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Neue Rechtschreibung?

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Dann erklär doch die pragmatischen Hintergründe deiner konservativen Haltung. Ist doch überhaupt kein Problem und hat mit Krach überhaupt nichts zu tun. Es geht doch um die Inhalte, nicht um die Aufschriften auf den Verpackungen.

Das Label »pragmatisch« hab ich mir übrigens nicht mal selber angesteckt. Ich glaube, das hat Pachulke mal etabliert – als Gegenstück zu seiner freimütig angenommenen konservativen Rolle.

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CRudolph

Es gibt keine leeren Begriffe. Wenn du auf einer Seite, der deinigen, den Pragmatismus verortest, dann auf der anderen Seite doch die Unvernunft.

Was ist das für eine merkwürdige Herangehensweise? Pragmatisch bedeutet ja im weiteren Sinn nur daß es ein feedback zwischen einer praktischen Ausführung und dem theoretischen Hintergrund gibt. In einem technischen Hintergrund mag dies bedeuten daß pragmatische Lösung ggf. als intelligenter wahrgenommen werden (hier als intelligent practise bezeichnet). Gerade wenn es um emotionale oder künstlerische Aspekte geht (und ich zähle Sprache im weiteren Sinne dazu) wird es aber ja extrem schwierig. Oder anders ausgedrückt: wenn ich anfange die Beerdigung eines terminalen Krebs-Patienten im Endstadium zu organisieren, dann mag das in gewisser Weise pragmatisch sein; aber wenn ich das nicht tue dann bin ich doch deshalb noch lange nicht unvernünftig. Mir erscheint immer mehr als sei es ein gewisses Schubladen-Denken der verwendeten Begriffe welches in dieser Diskussion die größten Probleme macht.

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Kathrinvdm
Mir erscheint immer mehr als sei es ein gewisses Schubladen-Denken der verwendeten Begriffe welches in dieser Diskussion die größten Probleme macht.

Danke, den Eindruck habe ich auch.

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Gast bertel

Mir scheint darüber hinaus, dass Martin den Begriff Pragmatismus falsch verwendet. Pragmatismus hat nichts mit Vernunft zu tun, daher kann der Konterpart schon gar nicht Unvernunft sein.

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boernie

Zum Thema »Pragmatismus« empfehle ich die Lektüre des

Klassikers von Max Horkheimer: Kritik der instrumentellen Vernunft

(Fischer Taschenbuch).

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Dieter Stockert
Wenn du auf einer Seite, der deinigen, den Pragmatismus verortest, dann auf der anderen Seite doch die Unvernunft.

Man kann, wenn man will, auch eine pragmatische Haltung negativ besetzen, à la fortschrittsfeindlich, das Mäntelchen nach dem Wind hängen usw.

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Martin Z. Schröder

Sprechen wir verschiedene Sprachen? Ich habe mich im Duden vergewissert, daß ich das Wort meine, das ich lese und schreibe.

pragmatisch - lat. / griech. = in Geschäften geschickt; (Pragmatik - die Kunst richtig zu handeln)

1. auf die anstehende Sache und entsprechendes praktisches Handeln gerichtet; sachbezogen

ein pragmatischer Politiker, eine pragmatische Betrachtungsweise, pragmatisch denken

2. Sprachwissenschaft: das Sprachverhalten, die Pragmatik als linguistische Disziplin betreffend

Ist mir entgangen, daß dieses ein linguistisches Forum ist?

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pragmatisch - lat. / griech. = in Geschäften geschickt; (Pragmatik - die Kunst richtig zu handeln)

1. auf die anstehende Sache und entsprechendes praktisches Handeln gerichtet; sachbezogen

ein pragmatischer Politiker, eine pragmatische Betrachtungsweise, pragmatisch denken

Jepp. So ist’s gemeint. Das ist aber weder prinzipiell wertend (im Sinne von gut/schlecht, vernünftig/unvernünftig) und erstrecht ist es keine Aussage über ein vermeintliches »Gegenteil«, im Sinne von: wer nicht zum offiziellen Lager der Pragmatiker gehört, muss wohl unvernünftig sein. Das hast du dir alles zusammengereimt. Nach dem Motto: Wenn ich Mitglied der Sozialdemokratischen Partei bin und du nicht – dann ist all mein Handeln sozial und demokratisch und all dein Handeln muss wohl unsozial und undemokratisch sein – schließlich ergibt sich das ja aus den Namen der Schubladen.

Aber die Diskussion um das Wort Pragmatik sind so spannend wie die um das Wort Prinzip. Es wäre immer noch viel interessanter, über die Argumentationen zu Wandel von Schrift und Sprache (z.B. Rechschreibreformen/Abschaffung von Fraktursatzregeln etc.) zu sprechen. Offenbar hast du da eine klare Meinung – willst sie aber nicht sagen.

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Liuscorne

Ein "pragmatisches" Argument für die alte Rechtschreibung:

Ich habe keine grundsätzlichen Vorbehalte gegen die neue Rechtschreibung, sie war mir sogar von Anfang an sympathisch, weil ich beim Tippen weniger Fehler mache, da ich das ß seltener ansteuern muss. Da die Reform nun einmal eingeführt ist und sich etabliert hat, sehe ich auch keine wirklich triftigen Gründe, die unbedingt für die alte Rechtschreibung sprechen. Was jedoch nicht heißt, dass ich sie mir nicht manchmal zurückwünsche.

Ich habe berufsmäßig mit dem Korrigieren und Lektorieren von Texten zu tun. Die erste Frage bei jedem Auftrag lautet: alte oder neue Rechtschreibung? Man muss zwei verschiedene Rechtschreibungen im Kopf haben – und das liegt nicht nur am "konservativen" Beharrungswillen von Verlagen und Autoren; manchmal gibt es sachliche Gründe für die alte Rechtschreibung (z.B. Sammelbände mit zahlreichen "alten" Artikeln, die "neuen" Artikel werden einheitlich auch in alter Rechtschreibung veröffentlicht). Fällt die Wahl auf neue Rechtschreibung, gehen die Nachfragen gleich weiter: Welche Version der neuen Rechtschreibung soll zugrunde gelegt werden? Ist bei mehreren Schreibmöglichkeiten die vom Duden empfohlene Schreibung zu wählen? Gibt es eine "Hausrechtschreibung" des Verlags? Was mache ich bei Sammelbänden? Innerhalb der einzelnen Artikel soll sicherlich vereinheitlicht werden; aber auch im gesamten Band? Und wenn ja, nach welchem Kriterium? Mehrheitliche Verwendung bestimmter Ausdrücke (also wenn 6 von 10 Autoren "potentiell" schreiben, bleibt's so, sonst wird daraus "potenziell")? Sollen gleiche Fälle auch wirklich gleich behandelt werden (wenn wir "potenziell" schreiben, dürfen wir nicht "existentiell" schreiben)? usw. usw.

Man verwendet sehr viel Zeit darauf, Listen zu erstellen, Schreibweisen zu vergleichen, anzugleichen ... und sich gelegentlich mit Autoren herumzustreiten, die aus durchaus verständlichen Gründen sagen: Das ist doch aber eine korrekte Schreibweise, warum haben Sie das geändert?

Aus ganz pragmatischen Gründen wünsche ich mir gelegentlich die für alle verbindliche alte Rechtschreibung zurück, einfach weil sich damit viele Probleme erledigen würden. Ein wichtiger Grund für die neue Rechtschreibung – Dinge einfacher zu machen – hat sich aus meiner Sicht leider ins Gegenteil verkehrt.

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Joshua K.
Warum sind Änderungen von Konventionen automatisch ein Herablassen auf ein niedrigeres Niveau? Und wenn ja, warum sollen wir dann unbedingt das Niveau von 1940 halten? Warum nicht das von 1840? Warum ist nicht 2012 der Maßstab der Konventionen?

Hier hat – soweit ich das sehe – niemand behauptet, daß Änderungen von Konventionen automatisch ein Herablassen auf ein niedrigeres Niveau bedeuten. Bei den Fraktursatzregeln ist das allerdings der Fall. Bis zuletzt sind die Fraktursatzregeln weiterentwickelt und immer besser an das Deutsche angepaßt worden. Die zuletzt übliche Schreibung ist schlüssiger und sinnvoller als vorher übliche Schreibungen, beispielsweise sind die S-Schreibung und der Satz von Verbünden angeglichen worden. Im wesentlichen geht es dabei ja darum, Wortfugen zu markieren, was fürs Deutsche eine Lesehilfe ist, weil dort Zusammensetzungen häufig sind. Gerade beim s ist die Unterscheidung von zwei Formen sinnvoll, da das s besonders häufig vor Wortfugen steht, oft als Fugen-s.

Wir machen uns Gedanken über minimalste Buchstabenabstände und die winzige Kollision von f und i, aber haben keine Probleme dem Leser Buchstaben hinzuknallen, die er in der Schule nicht gelernt hat.

Knallst Du dem Leser nicht mit fast jedem a einen Buchstaben vor, den er in der Schule nicht gelernt hat?

»Ausgestorben« war im Zusammenhang mit den gebrochenen Schriften sicher eine unglückliche Wortwahl. Für die speziellen Satzregeln sind wir aber praktisch an diesem Punkt. Nur weil man ab und zu mal an einem Gaſthof vorbeifährt oder einen F a u ſt in die Hand nimmt, prägen sich keine entsprechenden Konventionen mehr in der deutschen Leserschaft. (So wie uns die Schloßschänke nicht automatisch alte Rechtschreibung beibringt.)

Man muß die S-Regeln genausowenig lernen wie die alte Rechtschreibung, um entsprechende Schreibungen lesen zu können. Meiner Ansicht nach ist das lange ſ immernoch soweit verbreitet, daß es so gut wie jeder versteht. Man denke beispielsweise an Fernsehwerbung von Warſteiner, die selbst jene zum Lesen ausreichend über das ſ unterrichtet, die in ihrem Leben nur gelegentlich einen ordentlichen Gaſthof von außen sehen. Tatsächlich ist mir noch niemand begegnet, der das lange ſ nicht hat lesen können. Indem Gestalter allerdings davon ausgehen, das lange ſ könne nicht gelesen werden, und deshalb ohne Not darauf verzichten, tragen sie dazu bei, daß es immer seltener zu sehen ist, und es irgendwann vielleicht tatsächlich kaum noch jemand lesen kann.

Diese Woche werde ich eine Speisekarte in gebrochener Schrift setzen. Es wird Apfelsaft geben – nicht Apfelfaft. Konservative mögen mich verfluchen – die Gäste der Gaststätte werden es mir danken.
Und was werden wohl die konservativen Gäste denken?
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Pachulke
Und was werden wohl die konservativen Gäste denken?

»Wenn das Essen so ist wie die Orthographie, bestelle ich lieber nur ein Bier. Aber kein Rosen-Bräu.«

oder:

»Warum müssen Gastronomen ihre Speisekarten immer entweder selbst basteln oder Analphabeten damit beauftragen.«

Dem Ralf wird’s egal sein, Konservative sind halt nicht die Zielgruppe.

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Im wesentlichen geht es dabei ja darum, Wortfugen zu markieren, was fürs Deutsche eine Lesehilfe ist, weil dort Zusammensetzungen häufig sind. Gerade beim s ist die Unterscheidung von zwei Formen sinnvoll, da das s besonders häufig vor Wortfugen steht, oft als Fugen-s.

Du kennst ja meine Meinung dazu: 70 Jahre Standardsatz in Antiqua sollten genug Beleg sein, dass die Morphemgrenzen-Hilfe des ſ nur auf dem Papier besteht (Wach-Stube/Wachs-Tube), aber in der Praxis zu keinerlei Klagen führt. Selbst wenn s-Laute an Morphengrenzen häufiger vorkämen, ist das kein Beleg für entsprechende Leseprobleme – ganz im Gegenteil. Das Fugen-s in Sonntagsausflug wird doch beim Lesen erwartet und niemand liest da Sonntag-Sauflug. Die Gründe, Morphengrenzen falsch zu lesen, sind vielfältig. Typisch ist, dass einem Silben und Wortteile bekannt vorkommen, obwohl sie im zusammengesetzten Wort nur eher zufällig so zusammentreffen. Dass s-Laute da übermäßige Probleme hervorrufen würden, ist eine unbelegte Schutzbehauptung, die die bereits tote Konvention nachträglich mit Sinn füllen soll. Aus der Praxis kann ich keine Belege dafür finden, die eine Morphengrenzen-Unterscheidung für s-Laute nötiger machen würde, als für irgendwelche anderen Buchstaben.

Knallst Du dem Leser nicht mit fast jedem a einen Buchstaben vor, den er in der Schule nicht gelernt hat?

Ich kann Dir nicht folgen.

Indem Gestalter allerdings davon ausgehen, das lange ſ könne nicht gelesen werden, und deshalb ohne Not darauf verzichten, tragen sie dazu bei, daß es immer seltener zu sehen ist, und es irgendwann vielleicht tatsächlich kaum noch jemand lesen kann.

Heute vor 70 Jahren hätten wir Gestalter noch die Chance gehabt, die Konvention in die eine oder andere Richtung zu drehen. Dass die Entscheidung heute noch bestünde, ist – außerhalb der speziellen Lese-Erfahrung der Nutzergruppe so eines Fachforums – einfach realitätsfern.

Und was werden wohl die konservativen Gäste denken?

Das sehe ich wie immer pragmatisch. Wenn 95% der Nutzer mit Antiqua-artigem Fraktursatz mehr geholfen ist, bin ich meiner Aufgabe als Gestalter gerecht geworden. Ich kann ja nicht für jede Sektenabspaltung eine eigene Karte gestalten. »Hätten Sie gern die Karte mit alter oder neue Rechtschreibung? Die mit alten oder neuen Fraktursatzregeln? Die mit Pachulke-C-Schreibungen? Oder so wie es Kaiser Wilhelm immer schrieb? …« Wer mit Sprach- und Schriftdogmen durch die Welt geht, muss selbst damit leben, dass er überall auf den Feind trifft.

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R::bert
Indem Gestalter allerdings davon ausgehen, das lange ſ könne nicht gelesen werden, und deshalb ohne Not darauf verzichten, tragen sie dazu bei, daß es immer seltener zu sehen ist, und es irgendwann vielleicht tatsächlich kaum noch jemand lesen kann.

Setzt Du etwa alle Texte noch mit dem das langen ſ?

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Phoibos
Wortfugen zu markieren
Da wir sowohl Interpunktion als auch Wortzwischenräume kennen, halte ich das für überflüssig, da kann das Lang-S nicht den Traditionsschutz des Sigma einfordern.
Knallst Du dem Leser nicht mit fast jedem a einen Buchstaben vor, den er in der Schule nicht gelernt hat?

Hast du nicht beide a in der Schule kennengelernt? In meiner Grundschule gabs die Märchenleselernbücher in zwei Varianten: Für die mit Leseschwächen das a, große Schriftgrößen, großer Zeilenabstand, einfache Sprache. Für die anderen das gewöhnliche Antiqua-a, übliche Lesegrößen mit entsprechenden Zeilenabstand, komplexerer Satzbau.

Man muß die S-Regeln genausowenig lernen wie die alte Rechtschreibung, um entsprechende Schreibungen lesen zu können. Meiner Ansicht nach ist das lange ſ immernoch soweit verbreitet, daß es so gut wie jeder versteht. Man denke beispielsweise an Fernsehwerbung von Warſteiner, die selbst jene zum Lesen ausreichend über das ſ unterrichtet, die in ihrem Leben nur gelegentlich einen ordentlichen Gaſthof von außen sehen.
Da bestreite ich, dass Warsteiner gelesen wird, ich denke eher, dass das Wortbild erkannt wird. Heutzutage verfälscht das Lang-S das Wortbild so sehr, das Wörter Buchstabe für Buchstabe gelesen werden müssen und dann auch noch gegen Wortlisten gegengelesen werden müssen (Wasser hat ein anderes Wortbild als Waſſer).
Tatsächlich ist mir noch niemand begegnet, der das lange ſ nicht hat lesen können.
Das stimmt, denn unser Hirn hat eine geradezu monströse Fehlerkorrektur, sobald die Mustererkennung nicht auf Anhieb Ergebnisse liefert.
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RobertMichael
Meiner Ansicht nach ist das lange ſ immernoch soweit verbreitet, daß es so gut wie jeder versteht. Man denke beispielsweise an Fernsehwerbung von Warſteiner, die selbst jene zum Lesen ausreichend über das ſ unterrichtet, die in ihrem Leben nur gelegentlich einen ordentlichen Gaſthof von außen sehen.

das liegt doch nur daran weil die werbung vertont ist und jeder der schonmal von Warſteiner und Jägermeiſter gehört hat dieses auch lesen kann. was denkst du wie oft ich bei türkischen restaurants (in deutschland) schon Jägermeifter gelesen habe.

Indem Gestalter allerdings davon ausgehen, das lange ſ könne nicht gelesen werden, und deshalb ohne Not darauf verzichten, tragen sie dazu bei, daß es immer seltener zu sehen ist, und es irgendwann vielleicht tatsächlich kaum noch jemand lesen kann.

und ich sage zurecht! keiner braucht das lange ſ heutzutage, wozu fortführen?

dies bezieht sich natürlich nur auf den modernen gebrauch der fraktur, nicht auf den historischen satz.

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Pachulke
was denkst du wie oft ich bei türkischen restaurants (in deutschland) schon Jägermeifter gelesen habe.

Is nur weil Deutsche sich nich integrieren und lerne endlisch ordentlisch türküsch, Alta! Heißt das avcı usta und gut is!

und ich sage zurecht! keiner braucht das lange ſ heutzutage, wozu fortführen?

… und diese Scheiß-Versalien sowieso nicht!

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Joshua K.
Du kennst ja meine Meinung dazu: 70 Jahre Standardsatz in Antiqua sollten genug Beleg sein, dass die Morphemgrenzen-Hilfe des ſ nur auf dem Papier besteht (Wach-Stube/Wachs-Tube), aber in der Praxis zu keinerlei Klagen führt. Selbst wenn s-Laute an Morphengrenzen häufiger vorkämen, ist das kein Beleg für entsprechende Leseprobleme – ganz im Gegenteil. […]

Ich habe doch nie von Problemen gesprochen! Ich bestreite nicht, daß es auch ohne langes ſ gut funktioniert – aber Verbundsatz und Unterscheidung zwischen ſ und s sind Lesehilfen, mit denen es eben noch ein bißchen besser funktionieren kann.

Im Altertum hat es im übrigen wohl auch nicht zu Klagen geführt, daß es keine Wortzwischenräume und keine Kleinbuchstaben gab. Das sollte ja dann auch Beleg genug sein, daß die Vorteile dieser Entwicklungen nur auf dem Papier bestehen.

Da wir sowohl Interpunktion als auch Wortzwischenräume kennen, halte ich das für überflüssig, da kann das Lang-S nicht den Traditionsschutz des Sigma einfordern.

Durch Satzzeichen werden Sätze und Satzteile voneinander getrennt, durch Zwischenräume Wörter. Innerhalb von Wörtern setzt man im Deutschen jedoch (bislang) weder Zwischenräume noch Interpunktion! Der Bereich der Fugen innerhalb von Wörtern wird gerade erst durch die Fraktursatzregeln (Unterscheidung zwischen Verbünden/Einzelbuchstaben und ſ/s) abgedeckt!

Hast du nicht beide a in der Schule kennengelernt?

Nein, uns hat in der Schule niemand das Antiqua-a erklärt, genausowenig wie das Antiqua-g.

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Phoibos
Im Altertum hat es im übrigen wohl auch nicht zu Klagen geführt, daß es keine Wortzwischenräume und keine Kleinbuchstaben gab.
Aber ganz im Gegenteil! Verwechsle nicht offizielle Inschriften mit Gebrauchsschriften.
Innerhalb von Wörtern
...benötigt niemand eine Fugenkennzeichnung. Und schon gar nicht so eine selektive wie das s.
Nein, uns hat in der Schule niemand das Antiqua-a erklärt, genausowenig wie das Antiqua-g.
Erklärt hat bisher mir so gut wie niemand ein Buchstabe, aber man hat ihn uns vorgestellt als alternative Schreibung.
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Ich habe doch nie von Problemen gesprochen!

Oha – wir erreichen einen historischen Meilenstein: den Kompromiss! :-)

aber Verbundsatz und Unterscheidung zwischen ſ und s sind Lesehilfen, mit denen es eben noch ein bißchen besser funktionieren kann.

Ja. Wenn dies denn eine geltende Konvention wäre. Was aber nicht der Fall ist, wodurch die Lesehilfe zum Lesehindernis wird. Kann man sich noch so auf den Kopf stellen. Isso.

Innerhalb von Wörtern setzt man im Deutschen jedoch (bislang) weder Zwischenräume noch Interpunktion!

Doch, natürlich. Nämlich immer dann, wenn die Wortfuge eventuell zu Missverständnissen einlädt. Drucker-Zeugnis/Druck-Erzeugnis. Da braucht man nicht nicht 26 Spezial-Morphengrenzen-Alternativbuchstaben durch das Alphabet schleppen, nur weil alle 50 Seiten mal ein Wort auftaucht, dessen Wortfugen nicht sofort erkennbar wären.

Und da sich dieses Problem so leicht lösen lässt, besteht eben auch kein Leidensdruck der Schriftnutzer das ſ irgendwie wieder zu beleben.

Der Bereich der Fugen innerhalb von Wörtern wird gerade erst durch die Fraktursatzregeln (Unterscheidung zwischen Verbünden/Einzelbuchstaben und ſ/s) abgedeckt!

Und diese schöne Besonderheit des alten Fraktursatzes sollten wir gern jedem als museales Wissen vermitteln, der sich dafür interessiert. Aber im 21. Jahrhundert spielt es in der Anwendung keine Rolle mehr. Und ich sehe keine Anzeichen, dass sich das noch einmal ändern wird.

Nein, uns hat in der Schule niemand das Antiqua-a erklärt, genausowenig wie das Antiqua-g.

Das taugt ja nun als Argument für gar nix. Die Alternativformen sind selbstverständlicher Teil der Grunschulausbildung und Leseerfahrung von Schülern in und außerhalb der Schule. (Ich hatte das vor einer Weile extra mal meine Mutter – aktive Grundschullehrerin – gefragt.) Jedes Kind liest tausende Harry-Potter-Seiten und kommt tagtäglich mit diesen Buchstaben in Berührung. Ob sie direkt als erstes gelernt werden, ist doch völlig unerheblich. Sie sind selbstverständlicher Teil heutiger Satzkonvention. Zumal sie nur Glyphenvarianten sind und keinerlei eigenen Satzkonventionen folgen.

Mit einigen Frakturformen ist das doch gar nicht zu vergleichen. Die sind teilweise so fremd wie unlesbare ausländischen Zeichen oder laden zu falschen Deutungen ein (x/r, ſ/f, n/y usw.). Die Satzkonzepte über Morphengrenzen, Zwangsverbünde etc. sind wiederum ein vollkommen unbekanntes Prinzip, dass sich einen Kind überhaupt nicht von alleine erschließt. Das kann man doch alles nicht mit den alternativen Schreibformen von a und g vergleichen.

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Þorsten
Im wesentlichen geht es dabei ja darum, Wortfugen zu markieren, was fürs Deutsche eine Lesehilfe ist, weil dort Zusammensetzungen häufig sind. Gerade beim s ist die Unterscheidung von zwei Formen sinnvoll, da das s besonders häufig vor Wortfugen steht, oft als Fugen-s.

Warum ist es dann in der Antiqua (noch schneller/klarer) verschwunden? Was nützt, wird auch benutzt. Und wenn es informell ist, wenigstens in der Handschrift. Die Kennzeichnung des handschriftlichen u durch einen breveartigen Bogen ist z.B. solch ein Brauch, der zumindest von einigen (älteren) Schreibern als so nützlich erachtet wurde, dass er auch in der lateinischen Schreibschrift noch relativ lange verwendet wurde. Wenn die spezielle Fugenkennzeichnung so toll und nützlich ist, warum sahen die Schreiber dafür keine Notwendigkeit?

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Mueck
Die Kennzeichnung des handschriftlichen u durch einen breveartigen Bogen ist z.B. solch ein Brauch, der zumindest von einigen (älteren) Schreibern als so nützlich erachtet wurde, dass er auch in der lateinischen Schreibschrift noch relativ lange verwendet wurde.

Bei Sütterlin war das ein existentieller Zusatz zur Unterscheidung von u und n und bei so mancher Sauklaue wäre es immer noch hilfreich ;-)

Schade, dass ich ein Ladenschild mit "fōn" nie geknippst habe. Da habe ich mich auch immer rhetorisch gefragt, ob da, wie bei u und n, ein o von einem, ähm, a? besser unterschieden werden soll, oder wie beim m̄ eine Verdoppelung gekennzeichnet werden soll ... Wer errät den wahren Ladeninhalt? ;-)

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Liuscorne
Meiner Ansicht nach ist das lange ſ immernoch soweit verbreitet, daß es so gut wie jeder versteht. [...] Tatsächlich ist mir noch niemand begegnet, der das lange ſ nicht hat lesen können. Indem Gestalter allerdings davon ausgehen, das lange ſ könne nicht gelesen werden, und deshalb ohne Not darauf verzichten, tragen sie dazu bei, daß es immer seltener zu sehen ist, und es irgendwann vielleicht tatsächlich kaum noch jemand lesen kann.

Ich glaube, dass es eine wichtige (wenn auch untergeordnete) Aufgabe von Sprache und Typografie ist, Traditionen lebendig zu halten. Es ist gut, wenn Leute gelegentlich mit "richtigem" Fraktursatz konfrontiert werden – nicht weil das die meisten ohnehin noch lesen können, sondern gerade weil sie es NICHT mehr lesen können. Je seltener Menschen damit konfrontiert werden, umso geringer ist die Chance, dass wenigstens ein paar sich die Fähigkeit erhalten, so etwas lesen zu können, umso größer ist die Gefahr, dass ein Teil der kulturellen Überlieferung nicht mehr zugänglich ist. Es geht hauptsächlich darum, eine kulturelle Tradition oder Praxis soweit lebendig zu halten, dass Leute überhaupt auf die Idee kommen, dass es da etwas gibt, dass sich zu entdecken lohnt. Bei Fraktur ist das wahrscheinlich noch am einfachsten, weil es nicht so schrecklich viel Übung braucht, um sich einzulesen. Schwieriger wird es schon mit der Kurrentschrift. Wer kann heute noch alte Kirchenbücher oder handgeschriebene amtliche Dokumente aus dem 18. oder 19. Jahrhundert lesen? Die zugespitzte Version dieses Arguments habe ich in Bezug auf die lateinische Sprache gelesen: Die antiken Klassiker sind so gut erschlossen, dass sie in Form von Übersetzungen und Kommentaren überleben würden, auch wenn niemand mehr das Original lesen kann (was schon bedauerlich genug ist). Aber was ist mit der riesigen Literatur des Mittelalters, die nicht in gleicher Weise erschlossen ist? Wenn immer weniger Leute Latein lernen, gibt es irgendwann nicht mal mehr die einzelnen Fachleute, die solche Dokumente, Bücher etc. lesen können; wir hätten uns von unserer eigenen Vergangenheit abgeschnitten ...

Was das jetzt alles für die Praxis heißt, weiß ich nicht so recht; ich bin nicht mal sicher, ob das Argument empirischer Überprüfung standhält. Aber ganz unberechtigt scheint es mir auch nicht zu sein ...

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