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Vom Aussterben bedrohte Spezies. Heute: Der Geviertstrich

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Alpha

Na gut und schön, nur müssten dutzende Dialekte, etliche Romane und vor allem Gedichte auf dem Altar einer falsch verstandenen Sprachlogik geopfert werden.

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CRudolph

Nein, warum denn? Ich gebe Euch ja recht, es gibt genügend hohle Phrasen, die ich selber benutze und nie darüber nachdenke. Ich habe überhaupt nicht vor, den vorhandenen Wortschatz zu »reinigen«. Ich habe nur folgende Einstellung: Neueinführungen halte ich vorallem dann für sinnvoll, wenn sie entweder eine Beschreibung erleichtern und präziser machen oder aber meine Ausdrucksmöglichkeiten erhöhen und diffiziler machen. Ich erwarte also, daß die Leute bei solchen Neueinführungen mal ihre Gehirne einschalten und darüber nachdenken, ob ich denn durch eine Neueinführung wirklich etwas dazu gewinne oder nicht bzw. ob ich vielleicht sogar etwas verliere. Dazu muß ich aber genau über solchen Phrasen nachdenken, einsehen, daß es in der Sprache viel (historisch bedingten) Schamott gibt und sollte dann mal darüber nachdenken, wie sinnvoll es ist, jetzt noch mehr Schamott hinzu zu fügen. Das funktioniert nun mal nur über Denken und Sprachgefühl. Wenn ich einfach nur alle Änderungen hinnehme, dann lande ich über kurz oder lang schlicht beim Zustand der größten Unordnung (das ist jetzt wieder Thermodynamik). :bandit:

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Pachulke
Es ist schon ein Fehler überhaupt darüber nachzudenken.
Wenn ich einfach nur alle Änderungen hinnehme, dann lande ich über kurz oder lang schlicht beim Zustand der größten Unordnung (das ist jetzt wieder Thermodynamik). :bandit:

Warum sollte auch ausgerechnet in sprachlicher Hinsicht alles gut und richtig sein, nur weil es geschieht?

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CRudolph

Warum sollte auch ausgerechnet in sprachlicher Hinsicht alles gut und richtig sein, nur weil es geschieht?

Ähem, stimmst Du mir jetzt zu oder fragst Du mich? :?

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Lottemann

Buoah :D

Vielleicht sollte ich noch anmerken, dass ich nur auf diesen

Faden gestossen bin, weil ich nach dem korrekten Gebrauch

des (Halb-)Geviertstriches als Ersatz für das Wort "bis" gesucht

habe. :P

Tröstlich ist bei der ganzen Geschichte, was auch R. Keller in

seinem Text schreibt, nämlich der stetige Wegfall von Sprachmüll.

Wer benutzt heute naoch das unsägliche "zögerlich", das in

den 90ern von einem Tag auf den Anderen erst die Nachrichten-

sendungen und dann die Zeitungen verseuchte :shock:

Gruss,

Michael

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Ich erwarte also, daß die Leute bei solchen Neueinführungen mal ihre Gehirne einschalten und darüber nachdenken, ob ich denn durch eine Neueinführung wirklich etwas dazu gewinne oder nicht bzw. ob ich vielleicht sogar etwas verliere.

Dem stimme ich ja auch völlig zu und halte es ganz genauso. Auch ich höre ständig bei jüngeren Leuten oder Menschen anderer sozialen Schichten Wörter und Redewendungen, die für mich hässlich oder falsch klingen. Das ist ganz natürlich.

Ich bin nur zu dem Schluss gekommen, dass weder sie noch ich ein falsches oder hässliches Deutsch sprechen, sondern einfach nur ein anderes. Und wenn dann aber einige ihr Deutsch als das einzig richtige und allseits gültige verkaufen wollen, ärgert mich das einfach. Wer »Sinn machen« nicht mag, muss es ja nicht verwenden. Es ist aber weder hässlich noch falsch, wenn es für die Anwender, die es benutzen, seinen Zweck erfüllt.

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Gast bertel
Welche Rolle wird denn dem Geviertstrich noch zugetragen, außer für die Nutzung in Tabellen?

Die Rolle einer ästhetischen Alternative zum Halbgeviertstrich bei gleicher Bedeutung. Deswegen geht auch Dein Beispiel »13.—15. August« nicht, es muß natürlich »13. — 15. August« heißen.

äh, hm, irrst du da nicht? Ich kenne den Bisstrich (nicht zu verwechseln mit Estrich) nur und ausschließlich ohne Abstände davor und danach. Oder irre ich?

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Pachulke
äh, hm, irrst du da nicht? … Oder irre ich?

Also wenn Du mich so fragst … wir hatten ja diese Diskussion schon einmal, und ich bin immer noch überzeugt, mich nicht zu irren, auch wenn es vielleicht Typo-Lehrbücher gibt, die bestimmte Häresien verbreiten, so daß viele vom rechten Wege abkommen und der Eindruck entsteht, ich irrte. :wink:

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Cookie12

muss man erst wieder max goldt zitieren?

Vor einigen Monaten sah ich den Film »Million Dollar Hotel« von Wim Wenders. Ich war am Wegdämmern, denn es war schon zehn Minuten her, daß der Film begonnen hatte. Da schreckte ich hoch. Die Hauptdarstellerin hatte »etwas ergibt Sinn« gesagt. Ich dachte: »Wow, Wahnsinn. Wann preist mal endlich einer die phantastische deutsche Synchronarbeit?« Man hört im wirklichen Leben ja fast nur noch den primitiven Übersetzungsanglizismus »etwas macht Sinn«, daß es einen richtig umhaut, wenn man mal wieder mit dem korrekten Ausdruck konfrontiert wird. Man muß heute in synchronisierte Filme gehen, um wenigstens für anderthalb Stunden dem allgemeinen Verwahrlosungssound zu entkommen. Kanzler Schröder und all die schrecklich vielen Menschen, die auch so sind wie er, sagen natürlich: »Etwas macht Sinn.«

Jemanden, der mit nicht ganz sauberen Fingernägeln vor einem steht, wird man normalerweise nicht kritisieren. Man wird ihm auch nicht die berufliche Laufbahn versauen. Ebensowenig wird man jemandem schaden wollen, der die Formulierung »macht Sinn« gebraucht. Aber dennoch: Man hat es bemerkt. Die schmutzigen Fingernägel ebenso wie die unbedachte Formulierung. Denjenigen mit den Fingernägeln wird man, wie gesagt, nicht schädigen, aber eben auch nicht vorrangig berücksichtigen, wenn es darum geht, Hilfskräfte für das Zusammenlegen der blütenweißen Tischwäsche von Prinzessin Marie Astrid von Luxemburg zu rekrutieren. Wer »macht Sinn« sagt, wird respektiert und geachtet, aber seine Meinung zu bestimmten Fragen wird von einigen Leuten etwas weniger ernst genommen werden.

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CRudolph

Ich bin nur zu dem Schluss gekommen, dass weder sie noch ich ein falsches oder hässliches Deutsch sprechen, sondern einfach nur ein anderes.

Nein, je länger ich mich mit Kunst beschäftige, desto mehr würde ich auch diese Aussage vehement abstreiten. Das menschliche Gehirn ist immens sensibel für Symmetrie, Balance, Harmonie etc. Im Design ist das, zumindest für Profis, sehr offensichtlich. Das geschulte Auge sieht sofort, wenn im Layout etwas nicht stimmt. Und es gibt Werke, bei denen man sofort den Atem eines großen Künstlers spürt. Es gibt auch Werke, bei denen man eine geschulte und versierte Handschrift sieht – und trotzdem gefällt es einem nicht. Das ist dann eine Frage des Geschmacks, nicht des Handwerkes. Trotzdem kann man wahrnehmen, daß es eben anders ist als eine Arbeit, die zusammengestümpert wurde.

Architektur, genau das gleiche. Vor langer Zeit bin ich beruflich öfters in einer (modernen) Kirche gewesen, in welcher ein Rundbogen, der prominent im Blickfeld war, eine leichte Delle hatte. Das menschliche Auge nimmt das sofort wahr, wie Fingerspitzen, die selbst Unebenheiten auf Oberflächen wahrnehmen, die wir mit dem Auge nicht mehr erfassen können. Unfehlbar. Das ist einfach schlechtes Handwerk, nichts weiter.

Filme sind auch nicht anders. Musik, Bildhauerei – was auch immer! Immer findest Du, es man echtes Können des Künstlers den Werken ansieht.

Und Du willst mir wirklich erzählen, daß dies bei Sprache anders ist? :? :neenee:

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Filme sind auch nicht anders. Musik, Bildhauerei – was auch immer! Immer findest Du, es man echtes Können des Künstlers den Werken ansieht.

Alltagssprache ist aber keine Kunstform, sondern ein Werkzeug zur Verständigung.

Aber das hatten wir auch alles schon mal durchgekaut …

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CRudolph

Jetzt kommen aber auf einmal ganz viele Abstufungen ins Spiel, quasi Regeln wann ich über neue Phrasen nachdenken kann/darf und wann nicht, Alltagssprache ist etwas ganz Anderes als die Kunstform Sprache etc.

Natürlich ist Alltagssprache etwas Anderes als gehobene Schriftsprache. Natürlich kann man in der Alltagssprache viele Dinge sagen, die man in der gehobenen Schriftsprache nicht tun kann. Da sind wir einer Meinung.

Das ändert trotzdem nichts daran, daß die Änderungen einfach hingenommen werden. Falsche Anführungszeichen funktionieren für die alltägliche Kommunikation völlig einwandfrei. Der Verlust der korrekten Anführungszeichen führt aber zu einer Verarmung der Ausdrucksmöglichkeiten. Genau deshalb setzt doch z.B. Du Dich u.a. in Deinem Buch dafür ein, daß dieses Wissen nicht verloren geht. Das ist bei Sprache überhaupt nicht anders. Natürlich kann ich »›Kanakisch‹ für Anfänger« hernehmen (der Autor ist mir gerade entfallen) und feststellen, daß die vier Fälle im kanakischen

1. Fall: Dem Tuss

2. Fall: Dem Tuss

3. Fall: Dem Tuss

4. Fall: Dem Tuss

sind. Ich höre viele Jugendliche um mich herum so reden, wenn ich in Deutschland bin. Und die Kommunikation funktioniert völlig einwandfrei. Ist das jetzt ein Wandel in der Gebrauchssprache, den man einfach hinnehmen soll? Oder soll man sich nicht vielleicht doch dafür stark machen, daß einem bei Differenzierung der Fälle ein erhöhtes Maß an Ausdrucksmöglichkeit zur Verfügung steht?

Ein Freund von mir ist Anwalt. Der versucht immer verzweifelt, den Leuten deutlich zu machen, daß sie sich bei einem Gerichtstermin anständig anziehen sollen. Weil das völlig fraglos den Umgang zwischen Richter und Gegenüber (was auch immer die Rolle sein mag) ändert. Machen die Leute das? Im Regelfall nicht. Weil die Sesibilisierung für die Problematik überhaupt nicht gegeben ist. In diesem Sinn halte ich **gerade** in der Umgangssprache die Pflege (wie sie in der Typografie u.a. durch Dein Buch erfolgt) für wichtig.

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CRudolph

Das Problem ist, daß ich mich des Gefühls nicht erwehren kann, daß meine und Ralfs Meinung eigentlich auch gar nicht weit voneinander entfernt liegen. Ich habe nur noch nicht so ganz herausgefunden, was genau sie so unterschiedlich erscheinen läßt! 8)

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Sebastian Nagel

Der Diskussion nur halb folgend: Ist es nicht ein Unterschied, ob sich eine Redewendung verändert (z.B. »Sinn machen« statt »Sinn haben«) – das verkrüppelt die Sprachfunktion an sich ja nicht, es hat sich nur der Begriff verändert, ob der neue nun aus dem englischen, Kanack oder sonst was kommt –, oder ob die Sprachfunktion an sich (z.B. Auflösung des Fallsystems) verkümmert – einhergehend mit dem Verlust der Möglichkeit zur präzisen Formulierung?

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CRudolph

Das ist eine gute Frage und ich kann Dir darauf im Grunde nur eine persönliche Antwort geben. Ich wähle mit Absicht ein Wort, welches nicht im Zuge der Rechtschreibreform geändert wurde, sondern schon vorher eine Veränderung erfahren hat: Sinfonie. Ich persönlich bin der Meinung, das diese neue Schreibweise im Grunde ganz genau so schwierig ist wie die alte Schreibweise Symphonie. Ich muß beide Formen einfach lernen. Ich komme aber aus einer Generation, in welcher auf den Plattenspielern die Lautstärke noch in Phon angegeben war. Das ist mir irgendwann aufgefallen und meine Mutter hat mir auf meine Frage hin erklärt, daß nicht nur Phon die Bedeutung »Klang« sondern die Vorsilbe syn eben auch eine Bedeutung hat, nämlich »zusammen«. Das abstrakte Wort »Symphonie«, welches zunächst einfach nur stur erlernt wurde, erhält auf diese Weise plötzlich eine zusätzliche Bedeutung. Dies geht aus der neuen Schreibweise nicht mehr hervor, das Wort als solches ist »tot«. Wenn aber, wie ich behaupte, das Erlernen beider Formen gleich schwierig ist, dann ist hier ein echter Informationsgehalt schlicht verloren gegangen. Ich muß hierüber nichts wissen, aber es **schadet** eben auch nichts, daß man die Herleitung noch erkennen kann. Seit ich von der Herleitung weiß, benutze ich Sinfonie einfach nicht mehr, weil Symphonie deutlich einprägsamer ist.

Das nächste Beispiel klingt ganz anders, ist im Grunde aber das Gleiche: In den Naturwissenschaften ist man immer bestrebt, Standard-Einheiten anzugeben, SI-Einheiten z.B. In der Medizin, z.B. bei Beatmungsgeräten, wurde der Druck in Bar angegeben, die alte Einheit ist atü (Atmosphäre Überdruck). Ein Bar ist also in etwa der Luftdruck. Physikalisch ist Bar allerdings keine saubere Einheit, die Physiker benutzen hier Pascal und 1 Bar entspricht dabei 1 · 10e5 Pascal. Beides sind zunächst mal Einheiten, die man einfach lernen muß. Das Problem ist aber, daß man sich unter »1 Bar« etwas vorstellen kann. Selbst mir wäre klar, daß bei Beatmung eines Patienten mit 10 Bar irgendetwas nicht in Ordnung sein kann. Ich bin mir aber absolut nicht sicher, ob die Leute auch so ohne weiteres den Unterschied zwischen 10e5 und 10e6 Pascal wahrnehmen würden.

So ist es in der Typografie doch auch. Otto-Normalleser macht sich doch beim Lesen nicht klar, daß eines der Zeichen für den Beginn und eines für das Ende eines Zitates stehen. Daher erfüllt ja eben in normaler Kommunikation " einfach seinen Zweck. Durch den Gebrauch der korrekten Zeichen wird aber eine zusätzliche Ebene an Informationen hinzugefügt. Diese ist subtil und erschließt sich nicht jedem, man hat aber die Möglichkeit, sie zu erschließen, wenn man das dann möchte.

Genau so ist es doch mit den Phrasen auch. Wie schon geschrieben, natürlich kann ich einfach »es ist sinnvoll« durch »es macht Sinn« substituieren. Die Leute verstehen ja ganz genau, was gemeint ist. Es geht dabei aber eine zusätzliche Ebene an Informtionsgehalt verloren, nämlich daß etwas »mit Sinn gefüllt« sein kann. Was durchaus Sinn macht, wenn man drüber nachdenkt! :twisted:

Sofern mir jetzt aber nicht der immense Vorteil einer Phrase wie »es macht Sinn« erklärt werden kann, dann sehe ich überhaupt nicht ein, warum dieser zusätzliche Informationsgehalt wissentlich und willentlich einfach im Klo runter gespült wird. :bandit:

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Frakturfreak
Der Diskussion nur halb folgend: Ist es nicht ein Unterschied, ob sich eine Redewendung verändert (z.B. »Sinn machen« statt »Sinn haben«) – das verkrüppelt die Sprachfunktion an sich ja nicht, es hat sich nur der Begriff verändert, ob der neue nun aus dem englischen, Kanack oder sonst was kommt –, oder ob die Sprachfunktion an sich (z.B. Auflösung des Fallsystems) verkümmert – einhergehend mit dem Verlust der Möglichkeit zur präzisen Formulierung?

Aprospros Kasusverfall:

Wie lautet das Personalpronomen in der 2. Person Singular im Englischen?

PS: :party: 100. Beitrag.

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