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Schriftklau beim Design

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Niklas

Ich hatte erst überlegt, mich im Schriftpiraterie-Thread zu beteiligen, aber dieser Aspekt verdient meiner Meinung nach einen eigenen Thread. Es geht mir darum, dass viele Schriftarten offensichtlich direkt von einer anderen Schriftart abgeleitet sind, und ihr nicht etwa nur zufällig ähnlich sehen. Leicht verändert werden sie dann als neues Produkt deklariert. Ich möchte nur mal ein paar zufällig herausgesuchte Beispiele nennen (es gibt sie zuhauf):

Envoy (Minion)

https://www.myfonts.com/search?search%5Btext%5D=Envoy

Tyrnavia (Janson)

https://www.myfonts.com/search?search%5Btext%5D=Tyrnavia

Gf H2O (Frutiger)

https://www.myfonts.com/search?search%5Btext%5D=H2O

Bei anderen Shops findet man sicherlich ähnliche Beispiele.

Unter den Beispielen können natürlich hin und wieder welche sein, die nur unter anderem Namen vertrieben werden (wie Nimbus Sans für Helvetica). Die Segoe ist da wohl nur so umstritten, weil sie eben durch ihre Verwendung herausragt. Ansonsten scheint mir so etwas hundert-, wenn nicht tausendfach betrieben zu werden.

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Andreass

Bei diesem Thema bitte sehr, sehr vorsichtig sein! Die Beispiele sind nicht gut.

Allzu oft wird schnell gesagt, der hat mein Design, meine Idee "geklaut". Besser wäre wohl, dieser oder jener hat ebenfalls den selben Ansatz aufgegriffen bzw. weiterentwicklet bzw. seine Interpretation angefertigt. Alle Schriftentwerfer stehen auf den Schultern der Ahnen. Ein neues Design kann nur 25 Jahre geschützt werden, und zwar als Geschmacksmuster beim Patentamt. Von der praktischen Druchsetzbarkeit brauchen wir nicht zu sprechen, die geht fast gegen Null.

Es steht also jedem frei eine neue Version einer älteren oder gar historischen Schrift wie Janson, Kiss, Garamond und Co. zu versuchen, solange man keine schon digitale Schrift als Grundlage nutzt, also alles selber zeichnet.

Es ist schon merkwürdig wieviele Entwerfer (GGL, Spiekermann, Karl Heinz Lange, Georg Salden, Weidemann) in der einen oder anderen Situation freimütig damit koketieren, daß dieser oder jener ihrer verehrten Kollegen "ihre" Idee benutzt hätten. Das scheint zum etablierten Standesgeklapper zu gehören. :-)

Vom Schriftenklau im eigentlichen Sinne können wir sprechen, wenn große Firmen schon digitale Schriften nutzen und diese geringfügig abändern und das gar nicht einmal mit viel Mühe und dieses als "ihre Hausschrift" vorstellen um die Lizenzgebühren zu sparen. Die bekannten Fälle kann jeder auf Typophil oder im Fontblog nachlesen. Und trotz Offensichtlichkeit und öffentlicher Brandmarkung beleiben diese Dinge oftmals ungestraft, da diese Firmen einfach zu groß sind. Yves Peters hat sich auf dieses Gebiet spezialisiert und sammelt solche Fälle.

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Andreass

Von "Innovation" war hier nicht die Rede, sondern von Diebstahl! Ein Produkt muß nicht innovativ sein, um erfolgreich zu sein. Oftmals sind es nicht die Pioniere, die den Erfolg einstreichen, sondern die Nachfolger.

Futura ist kein gutes Beispiel, es war wohl die einzige Schrift die gerichtlich als Kunstwerk eingestuft wurde. Aber da müßte ich noch einmal nachlesen.

Nehmen wir mal eine andere Schrift, die Kabel von Rudolf Koch zum Beispiel. Wirklich jeder kann heute seine eigene Version davon erstellen und anbieten, solange er keine fremden Vorlagen nutzt und alles selber zeichnet und solange er keine Markenrechte, in dem Fall die Marke "Kabel" verletzt. Dies ist völlig legitim und rechtlich ok.

Die Moral lasse ich hier mal außen vor, das ist ein anderes, wenn nicht minder wichtiges Feld. Mein Tip: Bitte keine Schriften von noch lebenden Personen ohne deren schriftliche Einwilligung antasten. Ansonsten kann man vieles probieren, sollte sich aber immer seiner Verantwortung bewußt sein und sein Können richtig einschätzen. Sonst fällt es nur negativ auf die eigene Person zurück.

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Niklas
Es steht also jedem frei eine neue Version einer älteren oder gar historischen Schrift wie Janson, Kiss, Garamond und Co. zu versuchen, solange man keine schon digitale Schrift als Grundlage nutzt, also alles selber zeichnet.

Diese Ansicht kann ich ganz und gar nicht teilen. Mir geht es um den Unterschied zwischen

- dem Aufnehmen einzelner Merkmale einer Schrift und

- dem Abändern einer Schrift.

Ersteres ist glaube ich selbstverständlich, da niemand im luftleeren Raum lebt und Schriften gestaltet, und durch vergangene Schriften auch Konventionen geprägt werden, nach denen sich spätere Entwickler richten können/müssen.

Bei letzterem behält man die meisten Merkmale einer Schrift und profitiert weiterhin davon. Das, was von der alten Schriftart bleibt, ist mehr als nur ein gestalterischer Ansatz, es ist ein vollständiges Schriftdesign mit einer Persönlichkeit. Diese ist immer noch eindeutig erkennbar und kann der alten Ausgangsschrift zugeordnet werden. Im günstigsten Falle müsste man doch bei einem Klassiker nur hie und da leichte Veränderungen vornehmen, und hat immer noch eine hervorragende Schrift, nur mit neuem Namen. Ob diese Schrift dann direkt im Computer abgeändert wurde oder nach Vorlage abgezeichnet, ist für mich nur eine rechtliche Formalität. Schließlich kann sich jeder ein Schriftmuster ausdrucken und abpausen, und schon hat er eine Schrift angeblich nicht mehr direkt verändert.

Eine bestehende Schriftart zu verändern/zu verbessern ist ja in Ordnung (wie die tausendfache Interpretation von »Autumn leaves« im Jazz). Aber solange eine Schriftart ganz offensichtlich die meisten Merkmale der Vorgängerschrift beibehalten hat und eben nicht von Grund auf neu gezeichnet ist, sollte es auch erkennbar sein (»Neue Helvetica«), ebenso wie der Autor der Ausgangsschrift. Das ist deshalb berechtigt, weil die Ausgangsschrift immer noch wesentlich die Gestalt der neuen Schrift ausmacht.

Wichtig finde ich ebenfalls den Unterschied zwischen dem wünschenswerten Verhalten und der praktischen Durchsetzbarkeit eines »Schriftrechts«. Würde man alles erlauben nach dem Motto »Man kann es sowieso nicht verhindern«, hat man überhaupt keine Maßstäbe mehr für die Schriftentwicklung. Das wünschenswerte Verhalten muss also immer noch im Gespräch bleiben. Soviel Idealismus muss sein.

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Bleisetzer

Hier ein Beispiel aus dem Bleisatz - bewußt unkommentiert:

Abbildung 1 zeigt die Daphne - die zunächst den Namen Typo-Skript trug.

Schriftgießerei TypoArt, Dresden

Erstguß 1965

Hildegard Korger

1012_377a_gruppe_viii__schreibschriften__daphne_1.jpg

Abbildung 2 zeigt die Delphin I

C.E. Weber Schriftgießerei, Stuttgart

Erstguß 1951

Georg Trump, München

1012_448a_gruppe_viii__schreibschriften__delphin_i_1.jpg

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Andreass
Ob diese Schrift dann direkt im Computer abgeändert wurde oder nach Vorlage abgezeichnet, ist für mich nur eine rechtliche Formalität.

Da spricht der (entschuldige bitte) Laie. Gebe 100 Personen die selbe Vorlage eines kleinen 12 pt Buchstaben und sage sie sollen ihn digitalisieren. Du wirst 100 verschiedene, wenn auch sehr ähnliche Buchstaben bekommen.

Nun soll jeder dieser Personen dies für sämmtliche Buchstaben eines Fonts machen und alle die vielen technsichen Dinge und Regeln beachten und daraus einen brauchbaren Font erstellen. Es wird wieder 100 verscheidene Fonts geben. In der Summe entstehen so immer eigenständige Dinge, denen man natürlich und logischerweise den Ursprung ansieht.

Heutige digitale Schriften von den Klassikern haben oft wenig außer dem Namen mit ihnen gemein.

Zum Beispiel von Georg:

Das ist für mich ganz weit weg von einem Plagiat. Es ist vielmehr die individulle Ausformung einer Formensprache, ja ich wage es von sowas wie Zeitgeist zu sprechen.

So, jetzt muß ich aber endlich wieder an die Arbeit, sonst schaffe ich meine durchschnittlichen zwei Buchstaben am Tage nicht mehr. :-)

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Niklas
Da spricht der (entschuldige bitte) Laie. Gebe 100 Personen die selbe Vorlage eines kleinen 12 pt Buchstaben und sage sie sollen ihn digitalisieren. Du wirst 100 verschiedene, wenn auch sehr ähnliche Buchstaben bekommen.

Mag ja sein, aber ändern tut sich die Schrift beim Öffnen und Bearbeiten der Originaldatei ja auch. Soll es etwa eine neue Schriftart sein, wenn irgendetwas Geringfügiges geändert wurde? Nein, es ist eine Variante. Ob eine Schriftart dabei durch dieses oder jenes Medium geschickt wurde, tut meiner Meinung nach nichts zur Sache. Es ist und bleibt knifflig, zu entscheiden, ab wann eine wesentliche Veränderung einer Schrift eintritt.

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Niklas

Bei den Sans-Schriften ist es natürlich immer deutlich schwieriger einzuschätzen, weil sie schlicht einfacher aufgebaut sind. Ich finde aber, dass die H2O der Frutiger (zumindest Regular) ähnlicher sieht als irgendeiner anderen Schriftart. Ob sie daher eine eigene Schrift für sich ist (und nicht Frutiger X), daran zweifle ich persönlich, aber darüber lässt sich streiten. Es ist natürlich denkbar, dass ein eigener Schriftentwurf schlussendlich einer bereits bestehenden Schriftart ähnelt, aber solange einem Ähnlichkeiten speziell zu einer Schriftart ins Auge fallen, ist die Frage der Entstehung zumindest nicht geklärt. Klarer finde ich da die anderen beiden Beispiele.

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Niklas

Das hier soll jetzt nicht dazu ausarten, diese Schrift runterzumachen. Es sollten lediglich ein paar Beispiele geliefert werden und ich habe mir jetzt nicht die Muße genommen, jeden Buchstaben und jeden Schnitt durchzugehen.

Da muß ich nachfragen: Läßt sich darüber streiten, ob das kleine g der H2 O anders aussieht als das kleine g der Frutiger? Und das y und das ß? Wie kommt die Serife an die 1? Warum streckt das kleine f der H2O den Kopf über den Hals hinaus? Usw. usf., abgesehen von I und l ist doch hier kein Buchstabe annähernd gleich, oder bin ich blind?

Natürlich sind manche Buchstaben völlig anders. Aber das bedeutet nicht, dass die Schrift nicht von der Frutiger abgeleitet ist. Was wäre denn, wenn du diese besagten Buchstaben einfach weglässt und den Vergleich erneut anstellst? Eure Auffassung von Schriftpersönlichkeit ist offensichtlich liberaler.

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Da muß ich nachfragen: Läßt sich darüber streiten, ob das kleine g der H2 O anders aussieht als das kleine g der Frutiger?

Nein. Aber genau das ist doch Trick! Man öffne einen Font, ändere ein paar Details ab und verteile ihn unter neuem Namen. Manchmal ist das Plagiat so offensichtlich wie aktuell bei UPS Sans/DAX, manchmal sind die Änderungen so clever gemacht, dass man den Unterschied nur schwer ausmachen kann und erstrecht nicht auf dem Rechtswege einem Richter klarmachen kann.

Ein anderes Beispiel gefällig:

XBand Rough, seit Jahren auf allen einschlägigen Download-Seiten zu finden:

http://www.fontseek.com/cgi-bin/fsearch ... nd&x=0&y=0

Jeder Profi erkennt darin auf der ersten Blick die FF Confidential:

https://www.myfonts.com/fonts/fontfont/ff-confidential/

»Markenware« wird immer gefälscht werden. Ob nun Lacoste-T-Shirts aus der Türkei oder Fonts.

Genau aus diesem Grund sind hier Links auf diese berühmte große Free-Font-Seite nicht erlaubt. Dort gibt es eben massenhaft solche Plagiate.

Ralf

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Norbert P

xbandrough ist ja wirklich schamlos, jeder Mikrometer ist so was von offentsichtlich abgekupfert - da hätte man doch besser seine Kinderdruckerei eingescannt ...

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