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Die Schriftmuster der Welt in einer Datenbank …

Strauss oder Strauß?

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Liuscorne

Im Laufe meiner Schulzeit hatte ich mir mal eingeprägt, dass sich der Strauß-Musiker mit den Walzern mit "ß" schreibt und der mit der Alpensinfonie und Till Eulenspiegel mit "ss". Nun habe ich hier einen Text, in dem auch der Walzerkönig mit "ss" geschrieben wird; und ein schneller Blick zu Wikipedia führt zu der Behauptung, dass die Schreibweise mit "ß" ein historisches Missverständnis sei.

Daraufhin habe ich mir mal unter imslp.org ein paar Erstdrucke angeschaut und bin immer noch unentschieden. Die meisten Drucke sind für die Frage nicht relevant, weil der Name schlicht in Versalsatz auftaucht. Dann gibt es Beispiele, wo der Name in gemischter Antiquaschreibweise mit "ss" geschrieben wird. Auf demselben Deckblatt wird aber z.B. auch  "Grossbritannien" mit "ss" geschrieben, und diese Schreibweise kenne ich eigentlich aus Büchern des 19. Jahrhunderts nicht, was nahelegt, dass es einen anderen Grund für die Schreibweise gegeben haben könnte (auch wenn ich nicht sagen kann, welcher das sein könnte; spontan dachte ich, dass es in der Satzschrift kein "ß" gab, aber die Titelseiten sind nicht gesetzt, sondern gestochen).

Eine Lithographie unter http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/37/Strau%C3%9FVaterLitho.jpg gibt eine Art Unterschrift wieder, dort taucht das Schlaufen-S auf (das wir in anderem Zusammenhang hier schon diskutiert haben) plus "Kringel", den ich so aus Handschriften des 19. Jh. kenne als "komische" Variante eines lateinischen "s". Ich bin gar nicht sicher, für welche Lesart diese Schreibweise tatsächlich spricht.

Und im folgenden Beispiel taucht der Name in einer gemäßigt gebrochenen Schrift auf (S. 2), und zwar mit Lang-S plus Schluss-S, was für die Version mit "ss" spricht.

http://burrito.whatbox.ca:15263/imglnks/usimg/3/3a/IMSLP175876-PMLP309777-Strauss__Johann_Vater_Robert_der_Teufel_Op_64_Haslinger_6548.pdf

 

Kann jemand historische Aufklärung leisten?

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Du wirst mit diesem Kuddelmuddel leben müssen. Die Eszett-Form war im 19. Jahrhundert nur in gebrochener Schrift eine unmissverständliche Konvention. In lateinischer Schrift waren die Schreibweisen uneinheitlich und ſs, ss und ß (deutlich später!) zu finden. Es ist also kein Wunder, wenn sich die Familie sogar selbst unterschiedlich schrieb:  
http://www.johann-strauss.at/wissen/ss.shtml
 
Der Text des Nachfahren erhält viel typografischen Unsinn, aber man achte auf auf das Ende:

 

Die Strauss-Gesellschaften und -vereine in aller Welt bedienen sich auch wegen der internationalen Lesbarkeit schon längst der Schreibweise Strauss.

Nach meinen tiefergehenden Recherchen ist zu sagen:

Man darf meine Familie „Strauß“ schreiben.

 

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Liuscorne

Vielen Dank für die Antworten und vor allem für den Link zur Strauss/Strauß-Seite. Das Kuddelmuddel wird damit ja eigentlich noch größer. Sind denn wenigstens die Ausführungen zum Schlaufenbuchstaben als Verdopplungszeichen (und eben nicht als Lang-S o.ä.) historisch haltbar? Das würde schon vieles erklären. Und zur Frage der gebrochenen Schriften als Indikator für ß-Schreibung: Meine oben verlinkte Notenausgabe wäre dann doch tatsächlich ein weiteres Indiz für die bevorzugte ss-Schreibung, oder? Wenn der Name "Strauss" auf S. 2 mit ß geschrieben worden wäre, hätte dort in der gebrochenen Schrift auch wirklich ein ß gestanden (nur in Antiqua war's eben lange Zeit nicht so eindeutig).

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… hätte dort in der gebrochenen Schrift auch wirklich ein ß gestanden.

Meistens zumindest. Der Drucker mag etwas anderes für richtig gehalten haben. Aus einer einzelnen Drucksache würde ich keine Schlüsse auf die Schreibung eines Namens ziehen. Man muss sich eher daran gewöhnen, dass es damals überhaupt keine einzig »richtige« Schreibung gab. Schon generell nicht (auf Walbaums Grab steht z.B. Wallbaum) und erstrecht nicht, was die deutschen Sonderbuchstaben (Göthe/Goethe, Strauß/Strauſs/Strauss) im Hin und Her der Zweischriftigkeit angeht. 

  • Gefällt 1
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Wrzlprmft

Mir ist gerade noch die Frage hierzu in den Kopf gekommen, ob der Name Strauss signifikant häufiger in Versalien oder Kapitälchen gesetzt wird, um dieser Problematik aus dem Weg zu gehen.

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CRudolph
Mir ist gerade noch die Frage hierzu in den Kopf gekommen, ob der Name Strauss signifikant häufiger in Versalien oder Kapitälchen gesetzt wird, um dieser Problematik aus dem Weg zu gehen.

Wo wir schon bei Komponisten sind: ein Kollege meinte einmal Hector Berlioz würde deshalb so wenig aufgeführt weil niemand wisse wie sein Name richtig ausgesprochen würde. Aber ansonsten kenne ich es eigentlich auch so: Richard mit SS, die andere Strauß-Familie mit ß (das das ggf. gar nicht richtig ist habe ich erst heute gelernt!). Mir ist bisher nicht aufgefallen das die Namen signifikant häufiger in Versalien geschrieben würden.

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