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Die Schriftmuster der Welt in einer Datenbank …

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JackieTreehorn
Meiner Meinung nach wurde die Tannenberg nicht aus politischen Gründen geschaffen.

Schriften, die „Tannenberg“ und „National“ heißen, wurden sicher nie und nimmer aus politischen Gründen geschaffen ...

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Niklaus
Meiner Meinung nach wurde die Tannenberg nicht aus politischen Gründen geschaffen.

Schriften, die „Tannenberg“ und „National“ heißen, wurden sicher nie und nimmer aus politischen Gründen geschaffen ...

Dass diese Schriften national-chauvinistische Namen tragen und wahrscheinlich in diesem Geist entstanden sind, ist ja offensichtlich; das schließt aber m. E. die These nicht aus, dass es sich um ‹neusachlich› überarbeitete gebrochene Schriften handelt (dass allerdings die «Helvetica» aus den Zwanziger- bzw. Dreißigerjahren stammte, Ligaturix, wäre mir neu…). Das führt mich zu der Frage zurück: Ist diesen Schriften das Martialische und Chauvinistische von der Form her inhärent (wie es u. a. HP Willberg behauptet) oder haben wir uns angewöhnt, diese Anmutungen in die Form hineinzulesen?

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Dan Reynolds

>dass allerdings die «Helvetica» aus den Zwanziger- bzw. Dreißigerjahren

> stammte, Ligaturix, wäre mir neu…

Die Neue Haas Grotesk ist erstmals circa 1957 in der Schweiz gezeichnet geworden.

Die von D. Stempel AG/Linotype zusammenübergearbeitete Schrift, "Helvetica", kam ca. 1961 auf dem Markt. Obwohl sie ähnlichkeiten mit Groteskschriften aus den vorherigen Hundertjahren teilt, ist sie keine Schrift, die mit dem 20ern Label bezeichnet könnten.

Die 20ern waren eigentlich die Geburtstunde geometrischer Serifenlosenschriften (also, eine völlige andere Richtung als die ältere Grotesk-Bewegung) wie z.B. die Erbar, Futura, Kabel, und Gill Sans (die eben auch sehr "humanistisch" wirkt… eine Richtung, dass nach dem 2. Weltkrieg richtig los ging).

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Bleisetzer
Meiner Meinung nach wurde die Tannenberg nicht aus politischen Gründen geschaffen.

Schriften, die „Tannenberg“ und „National“ heißen, wurden sicher nie und nimmer aus politischen Gründen geschaffen ...

Dass diese Schriften national-chauvinistische Namen tragen und wahrscheinlich in diesem Geist entstanden sind, ist ja offensichtlich; das schließt aber m. E. die These nicht aus, dass es sich um ‹neusachlich› überarbeitete gebrochene Schriften handelt (dass allerdings die «Helvetica» aus den Zwanziger- bzw. Dreißigerjahren stammte, Ligaturix, wäre mir neu…). Das führt mich zu der Frage zurück: Ist diesen Schriften das Martialische und Chauvinistische von der Form her inhärent (wie es u. a. HP Willberg behauptet) oder haben wir uns angewöhnt, diese Anmutungen in die Form hineinzulesen?

Wenn Du den Namen "Tannenberg" national-chauvinistisch nennst, gilt das dann auch für z.B. den Trafalgar Square in London? Mit der Nelson-Statue?

Die Grundformen der Helvetica stammen aus dem Jahr 1937, wurde von Max Miedinger entworfen. Näheres zur Entwicklung:

http://www.bleisetzer.de/index.php?targ ... 0004&pic=a

Georg

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Dan Reynolds

>Die Grundformen der Helvetica stammen aus dem Jahr 1937,

>wurde von Max Miedinger entworfen

Recht hast du, dass diese Formen von Max Miedinger entworfen sind. Aber er hat die 1957 für den Herrn Edouard Hoffman bei Hass gemacht, nicht 1937.

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Niklaus

>> Wenn Du den Namen "Tannenberg" national-chauvinistisch nennst, gilt das dann auch für z.B. den Trafalgar Square in London? Mit der Nelson-Statue?

Mit Verlaub: Ein weltberühmter Platz und der Name einer etwas obskuren Schrift sind vielleicht nicht *die* idealen Vergleichsgrößen. Man könnte sich ja eher fragen, ob eine Schrift z. B. mit dem Namen «Agincourt», «Waterloo» oder «Verdun» am Platze sei? Fände ich genauso bedenklich.

Aber Du willst ja wohl wieder auf das vermeintlich verkorkste deutsche Nationalgefühl hinaus («Wieso dürfen wir nicht, was die Engländer und alle anderen dürfen?») – als ob hier alle derart einfach gestrickt denken würden…

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Bleisetzer
>Die Grundformen der Helvetica stammen aus dem Jahr 1937,

>wurde von Max Miedinger entworfen

Recht hast du, dass diese Formen von Max Miedinger entworfen sind. Aber er hat die 1957 für den Herrn Edouard Hoffman bei Hass gemacht, nicht 1937.

Meine Quelle:

Georg Kandler - Alphabete - Erinnerungen an den Bleisatz

Wobei ich die anderen Jahreszahlen auch kenne.

Und so richtig los ging es mit der Helvetica sowieso erst 1961, nachdem Stempel begonnen hatte, die vielen verschiedenen Formen zu entwickeln.

Apropos - eine Frage:

Wenn man eine Korrektur bzw. eine wichtige, grundlegende Ergänzung zur Herkunft einer Schrift per Email an Linotype schickt - bekommt man im Normalfall eine Antwort? Bzw.: Liest diese Email jemand? Oder wird das halbautomatisch als Spam eingestuft und gelöscht?

Das blöde ist: Ich habe im Moment den Namen der Schrift nicht mehr im Kopf. Bei Linotype wird als Herkunft eine ominöse, nicht näher bezeichnete Londoner Foundry genannt. Dabei ist es eine deutsche.

Georg

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Bleisetzer
>> Wenn Du den Namen "Tannenberg" national-chauvinistisch nennst, gilt das dann auch für z.B. den Trafalgar Square in London? Mit der Nelson-Statue?

Mit Verlaub: Ein weltberühmter Platz und der Name einer etwas obskuren Schrift sind vielleicht nicht *die* idealen Vergleichsgrößen. Man könnte sich ja eher fragen, ob eine Schrift z. B. mit dem Namen «Agincourt», «Waterloo» oder «Verdun» am Platze sei? Fände ich genauso bedenklich.

Aber Du willst ja wohl wieder auf das vermeintlich verkorkste deutsche Nationalgefühl hinaus («Wieso dürfen wir nicht, was die Engländer und alle anderen dürfen?») – als ob hier alle derart einfach gestrickt denken würden…

Mit Verlaub: Tannenberg war Ort einer der wichtigsten Schlachten des 1.Weltkrieges an der Ostfront Deutschlands im Jahr 1914. Hier ging es um den Verbleib Ostpreußens beim Deutschen Reich. Der Vergleich zum, um es mit Deinen Worten zu formulieren, national-chauvinistischen Trafalgar Square ist also durchaus angebracht. Genau an diese Schlacht sollte die Schrift Tannenberg erinnern.

Du wußtest nicht, was "Tannenberg" überhaupt ist, richtig?

Nicht schlimm, eher typisch. Re-Education.

Jedes englische Schulkind weiß wahrscheinlich, was Trafalgar Square bedeutet.

Georg

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Dan Reynolds

>Apropos - eine Frage:

>Wenn man eine Korrektur bzw. eine wichtige, grundlegende Ergänzung

>zur Herkunft einer Schrift per Email an Linotype schickt - bekommt man

>im Normalfall eine Antwort? Bzw.: Liest diese Email jemand? Oder wird

>das halbautomatisch als Spam eingestuft und gelöscht?

>Das blöde ist: Ich habe im Moment den Namen der Schrift nicht mehr

>im Kopf. Bei Linotype wird als Herkunft eine ominöse, nicht näher

>bezeichnete Londoner Foundry genannt. Dabei ist es eine deutsche.

Meinst du die Xylo? Du hast uns vor einigen Wochen uns darüber gemailt. Wir haben die Änderung in unseren Datenbank sofort übernommen.

http://www.linotype.com/12118/xyloplain-font.html

Jetzt ist "Benjamin Krebs" als Designer bezeichnet, Designjahr 1924. Dazu die folgende Beschreibung:

Xylo is a rugged, no-nonsense typeface that was originally designed in 1924 by the Benjamin Krebs type foundry in Frankfurt am Main, Germany. Even back then, Xylo must have been very popular; the design made it at least as far as England. In 1995, after finding its design in an old London printer's reference book, the Letraset Type Studio faithfully converted Xylo into digital format. A time-proven display face, Xylo will convey a feeling of power and strength in any application. Best used big in headlines or logos; Xylo exudes an expressionistic and art deco spirit that just as much at home today as it was during the roaring 20s!

The Xylo™ Plain typeface is part of the ITC Collection.

Wir haben vorher "Letraset Design Studio" als Designer gelistet, weil die Schrift eben von Letraset/ITC zu uns gekommen ist. Wie ganz früher oben in diesen Thread zu lesen ist, Letraset hat damals viele Schriften aus alte englische Schriftmusterbücher übernommen. Diese Bücher haben hochwahrscheinlich keine Quellensinformation drin gehabt.

Wir freuen uns immer, wenn Leute uns mit mehr Info anschreiben. Es tut mir Leid, dass niemand deine E-mail persönlich beantwortet hat. Falls du in der Zukunt solche Tips findest, kannst du sie mir direkt mailen… ich bin derjenige, der Momentan in unseren Databank am meisten arbeitet.

Sonnst ist es immer am Besten, wenn mann [email protected]. Dabei haben wir ein System, dass (fast immer!) versichert, dass alle Emails beantwortet werden.

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Bleisetzer
>Apropos - eine Frage:

>Wenn man eine Korrektur bzw. eine wichtige, grundlegende Ergänzung

>zur Herkunft einer Schrift per Email an Linotype schickt - bekommt man

>im Normalfall eine Antwort? Bzw.: Liest diese Email jemand? Oder wird

>das halbautomatisch als Spam eingestuft und gelöscht?

>Das blöde ist: Ich habe im Moment den Namen der Schrift nicht mehr

>im Kopf. Bei Linotype wird als Herkunft eine ominöse, nicht näher

>bezeichnete Londoner Foundry genannt. Dabei ist es eine deutsche.

Meinst du die Xylo? Du hast uns vor einigen Wochen uns darüber gemailt. Wir haben die Änderung in unseren Datenbank sofort übernommen.

http://www.linotype.com/12118/xyloplain-font.html

Jetzt ist "Benjamin Krebs" als Designer bezeichnet, Designjahr 1924. Dazu die folgende Beschreibung:

Xylo is a rugged, no-nonsense typeface that was originally designed in 1924 by the Benjamin Krebs type foundry in Frankfurt am Main, Germany. Even back then, Xylo must have been very popular; the design made it at least as far as England. In 1995, after finding its design in an old London printer's reference book, the Letraset Type Studio faithfully converted Xylo into digital format. A time-proven display face, Xylo will convey a feeling of power and strength in any application. Best used big in headlines or logos; Xylo exudes an expressionistic and art deco spirit that just as much at home today as it was during the roaring 20s!

The Xylo™ Plain typeface is part of the ITC Collection.

Wir haben vorher "Letraset Design Studio" als Designer gelistet, weil die Schrift eben von Letraset/ITC zu uns gekommen ist. Wie ganz früher oben in diesen Thread zu lesen ist, Letraset hat damals viele Schriften aus alte englische Schriftmusterbücher übernommen. Diese Bücher haben hochwahrscheinlich keine Quellensinformation drin gehabt.

Wir freuen uns immer, wenn Leute uns mit mehr Info anschreiben. Es tut mir Leid, dass niemand deine E-mail persönlich beantwortet hat. Falls du in der Zukunt solche Tips findest, kannst du sie mir direkt mailen… ich bin derjenige, der Momentan in unseren Databank am meisten arbeitet.

Sonnst ist es immer am Besten, wenn amnn [email protected]. Dabei haben wir ein System, dass (fast immer!) versichert, dass alle Emails beantwortet werden.[/i]

Au Mann, das freut mich jetzt aber wirklich :-)

Ich dachte, es wäre nicht beachtet worden, weil ich keine Rück-Email bekommen hatte. Genau, die Xylo.

Mir war beim Recherchieren aufgefallen, daß die meisten Fundstellen, die ich über Google herausfand, Wort für Wort von Eurer Linotype-Beschreibung abgeschrieben hatten. Und sich so der Irrtum natürlich immer mehr manifestieren mußte.

Klasse.

Hey, you made my day, man.

Georg

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Niklaus

Du wußtest nicht, was "Tannenberg" überhaupt ist, richtig?

Nicht schlimm, eher typisch. Re-Education.

Jedes englische Schulkind weiß wahrscheinlich, was Trafalgar Square bedeutet.

Georg

Meine Güte: Wenn ich nicht gewusst hätte, für was «Tannenberg» steht, hätte ich dann den Vergleich mit «Waterloo» oder «Verdun» gebracht? Und ja: Ich finde nach wie vor, dass sich ein Schlachtendenkmal (per se ‹nationalistisch›) und ein Schriftname (frei gewählt) nicht unmittelbar vergleichen lassen.

Ich verstehe nicht ganz, wo Dein Problem liegt: Mich interessieren ja gerade die Zusammenhänge zwischen Schriften und ihrer Geschichte sowie die Frage, ob und wie man mit historisch ‹belasteten› Schriften wie der «Tannenberg» umgehen sollte. Was wäre Dein Vorschlag?

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Bleisetzer

Du wußtest nicht, was "Tannenberg" überhaupt ist, richtig?

Nicht schlimm, eher typisch. Re-Education.

Jedes englische Schulkind weiß wahrscheinlich, was Trafalgar Square bedeutet.

Georg

Meine Güte: Wenn ich nicht gewusst hätte, für was «Tannenberg» steht, hätte ich dann den Vergleich mit «Waterloo» oder «Verdun» gebracht? Und ja: Ich finde nach wie vor, dass sich ein Schlachtendenkmal (per se ‹nationalistisch›) und ein Schriftname (frei gewählt) nicht unmittelbar vergleichen lassen.

Ich verstehe nicht ganz, wo Dein Problem liegt: Mich interessieren ja gerade die Zusammenhänge zwischen Schriften und ihrer Geschichte sowie die Frage, ob und wie man mit historisch ‹belasteten› Schriften wie der «Tannenberg» umgehen sollte. Was wäre Dein Vorschlag?

Ich habe überhaupt kein Problem.

Ich stelle historisch die Tannenberg-Schlacht auf eine Stufe mit der Schlacht von Trafalgar. Nach ersterer wurde eine Schrift benannt, nach zweiterer ein Platz in London. Du nennst die Schrift Tannenberg ein national-chauvinistisches Symbol und sagst "Meine Güte..", weil ich es wage, den weltbekannten und berühmten Trafalgar-Platz dann wegen des Namens als ebenso national-chauvinistisch anzusehen. Ich weise darauf hin, daß jedes englische Schulkind weiß, was Trafalgar bedeutet, jedoch die Mehrzahl der deutschen Schulkinder Tannenberg als den Ort vermutet, von dem die Tannenbäume kommen. Dies, weil bei uns nicht mehr gelehrt wird, was Tannenberg bedeutete. Eben, weil die Re-Education den Deutschen den Nationalismus aberziehen sollte.

Also: Wo sollte bei mir ein Problem liegen?

Ich sehe die Sache ziemlich klar.

Warum sollten sie sich nicht unmittelbar vergleichen lassen.

Vor allem, da die Alliierten die Mehrzahl unserer Denkmäler nach '45 gesprengt haben - siehe Albert Leo Schlageter-Denkmal an der Golzheimer Heide hier in Düsseldorf. Eine Schrift läßt sich nicht sprengen.

Man sollte sie den Menschen, wenn schon nicht nahebringen, so doch Ihnen diese nicht vorenthalten.

So, wie Admiral Nelson den Engländer nahegebracht wird. Und Luftmarschall Sir Arthur Harris, der Deutschland im "moral bombing" in Schutt und Asche gelegt hat und dem die Engländer dafür weit nach dem Krieg ein Denkmal gesetzt haben. Soviel zum Thema "National-Chauvinismus".

Georg

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Finanzwirt

Man muß die gebrochenen Grotesken sicher nicht mögen. Ich verkenne nicht, daß insbesondere ihre fetten Schnitte bisweilen derb oder grobschlächtig wirken. Dies sind aber Merkmale, die auch auf manche Groteskschriften zutreffen.

Man darf aber hier nicht vergessen, dass die gebrochenen Grotesken in erster Linie für die Werbung und den technischen Bereich entwickelt wurden und man einen literarischen Text weder damals noch heute in einer solchen Schrift gesetzt hätte.

Wenn aber in diesem Zusammenhang Begriffe wie "gewalttätig" oder "brutal" benutzt werden, sagt dies nichts über die formale oder ästhetische Kategorie einer Schrift aus, sondern gehört in einen anderen Zusammenhang.

Es ist sicher nicht die Gestalt dieser Typen, die die gebrochenen Grotesken zum Ausdruck einer "Typographie des Bösen" macht. Dazu werden sie mE erst, wenn man sie mit Inhalten belegt, die nicht in ihnen selbst liegen, sondern die aus unserem Wissen um die allgemeinen Zeitumstände stammen.

Auf diese Weise Weise wird eine Schrift ideologisiert und diese Ideologisierung dann zurückgeworfen in die Zeit ihrer Entstehung.

Nach dem 2. Weltkrieg traten die gebrochen Schriften zwar in den Hintergrund. aber niemand sah die gebrochene Grotesk in besonderer Weise als Träger der NS-Ideologie.

So ist z.B. ein Wahlplakat der SPD aus den 1950er Jahren in "Tannenberg" gesetzt.

Erst die verstärkte Aufarbeitung der Geschichte des 3. Reiches wurden diese Schriften mehr und mehr geächtet.

Bisweilen geschah dies undifferenziert, weil man keine Veranlassung mehr sah, sich mit der Geschichte der gebrochenen Schriften zu beschäftigen.

Besonders fatal ist es natürlich, wenn man auf die bevorzugte Verwendung gebrochener Schriften durch die neonazistische Szene hereinfallen sollte.

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Andreass

Leute, benutzt bitte die Zitatfunktion sparsam! Es bringt doch nichts immer wieder das gerade geschriebene, was auch schon Zitate enthält, nochmals komplett zu zitieren.

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Niklaus

>>>>Man muß die gebrochenen Grotesken sicher nicht mögen. Ich verkenne nicht, daß insbesondere ihre fetten Schnitte bisweilen derb oder grobschlächtig wirken. Dies sind aber Merkmale, die auch auf manche Groteskschriften zutreffen.

Genau. Die Angleichung der Strichstärken, die geometrischen Vereinfachungen lassen sich durchaus mit (damaligen) Grotesk-Entwürfen vergleichen.

>>>Man darf aber hier nicht vergessen, dass die gebrochenen Grotesken in erster Linie für die Werbung und den technischen Bereich entwickelt wurden und man einen literarischen Text weder damals noch heute in einer solchen Schrift gesetzt hätte.

Richtig – die entsprechenden Schriften (Tanneberg, National, Standarte, Großdeutsch etc.) sind vor allem in Werbungen für ‹moderne› deutsche Produkte eingesetzt wurden und gar nicht in erster Linie für Propagandamaterial.

>>> Wenn aber in diesem Zusammenhang Begriffe wie "gewalttätig" oder "brutal" benutzt werden, sagt dies nichts über die formale oder ästhetische Kategorie einer Schrift aus, sondern gehört in einen anderen Zusammenhang.

Das ist für mich auch der springende Punkt: Ob einem persönlich diese Schriften gefallen oder nicht, man sie als ‹grobschlächtig› oder ‹wuchtig› empfindet, ist das eine. Eine solche Gestaltung macht eine Schrift jedoch bestimmt nicht per se ‹nationalsozialistisch› – sonst würden ja auch Weiß-Gotisch und andere Schriften in Verruf geraten … Doch in der typographischen Literatur (eben etwa bei Willberg) wird immer das ‹Nationalsozialistische› dieser Schriften durch ihre Formmerkmale begründet, was ich für ein großes Missverständnis halte.

>>> Es ist sicher nicht die Gestalt dieser Typen, die die gebrochenen Grotesken zum Ausdruck einer "Typographie des Bösen" macht. Dazu werden sie mE erst, wenn man sie mit Inhalten belegt, die nicht in ihnen selbst liegen, sondern die aus unserem Wissen um die allgemeinen Zeitumstände stammen. Auf diese Weise Weise wird eine Schrift ideologisiert und diese Ideologisierung dann zurückgeworfen in die Zeit ihrer Entstehung.

Genau: Einzelne Schriften sind so – unwiderruflich? – ‹nationalsozialistisch› codiert. Kann und soll man sie rehabilitieren?

>>> Nach dem 2. Weltkrieg traten die gebrochen Schriften zwar in den Hintergrund. aber niemand sah die gebrochene Grotesk in besonderer Weise als Träger der NS-Ideologie.

Vielleicht nicht als Träger der NS-Ideologie, aber doch als ‹alt› bzw. ‹deutsch-national› konnotiert: Ich denke, die Gegenüberstellung Fraktur=alt, deutsch vs. Antiqua=modern, international war doch schon seit den späten Dreißigerjahren verbreitet – man vgl. nur etwa den Einsatz der Fraktur in den Photomontagen von John Heartfield etc.

>>> Besonders fatal ist es natürlich, wenn man auf die bevorzugte Verwendung gebrochener Schriften durch die neonazistische Szene hereinfallen sollte.

Einverstanden – gebrochene Schriften haben sich auch etwa in Italien in rechtsradikalen (Hooligan-) Kreisen durchgesetzt. Deshalb ist ihre Wiedereinsetzung ja auch – leider – so schwierig. Und Schriften sind halt nun einmal keine Denkmäler (Georg: «lassen sich nicht sprengen»): Natürlich sollte man auch umstrittene Monumente stehen lassen und ihren geschichtlichen Kontext erklären – Schriften werden aber im Unterschied dazu aktiv in neuen Zusammenhängen verwendet und nicht nur als Monumente betrachtet …

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Herr Sharif

... Und Luftmarschall Sir Arthur Harris, der Deutschland im "moral bombing" in Schutt und Asche gelegt hat ...

Bleisetzer:

Es gehört überhaupt nicht hierher – aber das "Deutschland in Schutt und Asche gelegt" wurde, hatten die Deutschen ja wohl selber zu verantworten. Das sollte man bei solchen Anmerkungen nie vergessen zu erwähnen.

Das alles hat nichts mit Typographie zu tun, aber ich möchte nicht, daß hier irgendwelche revisionistischen Geschichtsdarstellungen unwidersprochen im Forum stehen.

Gruß, Sharif

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Doch in der typographischen Literatur (eben etwa bei Willberg) wird immer das ‹Nationalsozialistische› dieser Schriften durch ihre Formmerkmale begründet

Echt? Ich erinnere mich, wie Willberg etwa in Typolemik das genaue Gegenteil sagt. Eben das die Assoziationen die wir mit diesen Schriften haben nichts mit ihrer eigentlich Form zu tun haben. Sie waren schlichtweg »moderne« Schriften ihrer Zeit – nicht mehr.

Ralf

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Niklaus
Echt? Ich erinnere mich, wie Willberg etwa in Typolemik das genaue Gegenteil sagt. Eben das die Assoziationen die wir mit diesen Schriften haben nichts mit ihrer eigentlich Form zu tun haben.

Natürlich hat Willberg des öfteren das «falsche Image der Fraktur» – so ein Aufsatztitel – in der von Dir beschriebenen Richtung korrigiert, und selbstverständlich hat er das Problem völlig klar gesehen. In der Argumentation allerdings fällt auch er – wie so viele Typographen – doch immer wieder in formal-ästhetische Kategorien zurück. Werde entsprechende Beispiele bei Gelegenheit heraussuchen, habe sie gerade nicht zur Hand.

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Bleisetzer
Doch in der typographischen Literatur (eben etwa bei Willberg) wird immer das ‹Nationalsozialistische› dieser Schriften durch ihre Formmerkmale begründet

Echt? Ich erinnere mich, wie Willberg etwa in Typolemik das genaue Gegenteil sagt. Eben das die Assoziationen die wir mit diesen Schriften haben nichts mit ihrer eigentlich Form zu tun haben. Sie waren schlichtweg »moderne« Schriften ihrer Zeit – nicht mehr.

Ralf

Vielleicht beeinflußte sich ja auch beides in einer Art Interaktion?

Es ist doch prägend und aus der Werbung bekannt, daß ein sich verstärkender Trend ab einem gewissen Punkt eine Eigendynamik entwickelt.

1934 kamen heraus:

Die Element

http://www.bleisetzer.de/index.php?targ ... 0004&pic=a

Die National

http://www.bleisetzer.de/index.php?targ ... 0004&pic=a

Die Tannenberg

http://www.bleisetzer.de/index.php?targ ... 0004&pic=a

Die Gotenburg 1935

http://www.bleisetzer.de/index.php?targ ... 0004&pic=a

Diese Häufung kurz nach 1933 führt mich auch zur Vermutung eines opportunistischen Denkens bei den Schriftgießereien. Die wollten doch, genau wie die heutigen Foundries, den Zeitgeschmack treffen. Was lag näher, als diesem im verstärkt Martialischen zu suchen?

Wobei man natürlich auch sehen muß, daß in der Zeit 1934-1945 viele andere, nicht martialische Schriften herauskamen: Post Fraktur, Die Schlanke, Arabella, Forelle, Gloadiola, Junior, Rheingold, Kristall-Grotesk um nur einige zu nennen.

Vielleicht war das damals eine Art "Tribute to the King" den neuen Machthabern gegenüber.

Übrigens verwenden Neo-Nazis, wenn, dann immer echte Fraktur-Schriften, wie z.B. die Gruppe "Freikorps", die die Fette Fraktur für ihr Logo nahmen:

http://www.bleisetzer.de/index.php?targ ... 0004&pic=a

Ich glaube nicht, daß dort die Geschichte einer Tannenberg überhaupt bekannt ist.

GKr

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Niklaus
Diese Häufung kurz nach 1933 führt mich auch zur Vermutung eines opportunistischen Denkens bei den Schriftgießereien. Die wollten doch, genau wie die heutigen Foundries, den Zeitgeschmack treffen. Was lag näher, als diesem im verstärkt Martialischen zu suchen?

Wobei man natürlich auch sehen muß, daß in der Zeit 1934-1945 viele andere, nicht martialische Schriften herauskamen: Post Fraktur, Die Schlanke, Arabella, Forelle, Gloadiola, Junior, Rheingold, Kristall-Grotesk um nur einige zu nennen.

Dass es sich bei den ‹gebrochenen Grotesken› um eine Art Mode aus dem Zeitgeist handelt, halte ich auch für wahrscheinlich. Allerdings bezeichnest auch Du einige Schriften als ‹martialisch›, andere als ‹nicht martialisch›. Und genau dies interessiert mich: Aufgrund welcher Grundlagen machen wir solche Benennungen? Könnte es nicht sein, dass jemand aus einem anderen Kulturkreis, der nicht um die Zusammenhänge weiß, diese Schriften ganz anders empfinden würde? Oder anders gefragt: Würde etwa die Tannenberg auch noch als ‹martialisch› empfunden werden, wenn sie z. B. von 1972 stammen würde und ‹Nostalgia› hieße?

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Bleisetzer
Diese Häufung kurz nach 1933 führt mich auch zur Vermutung eines opportunistischen Denkens bei den Schriftgießereien. Die wollten doch, genau wie die heutigen Foundries, den Zeitgeschmack treffen. Was lag näher, als diesem im verstärkt Martialischen zu suchen?

Wobei man natürlich auch sehen muß, daß in der Zeit 1934-1945 viele andere, nicht martialische Schriften herauskamen: Post Fraktur, Die Schlanke, Arabella, Forelle, Gloadiola, Junior, Rheingold, Kristall-Grotesk um nur einige zu nennen.

Dass es sich bei den ‹gebrochenen Grotesken› um eine Art Mode aus dem Zeitgeist handelt, halte ich auch für wahrscheinlich. Allerdings bezeichnest auch Du einige Schriften als ‹martialisch›, andere als ‹nicht martialisch›. Und genau dies interessiert mich: Aufgrund welcher Grundlagen machen wir solche Benennungen? Könnte es nicht sein, dass jemand aus einem anderen Kulturkreis, der nicht um die Zusammenhänge weiß, diese Schriften ganz anders empfinden würde? Oder anders gefragt: Würde etwa die Tannenberg auch noch als ‹martialisch› empfunden werden, wenn sie z. B. von 1972 stammen würde und ‹Nostalgia› hieße?

Das ist eine gute Frage.

Als Deutscher assoziiere ich allein schon mit dem Namen Tannenberg = Siegreiche Schlacht um Ostpreußen, Rettung des Reiches etc.

Dazu fallen mir - wie bei jeder Bleisatz-Schrift, die mir in die Hände kommt - die Musteranzeigen ein, die ich von dieser Schrift gesehen habe - hier Muster der National. Ich bin also eindeutig nicht neutral.

Andererseits verkaufe ich solche Schriften ohne besondere Erläuterung. Und ich bin fest davon überzeugt, daß niemand der Käufer diese Schriften wegen einer etwaigen Assoziation kauft. Gestern habe ich eine 36 p Tannenberg fett an eine junge Frau aus Hessen verkauft.

Wie nun gar ein Ausländer diese Schrift sieht - sofern er unbefangen ist, wage ich nicht einzuschätzen. Kann aber bestätigen, daß zumindest in den VSvA der Preis für eine dieser "Stiefelknecht-Frakturen" sofort um ca. 30-40 Prozent steigt, wenn ich die Texte entsprechend formuliere. Aber das ist sicher eher eine Art "Faszination des Bösen".

1012_dscn0001_1.jpg

1012_dscn0002_2.jpg

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Poms

In diesem Buch wird die Tannenberg Fett unter der Kategorie Modern eingeordnet. Vielleicht ein neuer "Gewöhnungsansatz".

thread mit scan (weiter unten)

http://typophile.com/node/18762

ps. - Was wäre wenn... - z.B. die "martialische" Helvetica Ultra Compressed von den Nazis als Propagandaschrift eingesetzt worden wäre (wenn es sie damals schon gegeben hätte) - wäre sie dann auch "böse"?

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Niklaus

Ich erinnere mich, in Amerika zahlreiche ‹böse› Schriften gesehen zu haben – und zwar an eher unerwarteter Stelle: nämlich im (touristischen) Heimatwerk-Bereich. Dort werden entsprechende Schriften also eher mit Korbflechten, Holzschnitzen und Knusperknäuschen assoziiert …

… umgekehrt gibt es ja tatsächlich genügend Beispiele von NS-Propaganda, die ‹neusachliche› Bauhaus-Schriften neben ‹böser› Fraktur verwenden – ich verzichte jetzt auf die Wiedergabe.

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Bleisetzer
…Rettung des Reiches…

Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn das Reich nicht gerettet wäre.

Es ist müßig, darüber hier zu diskutieren und führte nur erneut zu Streit.

Eine Wertung aus heutiger Sicht ist nicht relevant auf eine Assoziation mit dem Wort Tannenberg zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser Schrift im Jahr 1934. Nur auf die damalige kam es mir an. Und die damalige war in Bezug auf die Schlacht bei Tannenberg, auf Hindenburg und allgemein auf das Deutsche Reich nationalistisch.

Georg

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