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Topp-Thema: Eszett als Großbuchstabe

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Pachulke
Alles was ich weiß, ist, dass mir in meiner "Karriere" als Graffiti-Sprüher nie jemand begegnet ist, der sich freiwillig einen "Künstlernamen" ausgesucht hat, in dem ein "ß" enthalten war.

Das ist natürlich mal ein schlagendes Argument gegen das ß.

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Ungermanized
Das ist natürlich mal ein schlagendes Argument gegen das ß.

Ist es auch nicht. Aber wenn Du die Leute fragen würdest, ob sie eine ähnliche Liebesbeziehung mit dem "ß" haben wie Pachulke, würden sie das wahrscheinlich ebenso verneinen.

Und darum geht es letztendlich. Nicht um Herrn Pachulke und seine "höheren Wesen".

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ThierryM
Das ist natürlich mal ein schlagendes Argument gegen das ß.

man kann denselben sachverhalt auch anders formulieren, wie ich es bereits weiter oben tat:

zum zweiten [spricht gegen eine baldige flächendeckende verbreitung des versal-ß] die tatsache, dass sich keine überzeugende und klar vom ›B‹ zu unterscheidende handschriftliche form aufdrängt (siehe das thema von robert-michael); da hatten es die umlaute mit dem muster grundbuchstabe plus irgendein krakel obendrüber schon leichter […].

wenn die leute nicht wissen, wie sie den neuen buchstaben malen sollen, ist die wahrscheinlichkeit gering, dass sie sich auch nur die mühe eines versuchs machen. ich glaube, das ist ein großes hindernis auf dem weg zur aufnahme des großen ß in die rechtschreibregeln. die werden wahrscheinlich erst dann geändert, wenn das zeichen erstens auf der tastatur so bequem zugänglich ist wie die großen umlaute und sich zweitens eine regelmäßige handschriftliche verwendung nachweisen lässt.

versteht mich nicht falsch: ich bin nicht gegen das versal-ß (und auch nicht dafür) und begreife, dass es weniger spaß macht, das als inoffizielle variante zu verwenden denn als ›echten‹ buchstaben. es ist mir auch klar, dass der durchschnittliche sprachbenutzer, der zu trägheit neigt, erst mal gegen alles ist. genau den muss man aber letztlich überzeugen – aber nicht mit argumenten, sondern einfach damit, dass sich das neue langsam, aber sicher ausbreitet, weil es so nützlich und gut gemacht ist. vielleicht ist das der punkt, an dem’s hakt beim großen ß.

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Kathrinvdm
Ist es auch nicht. Aber wenn Du die Leute fragen würdest, ob sie eine ähnliche Liebesbeziehung mit dem "ß" haben wie Pachulke, würden sie das wahrscheinlich ebenso verneinen. Und darum geht es letztendlich. Nicht um Herrn Pachulke und seine "höheren Wesen".

Du hast aber schon verstanden, worauf sich die Aussage mit den höheren Wesen bezog, oder?

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Frakturfreak

ich glaube, das ist ein großes hindernis auf dem weg zur aufnahme des großen ß in die rechtschreibregeln. die werden wahrscheinlich erst dann geändert, wenn das zeichen erstens auf der tastatur so bequem zugänglich ist wie die großen umlaute

Einfach erreichbar ist es doch, jedenfalls wenn man ein passendes Tastaturlayout wählt.

3516 CONFIG

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bearbeitet von Frakturfreak
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Joshua K.

Daß das ß keinen Charakter haben soll ist meiner Meinung nach lediglich eine persönliche Meinung. Wenn es gut gemacht ist unterscheidet es sich ausreichend vom B. Handschriftlich wird das große ß längst benutzt, größtenteils natürlich in Form eines kleinen ß zwischen Großbuchstaben. Die Verbreitung ordentlich gestalteter Eszett-Formen in Druckschriften wird dann hoffentlich dazu führen, daß sich die handschriftlichen Gewohnheiten langsam angleichen.

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Ungermanized
Daß das ß keinen Charakter haben soll ist meiner Meinung nach lediglich eine persönliche Meinung.

Logisch. Ist mir auch bewusst.

Wenn es gut gemacht ist unterscheidet es sich ausreichend vom B.

Das stimmt natürlich ebenso. Aber "gut gemacht" bedeutet in meinen Augen deutlich wenig(er) Spielraum beim Gestalten/Zeichnen. Weshalb ich das "ß" für meinen natürlichen Feind halte.

Aber auch hier, klar, nur meine Meinung.

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ThierryM
Einfach erreichbar ist es doch, jedenfalls wenn man ein passendes Tastaturlayout wählt.

ich definiere ›einfach erreichbar‹ als: der 08/15-windowsbenutzer (oder welches betriebssystem dann auch gerade in mode ist) findet den buchstaben, indem er auf seiner mitgelieferten tastatur auf die taste drückt, auf die der buchstabe aufgedruckt ist. buchstaben außerhalb dieses radius sind für nahezu jeden außerhalb dieses forums praktisch nicht existent. kein mensch würde (die großen) umlaute benutzen, wenn sie nicht mit einem tastendruck verfügbar wären. du siehst doch schon, was passiert, wenn deutschsprecher mal im ausland an einem rechner mit anderer tastaturbelegung sind: es wird nicht etwa mithilfe der zeichentabelle gearbeitet, sondern auf ae/oe/ue/ss ausgewichen. auch die angeblichen profis sind nicht besser: die meisten deutschsprachigen printerzeugnisse und fernsehsendungen, die ich bisher gesehen habe, scheitern schon an der cedille bei ›françois‹, von osteuropäischen sonderzeichen ganz zu schweigen. wie wahrscheinlich ist da die verwendung eines versal-ß?

ich gehe davon aus, dass die versal-ß-lobby bereits versuche unternimmt, dafür zu sorgen, dass ihr lieblingsbuchstabe einen platz auf einem der verbreiteteren tastaturlayouts bekommt. bin gespannt, ob das von erfolg gekrönt ist.

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Das bedingt sich doch gegenseitig. Umso stärker die Anwendung wird, umso größer auch die Nachfrage nach einfacheren Eingabemöglichkeiten. Ich sehe das nicht als Hindernis an, sondern nur als eine Frage der Zeit.

Die Frage ist eher, ob zu dem Zeitpunkt des breiten Einsatzes des großen Eszetts noch reguläre physische Tastaturen im Einsatz sind. Ich denke ja eher, die Bildschirmtastaturen (a la iPad und Co.) kommen so oder so. Und auf solchen Geräten ist die Einbindung eines neuen Buchstabens ja ein Kinderspiel.

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Frakturfreak
ich definiere ›einfach erreichbar‹ als: der 08/15-windowsbenutzer (oder welches betriebssystem dann auch gerade in mode ist) findet den buchstaben, indem er auf seiner mitgelieferten tastatur auf die taste drückt, auf die der buchstabe aufgedruckt ist. […] du siehst doch schon, was passiert, wenn deutschsprecher mal im ausland an einem rechner mit anderer tastaturbelegung sind: es wird nicht etwa mithilfe der zeichentabelle gearbeitet, sondern auf ae/oe/ue/ss ausgewichen.

Warum einfach wenn es auch kompliziert geht, das Tastaturlayout ändern kann eigentlich jeder, wenn man ihm mal gezeigt hat wie es geht.

Zu deiner Beruhigung, es gibt sogar richtige Tastaturen, wo man das ganze Neo-Layout direkt auf der Tastatur sehen kann. Ich habe ein Exemplar auf dem Chaos Communication Camp in den Händen gehalten und etwas drauf herumgetippt.

Es muss halt nur mal einer angefangen mit dem ganzen SPAẞ. Irgendwann kommt es auch hoffentlich beispielsweise bei der Oma an, die einmal im Monat eine E-Mail an ihre Enkel schreibt :-).

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Gast Chris Kaese

Meine Meinung als Typografie-Laie dazu:

Ich bin Ralf Herrmann für seine Bemühungen um die Einführung des großen Eszetts dankbar. Dadurch wird eine Sonderregelung der deutschen Rechtschreibung abgeschafft, durch den Wegfall von Ausnahmen wird es einfacher und logischer.

Die Nähe zwischen Aussprache und Rechtschreibung und auch die Reformfähigkeit der deutschen Sprache ist doch eine schöne Sache, und ein Vorteil gegenüber z.B. Englisch und Französisch. Die neue Eszett-Regelung stellt eine klare Verbindung zwischen Aussprache und Schreibweise her, was ich begrüße.

Wenn ich mir die andereren europäischen Sprachen anschaue, dann liegt Deutsch mit 30 Buchstaben doch eher unter dem Durchschnitt – eine Ausnahme sind wir sicherlich nicht.

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Dieter Stockert
[...] dass das Ding immer wie ein verspieltes "b/B" aussieht. Das ist auch der Hauptgrund, warum ich es nicht leiden kann. Es fehlt ihm grundsätzlich an Rückgrat, Charakter und einem eigenen Profil.

Dann fehlt es aber vielen anderen Buchstaben auch daran.

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Dieter Stockert
Aber "gut gemacht" bedeutet in meinen Augen deutlich wenig(er) Spielraum beim Gestalten/Zeichnen.

Aber vermutlich mehr als beispielsweise beim O oder I.

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Mach
Wenn man statt ß ss schreibt, muß ss für zwei verschiedene Qualitäten herhalten (siehe zum Beispiel Masse : Maße). Daß eine Möglichkeit zur Unterscheidung dieser beiden Qualitäten fehlt, ist ein Mangel. Eine solche Mangelschreibung kann man meines Erachtens durchaus als minderwertig bezeichnen. Und die Schreibung ist auch gewissermaßen unnatürlich, weil sie gegen den Grundsatz verstößt, daß ein Doppelmitlaut die Verkürzung des vorherigen Selbstlauts anzeigt.

(Bitte nicht aufregen: Ich habe nicht gesagt, Schweizer seien minderwertig.)

Nein nein, du hast hast aber sehr wohl gesagt, wir betrieben eine Mangelschreibung, die man als minderwertig bezeichnen könne. Darüber rege ich ich auf, und dagegen verwehre ich mich ganz entschieden! Wir haben eine Unterscheidung weniger. Na und? Einerseits gibt es ja zahlreiche «Mangelschreibungen» (am lustigsten dünkt ich die mit dem Umfahren des Verkehrpolizisten). Andererseits: Wie sieht es aus mit Kosten und Nutzen? OK, in einem oder zwei konstruierten Beispielfällen entstehen bei Schweizer Schreibung Mehrdeutigkeiten. Dafür wird die Rechtschreibung ein kleines bisschen benutzerfreundlicher. Was wiegt mehr: Eine Handvoll konstruierte Beispielfälle oder unzählige Leute, die ihr Leben lang die ß-Schreibung nicht meistern?

Übrigens ist das ‹ss› kein gewöhnlicher Doppelmitlaut, denn es bezeichnet einen anderen Laut als das einfache ‹s›. Gewöhnliche verdoppelte Konsonantenbuchstaben bezeichnen nämlich immer genau denselben Laut wie die entsprechenden einfachen Konsonantenbuchstaben. Das ‹tt› in Ratte bezeichnet genau denselben Laut /t/ wie das ‹t› in Rate. Das ‹ss› in Posse bezeichnet aber nicht denselben Laut wie das ‹s› in Pose. Also ist das ‹ss› kein gewöhnlicher verdoppelter Konsonantenbuchstabe, sondern eine Spezialschreibung wie ‹ch›, ‹ng› oder ‹sch›. Folglich ist es ganz natürlich, dass die Spezialschreibung ‹ss› nicht wie die gewöhnlichen verdoppelten Konsonantenbuchstaben die Kürze des vorangehenden Vokals anzeigt, denn die anderen Spezialschreibungen wie ‹ch›, ‹ng› oder ‹sch› tun das ja auch nicht.

Während die erste Auflage seiner Grammatik noch in Fraktur erschien, ließ Jacob Grimm die zweite Auflage 1822 in Antiqua drucken. Statt Fraktur-ß schrieb er sz. Den Ersatz durch ss bezeichnete er als „empfindlichen Übelstand“, weil das ss dann für zwei verschiedene sprachliche Qualitäten benutzt werden muß. Er strebte an, das ß in die Antiqua zu übernehmen und ließ ein Antiqua-ß schneiden, das dann im 1831 erschienenen dritten Band der Grammatik zum Einsatz kam. Das früheste bekannte Beispiel eines gedruckten Antiqua-ß findet sich jedoch schon in einem Druck von Abraham Lichtenthaler aus dem Jahr 1667! Die Bemühungen, das ß in die Antiqua zu übernehmen, sind also schon alt. Es war damals eben auch nicht so einfach, einen neuen Buchstaben einzuführen.

Tut mir leid, aber da hast du nicht recht.

Diese Einzelfälle ändern nämlich nichts daran, dass vor 1900 in der Grosszahl der bereits weit verbreiteten Antiquadrucke nicht der Fraktur-Buchstabe ‹ß› verwendet wurde, sondern – ganz «natürlich» – ‹ss›. Wenn man nämlich nicht nur zwei Einzelfälle herauspickt, sondern eine grosse Zahl von Texten vergleicht, so ergibt sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine dramatische Abnahme von ‹ß› – ja eine Weile lang gibt es sogar mehr Texte, die ausschliesslich ‹ss› verwenden! Erst um 1900 kehrt der Buchstabe ‹ß› in die deutsche Rechtschreibung zurück. Die Abnahme von ‹ß› lag daran, dass mehr und mehr Texte in Antiqua gesetzt wurden. Die Rückkehr von ‹ß› lag daran, dass neu auch in den Antiquatexten das ‹ß› eingeführt wurde. Hier einige Beispielwörter:

daß/dass

große/grosse

heiße/heisse

außen/aussen

Straße/Strasse

reißen/reissen

stieß/stiess

dreißig/dreissig

weiß/weiss

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Joshua K.
Wir haben eine Unterscheidung weniger. Na und? […]

Falls es Dich nicht stört, weil Du die ss-Ausnahme gewohnt bist, bitte, Du kannst Deine Gewohnheit meinetwegen beibehalten. Du kannst aber nicht erwarten, daß andere sich mit diesem Mangel zufriedengeben. Ich bin die ss-Schreibung nicht gewohnt, und mich stört sie. Wenn ich so etwas wie „Strasse“ sehe, lese ich das im Kopf immer zuerst als mit kurzem Selbstlaut. Daß das s manchmal stimmhaft, manchmal stimmlos ausgesprochen wird, ändert daran überhaupt nichts. Doppel-Mitlaut steht nunmal für Selbstlautkürzung, s ist auch ein Mitlaut, deshalb wird es eben so wahrgenommen. Daß Du das nicht so wahrnimmst, dürfte weniger an der stimmhaften/stimmlosen Aussprache des s als vielmehr daran liegen, daß Du die ss-Ausnahme als Schweizer einfach gewohnt bist.

(In großen Teilen Deutschlands gibt es das stimmhafte s übrigens gar nicht. Hör Dich doch mal um, wer den Unterschied zwischen stimmhaftem und -losem s kennt. Im Unterschied dazu weiß nahezu jeder, daß Doppel-Mitlaut Verkürzung anzeigt.)

Dafür wird die Rechtschreibung ein kleines bisschen benutzerfreundlicher.

Eine Schreibung, die einem Grundsatz unserer Rechtschreibung zuwiderläuft (doppelter Mitlaut, trotzdem davor langer Selbstlaut) soll benutzerfreundlich sein? Dir kommt’s nur so vor, weil Du diese Ausnahme gewohnt bist. Du weist selbst darauf hin, daß es mit den S-Lauten im Deutschen nicht so einfach steht, und trotzdem willst Du die Möglichkeiten, die verschiedenen S-Laute darzustellen, weiter beschneiden, indem Du einen ganzen Buchstaben wegstreichst. Das ist nicht benutzerfreundlich. Etwas einfacher zu tippen vielleicht, aber ich zitiere Friedrich Roemheld: Die Schrift ist nicht zum Schreiben da! Ich empfehle jedem, den Aufsatz mit diesem Titel einmal durchzulesen. Die Schrift ist zum Lesen da. Und das Einsparen eines geringen Mehraufwandes beim Schreiben kann keinesfalls einen deutlichen Mangel beim Lesen rechtfertigen!

Tut mir leid, aber da hast du nicht recht.

Diese Einzelfälle ändern nämlich nichts daran, dass vor 1900 in der Grosszahl der bereits weit verbreiteten Antiquadrucke nicht der Fraktur-Buchstabe ‹ß› verwendet wurde, sondern – ganz «natürlich» – ‹ss›.

Ich habe doch selbst gesagt: Man konnte auch damals nicht mal eben auf die Schnelle einen neuen Buchstaben einführen. Die Bemühungen dazu gab es von Anfang an, es dauerte eben. „ss“ zu schreiben war nicht „natürlich“, höchstens „selbstverständlich“, weil man keine andere Möglichkeit hatte.

Man schrieb früher auch selbstverständlich Ae, Oe usw. Man unterschied selbstverständlich I und J nicht, bis diese Unterscheidung eingeführt worden war. Man unterschied U und V nicht. Es gab einmal eine Zeit ohne G. Und so weiter! Das alles ändert nichts daran, daß diese neuen Buchstaben und Unterscheidungen einen Sinn haben, genauso wie das Eszett.

Verwende es, oder bleibe bei der — nichts für ungut! — mangelhaften Schweizer Schreibung und schreibe SS.

Ich. Nicht.

bearbeitet von Joshua K.
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Gast Schnitzel
Joshua, mal eine interessierte Frage am Rande: Wenn Du das Beispiel Masse/Maße für die unterschiedlichen Aufgaben von ß und ss anführst, warum schreibst Du selber dann eigentlich »daß« und »muß«? :-? Die Regel zur Anwendung des ß erscheint mir die sinnvollste der neuen Rechtschreibregeln zu sein, warum lehnst Du sie ab?

Wirklich interessante Frage. Habe ich die Antwort überlesen oder bist du sie noch schuldig ...

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Dieter Stockert

Vielleicht weil Joshua sich hier noch an die alte (und in diesem Punkt sehr inkonsequente) Rechtschreibung hält?

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Mach

Joshua, ich will dir keinesfalls deinen angewohnten Fraktur-Buchstaben ausreden. Ich verwehre mich nur entschieden dagegen, dass du die Schweizer Schreibung als mangelhaft bezeichnest.

Doppel-Mitlaut steht nunmal für Selbstlautkürzung ...

Das stimmt im allgemeinen schon, aber trotzdem ist das ‹ss› ein Spezialfall. Das zeigt sich nicht nur daran, dass es (wie ‹ch› oder ‹ng›) eine eigene Aussprache bedeutet, sondern auch daran, dass es an Orten auftreten kann, wo eine gewöhnliche Konsonantenverdoppelung gar nicht möglich ist, z.B. in Wörtern wie Rezession oder Fassade – Schreibungen wie *Religgion oder *Promennade sind dagegen unsinnig.

Meiner Meinung nach lassen sich übrigens die s-Schreibungen kohärenter als im aktuellen Regelwerk darstellen, wenn als prinzipielle Laut-Buchstaben-Zuordnungen ‹s› für /z/ und ‹ss› für /s/ (wie ‹ch› für /x/ oder ‹ng› für /ŋ/) angenommen werden: Die Spezialregel für Wörter wie Rezession/Fassade entfällt; vor allem aber entfällt die absurde Situation, dass in Wörtern wie Straße prinzipiell ein ‹s› zugrundeliegt, obwohl niemals ‹s› auftreten kann, manchmal aber ‹ss›.

So so, Friedrich Roemhelds Schrift ist nicht zum Schreiben da. Im angestaubten Jargon früherer Jahrzehnte kann ich entgegnen, die zusätzliche Buchstaben seien ein Unterdrückungsinstrument der herrschenden Klasse.

Du behauptest, ohne ‹ß› hättest du «einen deutlichen Mangel beim Lesen». Mit Verlaub: Dir kommt’s nur so vor, und zwar deshalb, weil du das ‹ß› gewöhnt bist. Du erwartest ein ‹ß›. Wenn keines auftritt, so wird diese Erwartungshaltung enttäuscht. Von der enttäuschten Erwartungshaltung auf einen Mangel zu schliessen, ist jedoch ein Trugschluss. Von einem Mangel könnte logisch nur dann die Rede sein, wenn auch ohne die Erwartungshaltung ein Problem entstünde. Ich kann dir jedoch aus langjähriger Erfahrung versichern, dass ich ohne ‹ß› überhaupt keinen Mangel habe.

Umgekehrt untertreibst du massiv beim Aufwand für das ‹ß›. Der beschränkt sich nämlich keinesfalls auf einen geringen Mehraufwand beim Schreiben, sondern es kommen auch Mehraufwände beim Lernen, bei der Schriftgestaltung oder bei der Zeichenkodierung hinzu. Darüber ist wohl die Benutzung des ‹ß› ein besonders offensichtlicher Fall, wo sich eine Rechtschreibschwäche verraten kann. Und ich vermute, die ganze fruchtlose Mäkelei an der jüngsten Rechtschreibreform wäre wohl signifikant bescheidener ausgefallen, wenn nicht die Veränderung beim ‹ß› so auffällig gewesen wäre – jedenfalls war in der Schweiz die Aufregung weit kleiner, da man ja den Unterschied praktisch gar nicht bemerkte.

Die Bemühungen dazu gab es von Anfang an, es dauerte eben. „ss“ zu schreiben war nicht „natürlich“, höchstens „selbstverständlich“, weil man keine andere Möglichkeit hatte.

Hast du irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass im 19. Jahrhundert die allgemeine Schreibung ‹ss› in der Antiqua nur deshalb gewählt wurde, «weil man keine andere Möglichkeit hatte»? Ich wage das zu bezweifeln. Schliesslich gab es durchaus andere Möglichkeiten, nämlich ‹ſs› oder die von Grimm vorgeschlagene, aber nie über die historische Sprachwissenschaft hinaus verbreitete Schreibung ‹sz›. Trotz dieser Alternativen scheint sich das ‹ss› mehr und mehr verbreitet zu haben, also durchaus nicht «selbstverständlich», sondern wohl eher «natürlich».

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Joshua K.

Was Deine Argumentation angeht, kann ich mich nur wiederholen. Der Mehraufwand der ß-Verwendung beim Schreiben ist in meinen Augen gerechtfertigt. Alleine schon deshalb, weil etwas normalerweise einmal geschrieben, aber um ein vielfaches öfter gelesen wird. Es ist ein Dienst am Leser. Du kannst es altmodisch finden, aber das ist meine Meinung: Die Schrift hat in erster Linie dem Leser zu dienen.

Wenn ich es genau bedenke, sehe ich einen richtigen Mehraufwand allerdings gar nicht. Der Aufwand, einen weiteren Buchstaben zu verwenden, steht dem womöglich größeren Aufwand, eine Sonderregel für das s (doppeltes s trotz langem Mitlaut) anwenden zu müssen, gegenüber!

Natürlich könnte man vieles vereinfachen. Wenn wir weit zurückgehen, kommen wir zum einfachen Großbuchstaben-ABC der Römer. Welche Einfachheit! Aber diese Einfachheit ist nichts Gutes, denn sie macht das Lesen schwieriger.

Ich schließe nicht von meiner Eszett-Gewohntheit auf einen Mangel der SS-Schreibung, sondern von den Grundsätzen unserer Rechtschreibung. Das habe ich doch erklärt.

Willst Du abstreiten, daß Masse und Maße zwei unterschiedliche Wörter sind, die unterschiedlich ausgesprochen werden? Ich finde die Unterscheidung dieser beiden Qualitäten sinnvoll und will sie nicht aufgeben. Die Möglichkeit zur Unterscheidung nicht zu haben, ist für meine Begriffe ein Mangel. Irgendwelche Unterschiede des s gegenüber anderen Mitlauten ändern daran überhaupt nichts.

Warum ich die herkömmliche ß-Schreibung verwende:

  • Um ein Gegengewicht zur Reformschreibung bilden zu können, ist in meinen Augen wichtig, daß die Reformgegner einheitlich schreiben.
  • Da das lange s nicht mehr benutzt wird, ist nur das Eszett zur Wortfugenkennzeichnung geblieben, was in meinen Augen eine nicht unwichtige Funktion ist. Vergleiche bspw. Kussszene : Kußszene.
  • Die Änderung der ß-Schreibung ist die wohl bekannteste Änderung der Reform. Das ß hat somit eine Signalwirkung und zeigt, daß ich die herkömmliche Rechtschreibung anwende.

bearbeitet von Joshua K.
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Also ich finde ja beiden Standpunkte völlig nachvollziehbar – aber einen inhaltlichen »Gewinner« wird es dabei einfach nicht geben …

Ich las mal in einem englischen »Bastian-Sick-mäßigen« Buch, wie die Autorin voller Eifer für die Erhaltung und stets korrekte Anwendung des Genetiv-s kämpfte – weil ja eben das Fehlen oder die falsche Benutzung einen erheblichen Mangel darstellen würde und die Lesbarkeit unnötig erschwert oder in Einzelfällen gar unmöglich macht. Aus deutscher Sicht wissen wir natürlich: Es geht auch problemlos ohne. Es kommt eben einfach darauf an, auf welcher Seite des Kanals man wohnt.

Und im Falle des Eszetts ist es doch genauso. Der »Mangel« der Unterscheidung von Maße und Masse ist unbestreitbar, aber ob man dafür nun einen eigenen Buchstaben braucht, ist eher eine Gewöhnungsfrage. Lateinische Schrift bildet Sprache nun mal nicht hunderprozentig genau ab und das wäre auch überhaupt nicht wünschenswert. Das geschriebene Deutsch ist (wie jede andere Sprache auch) sogar voll von Doppeldeutigkeiten, die uns aber gar nicht als solche auffallen, weil wir es eben nicht anders kennen und somit auch nicht auf die Idee kommen, hier extra andere Schreibungen oder gar Buchstaben zu benötigen.

Das Eszett ist nun mal in Deutschland und Österreich da und in der Schweiz abgeschafft. Dieser Mangel wiegt augenscheinlich nicht schwer genug, dass die Schweiz nach Wiedereinführung rufen würde. Umgekehrt gibt es auch keinen Grund, den in Deutschland und Österreich nach wie vor etablierten Buchstaben aufzugeben.

Der Mangel den es tatsächlich abzuschaffen gilt, ist die Tatsache, dass ein lateinischer Buchstabe nicht als Groß- UND Kleinbuchstabe existiert. Und das lässt sich wirlich leicht faktisch belegen. Und darum geht es ja seit 2003 in diesem Strang. ;-)

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Pachulke

Warum ich die herkömmliche ß-Schreibung verwende:

  • Um ein Gegengewicht zur Reformschreibung bilden zu können, ist in meinen Augen wichtig, daß die Reformgegner einheitlich schreiben.
  • Da das lange s nicht mehr benutzt wird, ist nur das Eszett zur Wortfugenkennzeichnung geblieben, was in meinen Augen eine nicht unwichtige Funktion ist. Vergleiche bspw. Kussszene : Kußszene.
  • Die Änderung der ß-Schreibung ist die wohl bekannteste Änderung der Reform. Das ß hat somit eine Signalwirkung und zeigt, daß ich die herkömmliche Rechtschreibung anwende.

  • Obwohl die reformierte s-Regel als leicht verständlich angesehen wird, hat sie in einem Bereich, in dem Fehler vor der »Reform« sehr selten waren, eine extreme Fehlerdichte hervorgebracht. Geschäfts- und Behördenpost, die ich erhalte, wimmelt von Worten wie »Strasse«, »Grüsse«, »aussen« und dergleichen mehr.
    Über die Gründe kann man nur spekulieren, aber der Befund ist eindeutig: Die adelungsche s-Schreibung wurde von der Sprachgemeinschaft jahrzehntelang im wesentlichen fehlerfrei angewandt, bei der heyseschen Schreibung funktioniert das nicht ansatzweise. Da die Einheitlichkeit der Rechtschreibung also innerhalb der Gemeinschaft der Heyseaner schon nicht gegeben ist, gibt es auch keine Veranlassung, (der Einheitlichkeit wegen) aus dem adelungschen ins Heyse-Lager überzulaufen. Eine einheitliche Anwendung der s-Regeln scheint — warum auch immer — nur innerhalb der adelungschen Schreibung zu funktionieren, weswegen man Heyseaner um des Rechtschreibfriedens willen nur einladen kann, zu Adelung zurückzukehren. Umgekehrt funktioniert es erwiesenermaßen nicht.

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Ich weise nochmal vorsichtig darauf hin, dass das hier der VERSAL-Eszett-Strang ist. Die Debatte und alte oder neue Rechtschreibung sollte gegebenenfalls besser in anderen Strängen oder der Sprachplfege-Gruppe weitergeführt werden.

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Gast bertel
Ich weise nochmal vorsichtig darauf hin, dass das hier der VERSAL-Eszett-Strang ist. Die Debatte und alte oder neue Rechtschreibung sollte gegebenenfalls besser in anderen Strängen oder der Sprachplfege-Gruppe weitergeführt werden.

Ich möchte ebenso vorsichtig einwerfen, dass die Basis des ẞ das ß ist.

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