kritiker der israelischen Politik in Bezug auf die Palästinenser mal das A-Word in den Mund, ist es für die Verteidiger dieser Politik sehr viel einfacher, den Kritiker als Benutzer eines angeblich illegitimen und beleidigenden Vergleichs zu diskreditieren als darüber zu streiten, in welchen Aspekten sich die Situation der Palästinenser von denen schwarzer Südafrikaner während der Apartheid konkret unterscheidet – und in welchen vielleicht nicht.

 

Und mit dem Protest gegen Vergleiche wird regelmäßig auch ein Strohmann attackiert. Natürlich hat Jimmy Carter nie geglaubt und nie angedeutet, die Palästinensergebiete seien in Gefahr, bei einer Fortsetzung des israelischen Politik genau so zu werden wie das Apartheid-Südafrika. Das wäre auch absurd. (Zwei Situationen sind praktisch nie genau gleich.) Aber genau das wird mit der Attacke gegen Vergleiche immer suggeriert: VergleichGleichsetzung. Und Relativierung und damit Verharmlosung des zum Vergleich heran gezogenen, in vielerlei Aspekten natürlich schlimmeren Regimes. Und dieser Vorwurf – Gleichsetzung, Relativierung, Verharmlosung – wird sogar dann gemacht, wenn der Kritiker explizit klar gemacht hat, dass er die beiden Systeme eben nicht pauschal vergleicht, sondern in einem bestimmten Aspekt (so wie ich das eben auch gemacht habe). Das zeigt mir, wie unredlich die populistischen Apologeten³ i.a.R. argumentieren. Ich finde es schade, wenn Menschen versehentlich in solche Argumentationsmuster fallen.

Am 1.3.2019 um 05:04 schrieb Callelulli:

Aber bitte relativiere nicht die Situation meiner Großeltern und meiner Mutter.

Das Andenken der Opfer fehlt dann auch selten im Argument gegen Vergleiche. Wer vergleicht, beleidigt die Opfer (des unterm Strich schlimmeren Regimes). Aber auch dieses Argument wird von populistischer Seite⁴ i.a.R. unredlich verwendet. Zum einen ist es nun nicht so, dass die angeblichen Verteidiger der Würde der Opfer besonders  viel konkretes für die Opfer tun würden. Da gibt es leider sehr, sehr viele Beispiele, von Opfern der DDR-Diktatur in Deutschland bis zu Holocaustopfern in Israel. Zum anderen sehen das viele Opfer selbst ganz anders. Ich habe noch nie von einem südafrikanischen Apartheidopfer gehört, der sich von Apartheid-Vergleichen mit Israel/Palästina persönlich beleidigt gefühlt hätte.

 

Ich kannte einen Holocaust-Überlebenden (der erst den staatlichen Antisemitismus Polens und dann sechs deutsche KZs durchleben musste) sehr gut, der sich jahrzehntelang für Opfer (neuerer) Diskriminierung eingesetzt hat und dabei nie vor Vergleichen mit seinen eigenen Erlebnissen zurück scheute. Er sah das genau umgekehrt als die Vergleichs-Stigmatisierer und meinte, dass es eben falsch und gefährlich sei, den Holocaust auf ein Podest zu stellen, weil man so nicht daraus lernen und zukünftige Verbrechen auch nicht verhindern könne. Und diese Haltung teilen nach meinen Erfahrungen viele, die Unrecht selbst erfahren haben.

 

Ihre Kinder sehen das dann aber oft ganz anders. Das war bei den Kindern meines Freundes auch so; die wollten ihren Vater und seine Erfahrungen auch auf ein Podest stellen, das nichts mit unserer Zeit zu tun hatte – denn wie kann man denn in einer Welt überleben, in der so etwas noch mal passieren könnte und man aktiv daran arbeiten muss, das zu verhindern! Und vor diesem Hintergrund verstehe ich auch, wie typisch deine Reaktion auf meinen Beitrag für einen Vertreter der Kindergeneration von Opfern ist. Ich habe in der DDR übrigens noch bewusst gelebt, auch noch als (ganz junger) Erwachsener.⁵

 

Zu guter Letzt gibt es Menschen, die ja tatsächlich bewusst versuchen, Verbrechen unglaublichen Ausmaßes zu relativieren, verharmlosen, minimieren – und z.B. aus dem Holocaust mal eben einen »Vogelschiss« machen. Auch vor diesem Hintergrund sollte man es sich vielleicht zweimal überlegen, ob man diesen Vorwurf Menschen machen möchte, die explizit und aus dem Kontext ersichtlich keine solche Absicht verfolgen.

 

 

__________

1. Dass wir hier weiter diskutieren, scheint mein Argument zu stützen. Hätte ich nur geschrieben »ist ja (auch) schlimm«, hätte es vielleicht ein paar Likes gegeben und das wär’s dann gewesen.

2. Ich denke keine Sekunde, dass du aus dieser Motivation gegen Ungarn-DDR-Vergleiche bist.

3. zu denen du, wie gesagt, nicht gehörst!

4. also auch hier: nicht von dir (zumindest nicht absichtlich)

5. Ich habe auch Verwandte, die sich über Nacht und aus heutiger Sicht völlig unschuldig in Waldheim und Bautzen wiedergefunden haben. Ich hatte und habe Freunde aus meiner Generation, die (ebenso unschuldig) in wenigen Wochen in Schwedt so gefoltert wurden, dass sie bis heute gebrochene Menschen sind; die als Mädchen in schwierigen Familienverhältnissen von alten Stasimännern vergewaltigt, gebrochen und dann entweder »angeworben« oder in Uchstspringe gefoltert wurden. Das hatte für mich und meine Freunde eine ganz andere Relevanz als für dich. Über uns schwebte das Damoklesschwert von Schwedt, Bautzen, Uchtspringe nämlich ständig, bei fast allem, was wir getan haben. Hätten wir einem Mächtigen missfallen, hätten wir uns dort wiederfinden können, und kein Widerspruch und kein Gericht hätten geholfen. Einigen Freunden ist das ja auch passiert. Ich habe das jetzt mal in eine Fußnote ausgelagert, weil mein Argument durch diese persönlichen Erfahrungen nicht richtiger wird. Ich hoffe nur, dass du dir in Zukunft vielleicht ein bisschen besser überlegst, wem du eine Relativierung der DDR-Diktatur vorwirfst.

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Microboy
Am 28.2.2019 um 14:16 schrieb Þorsten:

Ach, und schon wieder so ein blöder Meta-Angriff! Ich habe doch explizit dazu geschrieben, dass es um diesen einen Aspekt ging, etwas, das ohnehin aus dem Kontext klar sein sollte.

 

Wenn du andere Erfahrungen zu diesem konkreten Punkt hast, teile sie doch! Wurden DDR-Bürger gemobbt, wenn sie den Eulenspiegel abonniert hatten? Nicht von irgendwelchen staatlichen Stellen, sondern einfach von ihren Nachbarn?

Ich wüsste nicht wo in meinem »Hinweis« ein »Meta-Angriff« steckt und weshalb dieser »blöd« ist. Ich habe lediglich gesagt, dass man mit einem solchen Vergleich vorsichtig sein sollte - weil er meiner Meinung nach sehr undifferenziert ist.

 

Es gibt sicher tausende »ähnliche« Fälle in denen die DDR schlimmer war als in dem von dir gebrachten Beispiel in Ungarn. Das muss ich auch nicht durch konkrete private Erfahrungen untermauern - es gibt genügend fundierte Dokumentationen zu diesem Themenkomplex.

 

Repressalien nur auf staatliche Organe zu reduzieren scheint mir dazu ziemlich naiv. Es gab einen großen Teil der Bevölkerung, der die Regierung unkritisch gesehen hat und Menschen wegen anderer Ansichten ausgrenzte. Das fing schon in der Schule an ...

 

 

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Microboy
Am 9.3.2019 um 19:57 schrieb Þorsten:

Dagegen können Vergleiche helfen. Und genau deswegen behaupten antidemokratische Populisten auch so vehement, dass solche Vergleiche illegitim seien – eben weil sie wirken.

Ist das dein Ernst? Du stellst die Kritik an deinem Vergleich mit der Kritik von antidemokratischen Populisten auf eine Stufe und tust sie damit ab? Das macht dann in der Tat jede weitere Diskussion überflüssig.

 

:blabla:

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Microboy
vor 46 Minuten schrieb Phoibos:

Und so wird eine Analyse zur self-fulfilling prophecy...

Die Frage ist doch ob die Analyse im konkreten Fall relevant bzw. hilfreich war? Der Bezug zu antidemokratischen Populisten, Holocaust-Leugnern und ähnlichen Leuten dient meiner Meinung nach nur dazu, die Kritik an der eigenen Äußerung zu diskreditieren. In deinem Fall hat das anscheinend auch funktioniert.

 

:neenee:

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Microboy

Ich bin aber nach wie vor der Meinung, dass der »DDR-Vergleich« unglücklich und unnötig war. Da mir aber die Zeit fehlt das Thema weiter zu diskutieren, und ich eh kein sonderlich guter Foren-Diskutierer bin, klinke ich mich besser aus. 

 

:huhu:

  • traurig 1
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Gast Schnitzel
vor 29 Minuten schrieb Microboy:

... unnötig war ...

Allem voran, weil es hier um Typografie geht* ;-)

 

Zum eigentlichen Thema:

Als Typo-Nerd ist die Aktion vielleicht ganz spannend und grundsätzlich ist jede Aktion, die auf derartige ›Missstände‹ aufmerksam macht nötig und gut. Ob es aber so erfolgreich und wellenschlagend ist, wie es sein könnte oder sollte :-?

Alleine die Schriften irgendwo zu verwenden bringt ja erstmal gar nix – ich muss also nochmal extra auf die Aktion und das Thema hinweisen. Somit ist der Hinweis auf das eigentliche Thema sehr, sehr indirekt und unterwegs hat doch der Rezipient schon gar keine Lust mehr mir zu folgen. Schrift –> Aktion –> Zeitungen –> Thema Pressefreiheit; warum nicht gleich direkt? Mir scheint das mehr oder weniger ein Showcase für die Agenturen zu sein ...

 

* Wobei meine Sichtweise weitestgehend mit Þorstens übereinstimmt

 

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Þorsten

 

vor 3 Stunden schrieb Microboy:

Ich habe lediglich gesagt, dass man mit einem solchen Vergleich vorsichtig sein sollte - weil er meiner Meinung nach sehr undifferenziert ist.

Dann sehe ich eigentlich nicht, was uns jetzt fundamental trennt. :-? Dass man solche Vergleiche nicht ohne Kontext und generell undifferenziert machen sollte (bzw. das Stolperfallen birgt), sehe ich genau so. Deswegen habe ich ja mit Kontext und explizit differenziert. Die Frage, die ich vielleicht anders beantworten würde als du, ist, ob Vergleiche überhaupt legitim sind.

 

vor 3 Stunden schrieb Microboy:

Du stellst die Kritik an deinem Vergleich mit der Kritik von antidemokratischen Populisten auf eine Stufe und tust sie damit ab?

Ich muss mich hier dem Urteil der werten Mitleserschaft unterwerfen; ich denke jedenfalls, dass ich das auch nicht ansatzweise gemacht habe. (Fettung im Zitat von mir) Ich hoffe, dass du meine Fußnoten oben mitgelesen hast.

 

Und ich möchte auch keine Kritik pauschal »abtun« (siehe meine explizit geäußerte Dankbarkeit über Callelulluis Beitrag, der zu mehr Diskussion über alle Regime führen kann), sondern lediglich auf den leider sehr effektiven Trick hinweisen, den Autokraten und andere Populisten benutzen, um legitime Kritik mit vorgeschobenen Respekt-vor-den-Opfern-Argumenten zu tabuisieren. Das funktioniert oft so gut, dass mittlerweile auch Menschen aus ganz anderen Motiven so argumentieren. Ich halte das für schädlich, weil so niemandem geholfen wird, weder den Opfern von damals noch den heute diskriminierten Menschen.

 

Denn nähmen wir mal an, das Argument stimmte: jeder auch noch so differenzierende Vergleich zwischen Unrecht heute und schlimmerem Unrecht gestern könnte das Andenken an die Opfer von gestern in irgendeiner Weise potentiell schmälern. Was ist Andenken wert, wenn wir nicht daraus lernen können? Wie können wir daraus lernen, wenn wir das Gestrige nicht zum Heutigen in Beziehung setzen können?

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Þorsten
vor 2 Stunden schrieb Schnitzel:

Als Typo-Nerd ist die Aktion vielleicht ganz spannend und grundsätzlich ist jede Aktion, die auf derartige ›Missstände‹ aufmerksam macht nötig und gut. Ob es aber so erfolgreich und wellenschlagend ist, wie es sein könnte oder sollte :-?

Alleine die Schriften irgendwo zu verwenden bringt ja erstmal gar nix – ich muss also nochmal extra auf die Aktion und das Thema hinweisen. Somit ist der Hinweis auf das eigentliche Thema sehr, sehr indirekt und unterwegs hat doch der Rezipient schon gar keine Lust mehr mir zu folgen. Schrift –> Aktion –> Zeitungen –> Thema Pressefreiheit; warum nicht gleich direkt? Mir scheint das mehr oder weniger ein Showcase für die Agenturen zu sein ...

Ich sehe das ganz ähnlich. Besonders hat mich dabei gestört, dass beiden ungarischen Schriften einige der ungarischen Diakritika fehlen, sodass man die Schriften jetzt gar nicht für, sagen wir mal, oppositionelle Poster verwenden könnte.

 

Falls diese Bugs aber noch behoben werden sollten, könnte ich mir schon sinnvolle Anwendungen vorstellen. (Ich beziehe das jetzt mal nur auf die Situation in Ungarn, dem einzigen der behandelten Länder, mit dem ich mich so ein ganz wenig auskenne.) Da gibt es genug Menschen, die solche subtilen Anspielungen auch verstehen würden, gerade im richtigen Kontext (und da würde man die Schriften wohl im Zusammenhang mit Pressefreiheit einsetzen). Das Interessante (Perverse?) an Ländern mit sehr stark eingeschränkter Pressefreiheit ist ja, dass Kritik viel subtiler vorgetragen werden muss und die Leser auch viel mehr zwischen den Zeilen lesen müssen. Ich fände es ja hochspannend (und effektiv), wenn ein bei einem gleichgeschalteten Medium angestellter kritischer Journalist irgendeiner Propagandaaussage der Regierung ins Gegenteil verkehren würde, indem er sie in der Schrift einer verbotenen Zeitung setzt.

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D2C

»Gemeinsam mit Typografen haben wir die Schriften verbotener Tageszeitungen nachgebaut. Mit diesen Schriften wollen wir symbolisch ein Zeichen setzen. Denn die Wahrheit lässt sich nicht zensieren.«

Die (anscheinend nirgends namentlich genannten) Typografen sind übrigens Ralph du Carrois und Anja Meiners und die Schriften auch unter ihrem B-Box-Type-Label erhältlich.

https://bboxtype.com/typefaces/FFF_Guendem/#!layout=specimen

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Þorsten

Ah, danke für die Info. Die hatten ja auch schon meinen Bug-Report über die ungarischen Diakritika in der Fira prima bearbeitet. Da lässt sich hier dann ja vielleicht auch was machen …

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Gast Schnitzel
vor 3 Stunden schrieb Þorsten:

Da gibt es genug Menschen, die solche subtilen Anspielungen auch verstehen würden, gerade im richtigen Kontext (und da würde man die Schriften wohl im Zusammenhang mit Pressefreiheit einsetzen).

Das kann ich mir gerade nicht so richtig vorstellen :-?

Wenn diese Subtilität jemanden auffällt, birgt es doch immer die Gefahr, dass es auch den falschen auffällt. Hier fehlt dann aber die Doppelbödigkeit um sich irgendwie  wieder rauslavieren zu können. Ansonsten kann man sich mit solch mehr oder weniger auffälliger Solidarität sehr »in die Nesseln setzen«. Das funktioniert bei rhetorischen Mitteln doch etwas besser, denke ich. 

Hört sich vielleicht erstmal toll und spannend an, wie Geheimbotschaften mit Zwiebelfischen, ob es aber klappt würde ich gerne als echte Erfahrung hören.

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