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Abkürzungen mit small caps - Sonderfälle

Empfohlene Beiträge

upthera

Hallo zusammen,

 

ich ersetze gerne beim Setzen von Büchern mit Großbuchstaben geschriebene Abkürzungen (CIA, USA, UNO etc.) durch small caps. Allerdings gibt es Fälle mit zusätzlichen Kleinbuchstaben, für die ich keine Lösung weiß. Zum Beispiel beim Plural von NGO ("NGOs") würde es komisch aussehen, wenn die Großbuchstaben in small caps gesetzt würden und der Kleinbuchstabe genau so groß wäre (siehe Bild). Ebenso bei "UdSSR". Wie würdet ihr das lösen?

small.png

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Martin Z. Schröder

Der Plural von NGO könnte vielleicht besser NGO lauten.
Ich setze bei Abkürzungen keine Kapitälchen, denn die Abkürzungen sollen nicht hervorgehoben werden. Man setzt besser diese Versalien einen Punkt kleiner, damit sie unauffälliger im Text werden. Kapitälchen machen sie ja noch stärker zum Blickfang als Versalien.  So etwas wie UdSSR fällt dann auch weniger auf, wenn man die Versalien etwas verkleinert. Hier vielleicht die Versalien nur einen halben Punkt kleiner, das würde ich ausprobieren. Vielleicht dann auch das »d« kleiner wegen der Oberlänge. Wenn man viel Zeit hat. Das dürfte für das Lesen ziemlich gleichgültig sein, wie das d gemacht ist, man erfaßt das ja im Vorbeifliegen.

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Þorsten
vor 9 Stunden schrieb Martin Z. Schröder:

Ich setze bei Abkürzungen keine Kapitälchen, denn die Abkürzungen sollen nicht hervorgehoben werden. Man setzt besser diese Versalien einen Punkt kleiner, damit sie unauffälliger im Text werden. Kapitälchen machen sie ja noch stärker zum Blickfang als Versalien.

Magst du das erklären? Für mich ist das nicht offensichtlich.

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Martin Z. Schröder

Es geht um die Gewohnheit. Wenn man eine Abkürzung in Großbuchstaben erwartet und diese sich eindeutig und auffällig nicht in gewohnten Großbuchstaben, sondern in besonders kleinen Großbuchstaben zeigt, irritiert das im Lesefluß. Das Auge nimmt bekanntlich ganze Wortgruppen wahr und tastet sich auch immer ein wenig voraus. Wenn man sehr schnell liest, erfaßt man ganze Absätze mit einigen springenden Blicken (überfliegen). Das geht nur gut, wenn der Text sich unauffällig macht, also typografisch ganz zurückhält. Günstig ist aber auch, wenn die Abkürzung aus Versalien sich typografisch ein wenig dem gewöhnlichen Satz anpaßt, sich der Zeile ein wenig besser einfügt, also setzt man sie geringfügig kleiner (zu viel kleiner würde die Buchstaben in den meisten Schriften zu dünn werden lassen) und gleicht ein wenig aus und spationiert ganz leicht. Es darf nicht gesperrt wirken, das würde wieder zu sehr auffallen. So entspricht man einerseits der Gewohnheit und Erwartung des Wortbildes und vermindert andererseits den nicht ganz vermeidbaren Auszeichnungscharakter mehrerer Versalien. An Kapitälchen dürfte der Blick eher hängenbleiben, weil sie die Lesegewohnheit durchbrechen. Überall, wo man sonst schneller schreibt und liest, in Emails, auf dem Handy, handschriftlich, sind Kapitälchen unüblich. Sie sind also wie ein Gruß des Typografen: Schau, ich, der Experte, hab es hübsch gemacht, ich hab den Grauwert beibehalten. Für das Lesen ist das kontraproduktiv. Wie bei vielen solchen Meinungen oder Regeln gilt auch hier: Der Einzelfall zählt, und es muß von Fall zu Fall geprüft und entschieden werden. In Akzidenzen verwende ich auch manchmal Kapitälchen für lange Abkürzungen wie u.a.w.g. (nicht aber in U.A.w.g., weil ich nicht die ersten beiden Wörter auszeichnen will und das kaum unterscheidbare w/w schwer zuzuordnen wäre: u.a.w.g.), was wegen der Räume vor und nach den Punkten überhaupt eine korrekturaufwendige Abkürzung ist. Akzidenzen enthalten sehr kurze Texte, hier geht es nicht um Unauffälligkeit für den ungestörten Lesefluß, sondern um ein schönes, geschlossenes Bild aus Schrift. Bei RSVP, ohne Punkte, setze ich eher die gewöhnlichen Versalien einen Grad kleiner.

  • sehr interessant! 1
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Dieter Stockert

Da muss ich Martin zustimmen. Ich hatte auch schon den Fall, dass ich solche Abkürzungen in einer Arbeit in Kapitälchen setzen wollte, das dann aber wieder zurückgenommen habe, weil es einfach beim Lesen ablenkend bzw. störend gewirkt hat.

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Þorsten
vor 14 Stunden schrieb Martin Z. Schröder:

An Kapitälchen dürfte der Blick eher hängenbleiben, weil sie die Lesegewohnheit durchbrechen.

Was Typografen und (andere) Typonerds angeht, glaube ich das gern. Aber wie sieht es mit »normalen« Lesern aus? Registrieren die Kapitälchen? Habt ihr, die ihr ständig Texte für viele Leser setzt, da schon mal Rückmeldungen bekommen?

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Þorsten
vor 14 Stunden schrieb Martin Z. Schröder:

Kapitälchen […] sind also wie ein Gruß des Typografen: Schau, ich, der Experte, hab es hübsch gemacht, ich hab den Grauwert beibehalten. Für das Lesen ist das kontraproduktiv.

Interessante Perspektive.

 

Ich dachte immer, die Binsenweisheit wäre genau umgekehrt: Kapitälchen → gleicher Grauwert → insgesamt unauffälliger → angenehmeres/einfacheres Lesen. Klar, in der Praxis muss man immer abwägen.

 

Die These, dass veränderte Lesegewohnheiten (heute lesen wir fast nur noch Texte ohne Kapitälchen) die Wirkung von Kapitälchen quasi umkehren können, finde ich ja auch hochspannend. Wer hat da noch Erfahrungen?

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Martin Z. Schröder
vor 32 Minuten schrieb Þorsten:

wie sieht es mit »normalen« Lesern aus? Registrieren die Kapitälchen? Habt ihr, die ihr ständig Texte für viele Leser setzt, da schon mal Rückmeldungen bekommen?

Die Rückmeldungen, die ich auf Buchausstattungen bekomme, sind positiv und allgemein. Das genügt auch. Denn was sollte der Laie dazu sonst sagen? Woher wissen wir all das, was wir über Lesetypografie »wissen«? Lektüre und Erfahrung?

 

vor 24 Minuten schrieb Þorsten:

Die These, dass veränderte Lesegewohnheiten (heute lesen wir fast nur noch Texte ohne Kapitälchen) die Wirkung von Kapitälchen quasi umkehren können, finde ich ja auch hochspannend.

Haben wir (die lesenden Menschen aller Zeiten) jemals Texte mit Kapitälchen gelesen? Meine Erfahrungen: Ich kenne Kapitälchen überhaupt nur aus Fachliteratur für Namen, ich verwende sie selbst in einer Buchreihe für Spitzmarken. Für Abkürzungen im Werksatz erinnere ich kein einziges Beispiel. In Belletristik, Prosa, Zeitung und Magazin werden sie allenfalls als Schmuck benötigt. Im Bleisatz waren sie rar. Ich habe noch nie einen Kapitälchenkasten für Werksatz gesehen, bei all den Setzereiauflösungen – nicht einen einzigen. Ich kann mich nicht erinnern, daß wir in der großen Lehrsetzerei so etwas hatten. Wir haben ggf. das Setzen von kleineren Graden in den Werksatz geübt, denn die kleineren Grade exakt auf Schriftlinie zu bringen, ist nicht ganz unkompliziert. Also falsche Kapitälchen. Also welche Lesegewohnheit meinst du?

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vor einer Stunde schrieb Þorsten:

Ich dachte immer, die Binsenweisheit wäre genau umgekehrt: Kapitälchen → gleicher Grauwert → insgesamt unauffälliger → angenehmeres/einfacheres Lesen. 

Betrachten vs. Lesen. Das ist der Knackpunkt. Bezogen auf die Seite ist es deutlich unauffälliger als andere Auszeichnungsarten wie fette Schrift zum Beispiel. Aber durchgehende Kapitälchen-Reihungen wie cia, usa, uno und so weiter sind kein Teil der normalen Leseerfahrung. Diese »Kleinschreibung« gibt es so in der Rechtschreibung nicht – das macht sie störend. Sie findet sich nicht in der Schulausbildung, Zeitungen, Romanen usw. Die Großschreibung der Abkürzungen ist dagegen ganz normal. Daher ist Milderung des »Grauwert-Flecks« durch leichtes Sperren/Verkleinern meist die bessere Lösung als den Lesen mit »Kleinbuchstaben« zu verwirren. Da muss ich auch gar nicht meine Leser fragen. Es stört mich auch selbst beim Lesen – völlig unabhängig von eventuellem Hintergrundwissen. 

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HenningH

Ich nutze in meinen Arbeitsblättern Kapitälchen zur Namensauszeichnung und es wird von zehn- bis neunzehnjährigen Menschen deutlich wahrgenommen. (Von Kolleginnen und Kollegen interessanterweise viel weniger...) So deutlich, dass Kapitälchen „lauter“ zu sein scheinen als eine fette Auszeichnung.

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