1895
- David Stempel (1869–1927) gründete am 15. Januar 1895 in Frankfurt am Main eine Firma, die sich vorerst mit dem Guss von Ausschluss und Füllmaterial sowie mit der Herstellung von Walzenmasse und Walzen für den Buchdruckereibedarf beschäftigt.
1897
- Mit dem Kauf der 1858 gegründeten Schriftgießerei Juxberg- Rust in Offenbach nimmt D. Stempel die Produktion von Schriften auf. Handstempelschneiderei, Hausdruckerei und eine Buchbinderei werden eingerichtet. Der Schwager des Gründers, Ingenieur Wilhelm Cunz (1869–1951) tritt am 1. Oktober als Mitarbeiter ein.
1898
- Wilhelm Cunz und der Schriftgießereifaktor Peter Scondo (1854–1908) werden Teilhaber der Schriftgießerei D. Stempel, Frankfurt am Main.
1899
- Die Abteilung Maschinenfabrik, die Spezialmaschinen und Hilfsapparate eigener Konstruktion für die Schriftgießerei herstellt, wird eingerichtet.
1900
- Die Mergenthaler Setzmaschinen-Fabrik GmbH in Berlin überträgt D. Stempel das Recht zur Herstellung der von der deutschen Linotype-Gesellschaft zu vertreibenden Matrizen für die Linotype-Setz- und Gießmaschine. Damit beginnt das fruchtbare Zusammenwirken des Handsatzes mit dem Linotype-Maschinensatz, gestützt auf die Entwicklung von Schriften, die für beide Satzzarten verwendbar sind.
1901
- Mit dem Übergang zum mechanisierten Stempelschnitt neben dem weiterhin sorgfältig gepflegten Handschnitt wird die Firma D. Stempel die erste Schriftgießerei auf dem Kontinent, die Stahlstempel-Graviermaschinen für Schriftzwecke verwendet. Die Firma wird von einer OHG in eine GmbH umgewandelt.

1902
- Eine galvanoplastische Abteilung wird eingerichtet. Aus der Tradition der englischen Stahlstecher des 19. Jahrhunderts und unter Verwendung eines patentierten Stützengussverfahrens auf der Komplett-Gießmaschine wird die Künstler- schreibschrift entwickelt. Eine halbfette Garnitur tritt im Jahr 1905 hinzu.
1903
- Eine Messinglinienfabrik sowie eine Messing- und Matern- gravieranstalt werden eingerichtet.
1904
Mit einer breiten halbfetten Garnitur beginnt der Aufbau der schließlich in 26 Garnituren geschnittenen Reform-Grotesk. Im Jahr 1909 tritt die enge fette, 1910 eine fette Garnitur dazu. Im Jahr 1919 wird diese Schriftenfamilie dann erweitert und vervollständigt. Von Professor Paul Bürck erscheint die Bürck-Schrift.
1905
- Die Firma wir in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.
1906
- Die Bek-Gran von Professor Bek-Gran wird vorgelegt. Außerdem erscheinen die ersten Garnituren der Frankfurt-Serie von F. Schweimanns und die Amts-Fraktur von Heinrich Hoffmeister.
1907
- Die Säculum-Schriften von Heinrich Hoffmeister kommen mit ihren ersten Garnituren heraus.
1909
- Von Professor F. W. Kleukens erscheint die Ingeborg-Antiqua, ferner die Christiansen-Schrift von Professor H. Christiansen, desgleichen die Amts-Antiqua von Heinrich Hoffmeister, deren Ausbau 1919 abgeschlossen wird.
1910
- Die Maschinen-Fabrik nimmt an Umfang zu, und eine patentierte Doppel-Schnellgießmaschine eigener Konstruktion und Herstellung wird erstmalig in Betrieb genommen. In diesem Jahr entstehen auch die Kleukens-Fraktur von Professor F. W. Kleukens, die Diana von F. Schweimanns und die Turnus-Antiqua, die 1920 als Nordische Antiqua auf die Linotype- Setzmaschine genommen wird.
1911
- Von Professor F. W. Kleukens wird die Helga-Antiqua herausgegeben, ferner erscheint die Weißflog Antiqua. Die erste Komplett-Schnellgießmaschine für Hohlstege und Regletten eigener Konstruktion, gebaut im Hause, wird aufgestellt.
1912
- Eine Fabrikationsabteilung für Holzschriften beginnt mit der Herstellung von Werbeschriften für Plakatzwecke. Es erscheinen die Jaecker-Schriften von W. Jaecker, die Hölzl-Mediaeval von E. Hözl, Büxenstein-Antiqua, die Matthies-Kursiv von Karl Matthies, weiterhin die Ehmcke-Fraktur von Professor F. H. Ehmcke, sowie die Bravour-Werbeschriften von Martin Jacoby-Boy, die bis 1919 ergänzt werden. Die aus dem 18. Jahrhundert stammende Breitkopf-Fraktur wird neu geschnitten und später auch für den Linotypesatz bereitgestellt.
1913
- Die erste patentierte und vollautomatisch arbeitende Messinglinien-Komplett-Schneidemaschine, in der eigenen Maschinenfabrik konstruiert und gebaut, wird aufgestellt. Die Korso von F. Schweimanns kommt als Neuheit heraus.
1914
- Seit der Beteiligung an der Bugra 1914 unterhält die Firma eine ständige Ausstellung im Buchgewerbehaus zu Leipzig, desgleichen später im Gutenberg-Museum, Mainz. Aus der Verbindung mit Professor F. H. Ehmcke gehen die Ehmcke- Rustika und die Ehmcke-Schwabacher hervor. In München gründet Professor Ehmcke im Jahr 1914 die Rupprecht- Presse, die ausschließlich Schriften ihres Gründers verwendet. Zahlreiche Schriften von Ehmcke (Ehmcke-Fraktur, Ehmcke-Schwabacher, Ehmcke-Mediaeval, Ehmcke- Rustika) sind bei D. Stempel herausgekommen und haben in den etwa 40 Drucken dieses großen Presseunternehmens eine typographisch bedeutsame und beispielhafte Anwendung gefunden. Als weitere Neuheit wird im Jahr 1914 die Gotische Antiqua von Professor F. W. Kleukens herausgegeben.
1915
- Die Buhe-Fraktur von Professor W. Buhe, die dann im Jahr 1919 vervollständigt worden ist, erscheint. Die Offenbacher Gießerei Roos & Junge wird angekauft.
1917
- Eine Interessengemeinschaft mit der Firma Gebr. Klingspor wird vereinbart.
1918
- Die Leipziger Firma Heinrich Hoffmeister wird erworben und als Filiale weitergeführt.
1919
- Durch die Übernahme der Schriftenbestände aus der Buchdruckerei und Schnftgießerei W. Drugulin zu Leipzig gelangen die Matrizen von zahlreichen orientalischen Schriften in den Besitz der D. Stempel AG, ferner kostbare alte Original- matrizen berühmter Schriften des 17. und des 18. Jahrhunderts. Damit ist die Grundlage für zahlreiche Schriftgruppen, die später von größter Bedeutung werden sollten, gegeben. Es handelt sich u. a. um folgende Garnituren: Janson-Antiqua und Kursiv, Unger-Fraktur, Alte Luthersche Fraktur, Alt- Schwabacher, Caslon-Gotisch und Didot-Antiqua mit Kursiv. Besonders in dem Jahrzehnt 1924 bis 1934, aber auch noch in jüngster Zeit wurden diese edlen Originalschriften unter sorgfältigster Wahrung ihres Formcharakters ausgebaut und in ihren Skalen ergänzt. Die Gießerei Brötz & Glock in Frankfurt wird gemeinschaftlich mit der Bauerschen Gießerei erworben.
1920
- In der Jubiläumsschrift »Zum 25jährigen Bestehen der Schriftgießerei D. Stempel Aktiengesellschaft in Frankfurt am Main« wird das bisherige Wachsen und Wirken der Firma dargestellt (Satz in Ehmcke-Fraktur).
1921
- In einem Sonderdruck »Lob der Druckkunst« werden die damals neuen Schriften, vornehmlich die von Prof. F. H. Ehmcke und Prof. F. W Kleukens, angewandt und vorgeführt.
1922
- Die Ehmcke-Mediaeval von Professor F. H. Ehmcke erscheint. Die zugehörige Kursiv folgt im Jahr 1923.
1923
- Aus der Tradition der klassizistischen Schriften entwickelt Professor F. W. Kleukens seine Ratio-Latein mit Kursiv, so- wohl für den Handsatz wie auch für den Linotype-Satz. Im Jahr 1924 wird die Schriftfamilie durch mehrere Garnituren vervollständigt. Von Rudolf Koch erscheint die Deutsche Anzeigenschrift, die 1925 vollendet wurde.
1925
- Mit der Probe »Klassische Fraktur- und Antiquaschriften des 16. bis 18. Jahrhunderts« weist sich die Schriftgießerei D. Stempel als Pfleger alten Schriftguts und als der echte Erbe der 1919 erworbenen Drugulin-Schriften aus. Unter gewissenhaftester Anpassung an Originalschnitte wird die Baskerville- Antiqua entwickelt. Die zugehörige Halbfette folgt 1928, im gleichen Jahr wird die Baskerville auch auf die Linotype- Setzmaschine übernommen. Als Hausschnitt entsteht unter der Leitung von Dr. Rudolf Wolf (1895–1942) die Garamond- Schriftenfamilie der D. Stempel AG. Als Studienunterlagen sind die schönsten Pariser Drucke aus Garamonds reifster Zeit herangezogen worden, desgleichen die Klassiker des Andreas Wechel, der seit etwa 1575 in Frankfurt Schriftbestände aus dem Nachlaß Garamonds benutzt hat. Weitere Garnituren dieser seit 1926 auch auf der Linotype-Setzma- schine benutzten Schrift folgen 1926 (Kursiv), 1927 (halbfett) sowie 1932 (halbfette Kursiv).
1925
- Die Unger-Fraktur wie auch die Alt-Schwabacher werden auf die Linotype-Setzmaschine übernommen. Die gewaltige, mehr als 1200 Seiten umfassende Hauptprobe der Schriftgießerei und Messinglinienfabrik D. Stempel Akt.-Ges., die dreißig Jahre Schriftgießerarbeit der Firma behandelt, wird fertiggestellt. Sie ist wahrscheinlich die umfangreichste Sammlung von Schriften, Ornamenten und Anwendungsbeispielen, die je von einer einzelnen Firma vorgelegt worden ist. Zugleich ist dieser riesige Band ein Museum der typographischen Praxis des frühen 20. Jahrhunderts. In Ratio-Kursiv wird ein weiterer Privat- druck der Firma gesetzt, nämlich die »Episteln von J. W. von Goethe«.
1926
- Die Schrift Omega und die Kleukens-Scriptura von Professor F. W. Kleukens werden als Neuheiten vorgelegt, desgleichen die Wieynck-Kanzlei von Professor Heinrich Wieynck. Die Bodoni kommt auf die Linotype-Setzmaschine. Als Beitrag zur Geschichte des Schriftgießereigewerbes veröffentlicht Gustav Mori (1872–1950), der seit 1909 im Hause wirkende Praktiker, Theoretiker und Historiker des Schriftwesens, seine Studie »Die Egenolff-Luthersche Schriftgießerei in Frankfurt am Main und ihre geschäftlichen Beziehungen mit denVereinigten Staaten von Nordamerika«.
1927
- Der Firmengründer David Stempel stirbt. Gründung der Firma Berthold & Stempel in Wien. Als Sonderdruck der D. Stempel AG wird die von Gustav Mori verfaßte Abhandlung »Von Johannes Gutenberg bis Ottmar Mergenthaler« vorgelegt. Der Gutenberg-Gesellschaft stiftet die Firma den Druck »Die Deutsche Schriftgießerei. Eine historisch-ästhetische Betrachtung« von Juhus Rodenberg .
1928
- Von der Neuzeit-Grotesk (Hausschnitt unter Mitarbeit von Wilhelm Pischner) erscheinen die ersten Garnituren, sowohl für Handsatz wie auch für Linotypesatz, und zwar vorerst mit mageren, halbfetten und fetten Schnitten. Leichte (1932) und schmale Garnituren (fett und halbfett 1939) sowie auch die ergänzende Holzschrift Plak (von Professor Paul Renner) treten später hinzu. In vier Garnituren erscheint 1928 die Metropolis von W. Schwerdtner, ferner die Adastra von Her- bert Thannhaeuser, desgleichen die nach und nach in sieben Garnituren geschnittene Elegant-Grotesk von Hans Möhring. Die druckhistorische Studie von Gustav Mori »Der Türkenkalender für das Jahr 1455« wird als Sonderdruck herausgegeben. Die D. Stempel AG trägt zum Aufbau der historischen Druckwerkstatt des Gutenberg-Museums in Mainz bei, und zwar in erster Linie durch Probesätze aus Typenmaterial zu Gutenbergs 42zeiliger Bibel, das vonGustav Mori rekonstruiert und bei D. Stempel gegossen worden ist.
1929
- Zusammen mit der Bauerschen Gießerei und der H. Berthold AG wird die Hamburger Firma Genzsch & Heyse erworben. Die ersten Schnitte der Memphis, der schließlich zu 14 Garnituren ausgebauten Egyptienne-Schrift von Dr. Rudolf Wolf, werden vorgelegt. Später folgen: Zarte Memphis 1930, Magere Memphis 1932, Magere Memphis-Kursiv 1935, Halbfette Memphis 1929, Halbfette Memphis-Kursiv 1935, Fette Memphis 1935, ferner eine schmale Ausführung unter dem Namen Memphis-Universal (mager, halbfett, fett 1938–1943). Seit 1932 liegt die Memphis auch in Linotype-Matrizen vor. Von Willy Schwerdtner erscheint die Mundus-Antiqua. Zu Neujahr 1929 wird der erste Jahrgang »Jahrbuch der D. Stempel AG« herausgegeben.
1930
- Die von Professor F. W. Kleukens 1919 gegründete Ratio-Presse veröffentlicht ihren in Ratio-Latein gesetzten Vorzugsdruck »Des lustigen Pfarrherrn von Meudon schnurrig- possierliche Hof-und Mäusepredigt«, erzählt von H. de Balzac, und mit Zeichnungen von F. W. Kleukens.
1932
- Die Globus-Kursiv von Friedrich Wobst erscheint. Als Druck veröffentlicht die D. Stempel AG »Frankfurter Goethe-Erinnerungen«, zusammengestellt von Professor Arthur Richel.
1933
- Als Neuheit wird die dann im Jahre 1934 erscheinende Tannenberg, von Erich Meyer, entwickelt. Die Schriftprobe »Die Memphis in der Weltpraxis« legt Zeugnis ab von dem bereits internationalen Erfolg der seit 1929 in neuen Garnituren vorgelegten Egyptienne-Schrift .
1934
- Die Balmung von Th. P. Et.bauer wird als Neuheit vorgelegt, ferner die Deutsche Werkschrift von Professor Rudolf Koch. Mit seiner Studie »Fraktur und Antiqua« nimmt Dr. Rudolf Wolf Stellung zu einer gerade damals wichtigen Frage und tritt für ein sinnvolles Gleichgewicht von Fraktur und Antiqua ein.
1935
- Von Friedrich Heinrichsen erscheint die Gotenburg, ferner die nachmals so weit verbreitete Excelsior von C. H. Griffith für den Linotype-Maschinensatz.
1936
- Die Gladiola von Martin Wilke wird fertig, ferner kommt die Mondial-Schriftfamilie von Hans Bohn heraus, deren sieben Garnituren dann im Jahr 1937,vollzählig werden. Die reich mit Anwendungsbeispielen ausgestattete Mondial-Schrift- probe führt die folgenden Garnituren auf: Magere Mondial und Kursiv, Halbfette Mondial und Kursiv, Schmalfette Mondial und Hohe Mondial, wozu später noch die Fette Mondial getreten ist.
1937
- Von Hans Möhring erscheint die Werbeschrift Elan. Als Bodoni-Buchschrift für die Linotype dient ein zarter Neuschnitt dieser klassizistischen Type. Der Gutenberg-Gesellschaft wird die Studie von Professor Aloys Ruppel »Die Errichtung des Mainzer Gutenberg-Denkmals« gestiftet.
1938
- Als Neuheiten erscheinen die Humboldt-Fraktur von Hiero Rhode und die Diskus von Martin Wilke. Die Caledonia des amerikanischen Schriftgestalters William A. Dwiggins wird für die Linotype GmbH geschnitten und im Verzeichnis der Linotype-Schriften unter dem Namen Cornelia geführt.
1939
- Die Hoyer-Schönschrift von Professor Hanns Th. Hoyer wird fertiggestellt, ferner die Trajanus-Antiqua mit zugehöriger Kursiv von dem amerikanisehen Graphiker Warren Chappell, einem Schüler von Rudolf Koch. Die halbfette Garnitur folgt 1940. Linotype-Matrizen der Trajanus werden 1941 fertig. Nach Entwürfen von Professor Paul Renner wird die Renner- Antiqua geschnitten. Von Dr. Rudolf Wolf wird das Buch »Vom Schriftschaffen der Schriftgießerei D. Stempel AG Frankfurt am Main« herausgegeben. Es ist Wilhelm Cunz zu seinem 70. Geburtstag am 28. Juli 1939 gewidmet.

1940
- Zu Gutenbergs Jubiläumsjahr erscheint das große Sammelwerk »Altmeister der Druckschrift« mit Beiträgen von Professor Dr. Aloys Ruppel, Dr. Vita von Lieres, Dr. Robert Diehl, W. G. Oschilewski, Gustav Mori, Dr. Rudolf Wolf, Dr. E. Crous, Dr. E. A. Bogeng und Dr. Carl Wehmer.
- Aus gleichem Anlaß wird der »Canon Missae« aus dem Jahre 1456 herausgegeben, gesetzt in der großen Psaltertype, die nach Angaben von Gustav Mori in der von ihm rekonstruierten Schriftgußtechnik Gutenbergs bei der D. Stempel AG hergestellt worden ist.
1941
- Die Merhenthaler Setzmaschinenfabrik wird Mehrheitseigner von Stempel.
1945
- Des 50-jährigen Bestehens der Firma D. Stempel wird nur im Kreis der Mitarbeiter gedacht, weil die Kriegsumstände im Jubiläumsmonat Januar keine Veranstaltungen zulassen.
1947
- Unter dem Titel »Letter und Matrize, 50 Jahre Arbeit am Werk Gutenbergs und Mergenthalers« fasst Gustav Mori zum 1. Oktober 1947 das Wirken von Wilhelm Cunz zusammen.
1948
- In 500 numerierten Exemplaren erscheint der Druck Joh. Gottfr. Herder, »Bekenntnisse zur Humanität« in einem von Hermann Zapf zusammengestellten und gestalteten Sonderdruck.
1949
- »Von der dreifachen Ehrfurcht, Gedanken Goethes über Erziehung zu edlem Menschentum«, mit einem Nachwort von Alfred Schütze, erscheint zum 200. Geburtstag Goethes, gesetzt aus einem Probegrad der dann 1950 erscheinenden Palatino von Hermann Zapf, ferner als Hausdruck »Des Kaisers neue Kleider« von Hans Chr. Andersen, illustriert von Cefischer, gesetzt in der gleichfalls 1950 herauskommenden Gilgengart von Hermann Zapf.
1950
- Die Palatino von Hermann Zapf erscheint sowohl für Handsatz wie auch für Linotypesatz, zugleich mit der zugehörigen leichten Versalschrift Michelangelo. Im Jahre 1951 folgen im Rahmen dieser Schriftfamilie die kursive und die halbfette Garnitur sowie die kräftige Versalschrift Sistina. Die neue Palatino wird für einen kleinen, der Fränkischen Bibliophilen- gesellschaft gewidmeten Privatdruck (»Wertheim«), ferner für Hermann Hesses Betrachtung »Magie des Buches« sowie für einen Gedichtband von Alfred de Musset verwendet. Auch das Gutenberg-Jahrbuch 1950 gehört zu den frühesten An- wendungen der Palatino-Schriften. Die 1938 begonnene und durch die Kriegsläufte in ihrer Fertigstellung verzögerte Gilgengart-Fraktur von Hermann Zapf erscheint in einigen Graden, ferner werden die Festlichen Ziffern vorgelegt.
1951
- Wilhelm Cunz stirbt. Von Johannes Boehland wird (im Handschnitt) die Pinselsehrift Balzac vorgelegt. Im »Almanach der Letternkunst« präsentiert sich die Fülle der klassischen Schrif- ten der D. Stempel AG samt den Neuheiten der Kriegs- und Nachkriegsjahre in Kernsprüchen von berühmten Kennern der Schrift. Zur Neueröffnung der Frankfurter Buchmesse kommt die Betrachtung von Bruno Recke »Die Frankfurter Büchermesse« als Sonderdruck heraus. Mit der Gründung der »Trajanus-Presse« unter der Leitung von Gotthard de Beauclair beteiligt sich die D. Stempel AG an den wiederauflebenden Bestrebungen, erlesene Werkstattdrucke zu schaffen. Als erster Druck erscheint von Johann Peter Hebel »Seltsamer Spazierritt« aus der Original-Janson Kursiv mit Zeichnungen von Robert Pudlich.
1952
- In der Folge kalligraphischer Schriften erscheint die Virtuosa von Hermann Zapf. Zu den geschmückten Großbuchstaben der Virtuosa I treten im Jahre 1955 einfache als Virtuosa II. Die Melior von Hermann Zapf wird nach mehrjähriger Vor- bereitung als eine vielseitig verwendbare Gebrauchsschrift in den ersten Garnituren fertiggestellt und auch sogleich zur Herstellung von Linotype-Matrizen verwendet, die Ergänzungen folgen in den Jahren 1953 und 1954. Die Original- Janson-Antiqua gelangt auf die Linotype. Im ersten Nachkriegswettbewerb »Die schönsten Bücher des Jahres 1951« werden unter 20 drei Bücher mit Garamond-Antiqua (Schnitt der D. Stempel AG für Handsatz und Linotype) ausgezeichnet ferner Stempels »Almanach der Letternkunst 1951«. Die im Auftrag der Graphischen Bünde in Hannover und Hamburg von Karl Gäfgen zusammengestellte Sammlung »Das Druckerzeichen« wird im Hause hergestellt . Als Weihnachtsgabe erscheint Leo Tolstois »Wo Liebe ist, da ist Gott«, mit Illustrationen von Willi Dirx . Die Veröffentlichungen der Trajanus-Presse werden fortgesetzt: 2. Druck: »Vom Allein- sein, Ein Brief R. M. Rilkes«. 5. Druck: »Trilussa, Die bekehr- te Schlange und siebenundzwanzig andere Fabeln«, aus dem römischen Volksdialekt übertragen von Hans von Hülsen, mit Zeichnungen von Werner vom Scheidt . 4. Druck: »Feder und Stichel«, Alphabete und Schriftblätter von Hermann Zapf, in Metall geschnitten von August Rosenberger.
1953
- Als eine schmückende Versalschrift wird die Saphir von Hermann Zapf herausgebracht. Als Werk- und Akzidenzschrift erscheint die Diotima von Gudrun Zapf-von Hesse. Der erste Probegrad der DiotimaKursiv wird 1955 im Handschnitt ausgeführt und 1954 auf der DRUPA zum ersten Mal der Fachwelt gezeigt. Im gleichen Jahr wird die Diotima-Gruppe ergänzt durch die Ariadne-Initialen und die lichte Versalschrift Smaragd. Die neue Diotima wird erstmals im 5. und 6. Druck der Trajanus-Presse als Handsatz-Werkschrift verwendet: »Plus ultra«, eine Erzählung von Gertrud von Le Fort und die »Reise zu den Elf Scharfrichtern« von Hans Carossa. Beide Bücher sind 1954 beim Wettbewerb »Die schönsten Bücher des Jahres 1955« preisgekrönt worden. Die Palatino ist (im Handsatz und auf der Linotype) die meistgenannte Schrift aus den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg. Unter den 42 ausgezeichneten Titeln des Jahres 1952 befinden sich einundzwanzig, in denen bei der D. Stempel AG entstandene Schriften (Handsatz und Linotypesatz) verwendet worden sind. Das Verzeichnis des Wettbewerbsergebnisses entsteht in der Hausdruckerei aus Palatino-Schriften. Zu Tagungen von Bibliophilen Gesellschaften werden in der Hausdruckerei der D. Stempel AG drei kleinere Drucke hergestellt: Max Picard, »Vom Schweigen«, Georg Britting, »Letternspuk« und Clemens Podewils, »Wiedergeburt«. Einen Einblick in die Arbeit der Schriftgießerei der D. Stempel AG verschafft die Broschüre »Die künstlerische Drucktype« von Albert Windisch.
1954
- Auf der DRUPA in Düsseldorf werden als Neuerscheinungen die folgenden Akzidenz- und Werbeschriften vorgelegt: Die Pan von Prof. Walter Brudi, die Petra von Heinrich Pauser, Mosaik von Martin Kausche, Kompakt von Hermann Zapf und die Montan von Anna-Maria Schildbach.
- Zum 100. Geburtstag von Ottmar Mergenthaler, dem Erfinder der Linotype-Setzmaschine, wird für die Linotype GmbH die Werkschrift Mergenthaler-Antiqua geschnitten. Als Privatdruck der D. Stempel AG erscheint »Suite für Euralda« von Gotthard de Beauclair mit handkolorierten Zeichnungen von Richard Wamper. Als 7. Druck der Trajanus-Presse ist die Novelle »Die drei Falken« von Werner Bergengruen in Arbeit, mit vierfarbigen Holz Überschriften aus der Balzac. Als weite- re Hausdrucke gelangen zwei geschichtliche Studien zum Versand: Von Jan Tschichold, »Formenwandlungen der Et- Zeichen« und Georg Kurt Schauer, »Typographie der Mitte« für die »Triennale X« in Mailand wählt die Jury sieben Bücher, die aus Schriften von D. Stempel gesetzt sind. Bei dem Wettbewerb »Die schönsten Bücher des Jahres 1955«, der im Frühjahr 1954 stattfindet, stehen unter den modernen Schrif- ten Diotima und Palatino im Vordergrund, und die Garamond der D. Stempel AG und Linotype-Aldus-Buchschrift der Linotype GmbH erweist von neuem ihre Geltung als führende Werkschrift.
- Stempel erwirbt die Mehrheitsbeteiligung an der Haas’schen Schriftgießerei AG durch Übenahme der Anteile die bisher von der H. Berthold AG gehalten wurden.
1955
- Zum 6o-jährigen Bestehen der D. Stempel AG am 15. Januar 1955 wird die Schrift »Chronik der D. Stempel AG Frankfurt a. M. Sechzig Jahre im Dienste der Lettern, 1895–1955« vorgestellt; ferner das Mappenwerk »Frankfurter Schriftproben aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Eine Entwicklung von Druckschriften in Beispielen«, gesammelt von Gustav Mori und mit einer Einleitung von Dr. Robert Diehl. Im »Manuale typographicum«, das gleichfalls zum Jubiläum des Hauses erscheint, sind Aussagen über das Schriftwesen in 16 Sprachen, auf 100 Schauseiten in Schriften von D. Stempel vereinigt gesammelt und gestaltet von Hermann Zapf.


1956
- Übernahme der restlichen Anteile der Firma Gebr. Klingspor, Offenbach und Übernahme des Schriftprogrammes.
- Bazar und Mustang von Imre Reiner erscheinen.
1957
- Die Fette Künstler-Schreibschrift von Hans Bohn wird herausgegeben.
1958
- Die Optima von Hermann Zapf erscheint zur DRUPA. 1959
- Neuzeit Buch und Binder Style erscheinen. 1960
- Erwerb der Mehrheitsbeteiligung an Berthold & Stempel, Wien.
1961
- Die bei Haas hergestellte Neue Haas-Grotesk (ab 1956) wird von Stempel übernommen und weltweit unter dem Namen Helvetica vertrieben. Sie wird weiter ausgebaut zum Teil in Münchenstein, zum Teil in Frankfurt.
1962
- Clarendon mager und halbfett werden als Ergänzung zur Clarendon von Haas hergestellt für Hand- und Maschinensatz.
1964
- Clarendon breitfett wird vorgestellt.
1965
- Walter Greisner tritt in den Vorstand der Firma ein und wird 1973 Vorsitzender. Clarendon schmalmager ergänzt die Clarendon-Familie. Ebenso erscheint die Helvetica leicht.
1967
- Die Sabon Antiqua von Jan Tschichold, identisch in drei Setzverfahren wird zur DRUPA vorgestellt.
1968
- Beginn der Schriftträgerfertigung für die Fotosetzmaschinen des Linotype-Konzerns (u. a. Linocomp, Linotronic, VIP, danach (ab 1977) digitale Fonts z. B. für 606, 404, 202, 101, CRtronic, Laserfonts). Neue Schirften: Konzept und Syntax
1970
- Stempel erwirbt einen Teil des Schriftprogramms von der Stuttgarter Firma C. E. Weber, der andere Teil geht an die Firma Joh. Wagner, Ingolstadt (deren Material heute in Leipzig aufbewahrt wird).
1974
- Die letzte Handsatzschrift der Firma erscheint unter dem Namen Present und wird ein großer Erfolg, der sich später auch im Fotosatz fortsetzt. Außerdem wird die letzte Gesamtprobe der Firma zusammen mit Haas herausgegeben (Universal-Schriftprobe).
1977
- Beginn der Herstellung von Fotosetzgeräten, zunächst Entwicklung und Herstellung des »Stempel typomatic«, später des »Stempel tm«.
1978
- Übergabe der Schriftgußabteilung von Berthold & Stempel an Haas.
1983
- Einstellung der Fertigung von Linotype-Matrizen.
1985
- Auflösungsbeschluss durch den Mehrheitseigner die Linotype GmbH, Eschborn.
1986
- Einstellung der Fertigung in Frankfurt und Umzug der Maschinen, Matern und sonstigen Geräte nach Darmstadt. Die Produktion wird dort im Haus für Industriekultur, Kirschenallee 85 fortgeführt. Der Vertrieb der Schriften wird durch den »Schriftenservice D. Stempel GmbH« in Frankfurt am Main, übernommen.
1987
- Die Fertigung der Schriftträger für die Linotype wird zu deren Firmensitz in Eschborn verlagert. Das Gebäude in der Hedderichstraße wird verkauft.
1989
- Linotype übernimmt die Haas’sche Schriftgießerei und gibt den Schriftgußbereich an Walter Fruttiger ab.
1996
- Eröffnung des Museums »Haus für Industriekultur«.
1999
- Schließung des Museums. Der Trägerverein löst sich auf und das Gebäude samt Inventar und Schulden fällt an das Land Hessen.
2001
- Wiedereröffnung des Museums »Haus für Industriekultur«, als Abteilung des »Hessischen Landesmuseums«, Darmstadt. Ein neuer Name wird gesucht.
- Die Schriftgießerei im Hause ist eine der letzten noch produzierenden Firmen in diesem Bereich und liefert neben Stempel-, Klingspor- und Haas-Schriften auch das Programm der früheren Firmen Deberny & Peignot, Paris und Società Nebiolo, Turin.