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Was ist los mit (Palatino) Linotype?

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Hasinger

Ich möchte für ein Projekt die „Palatino Linotype“ als Serifenschrift verwenden. Die „Palatino Sans“ habe ich hierfür als passende Serifenlose bereits bei Linotype (bzw. Monotype) erworben. Die „Palatino Linotype“ (v. 5.03) ist ja bei Windows als vor-installierter System-Font enthalten.

So schien alles gut ... – bis ich feststellte, dass teilweise wichtige Kerning-Paare überhaupt nicht definiert sind. Das wurde auch schon einmal hier im Forum thematisiert. Da wurde davon ausgegangen, dass die verwendeten Text-Programme die Kerning-Daten der Schrift nicht korrekt auslesen können. Tatsächlich liegt es aber daran, dass diese gar nicht vorhanden sind! Bei der v. 5.03 sind gerade einmal 148 Kerning-Paare definiert. (Und das sind noch nicht einmal Klassen, sondern alles einzelne Kerning-Paare!!)  Normalerweise müssten es mehrere tausend sein.

Da liegt natürlich der Gedanke nahe, dass es sich bei der vor-installierten Version um eine Art „Spar-Version“ handelt und die von Linotype für über 200 Euro pro Schriftschnitt angebotene „Kauf-Version“ mit professionellen Kerning-Tabellen ausgestattet ist. – Doch dies scheint nicht der Fall zu sein. Auf allen Seiten, auf denen Monotype die Schrift anbietet, wird diese mit exakt demselben Kerning angezeigt, das die Windows-Version bietet. Und die aktuelle Versionsnummer lautet 5.03m, was auch dafür spricht, dass sich die Schrift, die man für mehrere hundert Euro erstehen kann (während man Windows bereits für ca. 20 Euro bekommt), wohl nahezu gar nicht von der bei Windows mitgelieferten unterscheidet.

Aber es kommt noch besser: Bei früheren Windows-Versionen (bis Windows XP) war die Version 1.40 vor-installiert. Diese bietet immerhin fast 400 Kerning-Klassen-Paare, was expandiert ca. 1600 einzelnen Kerning-Paaren entspricht. – Wie kann es sein, dass ältere Versionen der Schrift ein deutlich besseres Kerning besitzen als neuere?? ... Aber es wird noch seltsamer: Obwohl die Version 5.03 nur einen Bruchteil der Kerning-Paare enthält, sind dort jede Menge Paare enthalten, die es in der Version 1.40 nicht gibt. Einige davon erscheinen sinnvoll, viele sind jedoch für irgendwelche seltsamen Buchstaben-Kombinationen, die zumindest im Englischen, Deutschen, Französischen und Spanischen überhaupt nicht vorkommen. – Es ist also nicht etwa so, dass bei der Version 5.03 die Kerning-Paare auf das Wichtigste oder Nötigste reduziert worden wären. ... Was soll das denn alles bedeuten? Man könnte meinen, Linotype habe bei den neuen Versionen absichtlich einen totalen Unsinn gemacht. Mir ist das alles völlig schleierhaft. Wie kann es denn sein, dass ein Unternehmen wie Linotype/Monotype die aktuelle Version einer Ihrer bekanntesten Schriften mit einem völlig unvollständigen und unsinnigen Kerning ausliefert?!?

Ich bin seit Wochen „in Kontakt“ mit Linotype. Man kann lediglich Emails schreiben. Aktuell hatte ich zehn Tage auf eine Antwort gewartet und dann wurde praktisch keine einzige meiner Fragen beantwortet. Ob die „Kauf-Version“ ein anderes Kerning enthält, wie viele Kerning-Paare enthalten sind, wie es sich eigentlich bei der „normalen“ Palatino verhält, warum frühere Versionen offensichtlich eine viel größere Kerning-Tabelle enthielten ... - Keine diese Fragen wird mir beantwortet. Dabei hatte ich extra auf Englisch geschrieben, da selbst auf der deutschen Internet-Seite der Hinweis steht, englische Emails würden schneller oder besser beantwortet. Ich habe den Eindruck man hat da nur Kontakt mit irgendwelchen schlecht bezahlten Leuten in Indien. Ich hatte gedacht, Linotype sei eines DER Typographie-Unternehmen in Geschichte und Gegenwart. Bei den Erfahrungen, die ich da gerade mache, könnte man meinen, es sei die letzte Klitsche, der selbst die grundlegendsten Kompetenzen fehlen. Die „Palatino Linotype“ ist so überhaupt nicht sinnvoll nutzbar. Der Abstand z. B. zwischen „W“ und „o“ oder „V“ und „o“ ist dermaßen riesig, dass es sofort ins Auge springt.

Bin für jegliche Hinweise, Kommentare, Informationen zum Thema dankbar.

Ich arbeite mit LuaLaTeX, so dass mir irgendwelche Kerning-Funktionen in InDesign oder anderen Textbearbeitungsprogrammen nicht weiterhelfen. (Wobei die wohl ohnehin keine professionell hergestellten Kerning-Tabellen ersetzen.) Muss ich mich nun wirklich selbst tagelang hinsetzen und das alles kontrollieren und korrigieren?

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Hans Schumacher

Leider kann ich dir nicht direkt weiterhelfen, speziell Linotype betreffend waren wir hier (s. thread unten) aber schon einmal auf der Suche nach den verschollenen Mediävalziffern und Kapitälchen der Wilke Antiqua (als »Linotype Original« veröffentlicht, wird weiterhin vertrieben, nach Erwerb von Linotype durch Monotype jetzt Bestandteil des Schriftenkatalogs von Monotype https://catalog.monotype.com/type-style/serif/?page=36&pageSize=50&p=kjbelnuimdk). Damals hatte ich auch mal eine Mail geschrieben, die allerdings nicht beantwortet wurde. 

PS: Was die Gründe für verlorene Kerning-Tabellen oder ganze verlorene Zeichen betrifft, kann man leider nur spekulieren – vermutlich steckt keine bewusste Firmenpolitik dahinter, ansonsten bleibt einem leider nur übrig dies als Kollateralschäden der Fusionen etc. zu betrauern.

PPS: Hier kann man noch mal schön betrachten, welche Verluste zu verzeichnen sind – ein paar Scans aus dem Kalender 26 Letters | Lettern | Lettres von 1989, wo die Wilke Antiqua den Monat März bestreiten durfte. Im Kalendarium sieht man es sehr schön: da waren sie noch vorhanden, die Mediävalziffern (und auch die Kapitälchen). Schade, schade … Shame on you, Linotype.

 

Wilke-26-Letters-1989_01.jpg

Wilke-26-Letters-1989_02.jpg

Wilke-26-Letters-1989_03.jpg

Wilke-26-Letters-1989_04.jpg

Wilke-26-Letters-1989_05.jpg

bearbeitet von Hans Schumacher
Scans eingefügt
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